BABY Audio Parallel Aggressor – Effekt-Plug-in im Test
von Axel Latta,
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BABY Audio ist eine kleine, aber feine Software-Bude mit Sitz in Los Angeles. Bis dato sind nur vier Plug-ins im Angebot, und vielleicht ist der eine oder anderen Tonschaffende bereits mit »Super VHS«, »Comeback Kid« oder »I Heart NY« in Kontakt gekommen. Die neuste Errungenschaft nennt sich »Parallel Aggressor«.
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Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich beim Neuzugang um ein Plug-in, welches mit parallelen Signalwegen arbeitet – zum einen mit Parallelkompression, häufig auch als »New York Compression« bezeichnet. Bereits mit dem Plug-in »I Heart NY« hat sich BABY Audio umfangreich diesem Thema gewidmet und nun hinsichtlich des Konzept und der Funktionalität weitergeführt. Im Parallel Aggressor hält jedoch noch ein zweiter Parallelweg in Form einer Sättigungsstufe Einzug. Auch dieses Signal kann man ohne Umwege direkt im Plug-in hinzufügen. Dass zum Originalsignal noch zwei (oder mehrere) Duplikate hinzugemischt werden, ist im Grunde nichts Neues, und Mixing-Legenden wie Vance Powell, Andrew Scheps und viele weitere schwören auf derartige Techniken. So verspricht BABY Audio einen unkomplizierten Weg, mehr Punch und Dichte aus einzelnen Instrumenten und Subgruppen herauszukitzeln.
Das Plug-in ist für Mac (ab OS X 10.7) und PC (ab Windows 7) mit den jeweils gängigen Schnittstellen erhältlich, also AU, VST/VST3 und AAX. Für die Aktivierung benötigt man lediglich einen Serial-Key, der in das Fenster »Trial Mode« eingetragen wird.
Gui und Workflow
Die grafische Oberfläche ist sehr modern und übersichtlich aufgebaut. Dementsprechend ist auch die Bedienungsanleitung mit nur acht PDF-Seiten relativ kurz gehalten. Im Grunde reicht es, einen kurzen Blick auf die »Schritt-Für-Schritt-Anleitung« auf der Homepage zu werfen, um danach sofort loszulegen.
In der Mitte befindet sich eine kleine Mixer-Sektion mit drei Fadern: »Dry«, also das Originalsignal, »Spank«, die komprimierte Kopie, und »Heat«, welche die gesättigte Duplize darstellt. Schon am Anfang kann man hier ein grobes Mischungsverhältnis einstellen. Der Regelweg liegt jeweils zwischen –32 und +6 dB. Zu jeder Zeit lassen sich die drei Bestandteile auch mit dem jeweiligen Solo-Schalter einzeln anhören.
Sehen wir uns die Bedienelemente auf der linken Seite an. Hier dreht sich alles um den Spank-Prozessor, der zur Kompression und Betonung von Transienten dient. Ein Drehregler kümmert sich um den Pegel des Eingangssignals. Das Programmierer-Team empfiehlt, währenddessen das halbrunde Metering im Auge zu behalten. Ein guter Pegel ist erreicht, kurz bevor der farbige Halbkreis ins Orangene wechselt.
Darunter befinden sich vier sogenannte »Style Injection Buttons«, die sich je nach Konfiguration deutlich auf die Klangästhetik auswirken. Vor der Kompressionseinheit kann man durch die Funktion »Extra Punch« eingehende Transienten spitzer formen. Nach dem Kompressor hingegen lässt sich »Extra Smack« hinzuschalten, was den Algorithmus aggressiver gestaltet. Um das Steuersignal von tiefen Frequenzen zu befreien und somit den Kompressor von »pumpenden« Artefakten zu bewahren, hat man auch an ein Hochpassfilter gedacht. Auch kann man das Spank-Signal zu Mono summieren, wodurch sich die Energie der Transienten stets in der Mitte des Stereobildes zentriert. Top!
Auf Zeitkonstanten wie Attack oder Release hat man in diesem Plug-in (leider) keinen Zugriff, was allerdings die Handhabung vereinfachen kann.
