Bus-Kompression gilt als Königsdisziplin der Dynamikbearbeitung. Mit dem API 2500 und der SSL 4000 G Bus Compressor Collection hat Universal Audio nun detailgetreue Emulationen von zwei ganz großen Studioklassikern geschaffen, die seit Jahrzehnten auf unzähligen Produktionen Subgruppen veredelt und für den berühmten »Glue« auf der Stereosumme gesorgt haben.
Anzeige
Auf ein »API 2500 Bus Compressor«-Plug-in mussten UAD-Anwender lange warten; seit Jahren gehörte er zu den meistgewünschten Emulationsobjekten, und immer wieder geisterten angebliche Screenshots einer UAD-Emulation durch die Foren. Dazu kommt, dass das über 3.000 Euro teure Hardware-Original in den letzten Jahren an Popularität weiter gewonnen hat. Nun ist das Plug-in endlich erhältlich!
Anders beim SSL G Bus Compressor: Ihm hatte sich Universal Audio bereits vor etlichen Jahren gewidmet, sogar mehrfach. Schließlich gilt der SSL weithin als der Summenkompressor schlechthin, der das Genre quasi definiert hat. Es dürfte kaum ein Gerät geben, das auf so vielen Hitsingles eingesetzt wurde wie der SSL Bus Compressor. Entsprechend gehört er − neben dem 1176 − zu den am häufigsten kopierten Kompressoren überhaupt, sowohl als Hardware-Clone wie auch als Software-Emulation. Wobei das UAD-Plug-in gemeinhin als die beste Emulation galt. Bis Universal Audio sich nun, eher unerwartet, selbst Konkurrenz gemacht hat mit der SSL 4000 G Bus Compressor Collection. Diese umfasst zwei Plug-ins, nämlich die bisherige »Legacy«-Version und eine neu programmierte Version, welche das SSL-Original noch detaillierter nachbildet und darüber hinaus zusätzliche Funktionen bietet, über die die Hardware gar nicht verfügt!
GEMEINSAMKEITEN UND UNTERSCHIEDE
Sowohl der API 2500 als auch der SSL 4000 G Bus Compressor wurden ursprünglich als Pult-interne Kompressoren entwickelt, sind später aber auch als Rackmount-Geräte angeboten worden. Beide sind speziell für komplexes Programmmaterial gedacht, d. h. für Subgruppen oder die Stereosumme, und beide sind entsprechend hochklassige Designs. Zur Summenbearbeitung sollte man schließlich nur das allerbeste Equipment verwenden, auf dass keine Klanganteile verloren gehen, sondern im Gegenteil, ein bereits guter Mix noch besser klingt!
Die Designphilosophien sind hingegen ganz unterschiedlich. Während der amerikanische Hersteller API auf hochwertige Übertrager und die hauseigenen diskreten OpAmps setzt, gingen die englischen SSL-Ingenieure den entgegengesetzten Weg: übertragerlose Elektronik mit integrierten Schaltkreisen. Hohe Klangtransparenz wird beim SSL weniger durch besonders exquisite Bauteile erreicht, sondern durch ein modernes Schaltungsdesign mit hoher Gegenkopplung. Und andere Kniffe: So wurden beispielsweise mehrere VCA-Bausteine von DBX (später THAT) parallel geschaltet, um an dieser extrem kritischen Stelle Rauschen und Verzerrungen zu minimieren.
Nichtsdestotrotz haben beide Kompressorlegenden einen gewissen Eigenklang und natürlich ein charakteristisches Regelverhalten, das es zu emulieren gilt.
SSL 4000 G BUS COMPRESSOR COLLECTION
Der SSL 4000 G Bus Compressor ist der wohl bekannteste Summenkompressor überhaupt. Insofern wundert es kaum, dass er schon früh das Interesse von Universal Audio geweckt hat. Eine erste Annäherung war der vor rund zehn Jahren erschienene Precision Buss Compressor, der in Sachen Regelverhalten und Parametrisierung eng mit dem SSL Bus Compressor verwandt ist, allerdings nicht dessen charakteristischen Eigenklang emuliert. Aufgrund seiner hohen Klangtransparenz ist er aber bis heute eine interessante Alternative für akustische Musik. Etwas später erschien, noch ohne den offiziellen Segen von SSL, der »4K Buss Compressor«.
