MOTU 828x Audio-Interface mit Thunderbolt- und USB-2.0-Schnittstelle im Test
von Dr. Andreas Hau ,
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Schon länger setzt der US-Hersteller MOTU auf doppelte Schnittstellenausstattung, um auf nahezu jedem Mac und PC optimale Performance sicherzustellen. Bei der neusten Version des Produktklassikers 828 mit dem Zusatz »X« kommt nun neben USB 2.0 statt der betagten FireWire-Schnittstelle die ultraschnelle Thunderbolt-Technologie zum Einsatz.
Die gute Nachricht gleich vorweg: Obwohl die Thunderbolt-Technologie recht teuer und aufwendig ist, kostet MOTU 828x keinen Cent mehr als das Vorgängermodell 828 mk3 Hybrid, das parallel noch weiter angeboten wird − es gibt ja nach wie vor viele (ältere) Rechner mit FireWire-Schnittstelle. Auch äußerlich wirkt das 828x, bis auf das auf – gedruckte Thunderbolt-Logo, gegenüber dem Vorgänger nahezu unverändert.
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Im Überblick
Was die Ausstattungsdetails angeht, möchte ich an dieser Stelle auf den Testbericht des MOTU 828 mk3 Hybrid in S&R 9.2012 verweisen, der auf der SOUND&RECORDING Homepage kostenlos zum Download bereitsteht. Trotzdem hier noch mal in Kürze: Bei den üblichen Abtastraten von 44,1 bzw. 48 kHz kommt das MOTU 828x auf zehn analoge Eingänge (8 x Line + 2 x Mic/Instrument), zwölf analoge Ausgänge (8 x Line + Main-Outs und Kopfhörer in Stereo) sowie je 18 digitale Ein- und Ausgänge (S/PDIF und 2 x ADAT). Bei 88,2 bzw. 96 kHz lassen sich die ADAT-Schnittstellen im S/MUX-Betrieb jeweils vierkanalig nutzen; in den maximalen Abtastraten von 176,4 bzw. 192 kHz verschwinden sämtliche digitalen Audioein- und -ausgänge, während die analogen alle erhalten bleiben.
Interessant: Die beiden Mic/Line-Eingänge verfügen zusätzlich über Sends zum Einschleifen eines Kompressors oder EQs; als Return muss dann einer der Line-Eingänge dienen. Nützlich sind die Sends aber auch, um das analoge Signal für Monitoring-Zwecke abzugreifen.
Das gesamte Innenleben ist digital gesteuert. Das Gain der Vorstufen − die übrigens sehr transparent und rauscharm arbeiten − wird über Endlos-Drehencoder in präzisen 1-dB-Schritten geregelt. Ähnliches gilt für die etwas klein geratenen Pegelsteller der Main-Outs und Kopfhörerausgänge. Prinzipiell lassen sich die übrigen Funktionen über die vier Regler links neben dem Display steuern. Bequemer ist’s aber über die Software »CueMix FX«, die es erlaubt, bis zu acht separate Monitormixes anzulegen, inklusive EQs, Kompressoren und Hall − alles berechnet vom internen DSP des MOTU 828x. Zusätzlich gibt’s die üblichen MOTU-Tools, als da wären: FFT-Analyzer, Oszilloskop, Goniometer, Phasen-Meter und Stimmgerät.
Tipp am Rande: DSP-Processing ist nicht nur für die Eingänge, sondern auch für die Ausgänge verfügbar. So kann man beispielsweise mit ein, zwei Bändern des Software-EQs auf dem Main-Out den Frequenzgang der Abhöre begradigen. Das ersetzt zwar keine raumakustischen Maßnahmen, kann aber die Situation zumindest am Hörplatz deutlich verbessern.
Doppelschnitte
Das MOTU 828x kann wahlweise über USB 2.0 oder Thunderbolt betrieben werden. Ein USB-Kabel liegt bei, ein Thunderbolt-Kabel leider nicht. Das hat seine Gründe: Die Thunderbolt-Kabel kosten zwischen 40 und 60 Euro − und nicht nur, weil Apple & Co fürs Zubehör Apothekenpreise verlangen, sondern weil die Technik tatsächlich sehr aufwendig ist. In den Steckern sind Mini-DSPs verbaut. MOTU hätte diese Kosten wohl oder übel an den Endkunden weiterreichen müssen, und diesen Aufpreis hätten dann ja auch die Nutzer mitbezahlen müssen, die das Interface über USB 2.0 betreiben möchten.