Die rechte Seite visualisiert die Sättigungsstufe. Der große Drehregler ist dementsprechend mit »Heat« betitelt und weist zusammen mit dem speziellen Meter eine ähnliche Funktionalität wie bei Spank auf. Allerdings sind die vier »Heat Style Buttons« etwas anders parametrisiert. Während »Extra Hot« einen zweiten, extremeren Algorithmus aktiviert, drückt »Tone« das Frequenzspektrum mehr in Richtung der Mitten. Je ein Hochpass- und Tiefpassfilter mit fixer Grenzfrequenz von 150 bzw. 7.500 Hz kann diesen Effekt noch weiter verstärken.
Auf der rechten Seite findet man mit »Heat« eine charaktervolle Sättigungsstufe.
Der Mixer bildet das Zentrum: »Dry«, »Spank« und »Heat«.
Die linke Seite kümmert sich ausschließlich um die parallele Kompression.
Im Betrieb
Ziemlich schnell wird klar, dass Parallel Aggressor auf ziemlich allen Signalen, die mit mehr oder weniger klar definierten Transienten auftreten, eine gute Figur macht: Funk-Gitarren, Synth-Plucks oder Percussion-Loops. Mit der Spank-Sektion macht es große Freude, mehr Punch, Bite und Aggression dem Original hinzuzufügen.
Ein sehr gutes Gegengewicht zu diesem extravaganten Transieten-Shaper stellt die Heat-Sektion dar. Per Sättigung lassen sich vorhandene Transienten abrunden bzw. abschleifen und somit mehr Substanz und »Dreck« generieren. Je nach Mischungsverhältnis der drei Signale kann man intuitiv einstellen, in welche Richtung die Waagschale kippen soll.
Sein volles Potenzial entfaltet der parallele »Aggressor« auf Subgruppen – ganz besonders bei Schlagzeug. Mit nur ein paar Reglerbewegungen lassen sich Raumanteile betonen oder Snare und Kick herausarbeiten.
Sicherlich ist es nicht verboten, den Prozessor auch auf der Stereosumme einzusetzen, allerdings sollte man hier die nötige Vorsicht mitbringen und lieber etwas subtiler einstellen.
Für einen schnellen Überblick werden insgesamt 25 Presets mit aussagekräftiger Benennung mitgeliefert.
Vermutlich würde all das auch ohne den »Parallel Aggressor« klappen, allerdings sind hier komplexe Routing-Setups vorausgesetzt. Ein Vorteil, alles unter einer Haube zu haben, ist mitunter die Funktion »Auto Gain«, denn viele Dynamikprozessoren, gerade in der Software-Welt, verfügen zwar über einen Dry/Wet-Regler, mit dem sich das bearbeitete mit dem trockenen Signal stufenlos überblenden lässt – eine Wohltat, allerdings funktioniert das nur in wenigen Fällen pegelneutral. BABY Audio aber hat mit seinem System einen wirklich guten Job gemacht, denn mit aktiviertem »Auto Gain« lassen sich die Bearbeitungen und Mischungsverhältnisse gut ohne größere Lautheitsunterschiede beurteilen. Zusätzlich kann man dank eines kleinen Nummernfeldes stets den aktuellen RMS- und Peak-Wert überprüfen. Abschließend ist sogar noch ein Limiter eingebaut, der bei –0,1 dBFs komplett dicht macht, sodass keine übermäßigen Transienten das Plug-in verlassen.
Zwar haben die Entwickler an einen Reset-Button gedacht, welcher alle Parameter auf Werkseinstellung zurücksetzt, aber leider werden Buttons für Undo und einen A/B-Vergleich vermisst. Hoffentlich kommt das noch mit einem Update.
Fazit
Mit wenigen Handgriffen kann man Einzelinstrumenten zu mehr Durchsetzungskraft verhelfen, und die Bearbeitung von Subgruppen, insbesondere Drums, liefert sehr knackige Ergebnisse, ohne dass nachfolgende Plug-ins mit übermäßigen Pegelspitzen überladen werden. Dichte und Substanz lässt sich zudem mit der Sättigungsstufe »Heat« erzeugen. Die Funktion »Auto Gain« hilft dabei, das Resultat ohne große Pegelsprünge zu beurteilen.
Bei »Parallel Aggressor« handelt es sich um ein erstaunlich vielseitiges und charaktervolles Plug-in, dessen Demo-Version man auf jeden Fall mal ausprobieren sollte – der Preis von unter 50 Euro ist mehr als fair!