Studiotipps - Kniffe die die Welt verbessern

Wie du beim Mixen Störgeräusche beseitigen kannst

Anzeige

Studiotipps-1

Bisweilen kann der Solo-Knopf am Mischpult auch ein Fluch sein. Zumindest mir ging es manchmal so, wenn ich spät abends vermeintliche Probleme auf den Einzelspuren korrigieren wollte, die dann am nächsten Tag mit frischen Ohren gar nicht mehr zu hören waren. Ein Mix lebt davon, dass Signale zusammengeführt werden, oft passen da im Gesamtkontext selbst ein paar Nebengeräusche durchaus rein.

Anzeige

Dabei meine ich nicht, dass wir schlampig arbeiten sollen. Insbesondere bei den Spuren, die recht deutlich im Vordergrund zu hören sind, müssen wir bisweilen diffizile Kleinstarbeit leisten. Das Corona-Virus hat aber zumindest bei mir einiges auf den Kopf gestellt. Wo ich früher bestimmte Aufnahmen gleich verworfen hätte, bin ich heute froh, dass wir diese überhaupt haben! Wer jemals Filmton direkt vom Set bearbeitet hat, der kennt das sicherlich. Aber im Musikbereich haben wir meist selbst im Amateurbereich doch recht gute Aufnahmeräume oder zumindest ein paar Tricks in der Hinterhand, sodass viele Probleme gar nicht erst entstehen.

Die gängigen Tools zum Entfernen von Hintergrundgeräuschen erzeugen bisweilen selbst unschöne Nebeneffekte und sind für eine erneute Datenkompression beispielsweise in einem YouTube-Video oder einem Audio-Stream ungeeignet. Und auch mit einem einfachen Gate kommt man solchen unsauberen Signalen nicht immer bei. Aber diese »Unschönheiten«, wie Umgebungsrauschen, das ungewollte Übersprechen anderer Instrumente oder des Kopfhörers oder auch ein unerwünschter Raumhall, müssen wir gerade jetzt, wo nicht alles perfekt im Studio aufgenommen werden kann, trotzdem irgendwie lösen.

Die Corona-Situation hat mich dazu gebracht, hier einiges auszuprobieren und zu testen. Dabei habe ich vor allem zwei Plug-ins neu schätzen gelernt, die ich vorher nur selten eingesetzt habe.


Digitale Studioszene – 29. & 30. April 2021 – Das Live Streaming Event der Recording Community – Networking.Gear.Know-How.

Das lernt ihr in der Master Class von Jill: 

  • So funktioniert die Kommunikation mit Künstlern
  • Den Sänger in die richtige Stimmung versetzen
  • Editing: Das Arbeiten mit Playlists und Comping
  • Tuning: Den Einsatz von Vocal Tuning
  • Effekte: Hall und Co. richtig im Mix platzieren
  • Mixing: Leveling der Vocals im Mix

Jetzt Ticket sichern! 


 

Das Gate. Während ein Kompressor das Signal absenkt, wenn es eine bestimmte Lautstärke überschreitet, arbeitet ein Gate so, dass es die Lautstärke dann absenkt, wenn das Signal einen definierten Wert unterschreitet. Dieses Prinzip bedingt aber auch, dass du schon bei der Aufnahme darauf achten musst, dass dein Hauptsignal eben am lautesten ist. Einen Bahnhofsgong aufzunehmen und zu isolieren, klappt mit einem Gate auch nur dann, wenn du dicht neben dem Lautsprecher stehst und kein Zug neben dir auf dem Gleis durchfährt.

PSP MixGate 2 von www.pspaudioware.com kommt bei mir immer
dann zum Einsatz, wenn das einfache Gate der gewohnten Audiosoftware
oder des üblichen Channelstrips akustisch zu auffällig arbeitet.

Die meisten DAWs und digitalen Mixer haben heute Gates in jedem Kanal, und für die üblichen Studio- und Bühnendinge funktionieren die auch perfekt. Aber gibt’s vielleicht auch ein Gate, das etwas mehr kann? Ein Gate, was ich nun ganz neu schätzen gelernt habe, ist das PSP MixGate2 aus dem Mixpack. Denn es hat nicht nur alle wichtigen Parameter, sondern vor allem einen integrierten Sidechain mit Filtern!

Nehmen wir an, du möchtest bei der Abnahme einer E-Gitarre ein wenig die Nebengeräusche des Verstärkers unterdrücken. Du stellst wie bei einem Kompressor Threshold so ein, dass die beiden LEDs sauber zwischen einem Nutzsignal und dem Rest hin und her blinken. Mit Attenuation steuerst du nun, wie stark das Signal in den Pausen abgesenkt wird. Zu Beginn setze diesen Wert recht drastisch, damit du die Bearbeitung des Gates gut wahrnehmen kannst. Passe nun Attack und Release so an, dass die Bearbeitung wieder recht musikalisch klingt und man das Absenken nicht als störend empfindet.

