De/constructed - Hits zum Nachbauen

Rea Garvey – Is It Love in der DAW nachgebaut

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In drei Schritten zum Hit! In dieser Workshop-Reihe zeigen wir, wie und mit welchen Tools sich aktuelle Charthits und klassische Stilrichtungen zu Hause am eigenen Rechner (nach-)produzieren lassen. In dieser Folge geht es um Rea Garveys aktuelle Hitsingle Is It Love? (feat Kool Savas) aus seinem dritten Soloalbum Neon, das direkt nach Veröffentlichung in die Top 5 der deutschen Charts eingestiegen ist. 

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Style-Analyse & Drums

Nach Ausflügen auf seinen letzten Soloalben in die eher elektronische Popmusik oder auch irische Traditionen dringt Rea Garvey auf seinem aktuellen Werk zum ersten Mal in urbane Gefilde vor, was wohl vor allem der Produktion von Imran „Abaz“ Abas geschuldet ist, der einen Großteil des Albums betreut hat und bereits für Rap-Szenegrößen wie dem zuletzt umstrittenen Kollegah, Haftbefehl, Samy Deluxe oder Culcha Candela tätig war.

Was zunächst nach Gegensätzen klingt, ist auf Albumlänge zu einem homogenen, frischen urbanen Pop-Sound verschmolzen, bei dem programmierte Hip-Hop-Beats auf Singer/Songwritertum stoßen oder sogar wie in der hier analysierten Single orientalische Vibes Eingang finden.

Für die Umsetzung im eigenen Rechner kommen Native Instruments Battery 4, das Spectrasonics Dreiergespann Stylus RMX, Trilian und Omnisphere sowie Kontakt-Libraries zum Einsatz.

Drums: Der 81 BPM schnelle Beat ist mit seinen vorgezogenen Kicks eigentlich ein lässiger Hip-Hop Kopfnicker, doch durch die prägnante 16tel-Percussion bekommt er eine klanglich interessante Komponente verpasst, die sich wohltuend von anderen Beats in diesem Genre absetzt. Insgesamt wirkt der Groove dadurch voller und auch weicher. Der Kick-Sound als solcher ist sehr klar und subbig und könnte auch in einer EDM-Produktion Verwendung finden. Die Snare dagegen ist da viel mehr im urbanen Hip-Hop zu Hause, eine dreckige Vintage-Mischung aus verhallten Claps und Snares, die durch Einsatz eines Transient Designers noch mehr Punch verliehen bekommt. Eine ebensolche 16tel-Hi-Hat mit einigen 32tel-Rolls katapultiert den Groove in die Neuzeit und sorgt für angesagtes Trap-Feel. Die orientalisch gefärbte Percussion bringt eine sehr eigenständige und frische Note in den Groove. Hierbei handelt es sich um ein Layer aus verschiedenen Stylus Shaker- und Percussion-Loops, die in einer Gruppe zusammengefasst werden.

Kick und Snare wurden in Battery in jeweils einer eigenen Instanz gelayert. Valhalla Vintage Verb und ...
Soundtoys Decapitator sorgen für das dirty Vintage-Flair.
Die Stylus-Loops werden in einer Gruppe zusammengefasst und ...
... dort parallel über einen PreFader-Send in den UAD Bermuda-Verzerrer geführt – eigentlich ein Gitarren-Bodentreter, sorgt die Zerre in diesem Fall für angenehmes Kratzen und Schmutz, der wohldosiert über den Parallelkanal dem Originalsignal beigemischt wird.
... zwei 8Dio-Sounds in Kontakt (Acoustic Guitar „Infinite“, Mandolin „Natural“).
Das Gitarren-Picking ist ein Layer aus zwei Omnisphere-Sounds („Flamenco Guitar – Mandolin Duo“, „Fingerstyle Acoustic 18 string a“) und ...
Die Gitarrensumme wird mit dem iZotope Trash2-Plug-in etwas angezerrt und erhält dadurch einen spezielleren und mittigeren Sound. ...
... Dazu gibt es noch Hall aus Native Instruments Lexicon-Emulation RC-24 („Small Hall Dark“).
Mittels Sidechain-Kompression wird der Bass über die Kickdrum weggedrückt, sodass sich beide nicht in die Quere kommen. Hierzu wird der Steinberg Kompressor als Insert in den Basskanal eingesetzt und oben das orangene Sidechain-Kästchen aktiviert. In der Kickspur lässt sich nun der Sidechain-Eingang des Kompressors über einen Send-Weg ansteuern.
Das Virtual Mixrack von Steven Slate lässt sich mit virtuellen Plug-in-Kassetten bestücken.
Das Pattern in Cubase Pro 9.5 mit aktiviertem Sampler-Track für das Orient-String Sample

