Bridging the gap between Song and Film Music

Kim Planert veröffentlicht Skylight

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Skylight

In SOUND & RECORDING 03/2013 berichteten wir vom deutschen Komponisten Kim Planert, der nach L.A. zog, um dort sein Können bei top US-TV-Produktionen, die zum Teil auch in Deutschland laufen und sich hoher Beliebtheit erfreuen (wie z.B. Castle), unter Beweis zu stellen.

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Inzwischen hat Kim in seinem Domizil in den Malibu Hills sein eigenes Studio eingerichtet und dort sein erstes Solo-Album Skylight geschrieben, aufgenommen und gemixt. Mit diesem Album hat Kim es geschafft, sein Gespür für Film-taugliche Scores und seine Liebe zum Fallschirmspringen in 10 spannende Songs zu packen – nicht nur instrumental, wie meist bei Scores üblich, sondern auch mit Gesang von Lisbeth Scott. Fast alle Instrumente hat er selber gespielt, neben Keyboards auch Live-Gitarren und -Drums! Nur die Strings hat er von einem Ensemble einspielen lassen.

Seine gnadenlose Professionalität hört man zu jeder Sekunde bei jedem Song heraus. Die Song-Strukturen erinnern mit ihren großen Spannungsbögen an Musik, die man sonst eigentlich nur im Kino hört, und doch sind es Songs und nicht einfach »nur« Klanglandschaften. Wer möchte, kann beim Zuhören einfach nur entspannen, aber es macht ebenso großen Spaß, die Details und geschickten Soundwechsel konzentriert zu verfolgen. »It’s an epic and at times ambient and spiritual hybrid sound, mixing orchestra with synthesizer and bridging the gap between song and film music.« Dieser Mix aus aus Filmmusik und Songs ist Kim wirklich auszeichnet gelungen.

Erhältlich ist Skylight seit dem 8. März 2019 bei allen bekannten Download- und Streaming-Portalen.

Im Folgenden das Interview mit Kim Planert aus SOUND & RECORDING 03/2013:

TV-Komponist in Hollywood

 

TV-Komponist Kim Planert(Bild: Frank Salvino)

»Castle« ist eine erfolgreiche und beliebte Krimi-Serie im US-amerikanischen TV, wo aktuell die fünfte Staffel ausgestrahlt wird. Auch hierzulande ist sie wöchentlich zur besten Sendezeit um 20:15 Uhr bei Kabel 1 zu sehen. Im Abspann zeichnet Robert Duncan für die Musik verantwortlich, und er hat auch die Titelmusik geschrieben, aber tatsächlich arbeitet ein ganzes Team daran, jede Woche pünktlich die Scores für die aktuellen Folgen abzuliefern. Etliche Cues stammen dabei aus der Feder eines Komponisten, der nicht etwa aus den USA, sondern aus Siegen in Westfalen stammt: Kim Planert.

Wir treffen Kim an seinem Arbeitsplatz in den Devonshire Studios auf Hollywoods Magnolia Boulevard, der auch gerne »Studio Lane« genannt wird, weil es dort halt so viele Aufnahmestudios gibt. Auf unsere Bitte, uns doch einmal seinen typischen Arbeitstag zu schildern, kommt als Antwort: »Da erzähl ich euch besser mal gleich, wie hier die ganze Woche abläuft, denn wir denken nicht in Tagen, sondern hier gibt die Deadline für den Score den Takt an.« Und bevor wir uns dem Equipment und dem Scoring zuwenden, lässt er uns zunächst mal einen Blick auf einen der zahlreichen Monitore werfen, auf dem ein Filemaker-Script läuft, das Robert Duncan selbst geschrieben hat. Hier steht genau, wie viel Musik jeder im Team zu schreiben hat, wie viel er schon geschafft hat und wie viel er heute noch zaubern muss, damit zur Deadline alles fertig ist. Die Einteilung nimmt Robert zu Beginn der Arbeitswoche vor, die hier mitten in der Woche beginnt.