Waves NS1 ist vielleicht kein typisches Tonstudio-Plug-in, weil wir ja normalerweise so sauber aufnehmen wollen, dass wir diese Technologie erst gar nicht brauchen.

Wie bei einem Kompressor gilt hier auch, dass ein tiefer Bass-Sound mit extrem kurzen Attack-Zeiten verzerrt und eine zu kurze Release-Zeit bisweilen recht unnatürlich klingt. Orientiere dich hier an Einstellungen, die du auch bei Kompressor-Plug-ins gewohnt bist. Danach setzt du Attenuation auf einen sinnvollen Wert.

Nun kommt der Trick: Klicke in der Threshold-Sektion auf »Listen«, und grenze mit den Low- und High-Filtern das Signal so ein, dass dein Zielsignal sehr isoliert zu hören ist. Deaktiviere Listen, und passe Threshold nun erneut an. Viele Gate-Plug-ins bieten dir gar keine Möglichkeit, Attack und Release gezielt zu steuern, und erst recht keinen internen Sidechain. Diese Features helfen aber insbesondere bei problematischen Aufnahmen!

Manch einem Klangbrei ist aber selbst mit so einem flexiblen Gate trotzdem nicht beizukommen. Die Voraussetzung, dass unser Hauptsignal sich absolut deutlich im Pegel von den restlichen Signalen unterscheidet, ist leider nicht immer gegeben. Man könnte jetzt den Sidechain-Gedanken noch etwas weitertreiben und mit einer Filterbank gezielt die gewünschten Frequenzbereiche herausarbeiten. Die einfachste Form wäre vielleicht zum Start ein einzelner Bandpass mit Envelope-Follower. Solche Plug-ins sind jedoch häufig als Effekt konzipiert und sollen ein Signal möglichst auffallend verändern. Und darum geht es uns jetzt ja nicht.

Da Waves NS1 zwar gut funktioniert, bisweilen aber etwas brachial zu Werke geht, nutze ich einen simplen EQ, den ich vor das Plug-in schalte. Die E-Gitarre aus dem obigen Beispiel brauchte hier nur eine leichte Höhenanhebung, und schon sind die Töne perfekt isoliert und vom Hintergrundgeräusch getrennt.

Waves NS1 habe ich als effektiven Kompromiss zwischen einem Gate und einem Bandpass schätzen gelernt. Das Plug-in habe ich selten in Tonstudios gesehen, es ist für die üblichen Dinge, die wir mit einem Gate wie dem PSP Mixgate erledigen können, einfach zu brachial. Aber wenn wir nun stärker in Richtung Klangbrei gehen, dann kann NS1 mit einer einzigen Mausbewegung schnell zu einem sinnvollen Ergebnis führen. Da gibt es auch nicht viel zu erklären. So richtig spannend wird NS1 für mich in der Kombination mit einem vorgeschalteten EQ. Denn auf der einen Seite ist das Plug-in zwar mit der Ein-Knopf-Bedienung hervorragend simpel, auf der anderen Seite fehlt da ein wenig die Flexibilität.

iZotope RX kann noch viel mehr, aber gerade für das schnelle Arbeiten ist das Plug-in Voice Denoise ideal. Auch wenn die Bezeichnung vielleicht etwas anderes suggeriert, eignet es sich ebenfalls hervorragend, um Instrumentenspuren zu bearbeiten.

Und was ist mit iZotope? Das Standardpaket für solche Bearbeitungen ist natürlich eigentlich iZotope RX, und ein Artikel mit Tipps zum Isolieren von Signalen wäre wohl schlicht unvollständig ohne dieses Tool. Das Plug-in Voice De-noise dürfte für viele von uns der Problemlöser schlechthin sein, zumal die damit bearbeiteten Spuren auch ohne große Probleme später nochmals datenkomprimiert werden können. Aber auch iZotope RX funktioniert nicht immer, deshalb habe ich zunächst die beiden anderen Plug-ins vorgestellt. Zumindest mir hat es sehr geholfen, die beiden Alternativen ebenfalls zu kennen. Somit kamen am Ende tatsächlich Aufnahmen heraus, denen man ihre Herkunft nicht mehr anhört.

Fazit: Hoffen wir mal, dass wir die Bühnen und Studioräume dieser Welt bald wieder bespielen dürfen. Aber falls es bis dahin noch etwas dauert, helfen vielleicht die obigen Tipps ein wenig, auch nicht ganz perfekte Aufnahmen in einen Song einzubauen. Ich empfehle dir, die hier vorgestellten Kandidaten zumindest auszuprobieren, denn sie sind tatsächlich recht effektiv. Viel Spaß beim Experimentieren!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.