von Ralf Kleinermanns, Andreas Baum (Sonar), Artikel aus dem Archiv
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2002 stellte Emagic eine spektakuläre Erweiterung des Logic-Control-Systems vor. Der „Phat Channel“ protzte mit vier großen Display-Zeilen und satten 32 V-Pots. Doch zunächst blieb es beim Imponiergehabe: Mackie Control kam, Logic Control ging, Mackie Control ging, Mackie Control Universal kam … Nun, nach mehr als drei Jahren „Bäumchen wechsle dich“, ist das legendäre V-Pot-Monster endlich zu haben.
Wie die Mackie Control Universal soll auch die C4 von allen großen Musikprogrammen unterstützt werden, doch diesem Anspruch werden derzeit nur Logic Pro 7 und Sonar 5 gerecht. Andere Software- Häuser wie Steinberg oder Ableton haben die angekündigte C4-Unterstützung bislang jedenfalls noch nicht umgesetzt. Im Folgenden testen wir die C4 deshalb vorwiegend unter der aktuellen Version von Logic Pro 7 – mit einem abschließenden Seitenblick auf Sonar 5.
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Hardware
Die C4 hat die gleiche Tiefe und Höhe wie die Mackie Control Universal (MCU), ist mit rund 25 cm jedoch viel schmaler. Der Anschluss erfolgt wie bei der MCU über eine bidirektionale MIDI-Verbindung, fordert also je einen freien MIDI-In- und -Out-Port. Den größten Teil der Benutzeroberfläche belegen die 32 V-Pots: gerasterte Endlosdrehregler mit zusätzlicher Tasterfunktion und LED-Kranz. Sie sind in 8er-Gruppen unter vier zweizeiligen, hintergrundbeleuchteten LC-Displays verteilt, sodass pro V-Pot 2 × 6 Zeichen für Parameternamen/-werte zur Verfügung stehen. Die LCs können auch lange Parameternamen über die ganze Breite anzeigen. Wie bei der MCU ist das Kopf-LCD angewinkelt und so stets gut lesbar. Da die drei zusätzlichen LCs nicht gewinkelt sind, lassen sich diese je nach Sitzposition schlechter ablesen. Eine Kontrastregelung gibt es leider nicht.
Unten findet man 19 Sondertasten: Spot Erase (noch ohne Funktion), Split, Lock und vier Assignment-Tasten sowie je vier Tasten für Zweitfunktionen (Modifier), zur Parameter- Umschaltung (Bank/Single) und zur Slot- oder Track-Wahl.
Konzept
Unter Logic 7 können MCU und C4 wie ein großer Controller im Verbund arbeiten. Die C4 fügt dann im Multichannel-Modus acht Kanäle hinzu. Wenn Sie MCU und C4 in separaten Zeilen anordnen, arbeiten beide (bis auf einige Textmeldungen) unabhängig voneinander solo. Apple empfiehlt, den Solo-Modus zu nutzen, denn so können Sie mit der MCU Transport- und Kanalfunktionen und mit der C4 EQ- und Plug-in- Parameter bedienen. Die C4 lässt sich vielseitig nutzen, wobei in der Praxis diese vier Assignment-Modi Vorrang haben:
Track-Modus: Hier werden die Namen 32 aufeinander folgender Kanäle angezeigt. Enthält das Arrangement mehr Kanäle, kann man die Zuweisung in 8er-Gruppen (Bank) oder kanalweise (Single) an der C4 umschalten oder direkt in Logic auf Zielkanal oder -Spur klicken. Leider kann man aber nicht mal eben am V-Pot eines Kanals drehen, um dessen Volumen zu regeln. Sie können V-Pots hier nur drücken, um den entsprechenden Kanal zu selektieren! Sobald Sie dies tun, springt die C4 sofort in den Channel-Strip-Sub-Modus EQ, sodass alle 32 V-Pots zur Regelung der EQ-Parameter abkommandiert sind: klasse! Wenn man den Track-Taster gedrückt hält, kann man in Zeile 4 jeden Kanaltyp separat wählen (MIDI, Inputs, Audio, Instruments, Aux, Busses, Output, Master), um danach entsprechende Einzelkanäle zu selektieren.