Laut Hersteller läuft das 828x auch an USB-3.0-Ports (die üblicherweise durch blaue Buchsen gekennzeichnet sind). Nach meiner Erfahrung ist es ratsam, USB-2.0-Audiointerfaces möglichst an USB-2.0-Ports betreiben. Hat der Rechner ausschließlich USB-3.0-Ports, sollte man vor dem Kauf prüfen, ob das Audiointerface daran funktioniert. Bei USB 3.0 sind nämlich eine Menge exotischer Chipsets im Umlauf, da Intel erst spät USB 3.0 in die eigenen Chipsätze integriert hat. Ist USB 3.0 über separate Chips »angeflanscht«, gibt’s häufig Probleme. So hat sich an den USB-3.0-Ports mit Etron-Chips meines Testrechners noch jedes USB-Audiointerface die Zähne ausgebissen, auch das MOTU 828x. An den USB- 3.0-Ports aktueller Macs sollte es dagegen keine Probleme geben.
Wer das Interface mit Thunderbolt betreiben möchte, sollte beachten, dass die Schnittstelle am MOTU 828x nur einmal vorhanden ist, das heißt, es gibt keinen zweiten Port zum Anschluss weiterer Thunderbolt-Peripherie beziehungsweise eines Displayport-Monitors.
Typisch MOTU! Das matt-schwarze Leichtmetall-Schalengehäuse versprüht schlichte Robustheit. Bei genauerer Betrachtung fallen ein paar mechanische Upgrades auf: Sämtliche Klinkenbuchsen sind nicht mehr nur auf der Platine verlötet, sondern — was heute leider eine Seltenheit ist — zusätzlich mit dem Gehäuse verschraubt. Das das befreit die Lötstellen von mechanischer Belastung beim Ein- und Ausstöpseln. Gute Sache!
Bild: Dr. Andreas Hau
Bild: Dr. Andreas Hau
Systemvoraussetzungen & Installation
Die Systemvoraussetzungen sind äußerst moderat. Das MOTU 828x läuft auf Macs und PCs mit mindestens 1 GHz Prozessortakt und 1 GB RAM. Windows-Betriebssysteme werden ab Vista SP 2 unterstützt, Macs benötigen mindestens OS X 10.5.8. Getestet habe ich auf einem MacBook Pro 13 (Intel Core i5, 2 x 2,4 GHz, 16 GB RAM) mit OS X 10.9.2 und einem PC mit Windows 7 64Bit (Intel Core i7, 4 x 3,5 GHz, 16 GB RAM) jeweils unter Cubase 7.5.
Die Installation der Treibersoftware lief auf beiden Systemen problemlos. Wobei erwähnt werden sollte, dass aufgrund vorheriger MOTU-Tests auf beiden Rechnern bereits ältere Treiberversionen installiert waren; das Update auf die jeweils neuste verlief jedes Mal reibungslos. Das liegt u. a. daran, dass der Hersteller einen Universaltreiber für alle MOTU-Interfaces bereitstellt. So werden Treiberkonflikte vermieden, und außerdem kommt man in den Genuss einer sehr langfristigen Treiberversorgung. Während manch anderer Hersteller den Anwender schon nach wenigen Jahren hängen lassen (Stichwort: 64-Bit Support oder Mavericks-Kompatibilität) deckt MOTUs aktueller Universaltreiber selbst etliche steinalte Interfaces ab. Das nenne ich vorbildlichen Support!
Performance
Laut Manual wird der Thunderbolt-Betrieb auch auf Windows-Rechnern unterstützt, was einigermaßen ungewöhnlich ist. Bislang hat sich Thunderbolt auf der Windwos-Plattform nicht durchsetzen können, und es ist eher fraglich, ob sich daran in naher Zukunft etwas ändern wird. Von den derzeit angebotenen Windows-Rechnern dürften weit weniger als 5% einen Thunderbolt-Port besitzen. Eigentlich schade, denn gerade bei Mobilrechnern wäre diese Hochgeschwindigkeitsschnittstelle äußerst interessant für DSP-Erweiterungen, externe Monitore oder auch Docking-Stations. Da mein PC nicht zu jenen seltenen Exoten mit Thunderbolt-Port gehört, konnte ich das 828x auf Windows nur im USB-Betrieb testen.
Die Niedriglatenz-Performance habe ich wieder einmal mit dem Softsynth-Boliden DIVA von U-He ermittelt. Ausgangspunkt ist das sehr leistungshungrige Patch »Beauty Pad« im besonders CPU-intensiven »Divine«-Modus bei aktivierter Multicore-Unterstützung. Bereits in der niedrigsten Latenzeinstellung mit 64 Samples (Eingangslatenz 2,65 ms, Ausgangslatenz 3,24 ms) ließen sich 12 Stimmen knackfrei spielen; im nächst höheren Setting mit 128 Samples dann auch die maximal möglichen 16 Stimmen. Damit gehört das 828x (gemeinsam mit anderen MOTU-Modellen) zu den derzeit performantesten Audiointerfaces.
