Studiotipps: Kniffe, die die Welt verbessern

Welche Plug-ins benutzt du auf der Bassdrum?

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In den Studiotipps versuche ich immer, irgendwelche Ideen aus großen Studios ins kleine Homestudio zu übersetzen. Denn letztlich können wir heute viele Dinge im Homestudio simulieren, die vor einigen Jahren nur den Profis vorbehalten waren. Und dennoch ist das in manchen Situationen nur die halbe Wahrheit.

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(Bild: Matthias Zerres)

Vor vielen Jahren durfte ich das erste Mal einem Profi beim Drum-Recording über die Schulter schauen. Die große ADT-Konsole und jede Menge Outboard hatten mich zuerst so abgelenkt, dass ich gar nicht richtig mitbekam, was er und der Drummer die ganze Zeit machten. Ich war völlig abgelenkt von der ganzen Technik!

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Nach ewigem Rumdiskutieren zwischen Drummer und Toningenieur ging es dann endlich los, und ich war tief beeindruckt vom grandiosen Sound. Also traute ich mich, die erste Frage zu stellen: »Was benutzt du auf der Bassdrum eigentlich für Equipment?« Die Antwort hat ungefähr so gelautet: »Nix, das ist nur das Mikro.« Den eigentlichen Gehalt seiner Aussage habe ich erst viele Sessions später begriffen. Ich hätte damals besser bei der endlosen Diskussion aufgepasst, denn genau da hätte ich was lernen können! Profis benutzen zuerst überhaupt kein Mischpult, kein Outboard, keine Effekte − also all die Dinge, denen wir im kleineren Studio immer hinterherjagen. Der Sound kommt vielmehr durch gekonnte oder auch mal höchst experimentelle Mikrofon-Positionierung und gute Kenntnis des Aufnahmeraumes. Und auch wenn die Mikrofonauswahl in größeren Studios sicher umfangreicher ist, geht diese Arbeitsweise auch mit kleinerem Equipment sehr gut.

Die ersten Schritte gehen auch günstig!

Beispielsweise habe ich mal ein Drumset gemischt, wo das Stereopaar der Overhead- Mikrofone weit unter 100 Euro gekostet haben soll. Der Klang war zuerst furchtbar, weil die Band damit versucht hat, einen klassischen Mikrofon-Aufbau anhand von Fotos nachzubauen. Dann wurde mit vielen EQs, Gates und Kompressoren in der DAW versucht, daraus wieder etwas Brauchbares zu machen. Das klappt nie, denn wenn ich eines aus großen Studios gelernt habe, dann ist es, dass der Gesamtsound nur nach dem Hochziehen der Kanäle schon stehen muss. Im großen Studio gibt es irgendwann Erfahrungswerte, welches Mikro welche Eigenschaft hat. Aber es spricht nichts dagegen, diese Erfahrung auch mit einfacheren Mikros zu sammeln.

In dem stark gedämpften Raum mit den Billig-Mikros war es letztlich so, dass wir einfach die Mikros so positioniert haben, dass durch die Nierencharakteristik weniger vom Rest des Schlagzeugs rüberkommt und die seitliche Höhendämpfung des Raumes positiv zur Entschärfung der Höhen genutzt wurde. Die Mikros wurden einfach ein wenig mehr in Richtung der Dämmmatten und weg von den Becken gerichtet.

Dann wurden noch das obere Snare-Mikro und die Bassdrum in mehreren Versuchen optimiert, und man hatte einen Sound, den man nach dem Hochziehen der Fader als stimmig bezeichnen konnte. Um die Snare etwas anzudicken, haben wir im oberen Bassbereich noch etwas angehoben, bei der Bassdrum ein paar Frequenzen abgesenkt und bei allen Sounds passende Hi-Cuts programmiert − das war alles.

