Stereo-Panner fristen ihr aktuelles Dasein meist als kostenlose Dreingabe für Multi-Effekte und Plug-in-Sammlungen. In den 1980er-Jahren musste man dafür jedoch noch richtig tief in die Tasche greifen – und sein Stereo-Panorama mit so illustren Geräten wie dem Electrospace Spanner zum Leben erwecken …
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In der ersten Hälfte der 80er galt möglichst aufwendiges Sounddesign vielfach als Qualitätsmerkmal einer Produktion. Ausgereifte Analogtechnik und verheißungsvolle, neue Wundermaschinen aus der Digitalwelt lieferten die nötigen Werkzeuge, um wirklich jeden Klangparameter gezielt bearbeiten zu können. So rückte auch das Stereopanorama in den Fokus von experimentierfreudigen Produzenten. Da umfassend automatisierbare Mischpulte noch ein Exotendasein führten, musste man kräftig Hand am Pan-Poti anlegen, um Signale in Bewegung zu setzen … oder einen Auto-Panner bemühen.
Gutes vom Lande
Neben dem ADR Panscan und dem angeblich mit 3D-Fähigkeiten ausgestatteten Cyclosonic-Panner zählt der Spanner zu den prominenteren Vertretern dieser eher raren Spezies. Über dessen Hersteller Electrospace Developements Ltd. existieren leider nur wenig verlässliche Infos. Angesiedelt in einem idyllischen Städtchen nahe Cambridge brachte das Unternehmen in rascher Folge vier recht beachtenswerte ProAudio-Produkte auf den Markt. 1984 erschien zunächst ein technisch aufwendiges Multitap-Digital-Delay mit dem einfallsreichen Namen »Time Matrix«, dem allerdings kein kommerzieller Erfolg vergönnt war. Ende 1984 folgte der hier vorgestellte Spanner, und Anfang ’86 erschienen schließlich »The Gate« und »Strate Gate« – zweikanalige Gates mit einigen Goodies wie frequenzgesteuertem Gating und einer Zählfunktion, die das Gate erst nach einer wählbaren Anzahl von Trigger-Impulsen auslöste. Auch diese Geräte blieben bestenfalls mäßig erfolgreich, und Electrospace Developements verschwand bald sang- und klanglos von der Bildfläche.
Das Innenleben des Electrospace Spanner präsentiert sich sehr aufgeräumt und hochwertig konstruiert. Nur die Potis sind leider nicht so toll.
Immer in Bewegung
Der Spanner hat sich seinen Platz unter den Effekt-Exoten durchaus verdient, ergänzte er doch das Feld der Auto-Panner um einige innovative Features, die so in keinem Konkurrenzprodukt zu finden waren. Das Gerät wurde in zwei Versionen angeboten. SP2 besitzt einen Stereo-Eingang, Stereosignale werden hier gegenläufig gepannt. Der linke Eingang dient als Mono-In und liefert zudem Trigger-Impulse (s. u.). Diese Version war seinerzeit für stolze 2.600 Mark erhältlich. Der Kollege SP1 ist baugleich, besitzt jedoch nur einen Mono-In.
Schaut man sich das Bedienfeld näher an, findet man zunächst zwei (bzw. einen) Eingangspegelregler, leider ohne Aussteuerungsanzeige. Die vier Regler rechts davon steuern den LFO für die Panning-Bewegung. Eine dreifarbige LED-Kette zeigt die aktuelle Position des linken Signals. Das rechte Signal verhält sich spiegelverkehrt. »Offset« bestimmt die Position in »Ruhelage« bzw. verschiebt selbige aus der Mitte. Auf Linksanschlag gedreht, erhält man am Ausgang das unveränderte Stereosignal. Ganz nach rechts gedreht, wird das seitenverkehrte Signal ausgegeben. »Auto Depth« regelt die Auslenkung ausgehend vom Offset-Wert. »Auto-Frequency« bestimmt die Geschwindigkeit. Sie reicht von acht Bewegungen pro Sekunde bis zu 12 Sekunden für eine Bewegung. »Auto Symmetry« verformt den Signalverlauf des LFO von einer Dreieckswelle zu einer ab- bzw. aufsteigenden Rampe. Somit verschiebt sich das zeitliche Verhältnis zwischen Hin- und Her-Bewegung. In den Extremeinstellungen bewegt sich das Signal nur noch in einer Richtung.