Gitarren, Bass & Strings

Gitarren: Das schon im Drumgroove subtil angelegte Orient-Feel setzt sich auch in der übrigen Instrumentierung fort. Am markantesten ist das Gitarren-Picking, das im Songintro vorgestellt und den gesamten Song über gespielt wird. Der Sound ist durch Layering irgendwo zwischen Akustikgitarre und Mandoline anzusiedeln und geht auch durch die klassische Harmonie-Verbindung d-Moll, Bb-Dur, C-Dur, g-Moll eine perfekte Symbiose aus orientalischem Flair und Pop ein.

Bass: Dem Bass fällt keine besondere Rolle zu, außer dem Füllen der tiefen Frequenzen mit lang gehaltenen Grundtönen. Der Sound stammt aus dem Spectrasonics Trilian („Clean Fender“) und wird mit einem Waves CLA-76 leicht komprimiert.

Orient Strings: War das Orient-Thema bislang nur subtil präsent, wird mit den hier und da als Akzent eingefügten Emre-Strings sehr plakativ darauf hingewiesen. Das funktioniert als Earcatcher und Audiologo sehr gut, den Song erkennt man daran sofort! Charakteristisch für diese Stilrichtung sind die Bendings, die wir in diesem Fall auch mit dem Pitchbender gespielt haben. Für das Layer haben wir zwar zwei Orchester String-Sounds verwendet, das richtige Feeling kommt allerdings erst mit einem entsprechenden Sample auf, das leicht detuned und hart im Sound und Attack ist. Fündig sind wir auf einer alten Sampling-CD namens Orient Odyssee geworden. In Cubase Pro 9.5 lässt sich solch ein Sample direkt aus der Mediabay in eine Samplerspur wandeln und anschließend tonal über die Tastatur spielen.

Arrangement & Master

Arrangement: Der Track ist Hip-Hop-typisch als viertaktiges Pattern angelegt, das über den gesamten Songverlauf hindurch geloopt wird. Damit es spannend bleibt und sich Strophe und Refrains in der Intensität unterscheiden, werden immer mal Elemente reduziert oder hinzugefügt. Das Gitarren-Pattern ist als Lead-Instrument allerdings so markant, dass es in den Strophen zu dominant wäre und mit dem Gesang konkurrieren würde. Das Picking wird aber nicht gemutet, sondern per Filterautomation mit Steinbergs Dualfilter in den Strophen abgefiltert und dann zum Chorus wieder langsam aufgefahren. Das sorgt für eine Spannungskurve und auch gleich für einen modernen DJ-Touch. Dicke String-Pads aus Omnisphere und pompöse Brass-Akzente aus Kontakt, wie man sie aus Gangsta-Rap-Produktionen kennt, führen zu einer erheblichen Steigerung im Chorus.

Master: Im Steven Slate Virtual Mix Rack durchläuft die Summe zunächst eine virtuelle Neve-Konsole für etwas Färbung, der Earth EQ sorgt mit einer leichten Bassanhebung für mehr Druck. Der Brainworx bx1 V3 verbreitert das Stereobild (140 %) und der Multiband-Kompressor LinMB von Waves sorgt mit dem Preset „Multi Electro Mastering“ für einen satteren Sound. Die Mastering-Kette wird schließlich mit einem FabFilter Pro L2 Limiter abgeschlossen. Viel Spaß beim Experimentieren!

>>Hier findest du alle Dateien zum selber Nachbauen in deiner DAW.<<

 


Rea Garvey

Bis 2010 war Rea Garvey (bürgerlich Raymond Garvey) Frontmann der Band Reamonn, die direkt mit ihrer Debüt-Single Supergirl im Jahr 2000 einen ihrer größten Erfolge feiern konnte. Der Titel wurde 2015 im Remix von Alle Farben erneut ein Hit. Seit Auflösung der Band ist Rea Garvey solo unterwegs und hat bislang vier Soloalben veröffentlicht. Daneben ist er vielen als mehrfacher Juror bei „The Voice Of Germany“ und als diesjähriger Teilnehmer bei „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ bekannt. Die aktuelle Single Is It Love? (feat. Kool Savas) läuft auf Dauerrotation im Radio, das dazugehörige Album Neon stieg direkt bei Veröffentlichung im März auf Platz 2 der deutschen Charts ein.

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