Der britische Hersteller aus Cornwall kann auf eine langjährige Erfahrung besonders im Livebereich zurückblicken. Es war also nur eine Frage der Zeit, dass Allen & Heath mit einem spezialisierten Recording-Tool an den Start geht. Dabei handelt es sich beim ICE-16 um eine Kombination von Line-Level-Recorder, der mehrere Spuren direkt auf ein USB-Medium aufzeichnen kann — »standalone«, versteht sich. Und hängt doch mal ein Computer dran, verwandelt sich die schwarze Kiste in ein Audio-Interface. Das ist erst mal nichts Neues, aber macht neugierig, wie der Liveprofi dieses Produktsegment interpretiert.
Das ICE-16 lässt sich per USB oder Firewire an den Rechner anschließen, wobei sich das Setup durch ein zweites ICE-16 erweitern lässt. Digitale Schnittstellen wie S/PDIF oder AES/ EBU sucht man vergeblich, und auch ein MIDI I/O fehlt − ein reines Recording-Gerät also.
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Demgemäß gibt es viele Audio-Anschlüsse: Der meiste Platz wird von 16 unsymmetrischen Klinkenbuchsen für die analogen Eingänge und ebensovielen Cinchbuchsen für die Ausgänge beansprucht. Alternativ bietet der Hersteller ein zweites Modell namens »ICE-16D« an, das symmetrische Verbindungen auf insgesamt vier SubD-Buchsen verteilt. Alle diese Verbindungen arbeiten mit einem Nominalpegel von 0 dBu.
Im Allgemeinen ist die Verarbeitung sehr gut, und alle Buchsen und Bedienelemente sind stabil eingebaut.
Einrichtung des Speichermediums
Sofern ein USB-Medium zum ersten Mal angeschlossen ist, leitet das ICE die fast einminütige Testphase ein. Hier wird die Geschwindigkeit des Speichermediums ermittelt: bei »SLo« ist der Datendurchsatz zu gering. Ein Grund für die Warnmeldung kann unter Umständen eine Cluster-Größe von 4, 6 oder 16 kB sein, die sich durch Formatierung auf die nötigen 32 kB erhöhen lässt. Dazu sollte man sich die Tastenkombination eingeprägt haben, denn ein übersichtliches Menü fehlt leider: Um ein Medium zu formatieren, werden die Tasten »Delete« und »Record« gleichzeitig gedrückt und der Befehl »For« anschließend mit »Play« bestätigt. Einmal erledigt, ist das Medium beim nächsten Anschluss innerhalb kürzester aufnahmebereit.
Später durchgeführte Testdurchläufe entscheiden automatisch darüber, ob das Gerät anhand des Datendurchsatzes − nun angezeigt durch »Lo« oder »Hi« − die Wandler auf 16 oder 24 Bit umschaltet. Nun gut! Auf der Internetpräsenz des Herstellers ist ein PDF mit allen getesteten bzw. empfohlenen USB-Medien einzusehen.
Recording
Konzeptionell ist der Recorder so ausgelegt, dass man die Klinkenbuchsen ohne Umwege beispielsweise mit den Direct-Outputs eines FOH-Mischpultes verkabelt. In diesem Fall ist besonders exakt auf korrektes Einpegeln am Pult zu achten, denn das ICE bietet keinerlei Möglichkeiten zur Pegelanpassung, weder vor noch nach dem AD-Wandler − nicht mal ein Dämpfungsglied (Pad) ist zu finden. Das heißt also, genau hinsehen und hinhören! Die LED-Pärchen dienen dabei zur optischen Überprüfung. Die LED »Signal« leuchtet ab einem Pegel von −22 dBu in grüner Farbe. »Hi Level« hingegen warnt in Rot ab +14 dBu, also 6 dB vor der Übersteuerungsgrenze.
