Griechischer Wein und Barbecue am Fuße des Vulkans

Die Black Rock Studios auf Santorin

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Kostas Kalimeris, Chef und Mitbegründer des gerade fertiggestellten feudalen Residential-Studios „Black Rock“ auf der griechischen Insel Santorini, hat mit nahezu jedem Star der griechischen Musikszene zusammengearbeitet. In seinem Athener Tonstudio „Prism Studios“ kehren ausschließlich landestypische Musiker und Bands ein, das zeigt auch, wie stark die Griechen an ihre eigene Musikkultur glauben. Internationale, englischsprachige Titel hört man hier fast nie im Radio, auf Partys oder in Bars – eine ähnliche Situation wie bei den patriotischen Franzosen.

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(Bild: Black Rock Studios)

Dies war auch ein Grund mehr, sich aus diesen klassischen Fesseln zu lösen und damit zu beginnen, sich dem internationalen Geschäft zuzuwenden. Denn auch im ehemals osmanischen Reich wird reichlich raubkopiert, und große Studios schließen reihenweise. Eine weitere Initiative mündete in der direkten Kooperation mit den legendären New Yorker Sterling Sound Studios und Ted Jensen und George Marino, die nun exklusiv für Kalimeris die griechische Musik mastern. Ursprünglich auf der kykladischen Nachbarinsel Milos geplant, wurde das exquisite Studio dann auf einer Anhöhe der Vulkaninsel Santorini errichtet. Auf dieser Insel, die den letzten Ausbruch vor 3.500 Jahren überstand, leben ca. 13.000 Einwohner, die im Sommer allerdings von zahlreichen Touristen besucht werden. Doch davon bleibt das hochmodern ausgestattete Studio unberührt, da es in einer abgelegenen Gegend liegt und mit einer hohen Steinmauer und zahlreichen Sicherheitseinrichtungen wie z.B. elf Videokameras ausgerüstet ist. Ob Stones, Spears oder Grönemeyer: Hier ist man tatsächlich so anonym wie der Strauch am Wegesrand.

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Das Gebäude der Black Rock Studios wurde zuvor als Nobelhotel genutzt. (Bild: Black Rock Studios)

Interessanterweise wurde der Gebäudekomplex nicht neu gebaut, sondern war bereits zuvor als Nobelhotel genutzt worden. Ursprüngliche Bedenken hinsichtlich der neuen Nutzung und der akustischen Begebenheiten erwiesen sich rasch als unbegründet: Dieses Haus ist mehr als prädestiniert für kreative Musikarbeit! Alles andere als anonym sind dann auch die Spezifikationen des Studioherzens: Gesteuert werden die Aufnahmen bzw. die Mischprozesse über eine aus Paris stammende Solid State Logic 9080-JKonsole, um die vor einem Jahr der Maschinenraum gebaut wurde, da sie ansonsten nicht in das Gebäude hätte integriert werden können!

Als Haupt-Abhörmonitore dienen die wuchtigen Genelec 1035B, die in die Rückwand des Regieraumes eingelassen wurden. Zu ihnen gesellen sich jeweils ein Paar Nahfeldmonitore KRK E8 und Yamaha NS10. Sämtliche klassischen Outboard-Effekte wie z. B. die Pre-EQs Neve 1081 und Amek 9098 DMA, Kompressoren wie Manley ELOP, ADL Stereo Tube c/l 1500, Avalon 2044 und Focusrite RED 3 und natürlich die LexikonReverb-Generatoren 960L und PCM 81 sind fester Basisbestandteil des Studios. Aufgenommen wird im Regelfall über Pro Tools HD2 / Digidesign 192 I/O-Harddisksysteme auf Apple MacPros. Die Liste der vorhandenen Mikrofone liest sich ebenfalls wie ein Who-is-who: Electro Voice RE20, Shure SM58/57, Sennheiser MD421/441, Neumann U87, U47 Fet und KM 184, AKG C451 und D112, Royer R 121 usw.

Insgesamt bieten die Black Rock Studios drei Aufnahme-Booths, von denen der Hauptraum eine hohe, Santorini-typische, halbrund-geschwungene Decke aufweist. Alle drei wurden mit aus England stammenden Diffusoren und Soundabsorbern ausgestattet, gleiches gilt für die elegant schwer zufallenden Trenntüren. Der Ausblick aus der sogenannten Vocal-Booth gleicht einer traumhaften Wandtapete, nur dass man hier nicht mehr als zwei Minuten bis zum Strand braucht, um tatsächlich im Mittelmeer schwimmen zu können. Aber da es sich hier um ein Gesamtkunstwerk handelt, in dem man arbeitet, kocht und schläft, ist die komplette Facility mit Ethernet ausgerüstet, d. h., der schläfrige Gitarrist, der nicht aufstehen will, kann auch mühelos im Bett klimpern und dabei aufnehmen und abhören.