»Am Mittwochmorgen ist die Spotting-Session«, erläutert Kim. »Dann sind meistens auch schon die ersten geschnittenen Szenen der Folge da, und wir fangen sofort an zu schreiben. Während wir schreiben, treffen die ersten Szenen-Änderungen ein, auf die wir natürlich reagieren müssen, falls die der Music-Editor nicht alleine hinbekommt. Ich muss jeden Tag ca. 4 Minuten Musik schreiben, und das Script zeigt mir, wie viel Zeit ich dafür noch habe, um im Zeitplan zu bleiben. Am Montag checke ich nochmal alles zusammen mit Robert, mache ggf. Änderungen, und dann wird alles bis dahin Geschriebene hochgeladen.

Damit ist die Sache aber nicht erledigt, denn am Dienstag kommen die Anmerkungen, wo wir bitte noch etwas ändern sollen, was dann so schnell wie möglich gemacht wird. In der Mixing-Stage im TV-Produktionsstudio wird dabei ab Dienstag auch schon gemischt, während ich noch schreibe. Und am Mittwochmorgen kommen dann die letzten Änderungswünsche, und ich hab exakt bis 13 Uhr Zeit, diese zu erledigen. Danach geht eigentlich nichts mehr. Die Produzenten schauen sich dann die fertige Folge an und schicken uns aber womöglich nochmal ihre Änderungswünsche, die dann bis 18 Uhr fertig sein müssen. Wie man sieht, ist beim TV-Scoring der Zeitdruck sehr hoch, und deshalb muss nicht alles hundertzwanzigprozentig stimmen. Hauptsache, es funktioniert − und das bitte schnell.« (lacht)

Der Arbeitsplatz

ist optimal auf schnelles Arbeiten ausgelegt. Alles lässt sich schnell und recht bequem erreichen.

Mit rechts wird gespielt, mit links die Lautstärke gefahren: Spur fertig − nächste!
Eine E-Gitarre steht griffbereit und fertig gepatcht links neben dem Arbeitsplatz.
Ergonomie ist wichtig: Der Arbeitsplatz ist so weit nach oben verlagert, dass man sowohl im Stehen als auch im Sitzen arbeiten kann.

Sounds

Die Sounds, mit denen Kim arbeitet, stammen von mehreren Orchester-Libraries, wie beispielsweise Symphobia, Sonic Implants, LA Scoring Strings oder VSL, ergänzt durch Drum-Sounds aus Toontracks SD2. Für die Synthesizersounds nimmt Kim sehr gerne Spectrasonics’ Omnisphere; wichtigstes Element sind jedoch die »Homemade«-Sounds, wie er sie nennt, die sich aus dem reichhalten Fundus des Studios rekrutieren und die zum Teil durch speziell entworfene Settings verfremdet werden.

So hat man hier im Studio ein spezielles Plug-in-Setting zusammengestellt, das den Attack von perkussiven Sounds, wie zum Beispiel von Flügel oder Gitarre, entfernt und nur deren Nachklang benutzt und verlängert. »Für Filmmusik ist es oft hilfreich, wenn man nicht sofort erkennen kann, was für ein Instrument gerade spielt. Wenn man den Attack wegnimmt, ist es fast unmöglich, das Original auszumachen, und das Instrument drängt sich nicht in den Vordergrund«, erklärt Kim, schnappt sich eine E-Gitarre und führt das Ganze direkt einmal in beeindruckender Weise vor − in Sekundenschnelle, versteht sich.

Weil eben immer die »böse« Uhr mitläuft, entfällt ein separater Mixing-Prozess völlig, d. h., Fader-Fahrten werden gleich bei der Aufnahme gemacht. Auch das führt uns Kim anhand einer »Castle«-Szene vor: Er sieht sich die Szene an, analysiert das Handlungstempo, stellt entsprechend den Click ein, sucht sich einen Sound aus und legt einfach los: Mit einer Hand wird gespielt, mit der anderen wird während des Spielens der Fader gefahren − damit ist dieser Track fertig, und der nächste Track wird scharfgeschaltet. Das Höchste der Gefühle für eine Spur sind zwei Durchgänge: Falls Kim beim Spielen beide Hände brauchen sollte, wird ein zweiter Durchgang für den Fader gemacht, aber das war’s dann auch.