Der EQ korrigierte nun keine völlig unbrauchbaren Sounds, sondern das Signal war ohnehin schon recht passend. Und das alles im Proberaum mit viel weniger Kanälen, als die Band vorher abgenommen hatte! Bevor man dann weitermacht, muss erst mal der Raum besser werden, denn der setzte letztlich die Grenzen.

Bei solchen Experimenten mit einfacheren Mikros entdeckt man oft auch neue Sachen: Neulich habe ich aus der Not heraus ein Klavier mit einem Sennheiser MD421 als Stützmikro abnehmen müssen, weil nun einmal kein anderes Mikro mehr da war und das Klavier bei der Aufnahme auch nur gelegentlich zum Einsatz kam. Eigentlich hatte ich geplant, das Mikro gar nicht im Mix zu benutzen; es war mehr für den Fall der Fälle mit dabei, falls das Klavier doch insgesamt zu leise war.

Das Ergebnis hat mich zutiefst überrascht, denn dieser Klavier- Sound passte mit etwas EQ perfekt zu HipHop und R’n‘B, ein Sample aus der Aufnahme habe ich später genauso eingesetzt. Und ich könnte mir den Sound auch für irgendwas von Flamenco bis hin zu lateinamerikanischer Musik vorstellen, sofern da jemand ein Klavier spielt. Das habe ich zwar so auch noch in keinem Studio gesehen, werde das aber sicher noch das eine oder andere Mal einsetzen!

Wozu dann die ganzen Plug-Ins?

Erst, wenn man dieses Prinzip kennt, ergeben viele Tipps aus dem Profi-Bereich überhaupt einen Sinn. Ein Beispiel soll mal der platte Klangbrei sein, den wir mit einem Urei 1178 im All-Button-Mode zusammenquetschen und dann dezent einem Overhead- oder Raum- Mikrofon-Signal hinzumischen.

Wenn das Drumset sehr ordentlich aufgenommen ist, dann funktioniert das als Effekt beinahe immer. Aber wenn der Grundsound schon nicht passt, dann wird es mit diesem Tipp auch nicht besser. Auch der Unterschied zwischen Hard- und Software macht dann keinen Sinn. Selbst wenn wir den Trick perfekt im Rechner nachbauen können, macht er einfach keinen Sinn! EQs und Kompressoren sind im Homestudio leider manchmal eher dafür da, aus völlig unmöglichen Signalen irgendetwas Brauchbares zu machen − und das sollten wir uns abgewöhnen.

Mix ohne Bass und Bassdrum

Ein schöner Trick für einen runden Mix ist der zeitweilige Verzicht auf Bass und Bassdrum. Für meinen Geschmack gehören die beiden am Ende ohnehin auf einen gemeinsamen Bus, sodass man die Signale ganz einfach mit einem Kompressor zusammen bearbeiten kann. Aber auch, wenn du es anders löst, schalte beide Signale einfach mal weg. Unser Ohr liebt Lautstärke, und wenn etwas gehörig rummst, passen wir auf die restlichen Puzzle-Teile nicht mehr gut auf. Eventuell zeigen sich nun Mixfehler, wie etwa ein Klavier- oder Flächen-Sound, der bis in die tiefsten Bass-Frequenzen ragt, oder ein vergessener Lo- Cut an der Akustik-Gitarre. Der Mix sollte aber auch so stimmig sein!

… Und jetzt nur Bass und Bassdrum

Danach probiere ich gerne das Gegenteil aus und höre mir nur die bassigen Signale an. EQs benutze ich nun dafür, die Sounds so abzustimmen, dass sie am Ende beide gut zu hören sind. Mit einem gemeinsamen Kompressor kannst du die Lautstärken so anpassen, dass beide einen gemeinsamen konstanten Lautstärkepegel bilden und trotzdem individuell gut zu hören sind. Dann schaltest du den kompletten Mix hinzu und solltest nun ein solides Bassfundament gemischt haben!