Die Bedienelemente des
LFOs mitsamt der hübsch anzuschauenden
LED-Kette im »Zylonen-
Style«
Die Trigger-gesteuerte Panning-
Sektion mit Zählfunktion
und Treshold-Regler
Die elektronisch symmetrierten
Ein- und Ausgänge und die
Input-Buchse für externe Trigger-
Signale. »Trig Count Op« gibt den,
vom Zählwerk generierten Trigger
aus. So lassen sich synchron zur
Pan-Bewegung des Spanners
weitere Geräte steuern.
Es geht aber noch mehr. Bringt man den Schalter »Mode« in die Stellung »Clamp«, aktiviert man ein zweites, vom LFO unabhängiges Panning-System. Entsprechend der Stellung des Mod/Trig-Schalters dient hier stattdessen das linke Audiosignal (»Int«) oder ein an der rückseitigen Buchse zugeführter Trigger (»Ext«) als Auslöser von genau einer Pan-Bewegung. Im ersten Fall erzeugt der Regler »Trig Threshold« die Trigger-Schwelle. Erfolgt ein Trigger, bestimmen die Regler »Mod/Clamp Depth« und »Mod/Clamp Damping« Auslenkung bzw. Geschwindigkeit der Pan-Bewegung. Eine rote LED visualisiert den Trigger. Zudem kann der Spanner auch noch bis 8 zählen. Mittels Thumbwheel lässt sich eine Zahl zwischen 1 und 8 eingegeben und so die entsprechende Anzahl von Triggern ignorieren. Das Signal wird also beispielsweise nur bei jedem vierten Kickdrum-Hit bewegt. Eine Ziffernanzeige zählt die ausgelassenen Trigger, zwei Punkte im Display symbolisieren die Richtung der nächstfolgenden Bewegung. Mit dem Reset-Schalter setzt man das Zählwerk auf Null.
Der LFO-Chip (ICL8038) ist ein spannungsgesteuerter
Oszillator mit variablen Wellenformen.
Einer der vier Aphex-Chips für die Pegelsteuerung.
Dank dieser hochwertigen VCAs arbeitet der Spanner
unhörbar sauber.
(Wie) Klingt es?
Der Spanner ermöglicht recht komplexe Pan-Bewegungen, die andere Geräte so nicht draufhaben. Zudem bietet die Trigger-Option eine Synchronisation zwischen Programmaterial und Panning. Einerseits kann das zu pannende Audiosignal direkt als Trigger-Quelle herangezogen werden, andererseits lässt sich dazu ein externes Signal nutzen – vom Klick bis hin zu einem weiteren Programmsignal. Der Trigger-Counter macht die Sache noch flexibler und musikalisch ergiebiger.
Besonders interessant ist die Tatsache, dass sich Trigger- und LFO-gesteuerte Bewegung gleichzeitig nutzen bzw. überlagern lassen. Dadurch kann man Bewegungen erzeugen, die weit über ein simples Hin und Her hinaus gehen: Erstellt man mit dem LFO beispielsweise eine schnelle Bewegung mit geringer Auslenkung und kombiniert sie mit einer langsamen, Trigger-gesteuerten Bewegung über das gesamte Panorama, erhält man einen entfernt Leslie-ähnlichen Effekt, der sich langsam im Stereobild hin und her bewegt. Das Variieren von Offset-Position und Symmetrie der Bewegung lässt weitere Varianten zu.
Beim Spanner von »Klang« zu sprechen, wäre übertrieben. Einen eigenen Sound hat das Gerät nicht. Es arbeitet vollkommen rausch- und verfärbungsfrei. Da die Frequenz des LFOs immer weit unterhalb des Audiobereiches verbleibt, lassen sich auch keine klanglich relevanten Amplituden-Modulations-Effekte herstellen. Der Spanner bewegt das Signal – nicht mehr und nicht weniger.
Noch immer in Bewegung …
Trotz seiner geringen Bekanntheit hat der Spanner seinerzeit Platz in einigen Top-Studios gefunden. So fand (oder findet) man ihn in den Racks von Milocco, SARM, Avatar, Indigo, den Puk-Studios und in der Powerstation NYC. Zu den Produzenten, die mit dem Gerät gearbeitet haben, zählen u. a. Bob Clearmountain (um 1992), Richard Kaplan und die Dub-Legende Mad Professor. So durfte der Spanner bei zahlreichen prominenten Produktionen im Einsatz gewesen sein, genaue und verlässliche Infos sind jedoch kaum auffindbar. Heute ist der Spanner ein schönes Relikt aus einer Zeit des herrlich ungebremsten Effekte-Irrsinns. Hardware-Fans können mit etwas Glück ein Exemplar für relativ kleines Geld auftreiben.