Aus ungeklärten Gründen wird »Bus« seit Jahrzehnten häufig mit Doppel-S geschrieben (u. a. auch beim Konkurrenten Waves), obwohl die Schreibweise »buss« im Wörterbuch nur als Synonym für »kiss« zu finden ist. Trotz fehlender Lizenz des Originalherstellers war der 4K- »Knutsch-Kompressor« die bis dato genauste Emulation; das musste auch SSL einsehen. Und so wurde er nach einiger Zeit durch das UAD SSL 4000 G Bus Compressor Plug-in ersetzt, das neben SSLs offiziellem Segen auch die Auto-Fade-Funktion erhielt (die in Zeiten der DAW-Automation eigentlich keiner mehr braucht).
Grundsätzlich ist der SSL4000 G Bus Compressor recht einfach parametrisiert. Wie bei VCA-Designs üblich, wird der Einsatzpunkt über den Threshold-Regler eingestellt. Für die Zeitkonstanten gibt es keine Potis, sondern Drehschalter: Attack lässt sich in sechs Stufen von 0,1 bis 30 Millisekunden einstellen, Release in vier Stufen von 0,1 bis 1,2 Sekunden. In der fünften Schalterposition regelt sich der Release-Parameter automatisch anhand des Programmmaterials, was häufig eine gute Option ist, speziell wenn unauffällige Kompression gefragt ist.
Auch das Kompressionsverhältnis ist nicht frei wählbar, sondern in nur drei Stufen: 2:1, 4:1 und 10:1. Das ist quasi die Vintage-Ausstattung; die aktuelle SSL G Comp Hardware (als Modul fürs API-500-Rack) bietet sechs Ratios, u. a. auch 1,5:1 für besonders sanfte Kompression. Die hätte ich mir für die UAD-Emulation bisweilen auch gewünscht, um ruhige Stücke noch weicher veredeln zu können. Über den Make-up-Gain-Regler lässt sich der Pegelverlust wieder ausgleichen; eine Auto-Make-up-Funktion hat das Plug-in nicht. Dafür gibt’s die kultige Auto-Fade-Funktion, die auf Knopfdruck ein perfektes Fade-Out besorgt, dessen Länge man zuvor über ein Poti einstellt. Ein sehr nützliches Feature in der analogen Ära, heute aber überholt.
Seiner neuen Plug-in-Inkarnation hat Universal Audio zusätzlich ein paar Extras spendiert, die der originale SSL 4000 G Bus Compressor nicht bietet (wohl aber einige Hardware-Clones von Fremdherstellern), nämlich ein Sidechain-Filter und einen Mix-Regler. Das Sidechain-Filter macht den SSL 4000 G Bus besser für aktuelle Musikrichtungen nutzbar, die ja fast durchgängig bassbetonter sind als die Mucke der 80er, für welche die Hardware seinerzeit designt wurde. Der regelbare Hochpass im Detektorzweig sorgt dafür, dass die Kompression weniger stark auf tiefe Frequenzen anspricht. Der Mix-Regler ermöglicht Parallelkompression; auch das ist eine Technik, die in den 80ern noch nicht weit verbreitet war, heute aber zum audiotechnischen Werkzeugkasten gehört.
Als besonderes Extra hat das neue SSL »4000 G Bus Compressor«-Plug-in einen Headroom-Regler in Form eines virtuellen Trimpotis. Hier lassen sich die internen Pegelverhältnisse nachjustieren, was durchaus sinnvoll ist für ein Plug-in, das auch die Nichtlinearitäten der Hardware en detail emuliert. So kann man den Kompressor »heiß« fahren, um mehr analogen Charakter herauszukitzeln, oder für besonders hohe Klangtransparenz niedrig aussteuern. Lediglich den Threshold sollte man nachregeln, da dieser mit dem Headroom-Parameter interagiert. [2613]