Kompression und Lautstärke

Wenn du im Mix deine Kompressor-Einstellungen machst, achte darauf, nicht in die Lautheits-Falle zu geraten. Unser Ohr liebt Dinge, die lauter sind! Eine Snare, die sich nicht gut im Mix durchsetzt, wird uns beinahe automatisch besser gefallen, wenn sie durch den automatischen Lautstärke-Ausgleich eines Kompressor-Plug-ins ein wenig lauter wird.

Ein einfacher Trick ist es daher, die Gesamtlautstärke vor dem Einstellen der Kompressoren einfach deutlich zu reduzieren und Threshold, Ratio und den Attack dann möglichst schnell anzupassen.

Kurze, knallige Snare-Sounds

Manche kurze und sehr knallige Snare-Sounds sind schwierig zu mischen, allerdings setzen sich solche Sounds in einem Rock-Kontext auch gut von den ganzen Gitarren ab. In Zeiten von digitalem Aufnahme- Equipment machen uns knallige Attacks aber mehr Ärger als früher auf der Bandmaschine. Dort schliffen sich die knackigen Peaks im Attack automatisch zumindest ein wenig ab. Mit einem Kompressor kannst du solche Sounds ohne Probleme zähmen. Mit minimal kurzem Attack sorgst du dafür, dass der Kompressor schon die ersten Millisekunden reagiert und das Signal leiser macht. Ratio gehört auf 5:1 oder mehr, sodass der Kompressor auch wirklich zum Einsatz kommt! Die Release-Phase musst du eher länger einstellen, höre dir einfach die Snare-Spur einzeln an, und achte darauf, dass du einen Sound bekommst, der zum Ausklingen der Snare passt. Wenn du am Ende die Lautstärke der Bearbeitung ausgleichst, wirst du bemerken, dass der komprimierte Sound sich nach wie vor im Mix durchsetzt, aber wesentlich besser zu mischen ist.

Mach mal Hall …

Ich gebe zu, dass ich den folgenden Trick eher aus dem Arbeiten mit Drum-Samples kenne. Aber inzwischen setze ich den auch gerne bei »echten« Drums ein, verrate dann aber nie, dass ich da trickse. Also bitte nicht weitersagen … Samples haben leider die unangenehme Eigenschaft, dass man sie nur in Grenzen verformen kann. Gerade bei Drum-Sounds liegt das Geheimnis neben aufwendigen Layern manchmal ganz simpel in guten Hall-Effekten. Dazu schneidest du im Sampler beispielsweise die Ausklingphase weg bzw. reduzierst die entsprechende Hüllkurve und packst mit einem künstlichen Hall deine ganz eigene Version einer Ausklingphase dahinter.

Solche Experimente müssen ja nicht im kompletten Hall-Bad mit Gated-Reverbs enden, vielmehr kannst du mit solchen Tricks beispielsweise einer hohen Snare das Volumen einer weitaus tiefer gestimmten Snare andichten, ohne ihre Tonhöhe zu verändern. Einfach einen sehr kurzen Raum im Hall-Plug-in wählen, den unteren Mittenanteil deutlich hervorheben und dieses dem Signal dezent in Mono hinzumischen. Die Qualität des Halls ist bei diesem Trick allerdings wichtig. Wenn man die Bearbeitung als Hall-Effekt wahrnimmt, dann war es zu viel des Guten!

Fazit

Der Sound muss auch ohne EQ schon stehen. Diese Weisheit leuchtet uns im großen Studio mit passenden Räumen und dem Know-how der Studiomannschaft ein, die ignorieren wir oft im kleineren Studio, beim Livemix oder im Proberaum. Vermitteln uns die ganzen Plug-ins doch den Glauben, dass wir damit alles irgendwie wieder korrigieren können: »Hauptsache, die Mikros zeigen irgendwie auf die Trommeln, den Rest mache ich dann im Mix!« Versuche, den Sound schon ohne jeden Einsatz von Effekten oder Kompression aufeinander abzustimmen. Eventuell spart es am Ende auch eine Menge Gates, Übersprechen muss dann nicht immer etwas Schlechtes sein …

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