Insgesamt bieten die Black Rock Studios all das, was man in der Großstadt nicht hat: wunderschöne, exotische Schlafzimmer mit handgeformten Duschen, zahlreiche Wohnzimmer mit traumhaftem Ausblick, einen privaten Swimmingpool mit einer Extra-Bar und Zugang über den Keller sowie eine sensationelle Aussichtsplattform, auf der man in Ruhe frühstücken kann, ohne dass man von weiteren plätschernden Rockstars gestört wird.

Die Küche ist großzügig ausgestattet und bietet alle Raffinessen, um ein opulentes Mahl zubereiten zu können. Im Interview mit Sound & Recording spricht Kostas Kalimeris über seine Anfänge in Athen, wie er die Scorpions mit seinem mobilen Truck aufgenommen hat und über seine neue Recording-Idylle Black Rock Studios auf der griechischen Insel Santorini.

Wie hat deine Karriere im Musikbusiness begonnen?

Nun, ich hatte das Glück, in einem der größten Athener Studios anfangen zu dürfen, einem legendären Tom-Hidley-Design-Studio. Dort habe ich lange Jahre als Toningenieur mit den verschiedensten Musikern gearbeitet. Danach habe ich für Universal als A&R Direktor und Produzent gearbeitet. Mit einem Freund habe ich mich dann daran gemacht, eine geeignete Location für ein eigenes Tonstudio zu finden. Unser Ziel war es, das erste Studio in Athen zu sein, das auf einem professionellen Pro-Tools-System basiert und mit hochwertigen PCM-Lautsprechern ausgerüstet ist. Unser „Prism Studio” ist nun seit fast zehn Jahren in Betrieb, und wir haben mit zahlreichen griechischen Künstlern arbeiten dürfen.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit den Scorpions 2006 für einen Live-TV-Mitschnitt?

Der hiesige Promoter der Scorpions kam auf uns zu, als wir gerade unseren eigenen mobilen Aufnahme-LKW fertiggestellt hatten. Die Plattenfirma plante eine aufwendige HDTV-Produktion des Stadionkonzertes, und wir sollten uns um einen reibungslosen Tonmitschnitt kümmern.

Bring Me The Horizon haben erst vor kurzem ihre aktuelle Platte in den Black Rock Studios aufgenommen. Die Mixpraxis zum Song Thats The Spirit findet ihr in der Ausgabe 04/16! 


Ebenfalls um Studiotechnik geht es in unserer aktuellen Sound & Recording Ausgabe:

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Sound & Recording 04/16 – Dante Special 

In der Sound & Recording-Ausgabe 04/16 steht die Studio-“Verkabelung” mittels Dante-Netzwerks im Mittelpunkt.  Dazu waren wir im Chellow Park Studio in England, wie auch bei Toneblasphemy, die bereits auf Dante umgestellt haben. Außerdem besuchten wir das neueingerichtete aber original 50er Jahre Studio namens Moonshine Records. In der Mixpraxis lauschen wir That’s the Spirit von Bring Me The Horizon und Henning Verlage analysiert Jack Garratts Breath Life.

Getestet haben wir das Audio-Interface Apollo Twin USB, den offenen Studiokopfhörer Audio Technica ATH 370x und das Grenzflächen-Kondensatormikrofon TG D71c von Beyerdynamic. Zu guter Letzt interviewten wir Marco Haas aka T.Raumschmiere über sein neues Album King of Gnarz.

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Wie bereitet man sich auf so eine Großproduktion vor?

