Die australische Firma Røde hat mehrfach bewiesen, dass hohe Qualität und günstiger Preis sich nicht gegenseitig ausschließen müssen. Nachdem länger keine neuen Studiomikrofone vorgestellt wurden, präsentiert Røde nun eine runderneuerte Version des Großmembran-Einstiegsmodells NT1 sowie ein Kleinmembran-Stereoset zum absoluten Kampfpreis. Wir haben die Neuzugänge ausgecheckt.
Back in Black
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Die Produktbezeichnung ist etwas verwirrend. Ein NT1 gab es bereits zu Anfang der Røde-Firmengeschichte. Damals hatte es eine zahnschmelz-weiße Emaille-Oberfläche, und seine Kapsel war noch chinesischer Provenienz. Nachdem Firmenchef Peter Freedman eine eigene Kapselproduktion in Australien aufgebaut hatte, wurde es abgelöst vom silberfarbenen NT1-A, das wir in S&R 12.2007 testeten. Das brandneue 2014er-Modell kommt in einem mattschwarzen Finish und heißt nicht etwa NT1-B, sondern schlicht NT1 wie das Urmodell. Zudem bleibt das NT1-A weiterhin im Lieferprogramm − jedenfalls vorerst.
Weniger kompliziert ist der Fall beim zweiten Neuzugang, dem M5 MP Stereoset (MP steht für »matched pair«). Eigentlich hat Røde den Markt für preisgünstige Kleinmembranmikrofone mit dem NT5 bereits fest in der Hand. Das M5 soll nun auch die letzten Sparfüchse überzeugen: Es kostet nämlich kaum mehr als die Hälfte. Maximale Klangqualität zum Minimaltarif? Das schauen wir uns näher an.
Die Schnupperphase
Beide Neuzugänge wirken optisch nobler, als der Preis vermuten lässt. Die mattschwarze Lackierung, ein Emaille-Finish, wirkt kratz – resistent und ist makellos ausgeführt. Zum hochwertigen Erscheinungsbild trägt ein goldfarbener Punkt bei, der als Røde-typisches Erkennungsmerkmal unterhalb der Kapsel eingelegt ist.
Bis auf die Farbe unterscheidet sich das NT1 optisch nur wenig von seinem Vorgänger. Mit einer Länge von 190 mm und einem Durchmesser von 52 mm bei knapp 400g Abtropfgewicht erfüllt das NT1 die gängigen Vorstellungen von einem Großmembran Studiomikrofon. Der Mikrofonkorb besteht aus zwei Lagen. Das äußere Geflecht wirkt recht grob und sorgt für Stabilität, während ein engmaschiges Metallgewebe dahinter Staubpartikel von der empfindlichen Membran fernhält.
Anders als konventionelle Spinnen arbeitet Rycotes “Lyre”-Aufhängung der mitgelieferten Mikrofonhalterung nicht mit elastischen Gummis, sondern mit geschwungenen Bögen aus Kunststoff. Ebenfalls zum Lieferumgang gehört ein Poppschirm aus zwei Lagen perforiertem Metall, der vorne in die Spinnenhalterung eingesteckt wird. Praktisch! Rødes Zusammenarbeit mit Rycote beschränkt sich nicht nur auf das Mikrofonzubehör, sondern setzt sich im Inneren fort. Die Kapsel ist nämlich ebenfalls auf einem geschwungenen “Lyre”-Kunststoffbogen gelagert, um Körperschall abzufangen, noch bevor er den Schallwandler erreicht.
Besagte Kapsel wurde gegenüber dem Vorgängermodell überarbeitet, was ihr äu- ßerlich aber kaum anzusehen ist. Nach wie vor handelt es sich um eine »echte« Einzelmembrankapsel, d. h., es gibt keine rückwärtige Membran; die feste Nierencharakteristik entsteht über ein akustisches Laufzeitglied, ähnlich wie bei Kleinmembrankapseln.
Anders als die meisten Hersteller preisgünstiger Mikros setzt Røde konsequent auf randpolarisierte Kapseln, die u. a. den Vorzug haben, dass die Membran freier schwingen kann als bei Kapseln mit Mittenelektrode, da sie ja nicht von einer Schraube fixiert wird. Außerdem sind randpolarisierte Kapseln weniger anfällig für Defekte durch Schmutz und Feuchtigkeit. So kann es sich der australische Hersteller leisten, eine ungewöhnlich lange Garantiezeit von zehn Jahren auf seine Produkte zu gewähren. Die Mikrofonelektronik ist modern in SMD-Technik gefertigt und arbeitet übertragerlos. Die Verarbeitung wirkt äußerst sauber.
Ähnliches gilt auch für die M5 Kleinmembranmikros. Gehäuse und Elektronik sind so präzise und penibel gefertigt, wie man es in dieser Preisklasse nur sehr selten sieht. Mit 99 mm Länge und einem Durchmesser von 20 mm sind die M5-Mikros sehr kompakt. Zudem macht sie ihre dunkle Farbe optisch unauffällig.
Die Kapseln im Innern haben einen Außendurchmesser von 15 mm, die Membran dürfte demnach auf die beworbene Größe von 1/2 Zoll (12,5 mm) kommen. Ihre Konstruktion unterscheidet sich von den Nierenkapseln des Røde NT5. Lötpunkte auf der M5-Kapselrückseite lassen vermuten, dass es sich um eine Kondensatorkapsel in ElektretTechnik handelt, was aber nicht zwingend schlechter sein muss als eine extern polarisierte Kondensatorkapsel. Zum Lieferumfang des M5-Stereosets gehören einfache Schaumstoff-Windschütze sowie Mikrofonklemmen. Letztere sind schon sehr eng geraten; praktisch ist hingegen, dass sich ihr Gelenk über einen Hebel arretieren lässt. Eine Stereoschiene gehört leider nicht zum Set.