Wenn der Monitor-Schalter auf »In« steht, werden die per Druckschalter angewählten Eingangssignale über den Kopfhörer ausgegeben. Schön, dass auch eine mehrfache Selektion dieser 16 Schalter möglich ist, etwa um die Phasenlage zweier oder mehrerer Signale gegeneinander zu prüfen. Allerdings muss man immer die nicht benötigten Kanäle manuell abschalten, möchte man einen anderen abhören. Eine exklusive Solo-Funktion über eine digitale Schaltung wäre etwas praktischer gewesen. Nicht nur eine interne Lautstärkenregelung, sondern auch Panorama-Regler der individuellen Kanäle werden vermisst. Durchweg bekommt man also nur Monosignale auf beide Ohren.
Die Bittiefe konfiguriert sich, wie beobachtetet, anhand des Datendurchsatzes selbst. Doch wo lässt sich die Abtastrate einstellen? Hält man »Time« länger gedrückt, zeigt das Display »44.1« (kHz) an. Mit den Tasten »Previous« und »Next« sind alternativ noch 48.0, 88.2 oder 96 kHz verfügbar. Vorsicht: Man sollte sich während der Aufnahme von diesem Menü fernhalten, denn allein das Durchschalten dieses Parameters wechselt die Abtastrate sofort!
Die maximale Abtastrate liegt also bei 96 kHz. In diesem Fall lassen sich aber, wie bei vielen anderen Interfaces, nur acht (!) Kanäle aufzeichnen. Für die kompletten 16 Kanäle muss man diesen Faktor auf mindestens 48 kHz drosseln.
Ein kürzerer Druck auf »Time« hingegen verrät die verbleibenden Restminuten. Zwei Stellen des LED-Ziffernblocks sind wohl für die Kapazität der meisten USB-Sticks ausreichend, im Test wurde aber auch auf eine herkömmliche USB-Platte von Western-Digital mit 500 GB aufgenommen, und die Anzeige verweilte ewig auf »r99«, also 99 Minuten. Ist also ein Mitschnitt von mehr als 99 Minuten geplant, muss man leider den benötigten Speicherplatz unter Berücksichtigung der Samplingrate selbst berechnen.
Jetzt kann man die Aufnahme starten. Eine rote LED über dem »Record«-Schalter sowie rotierende Segmente im Display bestätigen diesen Prozess. Die Ziffernblöcke 2 und 3 zeigen währenddessen die aktuelle Songnummer an, »01« bis »99«. Während der Aufnahme erzeugt eine erneute Betätigung von »Rec« automatisch einen neuen Song. Es dauert ein paar Sekunden, bis sich die Songnummer um eine Ziffer erhöht. Leider fällt diese kleine Pause nicht nur am Display, sondern auch tatsächlich in der Aufnahme negativ ins Gewicht, denn reiht man die Wellenformen der einzelnen Songs später nahtlos in einer DAW aneinander, macht sich das fehlende Audiomaterial deutlich bemerkbar. Auf die sofortige Unterteilung beim Konzertmitschnitt sollte man also besser verzichten, wenn der Applaus des Publikums nicht zu vernachlässigen ist. Gefährlich!
Auf dem Speichermedium werden zwei Ordner angelegt: »Records« und »Music«. Im ersten Ordner erstellt das ICE pro Song einen weiteren Unterordner. Darin sind je nach eingestellter Abtastrate 8 bzw. 16 WAV-Dateien, mit Kanalnummer benannt, zu finden. Das heißt, es werden stets alle maximal verfügbaren Kanäle aufzeichnet − auch wenn kein Signal anliegt.
Dieses Konzept entpuppt sich zwar gerade beim Mitschnitt von kleineren Gigs einerseits als sehr speicherplatzintensiv, umschifft auf der anderen Seite aber das Risiko, versehentlich mal die Scharfschaltung einer Spur zu vergessen.
Leider bietet die Firmware keinerlei Möglichkeiten hilfreiche Metadaten, wie Künstler, Projekt oder Datum festzuhalten.
Den ultimativen Härtetest aber hat das ICE-16 mit Bravour bestanden, denn auch nach unterbrochener Stromversorgung oder Entfernen des Speichermediums während der Aufnahme erscheinen alle Dateien zuverlässig im Ordner und sind problemlos lesbar − das ist keine Selbstverständlichkeit.