»Es gibt übrigens keinen Cue, auf dem wir nicht auch live Dinge dazu spielen«, erklärt Kim und führt uns in den Aufnahmeraum des Studios, der so vollgestellt mit Instrumenten ist, dass man kaum durchkommt. Natürlich ist es vor allem seiner »preußischen« Ordnungsliebe zu verdanken, dass man trotzdem zu jedem einzelnen Instrument kommt, ohne über Kabel oder Stative zu fallen. Denn es ist ungemein wichtig, dass man sich schnell an die Instrumenten stellen oder setzen kann, um ruckzuck ein Stereomikro dranzustellen, den Laptop, der die DAW in der Regie fernsteuert, danebenzurollen und sofort aufzunehmen.

Im Aufnahmeraum

… werden Klänge generiert, die man in keiner Library findet. Hier wird alles malträtiert, was da ist, und davon gibt’s reichlich …

Wird ein echter Flügel gebraucht, hängt Kim schnell ein Stereo-Mikro über die Seiten, und los geht’s. Der Laptop, der die DAW in der Regie fernsteuert, lässt sich an jede Stelle im Aufnahmeraum rollen.
Es muss nicht immer Flügel sein: Viel Platz nehmen Saiten- und Tasteninstrumente aller Art ein. Der Flügel im Vordergrund wird auch schon mal mit allen möglichen »Werkzeugen« bearbeitet.
Den meisten Platz im Raum beanspruchen die vielen normalen und exotischen Percussion-Instrumente. Hier wird nicht nur auf traditionellen Instrumenten wie Pauken, Gongs, Taiko, ...
... Vibrafon, Cymbal/Gong-Set, Drums ...
... oder Gamelan, Handtrommeln und Congas gespielt (Kim Kommentar zum Gamelan-Ensemble: »Draufklopfen, ein bisschen Delay dazu, und schon hast du einen prima Pulse − völlig ohne MIDI!«), ...
... sondern vor allem wird mit Händen, Schlägeln und Geigenbogen alles bearbeitet, was Musikgeschäft, ...
... Schrottplatz und Haushaltswarenladen hergeben.
Das am meisten verwendete Percussion-Instrument für »Castle«: Diesen Zahnbürstenhalter hat Robert Duncan bei seiner Schwiegermutter mitgehen lassen.

DAW

Das Aufnahmesystem ist dank 64-Bit-Betrieb so optimiert, dass es innerhalb von knapp 2 Minuten von null auf hundert startbereit ist − hört sich erst mal nicht sooo spannend an, aber diese Zeit beinhaltet auch das Laden des Def-Songs mit allen Templates und 191 Spuren inklusisve aller benötigten Plug-ins und vorkonfigurierter Channelstrips mit sofortigem Zugriff auf alle Libraries! Um blitzschnell zwischen den Libraries umschalten zu können, wurde die Optimus-Maximus-Computertastatur mit entsprechenden Shortcuts belegt.

Aufgrund der hohen Spurenzahl wird als Sequenzer Logic für Mac genommen, und erst von dort geht es in Pro Tools, in dem die Spuren aufgezeichnet werden, die dann übers Internet zur Mixing-Stage geschickt werden.

Damit man in der Mixing-Stage ggf. nötige Feinabstimmungen vornehmen kann, werden neben dem Stereo-Master auch fünf Stems mitgeliefert: ein Stem mit Orchester, Brass und Woodwind, eine zweiter mit Drums und Percussion, der dritte Stem heißt »Band« und enthält Keyboards, Bass etc., der vierte nennt sich »Electronic Textures«, und der fünfte Stem heißt schlicht »solo«.

Scoring

Musikalisch hat man als Komponist hier sehr viel Freiraum, sollte sich aber an einige Vorgaben halten. So gibt es zum Beispiel verschiedene Themen, die den einzelnen Charakteren zugeordnet sind und an gewünschten Stellen verwendet werden sollten, oder − wenn man Glück hat − soll ein bereits fertiger Cue aus einer älteren Episode recycelt werden. Meistens wird aber einfach frisch geschrieben.

