Nach dem legendären Pro One von 1981 und dem Pro 2 von 2014 widmet sich das Team um Dave Smith mit dem Pro 3 beziehungsweise dessen dekorativer, aber funktional identischer Special Edition ein weiteres Mal einem monofonen Synthesizer.
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Der Pro 3 versteht sich mit einer Fatar-Klaviatur mit 37 anschlagsdynamischen, aftertouchfähigen Tasten, üppigem Bedienfeld und Step-Sequenzer/Arpeggiator als spielbares Musikinstrument – hochwertig, bühnentauglich und übersichtlich. Eine Vielzahl monofunktionaler Regler und beleuchteter Tasten laden zur Klangforschung ein, während ein grafikfähiges Display mit vier kontextsensitiven Encodern zusätzlich Übersicht schafft. Die reguläre Version kommt in flacher Bauweise, die Special Edition mit aufwendigerer Lackierung, Walnuss-Seitenholzteilen und aufklappbarem Bedienpanel, das unweigerlich an den Minimoog erinnert. Der Pro 3 ist speicherbar und bietet je 512 feste und benutzerdefinierbare Patches, die die Konfiguration des Sequenzers einschließen. An Spielhilfen stehen Oktavlagenschalter, Pitch- und Modulationsräder, ein Touch-Slider sowie Eingänge für ein Pedal und einen konfigurierbaren Fußschalter bereit. Die Rückseite bietet Stereoausgänge, einen Audioeingang, MIDI (In, Thru, Out 1/2), USB und analoge Steuerbuchsen (4 Mal CV-In/Out, Gate). Der Kopfhörerausgang befindet sich an der Front.
Das Klangfundament legen zwei analoge und ein digitaler Oszillator, monofon oder parafon nutzbar. Hinzu kommen ein Rauschgenerator und ein externer Eingang. Die VCOs überblenden von Dreieck über Sägezahn zum Rechteck und sind in der Symmetrie veränderbar, wodurch sich alternative Kurvenformen und eine variable Pulsbreite ergeben. Auch Sync-Optionen sind vorgesehen. Oszillator 3 bietet über die Standardwellenformen hinaus Sinus, Supersaw sowie 32 Wavetables mit je 16 Einträgen, mit denen 512 weitere Basiskurven und komplexere Oszillatorklänge bereitstehen. Jede Sektion bietet Wahlschalter für die Fußlage (±2 Oktaven), die Feinstimmung (±7 Halbtöne), die Wellenformauswahl und die Symmetrie/Wavetable-Position. Über das Menü lassen sich ergänzend Glide-Geschwindigkeit, Tonhöhenschwankungen, ein Neustart bei Tastendruck und das Keytracking festlegen; Oszillator 3 lässt sich zudem als LFO nutzen.
Alle Signale gelangen über einen Mixer in die Filtersektion, die sich durch höhere Pegel sättigen lässt. Regelbar sind dort die Einsatzfrequenz, die Resonanz, ein dedizierter Overdrive und das Keytracking. Zur alternativen Auswahl stehen die Nachbildung des SSM2240-bestückten Prophet-5-Tiefpassfilters (24 dB/Okt.) aus dem Prophet 6, ein Tiefpass-Kaskadenfilter im Moog-Stil (24 dB/Okt.), das um eine schaltbare Pegelkompensation ergänzt wurde, und das zweipolige State-Variable-Filter aus dem OB-6. Letzteres ist nicht zur Selbstoszillation fähig, bietet aber einen stufenlosen Übergang von Tiefpass über Notch nach Hochpass sowie einen Bandpassmodus, der nicht nur schaltbar, sondern auch per Modulationszuweisung mit dem normalen Modus zu überblenden ist.
Da sich alle Filtertypen hörbar unterscheiden, hat der Pro 3 das Zeug, mehrere geschätzte Klangcharakteristika nachzuempfinden. Bemängeln mag man, dass sich die Filter nicht gleichzeitig wie im Pro 2 nutzen lassen (dort gab es zwei Filter) – laut Hersteller eine bewusste Entscheidung zugunsten von Geradlinigkeit und Performance-Tauglichkeit. Andrew McGowan, Produktdesigner bei Sequential dazu: »Der Pro 3 versteht sich nicht als Nachfolger des Pro 2, sondern begann als monofone Version des Prophet 6. Das führte uns zur Frage, ob wir dann auch einen monofonen OB-6 bräuchten. So entstand die Idee, ein Instrument mit beiden Filtern zu konstruieren und das Kaskadenfilter zu ergänzen – drei klassische Sounds.«
Vom Filter geht es in den VCA, der wiederum in einen weiteren Overdrive, eine Tuned-Feedback-Sektion und zwei digitale Effekteinheiten mündet. Tuned-Feedback koppelt den Ausgang zeitverzögert zurück in die Filtersektion und realisiert damit Anfettungen, Karplus-Strong-Klänge und resonierende Kippschwingungen. Die Effektblöcke bietet je acht Algorithmen mit Delays, Modulations-Effekten, Hochpassfilter und Ringmodulator – editierbar über gemeinsame Bedienelemente. Effektblock 2 ergänzt einen simulierten Plattenhall für üppige Hallfahnen.
Auch Modulationsvielfalt gehört zu den Stärken des Pro 3. Neben den Spielhilfen gibt es drei temposynchronisierbare LFOs mit je fünf umformbaren Kurvenformen, Geschwindigkeiten bis in den Audiobereich und Reset. Hinzu kommen vier loopbare DADSR-Hüllkurven, von denen je eine dem VCA und der Filterfrequenz zugewiesen ist. 32 Modulationspfade stellen variable Verknüpfungen zwischen 46 Quellen und 171 Zielen her – eine fast vollständige Auswahl, die bis zu Hüllkurvenzeiten und Effektparametern reicht. Die Oszillatoren sind Teil dieser Matrix und können daher für FM und AM genutzt werden. Einzig auf lineare Frequenzmodulation muss man verzichten.