Hardware: Auf einer Höheneinheit findet man alle Anschlüsse und Bedienelemente.
Am Rechner verwandelt sich das ICE-16 in ein Audio-Interface. Hier wird ausschließlich auf Line-Level gearbeitet!
Wave Player
Den zweiten Ordner namens »Music« kann man bei Bedarf mit eignen Musikdateien im WAV-Format (kein MP3!) füttern. Diese Dateien, beispielsweise Hintergrundmusik für die Pausen bei einer Veranstaltung, lassen sich über die Cinch-Ausgänge 1 und 2 abspielen.
Interface
Werfen wir zuletzt noch einen Blick auf den Einsatz mit dem Computer. Separate USB- und FireWire-Treiber für Windows XP/Vista/ 7/8 mit WDM/ASIO-Schnittstelle stehen als Download bereit. Unter Mac OS X wird das Gerät als »class compliant« vom System »Core Audio« erkannt. Der Treiber stammt von »Archwave«, eine Firma, die für diverse Hersteller programmiert und kürzlich auch durch die Entwicklung des Standalone-Recorders »Cytomic LR-16« von sich reden machte. Insofern zeigt auch das »Control Panel« des ICE-16 unverkennbare Parallelen zum Kollegen aus Zürich.
Die Installation bereitete keine Schwierigkeiten, und das komplette I/O wurde zuverlässig in verschiedensten Software-Sequenzern erkannt. Lediglich das Monitoring bereitete etwas Missmut. Gibt die DAW nämlich ein Stereosignal mit 0 dBFs aus, etwa nach einem Brickwall-Limiter auf der Stereosumme, zerrt der Kopfhörer deutlich, denn auch in diesem Betriebsmodus werden beide Kanäle zu einem Monosignal summiert, und erst eine Reduktion des DAW-Faders um 3 dB bringt die Erlösung.
Etwas enttäuschend, dass Allen & Heath hier keine zusätzliche Software mitliefert, die das Monitoring und Mixing über eine hübsche grafische Oberfläche veranschaulicht.
Für einen dauerhaften Interfacebetrieb im Studio ist das ICE-16 für die Verwendung an einem Mischpult mit Direct-Outs prädestiniert, da nur Eingänge für Line-Pegel vorhanden sind. Wer viel Line-I/O braucht, kann dank doppelter FireWire-Buchse dann noch ein zweites ICE-16 ankoppeln und auf 32 Kanäle aufstocken.
Die Messwerte haben wir wie immer im Loop-Test ermittelt.
Fazit
Mit nur einer Höheneinheit und der stabilen Verarbeitung erfüllt das ICE-16 die wichtigsten Kriterien für den mobilen Einsatz.
Die Bedienung ist in den Grundlagen relativ einfach, geht es allerdings um das Einstellen etwa der Abtastrate oder des Wave-Players, sollte man die Tastenkombinationen gut verinnerlicht haben, denn die Menüführung ist etwas kompliziert. Diesbezüglich ist es sehr schade, dass Allen & Heath das Potenzial des zweiten »Displays« nicht ausschöpft.
Da das Kopfhörer-Monitoring auf interne Mixing-Möglichkeiten wie Lautstärke und Panorama verzichtet, muss man mit Monosignalen sowohl im Standalone- als auch DAW-Betrieb klarkommen.
Sobald man das ICE-16 aber einmal in Ruhe konfiguriert und sich mit dem Zusammenspiel von der Abtastrate und maximaler Kanalanzahl vertraut gemacht hat, landen die 16 bzw. 8 Audiospuren zuverlässig und sicher auf dem Medium.
+++
stabile Verarbeitung
++
gutes Preis/Leistungs-
Verhältnis
– –
schlechte Menüführung durch
eingeschränktes Display
– –
kein lückenloser Song-Split
–
Monitoring per Kopfhörer
ausbaufähig
ICE-16 Hersteller/Vertrieb Allen & Heath UvP/Straßenpreis 950,81 Euro / ca. 880,- Euro www.allen-heath.com