Zuerst als Spielerei belächelt, sind Musik-Apps für iPad und iPhone inzwischen ein ernstzunehmendes Tool für Studio, live und unterwegs. Wir stellen eine Reihe von Klangerzeugern und anderen musikalischen Apps vor, die ihr euch unbedingt einmal ansehen solltet!
Anzeige
Animoog
Moog ist ein Klassiker, wenn es um analoge Synthesizer geht, keine Frage. Neben Minimoog und Co hat sich der Traditionshersteller auf den Apple-Geräten noch ein zweites Standbein aufgebaut und bringt Apps für mobile Geräte auf den Markt.
Eine zugleich ungewöhnliche, aber auch beliebte Software ist dabei Animoog. Schon allein die Aufmachung hat Charakter. Über ein großzügiges und funktional sehr vielseitiges X/Y-Feld im Stile eines grünen Radarbildschirms werden Filterbewegungen umgesetzt oder sonstige Parameter bearbeitet. Das klingt herrlich dynamisch und durch starke Modulation auch sehr organisch.
Auf eine gewöhnliche »Klaviatur« wurde zugunsten von virtuellen Ribbon-Tastern verzichtet. Das spielt sich auch gut auf dem Touchscreen, ist einfacher zu bedienen und eröffnet weitere Artikulationsoptionen. Spezifische Skalen lassen sich aber dennoch festlegen − damit ist man in seinen Möglichkeiten nicht beschränkt.
Unter der Haube werkelt die neu entwickelte Anisotropic-Engine, durch welche Animoog von Moog als »erster professioneller polyfoner Synthesizer für das iPad« beworben wird. Und tatsächlich kann man dem, was da aus den Lautsprechern kommt, nicht nachsagen, dass es »billig« oder »einfach« klänge. Das könnte man so auch im Studio Einsatz finden. Die Bandbreite der mitgelieferten Presets deckt einen Groß- teil der gängigen, aber auch bisher ungehörten Sounds ab.
Auch die Moog-typischen Potis wurden virtuell umgesetzt. Das wirkt alles richtig schön vintage und sieht schick aus. Die App gibt es auch in einer Variante für das iPhone, dürfte dort aufgrund des kleineren Bildschirms aber deutlich weniger Anwender finden. Unterm Strich bekommt man mit Animoog das, was man von Moog gewohnt ist: Qualität und guten Sound.
Bebot
Ein singender Roboter im Frack, kinderleichte Bedienung und jede Men ge Möglichkeiten: das ist Bebot. Wer wissen will, wie diese App klingt, braucht nur an ein Theremin denken: endlose Weiten, Weltraum und ein bisschen Science-Fiction-Kino. Das liegt zum einen am rasterlosen Tonumfang, denn eine Note kann per Fingerwisch innerhalb der gewählten Tonlage gespielt werden.
Zum anderen gibt es weitere Möglichkeiten der Artikulation über die vertikale Achse des Bildschirms. Neben dem Theremin-Sound stehen auch noch weitere Presets wie Synthleads, Bässe und Orgeln zur Verfügung. Viele Sounds knarzen und schwurbeln herrlich. Effekte und die Möglichkeit, Skalen anhand eines Rasters festzulegen, komplettieren den Funktionsumfang des sympathischen Roboters. Dabei sollte man sich vom Comic-haften Äußeren nicht abschrecken lassen: Bebot ist gerade für Live-Gigs, aber auch etwa das Musizieren »unterwegs« durchaus ernst zu nehmen.
Modstep
Modstep nennt sich selbst einen MIDI-Sequenzer und ist dabei eine ganze Menge mehr. Bei der schicken App handelt es sich eigentlich um eine ganze DAW für unterwegs. Das Praktische: Per Inter-App-Audio (IAA) oder Audiobus lassen sich andere Klangerzeuger-Apps nutzen, die sich auf eurem Gerät befinden, um diese etwa in Modstep aufzunehmen. Dadurch könnt ihr die Komplexität eurer Arrangements selbst erweitern. Auch mit externen MIDI-Controllern kommt die Software zurecht. Genau wie die Desktop-DAW Ableton Live besitzt Modstep auch eine Session-Ansicht, mit der ihr ähnlich interagieren könnt. Per Fingerwisch lassen sich in diesem Modus auch schon Lautstärke sowie Mute und Solos festlegen. Mit Ableton Link wird jetzt auch das gemeinsame Musikmachen über das Netzwerk unterstützt.