Die Zuweisungen gehen schnell von der Hand: Sie sind entweder über dedizierte Source/Destination-Tasten und Bewegen der Bedienelemente oder über das Display möglich. Der Hub jeder Verknüpfung lässt sich justieren und sogar modulieren. Und sogar MIDI-Controller, die CV-Schnittstellen, der Step-Sequencer, der Threshold-Trigger des Audio-Eingangs und der dort verfügbare Hüllkurvenfolger lassen sich einbinden.
Der Step-Sequenzer ist ein Spaßgarant. Er bietet pro Preset vier umschaltbare oder verkoppelbare Patterns mit 16 Spuren à 16 Steps. Die Notenaufnahme erfolgt Schritt für Schritt inklusive Akkorden (parafoner Modus), Pausen und gebundenen Noten, mit nachträglicher Display-Editierung und spontanem Setzen von Pausen über die mehrfarbigen Steptasten, die auch als Lauflichtanzeige fungieren. Neben der Tonhöhen-Spur gibt es Spuren für die Anschlagsdynamik, Notenlänge und Ratchets (bis zu achtfach). In den Modulationsspuren werden Reglerbewegungen in Echtzeit erfasst – ebenfalls nachträglich editierbar.
Aus dem Pro 2 übernommen wurden Bedienelemente für ein gleitende Schrittübergänge, das Tempo und die Taktauflösung. Neu hinzu kommen Tasten für die Laufrichtung, das Trigger-Verfahren der Steps (Normal/Gated/Trigger) und ein Swing-Regler.
Der Sequenzer kann bei Bedarf beide MIDI-Ausgänge adressieren. Das funktioniert für Modulationsverläufe schon gut, während die Noteneingabe für diese Spuren bislang noch kein Step-Recording bietet. Stattdessen muss man diese händisch eingeben oder kopieren.
Ansonsten gibt sich der Sequenzer Performancetauglich, bietet Mute-Funktionen, übergreifende oder individuelle Längen sowie die Möglichkeit, Programme bei gleicher Sequenz wechseln zu können oder taktrichtig zwischen Presets zu wechseln.
Der Arpeggiator ist einfacher gestaltet, bietet aber alle Standardfunktionen. Interessant ist die Möglichkeit einer bis zu dreifachen Notenwiederholung. Auch lässt er sich mit dem Sequenzer kombinieren, sofern dieser als reiner Modulator agiert.
In der Praxis entpuppt sich der Pro 3 als vorbildlich übersichtlich. Man hat über stabile, aber etwas schwergängige Regler Zugriff auf die meisten Parameter, wobei das große Cutoff-Poti als visueller Anker fungiert. Umschalter findet man nur bei den LFOs, den Aux-Hüllkurven und den Effekten. Bei Letzteren, dem Display und wenigen weiteren Bereichen kommen Raster-Encoder zum Einsatz, während die Menüs weitere Konfigurationsparameter und Playlists für den Livebetrieb ergänzen. Lobenswert sind die teils erhöhten Reglerauflösungen, die hörbare Stufen im Klang eliminieren. Eine Geschmacksfrage bleibt allein die Beschränkung der Klaviatur auf drei Oktaven – laut Hersteller eine Kundenpräferenz für Monosynthesizer.
Der Sound des Pro 3 begeistert mich. Er bietet alle Standards, die man von einem analogen Monosynthesizer erwartet: druckvolle Bässe, zackige Sequenzer- und geschmeidige Leadsounds, Effektklänge. Gleichzeitig steuert der dritte Oszillator digitale Klangfarben, Formatsounds und Obertonanimationen bei. Ergänzt man die üppigen Modulationen, die herausragende Filtersektion, die regelbaren Verzerrungen und die weiteren Extras, resultiert das in einer Flexibilität, die man bei Klassikern nicht findet.
Über die Presets und/oder das Bedienfeld gelangt man im Nu zu gut klingenden eigenen Klängen. Der Grundton ist dabei gleichermaßen analog und modern; weniger fett und warm als ein Minimoog, dafür aber deutlich vielseitiger – auch der Pro 2 klingt anders und weniger rund und »analog«. Die modulierbare Effektsektionen ist fester Teil der Klangerzeugung. Sie ist ansprechend und auch abseits offensichtlicher Effektfahnen nützlich. So liefert der Chorus weitere Klangfülle, der Ringmodulator atonale Klangelemente und das Hochpassfilter eine Möglichkeit, allzu üppige Bässe zu zähmen. Schließlich entpuppt sich auch der Sequenzer schnell als unverzichtbar, da er das Instrument zu markanten Grooves und weiteren Klanganimationen befähigt.
Fazit
Der Pro 3 wandelt stilsicher zwischen Vergangenheit und Neuzeit und ist dabei gleichermaßen intuitives Instrument und Klangforschungszentrum. Dabei ersetzt er weder seine Vorgänger noch andere Klassiker, sondern fusioniert einen bestens ausgestatteten subtraktiven Klanggenerator mit flexibler Filtersektion, einem digitalen Oszillator und üppigen Modulationen in einem bühnen- und studiotauglichen Kompaktformat mit großartiger Klangqualität. Speicherbare, subtraktive Monosynthesizer mit derart vielen Optionen und klarer Bedienung sind rar, und der Pro 3 ist damit eine absolute Empfehlung. Ob man sich für die attraktiv bepreiste Standardversion oder die dekorative Special Edition entscheidet, bleibt dem persönlichen Geschmack und nicht zuletzt dem verfügbaren Guthaben überlassen.