Die Messwerte sind hervorragend. Zur Messung wurden Ausgang und Eingang miteinander verbunden und die Gesamtperformance von DA- und AD-Wandlung ermittelt. Der Rauschabstand beträgt 108 dB, der Klirrfaktor liegt mit nur 0,0003% am Rande der Messbarkeit und sogar nochmals niedriger als beim in S&R 9.2012 getesteten 828 mk3 Hybrid (0,0005%).
Auch auf dem Mac ist die USB-Anbindung gleichermaßen performant wie beim Vorgängermodell 828 mk3 Hybrid: Schon ab der kleinsten Puffer-Einstellung mit 32 Samples (je 1,6 ms Eingangs- und Ausgangslatenz) arbeitet das 828x ohne Aussetzer. U-He DIVA lässt sich bis zu achtstimmig spielen, bis erste Knackser auftreten; in der 64-Samples-Einstellung (Ein- und Ausgangslatenz je 2,34 ms) bereits 14-stimmig. Das sind ausgezeichnete Werte, zumal auf einem kleinen Mac – Book 13, das mit allen 16 DIVA-Stimmen fast vollständig ausgelastet ist.
Trommelwirbel − die Spannung steigt: Wir kommen zum Thunderbolt-Betrieb! Auch hier hat das kleinste Puffer-Setting 32 Samples, aber der von Cubase angezeigte Latenzwert ist (noch) geringer: Ein- und Ausgangslatenzen betragen jeweils nur 1,25 ms. Das ist sensationell niedrig! Im DIVA-Test sind aber bereits ab fünf Stimmen erste Knackser hörbar, auch wenn das CPU-Meter noch keine Überlastung meldet. Im 64-Samples-Setting lassen sich bis zu zehn Stimmen spielen; alle 16 Stimmen dann in der 128-Samples-Einstellung, die mit je 3,24 ms Ein- und Ausgangslatenz immer noch sehr flott unterwegs ist.
Unterm Strich bietet die Thunderbolt-Anbindung auf meinem Testsystem keinen echten Geschwindigkeitsvorteil. Das liegt schlicht daran, dass einerseits die USB-Performance außerordentlich gut ist und andererseits die Thunderbolt-Treiber noch relativ frisch sind. Da Thunderbolt ohne Frage die weitaus leistungsfähigere Schnittstelle ist als das für Echtzeitanwendungen eher schwierige USB 2.0, traue ich MOTU für kommende Treiberversionen noch einiges an Optimierungen zu. Schon jetzt ist die Thunderbolt-Performance aber flott und stabil; auf neueren und leistungsfähigeren Macs als meinem Late-2011-MacBook-Pro mag die Thunderbolt-Anbindung bereits jetzt attraktiver sein. Übrigens auch im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Ports. Viele neuere Macs verfügen über zwei Thunderbolt-Ports, von denen zumindest einer oft brach liegt, sodass man das MOTU 828x hier anschließen könnte, um die wenigen USB-Ports für Dongles o. Ä. zu nutzen.
Fazit
Das MOTU 828x ist ein rundum empfehlenswertes Audiointerface mit ausgezeichneten Messwerten, performanten Treibern und umfassender Ausstattung.
Es spricht für den Hersteller, dass gegenüber dem Vorgänger 828 mk3 Hybrid stillschweigend noch ein paar Verbesserungen vorgenommen wurden: Die Klinkenbuchsen sind nun mit dem Gehäuse verschraubt, und die eigentlich schon sehr guten Wandlerwerte konnten noch ein bisschen verbessert werden.
Mit Thunderbolt anstelle der betagten FireWire-Schnittstelle ist das 828x ein zukunftssicheres Investment. Zwar zeigte sich im Test die Anbindung via USB 2.0 ein wenig performanter, doch am nächsten Rechner, vielleicht auch schon beim nächsten Treiber-Update, dürfte Thunderbolt das Rennen machen. Denn dass Thunderbolt enormes Potenzial für Audioanwendungen hat und zumindest auf dem Mac die Schnittstelle der Zukunft ist, steht völlig außer Frage.
Höchst erfreulich ist auch die Preisgestaltung: Obwohl Thunderbolt eine recht teure Technologie ist, kostet das neue 828x dasselbe wie der FireWire/USB-Vorgänger 828 mk3 Hybrid. Das ist schon eine Ansage an die Konkurrenz!
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Thunderbolt und USB 2.0
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performante Treiber für Mac und PC
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sehr gute Klangqualität
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leistungsfähige Mixer-Software
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keine zweite Thunderbolt-Buchse für weitere Peripherie