Die Sequenzer-Ansicht ist umfangreich und wohl das Herzstück der mobilen App. Hier programmiert ihr die Steps eurer einzelnen Spuren und könnt diese sogar automatisieren. Egal ob integrierte Drums, Synthie oder eine eurer Musik-Apps: Hier entstehen eure Kreationen.
Über eine Mapping-Funktion könnt ihr die App an eure externen MIDI-Controller anpassen. Für gängige Geräte bietet Modstep schon eigene Templates, die ihr dann nur noch auswählen müsst. Das ist für eine mobile App vorbildlich und vor allem eine weitere Möglichkeit, euer Setup individueller abzustimmen. Piano-Roll sowie eine Instrumentenansicht komplettieren die weitreichenden, aber dennoch auf den Punkt gebrachten Funktionen der mobilen Mini-DAW.
Arturia iSpark
Arturia hat in Sachen Soft- und Hardware gerade die Nase ganz weit vorne. Die App iSpark ist sozusagen der kleine Bruder des Beat-Plug-ins Spark, welches bereits in Version zwei vorliegt. Die iOS-App hat dabei alles mit an Bord, was man braucht: 40 Sound-Kits mit je 640 Instrumenten aus zahlreichen musikalischen Genres. Auch hier könnt ihr via Inter-App-Audio eure eigenen Musik-Apps benutzen, das erweitert eure Möglichkeiten enorm. Verbindet ihr die App hingegen mit dem Rechner, lassen sich mit Arturias Spark für den Desktop verschiedenste Daten und Audiofiles austauschen − praktisch für all jene, die mit dem Plug-in etwa im Studio arbeiten.
Effekte und 64-Step-Sequenzer lassen schließlich aus euren Sounds ganze Arrangements werden. Gerade für eine mobile App klingt das sehr amtlich − im Hintergrund arbeitet die TAE (True Analog Emulation) Sound-Engine, welche besonders analoge Klassiker emulieren soll.
Arturia liefert daneben auch einige Preset-Patterns, mit denen ihr direkt starten könnt. Über die Studio-View steigt ihr dann tiefer in die Soundbearbeitung ein. Hier verändert ihr etwa Pitch, Pan oder Attack der einzelnen Instrumente und Kits. Final geht es dann in die Mixer- Ansicht, mit der ihr eure Spuren im Panorama verteilen und die Lautstärke anpassen könnt.
Auch diese App bietet die Möglichkeit, Ableton Link einzusetzen, mit dem sich mehrere Geräte in einem Netzwerk synchronisieren und zusammenschließen lassen. Insgesamt bietet Arturia mit dem iSpark also eine ganze Menge an Sounds und Möglichkeiten, eigene Musik-Apps zu nutzen, und daraus komplexe Beats zu programmieren.
Nodebeat
»Musik einmal auf eine andere Art erleben«, diesem Motto scheint sich Nodebeat verschrieben zu haben. Die minimalistische und bunte MusikApp lässt eure Kreationen nicht auf die typische und altbekannte Art erstellen.
Das Konzept: Verschiedene Trigger-Quellen werden beliebig auf dem Bildschirm platziert. Diese geben in regelmäßigen Abständen einen Impuls von sich. Wie dieser umgesetzt wird, entscheiden weitere Punkte, welche den Impuls aufnehmen und je nach Farbe in einer bestimmten Tonhöhe wiedergeben. Je weiter weg diese Farbklexe von der Quelle gesetzt werden, desto länger braucht der Impuls, um in einen Ton umgewandelt zu werden.
Klingt kompliziert? Ist es aber nicht. Im Gegenteil, hier lässt sich herrlich intuitiv herumexperimentieren und dies mithilfe einer Aufnahmefunktion sogar festhalten und teilen. Hinzu kommen zahlreiche Möglichkeiten der (Sound-)Variation und Extras wie die Möglichkeit, eure gesetzten Punkte der Schwerkraft auszusetzen. Das sorgt für zufallsbasierte Klangwelten.