Auf unsere Frage, ob es für den TV-Ton auch spezielle Dinge zu beachten gibt, antwortet Kim, dass grundsätzlich auf allen Drum-Kanälen und bei manchen »Electronic Sounds« ein scharfer Lo-Cut bei 30 Hz aktiv ist, damit die Speaker nicht aus den TV-Geräten fallen. Außerdem war er auch schon zu Besuch in der Mixing-Stage, um zu hören, wie das Ganze dort klingt, woraufhin in seiner Regie verschiedene Dinge optimiert wurden. Und wie so oft ist es auch bei ihm so, dass er sich eben über die Zeit auf seine Monitore eingehört hat und weiß, was er machen muss, damit es gut klingt. Man kann also keine Schrittanleitung zu dem Thema aufstellen, die einen sicher durch die Frequenzen führt, sondern hier ist einfach Feingefühl und viel Erfahrung im Spiel.

Hinzu kommt, dass die Musik natürlich auch so angelegt wird, dass sie die Dialoge nicht stört. »Wenn ich Musik unter die Dialoge lege«, erläutert Kim, »achte ich darauf, dass sie nicht in deren Frequenzbereich liegt. Oder ich setze beispielsweise Klavier-Noten so, dass sie nicht genau auf die Sätze fallen. Das Mixen findet also schon in der Komposition statt, nicht etwa in der Nachbearbeitung, weil da eh’ keine Zeit mehr ist.«

Mehr Freiraum

Kurz nach unserem Besuch konnte Kim mit Robert klarmachen, dass er auch von Hause aus am Score arbeitet kann, und hat sich in seiner Wohnung in North Hollywood einen weiteren Arbeitsplatz eingerichtet. Jetzt braucht er nur noch in die Devonshire Studios zu fahren, wenn er Zugriff auf bestimmte Instrumente haben muss, die einfach nicht in die Wohnung passen.

www.kimplanert.com


Kim Planert

Kim Planert stammt aus Siegen in Westfalen. Im Rahmen seines SAE-Studiums führte ihn ein Praktikum nach Großbritannien. Nachdem er seinen Bachelor of Recording Arts an der Southern Cross University of Australia gemacht hatte, bekam er tatsächlich einen Job in einem britischen Tonstudio, wo er rund 10 Jahre lang arbeitete.

TV-Komponist Kim Planert(Bild: Thomas Adam)

Kim entschloss sich, in den USA ein Kompositionsstudium dranzuhängen, weil sein Interesse an einer Arbeit in den USA sehr stark war und die Menschen dort offen für Leute sind, die hier ihr Glück versuchen wollen. Die University of North Carolina gab ihm schließlich nicht nur einen Studienplatz, sondern aufgrund seiner Tontechnikkenntnisse auch einen Assistenten-Job. Nach dem Abschluss des Studiums folgten einige Bewerbungen, wodurch er schließlich in Robert Duncans (s. Kasten auf Seite 35) Team einen Platz als Komponist für TV-Serien bekam. Hier fing er sofort an, Musik für »The Unit« und später auch für »Lie To Me«, »The Gates« und »Last Resort« zu schreiben, und seit 2008 komponiert er permanent für »Castle«. Den ersten eigenen Credit im Abspann einer Fernsehserie bekam Kim bei »Missing«, für die er den kompletten Score gemeinsam mit Robert Duncan schrieb und wofür beide im letzten November den Hollywood Music in Media Award (HMMA) für den besten TV-Score gewonnen haben.

Robert Duncan

Robert Duncan

Seit der kanadische Komponist Robert Duncan in den USA arbeitet, hat er schon Musik zu vielen TV-Hits wie »Buffy«, »Tru Calling«, »The Unit«, »Lie to Me«, »The Gates«, »Chicago Code«, »Last Resort« oder »Missing« geschrieben, die zum Teil auch bei uns bekannt sind. Seit der ersten Staffel ist er für die Musik zu »Castle« verantwortlich, in deren Sound-Layout er seine Liebe zu schrägen Musikinstrumenten einfließen lässt. »Castle« bescherte ihm auch bereits eine Emmy-Nominierung.

Robert hat in York Komposition studiert und ging anschließend noch fünf Jahre lang bei zwei kanadischen Komponisten in die Lehre, bevor er sich daran machte, Hollywood zu erobern.

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