Der Ort, an dem wir musikalisch aktiv werden und der uns zu unseren Ideen inspiriert, sollte eigentlich eine besonderer Stätte sein. Leuchtende Knöpfchen sowie strahlende Displays umranken große Bildschirme und jede Menge Lautsprecher — und in der Mitte steht ein hoffentlich bequemer Studiosessel. Lavalampen und Ambient-Light-Installationen hinter den TFTs schaffen eine beinahe surreale Atmosphäre … Eine Umgebung, die uns kreativ macht!
Wir Musiker präsentieren uns heute gerne mit »echter« Hardware, verbringen aber oft die meiste Zeit vor dem Rechner. Klar, es gibt noch »echte« analoge Studios, die wirklich auf Band aufnehmen! Aber viele von uns klicken eben doch immer auf das gleiche Icon und legen dann los …
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Den Detailreichtum, den wir in Akustik, Dekoration und Raumgestaltung unseres Studios investieren, sollten wir nicht vernachlässigen − aber wieso verwenden wir nicht ebenso viel Zeit auf die Optimierung unseres Default-Songs und unserer Software-Umgebung? Ein hilfreiches Fenster-Layout, farbige Basis-Tracks und ein paar einfache Input-Routings haben wir wohl alle definiert, aber da geht noch viel mehr …
Ein Klavier, ein Klavier …
Eine Kleinigkeit, die mir im digitalen Studio immer gefehlt hatte, war ein einfacher Klangerzeuger, mit dem ich »mal eben« etwas einspielen kann. Das war im analogen Studio früher sehr einfach: Da stand immer irgendwo ein Synthesizer, der am Mischpult angeschlossen war. Der Kanal am Mixer leuchtete, sobald man in die Tasten langte; man zog den Fader hoch, und los ging’s! Heute startet unser Song mit vielen Routings, aber keinen Sounds.
Integriere in deinen Default-Song einen einfachen Klangerzeuger, mit dem du jederzeit Ideen sofort festhalten und ausprobieren kannst. Das ist eine so simple Sache, dass er in vielen Default-Tracks der Sequenzer-Hersteller schlicht fehlt!
Wenn wir heute etwas einspielen möchten, müssen wir oft am ersten großen Ideen-Killer vorbei: dem Plugins-Ordner! Hunderte Möglichkeiten − mit welchem Klangerzeuger fangen wir an? Oder das nächste Monster: das ultraflexible Routing der Audio-Eingänge. Und schon ist die Idee weg …
Mein Default-Song startet seitdem auf dem ersten Kanal immer mit einem ganz einfachen Piano-Sound. Kein Gigabyte-96-kHz-Sample, aber dafür immer parat, ohne Aufwand, ohne Mausklicks. Vielleicht kannst du die erste Spur sogar per Tastaturbefehl oder externem Controller auswählen? Statt einem Klavier kannst du natürlich auch einen Software-Synthesizer starten lassen − je nachdem, was dich inspiriert …
Click-Track
Vielleicht kennst du das Phänomen, dass du ohne Click-Track hervorragende Ideen entwickelst … aber sobald der Einzähler deiner Audiosoftware loslegt, spielst du weit weniger intuitiv? Die Konzentration auf die Aufnahme mit Click hemmt zuweilen unsere Kreativität.
Manchmal reicht es hier, das Instrument zu wechseln. Der Click-Track stammt aus einer Zeit, als »virtuelle Drummer« noch unvorstellbar waren und Drumcomputer nur wenige Sounds gleichzeitig spielen konnten.
Spectrasonics Stylus RMX als Drumloop-Pool oder Toontracks EZdrummer als komplett virtuelles Schlagzeug bringen ja neben ihren Einzelsounds auch fertige Drum-Grooves mit. Wenn der Click-Track dein Musikempfinden beim Einspielen zerstört, probiere zum Einspielen doch einmal diese Plugins aus.
Bei vielen Sequenzern wird ein einfacher Drumcomputer gleich mitgeliefert, die Sounds reichen garantiert für einen wesentlich lebendigeren Click-Track aus, der dann eher das Feeling einer Band vermittelt als die Kühle eines Computers.
Auch hier lohnt es sich, diese Spuren als MIDI-Track gleich im Default-Song anzulegen, so ist dein zeitgemäßer Click ohne großen Aufwand verfügbar und lässt sich im Tempo und Takt jederzeit anpassen!