Per Audiobus lassen sich die Features auch noch einmal erweitern. Eigene Kreationen können auf dem iPhone sogar als Klingelton verwendet werden − keine Selbstverständlichkeit auf Apple-Smartphones.
Reactable Mobile
Bei dieser App handelt es sich um eine Umsetzung des außergewöhnlichen, interaktiven Musiktisches. Dabei ist so ziemlich alles mit an Bord, was es auch in der »Vorlage« gibt: Es werden Klangquellen frei auf dem Bildschirm eures mobilen Gerätes platziert, die dann mit Effekten, Triggern und verschiedenen anderen Controllern interagieren. Insgesamt gibt es etwa 20 Objekte. Das Konzept will euch dabei intuitiv mit den einzelnen Bestandteilen eures Arrangements in Berührung bringen. Die Intensität eines Reverbs könnt ihr etwa durch Drehen des Reverb-Blockes variieren. Das geht nach kurzer Einarbeitungszeit gut von der Hand, ohne dass man sich darüber Gedanken machen müsste.
Man kann sich das Ganze etwa wie die Grafik eines analogen Signalwegs vorstellen, auf der sich die einzelnen Bestandteile frei bewegen lassen und ausgetauscht werden können. Das macht aber nicht nur auf Soundexperten einen guten Eindruck, sondern ist auch etwas für all jene, die wenig mit Theorie anfangen können.
Gerade aufgrund des sehr eigenen Designs könnte man sich aber auch vorstellen, dass bei einer Live-Performance die App über einen Beamer auf einer Leinwand gespiegelt wird. Das bringt die App wieder mehr zur ursprünglichen Idee des interaktiven Tisches zurück − und die Fans und Zuhörer haben auch etwas davon und sehen, wie der Sound entsteht.
Die Performance kann schließlich aufgenommen und geteilt werden − in 44 kHz und Stereo. Ein kürzlich hinzugefügter AbletonLink-Support ist ebenfalls mit an Bord, womit sich verschiedene Geräte und Setups über das gleiche Netzwerk verbinden und synchronisieren lassen.
Sample
Samplr verwandelt eure Umgebung in Musik. Ganz im Ernst: Diese App ist einfach wie geschaffen, um unterwegs Sounds zu Samples und diese zu ganzen Arrangements zusammenzuschrauben. Samplr funktioniert dabei im Prinzip wie ein normales Sampler-Plug-in: Ein zuvor ausgewähltes Soundfile lässt sich slicen, um es später auf verschiedene Art und Weise abzufeuern oder zu loopen. Dabei lassen sich die einzelnen Slices wie Töne auf ei – nem Instrument spielen und über den Touchscreen artikulieren. Acht verschiedene Play-Modes lassen euch auf quasi jede erdenkliche Art mit euren Samples hantieren. So spielt ihr eure Sounds mal wie mit einem Geigenbogen, mal könnt ihr ein Tape simulieren oder DJ-like scratchen. Genügend Optionen also, um auch mobil so einiges aus euren Soundschnipseln zu machen. Effekte wie Reverse sowie eine gute Quantisierungsfunktion sorgen wiederum für Live-Tauglichkeit.
Samplr lässt sich dank seines klaren Designs also durchaus auch während einer hektischen Live-Session verwenden, ohne dabei den Überblick zu verlieren. Schön ist auch, dass es praktisch keine Menüs gibt, die ihr durchwühlen müsst, um die wichtigsten Funktionen zu erreichen. Das spart während eines Gigs Zeit und Nerven. Apropos Gig: Mit ihrem dunklen Design lässt sich die App auch optimal in dunklen Clubs oder ähnlichen Locations bedienen!
Neben der Möglichkeit, eigene Samples zu verwenden, stehen auch integrierte Soundfiles zur Verfügung. Diese decken die wichtigsten Brot-und-Butter-Sounds ab. Wie so oft gilt aber: Selbstgemacht schmeckt einfach besser − für einen Sampler sowieso.