Das Genre Alternative Rock steht sehr oft für gitarrenlastige Musik. In dieser Folge haben wir daher sowohl verzerrte Gitarren im Chorus als auch cleane Gitarren in den Strophen. Weil die verzerrten Gitarren weit nach außen gepannt waren, gab es in dem Chorus keine großen Probleme zwischen ihnen und dem Gesang. In den Strophen jedoch standen die zwei Gitarren fast komplett in der Mitte und kamen leider sehr oft dem Gesang in die Quere. Außerdem waren sie sehr dynamisch gespielt, und so hatte man oft das Gefühl, dass sie entweder zu laut oder zu leise waren. Einen ähnlichen Eindruck hatte man auch beim Bass. Hier gab es sehr große Lautstärkesprünge, vor allem wenn er von tiefen auf hohe Töne wechselte. Dazu hatte er leider auch noch sehr viel Attack, und man konnte fast bei jeder Note ein Knacksen vom Plektrum wahrnehmen.
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Für diese Folge hatte uns die Band Unicorn Rodeo den Song »Maybe« eingeschickt. Das ist eine ältere Nummer, die vom Gitarristen der Band vor ca. 3 Jahren gemischt wurde. Der Song besteht aus mehreren Parts, und oft wechseln sich cleane Gitarren mit ordentlich verzerrten Rockgitarren ab. Genau hier liegt auch schon die erste große Schwierigkeit: Natürlich möchte man, dass es in den Strophen ruhiger wird, aber man möchte auch nicht, dass die Strophe komplett durchhängt und der Chorus einen dann total überraschend und drei Mal so laut erwischt. Das war in dem alten Mix zwar relativ gut gelöst, jedoch hätten die Strophen etwas breiter und interessanter klingen können, damit es nicht ganz so langatmig wirkt und der Kontrast zum Chorus nicht ganz so groß ist.
Da mir der Chorus im alten Mix ganz gut gefallen hatte, habe ich als Allererstes diesen an die Vorlage angelehnt. Das war nicht ganz so kompliziert, denn die verzerrten Gitarren waren sehr gut aufgenommen und erfüllten somit fast schon ihren Zweck. Trotzdem habe ich alle Gitarren mit einem Low-Cut gefiltert, denn ich wollte nicht, dass sie an irgendeiner Stelle der Bassgitarre in die Quere kommen. Dafür benutze ich sehr oft den ganz einfachen und sehr cleanen Pro-Tools-EQ. Danach wollte ich diese Gitarren etwas bissiger machen, damit der Chorus eine aggressivere Energie bekommt, sie sollten aber auf keinen Fall zu laut im Vergleich zu den anderen Instrumenten sein. Trotzdem sollte es im Chorus deutlich nach vorne gehen. Dafür habe ich den EQ aus dem UAD SSL 4000 E Channel Strip verwendet, der die nötige Klangfarbe schon mitbringt. Mit ihm habe ich bei allen Gitarren etwas obere Mitten bei ca. 5 − 8 kHz und einen schönen Ton um die 750 − 900 Hz geboostet. Zusätzlich habe ich noch einen kleinen Plate-Reverb oder Chorus-Effekt auf die Gitarren gelegt, damit sie etwas mehr Tiefe bekommen.
In den Strophen war mein erster Gedanke, dass die Gitarren aus der Mitte raus mussten, damit der Gesang genug Platz hat und nicht mit den Gitarren kämpfen muss. Deshalb habe ich die Lead-Gitarre ca. 30 % nach links und die 2. Gitarre ca. 50 % nach rechts gepannt. Damit ist die Strophe nicht zu bereit, und der Chorus konnte immer noch sehr schön aufgehen. Damit die beiden Gitarren aber nicht ganz so trocken und einsam auf der einen Seite hängen und der Mix dadurch etwas unausgewogen wird, bekamen sie ein wenig Delay auf der entgegengesetzten Seite im Panorama. Auf der Lead-Gitarre kam ein UAD EP-34 Tape Echo mit 269 ms und für die 2. Gitarre ein UAD Cooper Time Cube mit einer Achteltriole zum Einsatz. Da das Delay etwas später und leiser als die trockene Gitarre erklingt, nimmt man die Gitarre eher aus der Richtung des trockenen Signals wahr. So klingt es etwas ausgewogener und interessanter.
Zusätzlich hatte ich das Gefühl, dass die beiden Gitarren etwas zu brav und sehr dynamisch klingen. Also entschied ich mich, die beiden etwas anzuzerren. Dafür habe ich bei beiden Gitarren den UAD SPL Twin Tube genommen. Mit diesem Plug-in kann man dem Audiosignal harmonische Obertöne hinzufügen und über eine Kombination von zwei Knöpfen vier verschiedene Frequenzen wählen, die maßgeblich bearbeitet werden. Damit wird das Signal zwar in der Regel nicht stark angezerrt, aber man kann die Klangfarbe stark beeinflussen. Zusätzlich habe ich die 2. Gitarre stärker mit dem UAD Oxide Tape angezerrt. Dazu habe ich diese Bandmaschinen-Emulation im Input übersteuert, wodurch nicht nur eine ordentliche Zerrung entstand, sondern auch die Dynamik etwas reduziert wurde. Die Lead-Gitarre wurde allerdings nicht weiter angezerrt, sondern mit dem UAD Harrison 32C EQ leicht bearbeitet und bei ca. 600 − 800 Hz und 4 kHz geboostet. Damit klingt sie zwar etwas voller, nimmt aber nicht zu viel Platz im Mix ein. Zusätzlich habe ich beide Gitarren ein wenig mit dem UAD Summit Audio TLA-100 komprimiert, damit die beiden bei einigen lauter gespielten Tönen nicht die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und vom Gesang ablenken. So standen die Gitarren schließlich ganz solide im Mix und waren weder dem Gesang noch der Bassgitarre im Weg.
Leider klang die Bassgitarre noch etwas unausgewogen. Der Sound aus dem Bass-Amp war sehr speziell, und es gab auch keine DI-Spur, die man hätte verwenden können. Man hörte deutlich das Klicken des Plektrums auf der Bassgitarre, und zwar jedes Mal, wenn ich sie nur annähernd laut genug im Mix hatte. Also entschied ich mich, alles über 1 kHz mit einem Hi-Cut abzuschneiden und diese Geräusche mehrfach mit einem sehr schmalen EQ rauszufiltern. Dadurch blieben leider nur noch sehr viel Bass und wenig Mitten übrig. Außerdem war die Aufnahme so dynamisch gespielt, dass man fast jeden Ton in der Lautstärke hätte automatisieren müssen, um das Instrument durchgängig hörbar zu machen. Um beide Probleme so gut wie möglich lösen zu können, musste ich die Bassgitarre relativ stark komprimieren und anzerren. Dadurch wurde das Problem mit der Dynamik mehr oder weniger gelöst, und durch die Zerrung kamen wieder ein paar Mitten hinzu. Jetzt musste ich nur noch ein paar Stellen in der Lautstärke automatisieren, und schon saß auch der Bass ganz solide im Mix.