Einsatzgebiete schnell testen
Aus dem kreativen Prozess herausgerissen zu werden mag wohl niemand von uns. Aber wie bekomme ich blitzschnell heraus, ob dieser oder jener Sound für ein bestimmtes Einsatzgebiet taugt? Ich habe das kostenlose Plugin Toneboosters EZQ schon öfters erwähnt, weil es ein besonders einfacher EQ ist, der sich im Alltag schnell bedienen lässt!
Mit einem Mausklick testest du, ob ein Sound mit vielen Höhen funktioniert oder ob du Aufnahmetechnik oder Sounddesign noch verändern musst. Beispielsweise kann ein Gitarrensolo richtig gut klingen, aber sobald du im Mix nun den Bassbereich beschneidest, klingt der Sound nasal und nicht rund. Bevor du hier nun nach der Aufnahme den kompletten Sound verbiegst, gewöhne dir das Arbeiten mit solch einem »Blitzschnell«-EQ an: Beschneide damit schnell den Bassbereich, und experimentiere dann direkt mit der Mikrofonposition, der Auswahl des Mikrofons oder der Klangprogrammierung.
Das Ergebnis wird dadurch ein besserer Grundsound sein, und trotzdem verzettelst du dich nicht und bleibst in deinem Workflow!
Der Bassbereich
Eben haben wir über das Schneiden im Bassbereich gesprochen: Wenn man eine Spur einspielt, aber der Bassbereich im Song noch nicht fertig gemischt ist, dann ist es für den einen oder anderen Musiker schwer, seinen Take mit Emotionen und Herzblut auf unserer Festplatte zu verewigen.
Andere Spuren, die du vielleicht gerade aufnimmst, überlagern sonst Schlagzeug und Bass-Spur und führen dazu, dass die Musiker sich nicht fallen lassen können. Sie werden schlechter spielen, und dann nützt uns ja die ganze tolle Aufnahmetechnik auch nichts mehr!
Während man aufnimmt, schon mal eben mischen − und das auch gekonnt − ist vielleicht nicht immer möglich. Eine Möglichkeit ist aber, während der Aufnahmen den Bassbereich zu begradigen. Dazu braucht es keinen teuren EQ − das Freeware-Plugin TDR VOS Slick-EQ reicht beispielsweise dafür völlig. Definiere auf allen Tracks, die im Monitormix zu hören sind, einen höheren Lo-Cut, lediglich bei Bass und Drums sollten dieser bei 30 bis 60 Hz liegen. Auch wenn dein Song noch nicht fertig gemischt ist, ist es so für die Musiker leichter, dem Kopfhörermix zu folgen.
Plug-ins ordern
Ordnung in deine Plugin-Liste zu bringen ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe. In deinem echten Studioraum wird es meist auch kein heilloses Durcheinander geben, welches dir den Blick auf deinen Rechner oder dein Mischpult versperrt!
Je nachdem, welchen Sequenzer du einsetzt, gibt es verschiedene Optionen. Manche Sequenzer bieten direkt eine Ordnung nach Kategorien, andere bilden einfach die Ordnerstruktur deiner Festplatte ab. Es gibt so viele tolle Plugins, und die Liste deiner installierten Effekte wird dadurch nicht nur umfangreicher, sondern vor allem unübersichtlicher! Bringe Ordnung ins Chaos, sortiere Plugins nach Aufgabengebieten, und leg dir vor allem einen speziellen Ordner mit deinen Alltags-Plugins an: nur zwei EQs, nur zwei Kompressoren, nur zwei Reverbs etc. Es geht ja kein Plugin verloren, nur weil es in einem anderen Ordner gespeichert ist, aber du hast dann ein Grundgerüst, auf das du jederzeit sehr schnell zugreifen kannst.
Fazit
Eine Wohlfühl-Software-Umgebung ist nicht nur was für Computer-Nerds. Manchmal sind es immer die gleichen Handgriffe, die wir Song für Song stets neu ausführen. Überarbeite deinen Default-Song, der direkt beim Starten deines Sequenzers mitlädt!
Leg Software-Instrumente, die du eh immer wieder brauchst, gleich inklusive Routing an. Teile deinen Mix in Gruppen auf, organisiere die Track-Liste, gleich vom Start weg.
Viele von uns machen nicht jeden Tag alles anders, und dennoch optimieren wir lieber Dinge, die man sieht und hört, als unseren Workflow im Software-Sequenzer. Das Ergebnis sieht man von außen zwar vielleicht nicht, hören wird man den Effekt aber bestimmt! Viel Spaß dabei!