Zunächst sprechen wir ausführlich mit dem bandeigenen Toningenieur, um die genauen Anforderungen des Projektes zu klären. Das Wichtigste ist dabei die Anzahl der benötigten Audiospuren. Wir brauchten bis zu 64 Eingänge für das Scorpions-Konzert, die über zwei Yamaha DM-2000-Pulte in das mobile Pro Tools HD-System gingen. Dazu kamen ein paar zusätzliche Neves und Amec Outboard-Gesangsvorverstärker. Normalerweise reichen 64 Spuren aus, aber es kann auch schon mal eng werden, vor allem, wenn man verstärkt Ambient-Mikrofone einsetzen will. Für die Scorpions-Show haben wir dieses wunderbare 7.1-Mikrofon namens „Holophone” verwendet, das inmitten der Menge positioniert wird und ein erstaunlich realistisches Abbild der eigenen Hörerfahrung vor Ort abliefert. Schwierig wird es bei der Splitter-Geschichte, weil heutzutage in Griechenland viel über digitale Mischpulte läuft und diese nicht immer integrierte Splitter haben. Dann müssen wir diese extra ausleihen, um unseren Truck füttern zu können.

Gibt es weitere mögliche Fehlerquellen?

Um einen klaren Sound zu bekommen, muss man sich um jegliche Störungen auditiver Natur kümmern: das können Scheinwerfer, verrauschte Funkstrecken oder Spannungs-Transformatoren sein. Hinzu kam damals die extreme Hitze von über 40 Grad im Schatten, was allen Beteiligten natürlich ein wenig zu schaffen machte, nicht zuletzt den Musikern selbst. Als sie dann aber spätabends auf der Bühne standen, haben sie eine unglaubliche Show abgeliefert! Alles klang perfekt, vor allem die Gitarren und der Drumsound!

Was gibt es für Sicherheitsmaßnahmen, um einen Totalausfall zu verhindern?

Früher konnten wir erst nach der kompletten Aufzeichnung eines Konzertes ein HD-Backup machen, was natürlich nicht so prickelnd war, wenn etwas während des Gigs schiefgeht. Mittlerweile haben wir ein zusätzliches zweites System, das nicht auf Pro Tools, sondern auf Nuendo basiert und parallel mitläuft. Wir dürfen einfach keinerlei Risiken eingehen, wenn man uns so eine vertrauensvolle Aufgabe überträgt.

Woher kam das Bedürfnis, ein neues Studio an einem ungewöhnlichen Ort zu bauen?

Es war einfach ein lang gehegter Traum, den wir uns nun endlich erfüllen wollten. Außerdem hat so etwas hier noch keiner gemacht. Wir haben alleine drei Jahre damit verbracht, einen geeigneten Ort zu finden und mit dem Umbau für ein Tonstudio zu beginnen. Ursprünglich wollten wir das Studio auf der Nachbarinsel Milos aufbauen – daraus wurde aber nichts, weil wir einfach nicht die passende Immobilie fanden. Somit musste die bereits angeschiffte SSL-Konsole wieder komplett neu verpackt und nach Santorini transportiert werden. Hier ist es einfach angenehmer, schöner, und man bekommt mehr Inspiration. Außerdem ist Santorini viel besser an die internationalen Flughäfen angeschlossen, vor allem im Sommer. Hier haben wir dann dieses wunderbare Anwesen entdeckt, das so perfekt für unsere Bedürfnisse war! Die einzelnen Räume waren schon von Grund auf sehr gut isoliert und es gab keine großen Stützpfeiler oder andere statische Elemente, die uns im Weg gestanden hätten.

Wer hat euch beim Studiodesign geholfen?

Das war Roger d’Acry von „Recording Architecture” aus England. Er kam vorbei, sah sich die Räumlichkeiten genau an, und dann haben wir lange darüber gebrütet, wie wir das akustische Design und die technischen Einheiten verarbeiten wollen. Alle Raumtrenntüren und Diffusoren stammen ebenfalls aus England, die in Absprache mit unserem griechischen Interieurdesigner ausgewählt wurden. Es war eine sehr gute Zusammenarbeit in Sachen Stoff-, Holz- und genereller Materialauswahl und -verarbeitung, die im März 2007 begann und nun in einem perfekten Ergebnis mündete.

Was könnt ihr potenziellen Musikern oder Produzenten sonst anbieten?

Nun, neben dem beleuchteten, großvolumigen Swimmingpool haben wir eine direkt angegliederte Bar und einen noblen Kochplatz, auf dem köstliche Barbecues oder Ähnliches zubereitet werden können. Das ganze Areal ist außerdem quasi mit Ethernet versorgt, sodass man auch am Pool Monitorlautsprecher aufstellen kann, während die Musiker im Studio gerade aufnehmen. Das wäre dann der obligatorische Produzentenplatz (lacht).

Fehlt nur noch ein Dry Martini, oder?

Ganz genau!

 

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