Channel-Strip-Modus: Hier editiert man einen, meist zuvor im Track-Modus oder in Logic selektierten Kanalzug. Hält man den Chan-Strip-Button fest, kann man mit den V-Pots 1 – 3 der vierten Zeile den Sub- Modus Surround, EQ oder Edit anwählen. Dort sind dann alle 32 V-Pots mit entsprechenden Parametern belegt. Besonders der EQ-Modus dürfte für manchen Anreiz genug sein, sich eine C4 als EQ-Remote zu gönnen.
Marker-Modus: Mit den beiden V-Pots rechts unten können Sie hier Marker „on the fly” setzen oder löschen. Gesetzte Marker werden sukzessive den V-Pots 1 – 30 zugewiesen. Sobald ein Marker-Bereich erreicht ist, sieht man zusätzlich die Meldung Inside, und der entsprechende V-Pot-Kranz leuchtet. Natürlich kann man Marker mit den V-Pots direkt anspringen.
Function-Modus: Hier sind alle V-Pots mit allgemeinen Programmfunktionen belegt wie etwa Ein-/Ausblenden von Parameterbox, Channel-Strip, Löschen der Automationsdaten für die selektierte Spur, Auswahl des Mauswerkzeuges oder vertikaler/horizontaler Spur-Zoom.
Split- und Lock-Button
Beim Editieren von Instrument- oder Effekt- Parametern braucht man nicht unbedingt Zugriff auf 32 Parameter. Per Split-Button soll man die C4 deshalb an einer beliebigen Zeile in je eine Upper- und eine Lower-Hälfte trennen können – etwa um über die Zeilen 1/2 und 3/4 gleichzeitig zwei verschiedene Plug-ins zu bedienen. Logic Pro 7.1 funktionierte dies noch nicht zufriedenstellend. Ab Logic Pro 7.2 aber wird die Funktion unterstützt.
Praktisch ist der Lock-Button, der Kanal- Select-Meldungen von Logic unterbindet. So können Sie mit der C4 etwa die EQ- oder Plug-in-Parameter eines bestimmten Kanals editieren und trotzdem direkt in Logic beliebige Kanäle selektieren, ohne das C4-Display dadurch umzuschalten.
C4 in Logic editieren
In Logic Pro 7 können Sie die Zuweisungen zwischen eintreffenden Controller-Kommandos und den dadurch ausgelösten Logic- Funktionen umfangreich editieren. Wer genug Zeit und Geduld mitbringt, darf hier hemmungslos experimentieren. Doch seien Sie gewarnt: Logics Möglichkeiten im Bereich der Controller-Zuweisungen sind komplex bis uferlos und nicht immer leicht zu durchschauen …
Falls Sie weiter in die Materie eintauchen möchten, sollten Sie Folgendes berücksichtigen: Die aktuellen Controller-Zuweisungen werden in Ihrem Benutzerverzeichnis unter Library/Preferences/Logic in der Datei com.apple.logic.pro.cs gespeichert. Wenn Sie viel Arbeit in das Editieren der Zuweisungen gesteckt haben, sollten Sie also eine Sicherungskopie dieser Datei anlegen. Wenn Sie sich beim Editieren der Zuweisungen verzettelt haben, können Sie diese mit Logic Pro -> Einstellungen -> Bedienoberflächen -> Werkseinstellungen wieder zurück in den Originalzustand versetzen.
Praxis
Dass die C4 weder Jog-Rad noch Transporttaster hat, spricht dafür, dass Mackie sie lieber zusätzlich zur MCU verkaufen möchte und nicht als Alternative. Sie können unter Logic Pro 7 zwar V-Pots mit Transport- und anderen Funktionen belegen, dennoch sind diese dann nur in einem bestimmten Modus erreichbar.
Weil die C4 keine (Motor)-Fader hat, ist sie auch als „Kanal-Extender” nicht optimal. Wer eine Mackie Control Universal um acht Kanalzüge erweitern möchte, ist mit der MCU XT preiswerter und besser bedient. Das bevorzugte Einsatzgebiet der C4 ist deshalb: zusätzlich zu einer MCU, aber nicht an diese gekoppelt. Die beste Figur macht die V-Pot-Zentrale dabei im Marker-, Function- und besonders im Channel- Strip-EQ-Modus: Hier ist die Oberfläche übersichtlich, und man kann alle Parameter schnell oder gar „blind” bedienen.
Beim Editieren von Plugs ist der Eindruck zwiespältig: Zunächst wirkt es beeindruckend, wenn sich 32 Parameter gleichzeitig vor einem auffächern. In der Praxis sieht man hier aber oft den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, und man muss oft lange nach Parametern suchen. Ab Logic Pro 7.2 wird nun glücklicherweise der Split-Modus unterstützt, um die Parameterflut vieler Plugs in kleinere, praktischere Häppchen aufzuteilen.
C4 und Sonar 5
Unter Sonar 4/5 klappt die Einbindung ebenfalls problemlos. Im Optionen-Menü lässt sich die C4 auswählen und einem MIDI-Port zuordnen. Unter den Extras kann man dann noch den F-Tasten den jeweiligen Befehl und die Anzeige im Display zuweisen. Die F-Tasten erhält man beim Drücken des Function-Knopfes auf der C4. Hier verbergen sich dann auch neben den acht F-Tasten Bedieneinheiten für Metronom, Automation, Speichern, Rückgängig und vor allem die Transportfunktionen. Im Standardbetrieb wird, entgegen Logic, nicht nur pro Kanal ein Spurname angezeigt, sondern lässt sich hier auch die Lautstärke regeln. Über den Track-Knopf lassen sich sogar andere Werte wie Pan etc. definieren. Ein Druck auf den Regler bringt Sie aber auch nicht direkt in die Kanaleinstellungen. Diese erreichen Sie im Channel-Strip- Modus.
Neben allen Aux-Wegen, Stumm, Solo, In- und Outputs und anderen Spureinstellungen lassen sich hier auch die zugewiesenen Plug- ins steuern. Die Kanal-EQs werden wie die übrigen Plug-ins angezeigt. Auch unter Sonar lassen sich per Split-Funktion in Kombination mit dem Track-Schalter unterschiedlichen Bereichen auch variable Funktionen zuweisen.
Hauptmanko unter Sonar ist der Zugriff auf Instrumenten-Plug-ins. Es gelang nicht, auf Instrumente, die in das Synth-Rack eingebunden sind, zuzugreifen. Sobald man Instrumente nach der „alten” Methode direkt in eine Spur einfügt (also wie ein Effekt-Plug-in), kann man sie mit der C4 editieren. Aber Vorsicht: Einige Instrumente geben keine Daten an die C4 aus, so z. B. NIs FM7 und auch mitgelieferte Plugs wie die DreamStation. Als größtes Problem sehe ich in Sonar, dass man die C4 nicht wirklich frei konfigurieren kann. Nur die Belegungen des Function-Schalters lassen sich verändern.
Fazit
Die Mackie Control C4 ist ein beeindruckender Controller – derzeit allerdings nur für eine begrenzte Zielgruppe. Am praktischsten ist die C4 als unabhängige Erweiterung einer Mackie Control Universal unter Sonar 4/5 und Logic Pro 7.2. Wenn man sie dort etwa als luxuriöse Marker- oder EQ-Remote abkommandiert, beschleunigt sie den Workflow deutlich. Auch als Plug-in-Editor kann die C4 gute Dienste leisten. Bei komplexen Plugs braucht man aber eine gewisse Einarbeitungszeit. Anwender von Cubase, Live & Co. sollten mit dem Kauf einer C4 noch warten, bis die angekündigten Unterstützungen da sind – denn was die C4 in der Praxis leistet, hängt zum größten Teil von der Qualität der Host- Anbindung ab.