Auch in 2021 haben uns die Entwickler von Sample-Libraries mit sehr vielen neuen virtuellen Klangerzeugern versorgt. Dabei es ist nicht immer einfach, den Überblick zu behalten oder auch nur alle Neuerscheinungen wahrzunehmen. Es gibt also viel Neues zu entdecken, und es ist immer wieder spannend, welche Innovationen sich die verschiedenen Hersteller ausgedacht haben oder wo sie Altbekanntes mit einem speziellen Twist verfeinern.
Aus diesem riesigen Fundus der großartigen Neuveröffentlichungen nur wenige für diese Übersicht auszusuchen, war fast unmöglich. Was ist mir aus den vergangenen zwölf Monaten im Gedächtnis hängen geblieben? Welche Libraries musste ich mir unbedingt näher ansehen? Hier also meine ganz persönliche Auswahl der interessantesten Neuerscheinungen aus 2021:
Vienna Symphonic Library – Elite Strings
Bonus Library: Ymir
Spitfire Audio – Albion Solstice
Bonus Library: Estática
Orchestral Tools – Tallinn
Bonus Library: Miroire
Audio Brewers – Pianoforte
Bonus Library: Piano Colors
Slate and Ash – Landform
Bonus Library: Decontructed Orchestra
Vienna Symphonic Library – Elite Strings
Kleine Streicher-Ensembles in einem mächtigen Saal
Diese Streicher-Library gehört zu den ganz klassischen orchestralen Sample-Libraries, für die VSL seit vielen Jahren bekannt ist. Die Elite Strings ergänzen die bereits erhältlichen Synchron Strings I, Strings Pro und FX Strings I um eine große Auswahl von kleineren Ensembles.
Einordnung ins Portfolio
Es ist bei VSL nicht unbedingt einfach, den Überblick über die riesige Auswahl an unterschiedlichen Produkten zu behalten, die sich in den über 20 Jahren angesammelt haben. Um es ganz grob zusammenzufassen, gibt es zum einen die älteren Libraries der VI-Serie, die allumfänglich das komplette Spektrum orchestraler Instrumente beinhaltet. Diese Libraries wurden in der „Silent Stage“ aufgenommen und haben einen entsprechend trockenen Klang. Seit einigen Jahren entsteht daneben ein ähnlich umfangreiches Arsenal an Samples in der „Synchron Stage“ mit einem wunderschönen Raumklang. Die Libraries nennt VSL „Synchron“. Dazwischen gibt es noch die Synchron-ized Libraries: Dies sind klanglich aufgearbeitete Aufnahmen aus der Silent Stage, die aufwendig u. a. mit Multi Impuls Responses (MIR) an den Klang der Synchron Stage angepasst wurden.
Für Einsteiger bieten sich die kleineren Special Editions oder das neue Big Bang Orchester an. Die meisten aktuellen Libraries werden in der Synchron Stage aufgenommen und laufen im dazugehörigen hauseigenen Synchron Player. Dieser ist perfekt auf die orchestralen Libraries abgestimmt und wurde für die Elite Strings um weitere Möglichkeiten ergänzt. Grundsätzlich bietet der Sample Player eine übersichtliche Auswahl der zur Verfügung stehenden Artikulationen, einen Mixer für die Mikrofonpositionen und einige integrierte Effekte. In einem einfachen Browser lädt man Presets, Patches und Mixer-Presets. Auch tiefergehende Parameter und Anpassungen an den verwendeten Controller lassen sich einstellen. Für einige Libraries stehen NKS-Kompatibilitäts-Sets zur Verfügung.
Besonderheiten der Elite Strings:
Die kleineren Ensembles der Library bestehen aus sechs ersten und fünf zweiten Geigen, je vier Bratschen und Celli sowie drei Kontrabässen. Elite Strings ist in zwei Ausgaben erhältlich: Standard und Full. Der Umfang der riesigen Auswahl an Artikulationen ist bei beiden Ausgaben identisch, nur die Anzahl der Mikrofonpositionen unterscheidet sich. Mit allen Signalen lassen sich dann auch 3D-Mixe wie z. B. Dolby Atmos erstellen. Mit den Solo-Mics ist zudem eine Divisi-Aufteilung möglich.
Natürlich bekommt man unterschiedliche kurze und lange Spielweisen, hier häufig sogar in mehreren Varianten. So gibt es kurze Spielweisen beispielsweise in kräftig (bold) oder für schnellere Läufe in etwas knackiger (agile) oder zwei unterschiedliche Détachés. Auch die langen Artikulationen bieten eine große Auswahl. Neben drei unterschiedlichen Varianten beim Vibrato gibt es vier verschiedene Attacks.
Das sehr realistische Legato gibt es für viele Varianten, und sogar die Détachés lassen sich auf diese Weise spielen. Speziell das agile Legato erlaubt lebendige und schnelle Melodien. Es ist also für alle Arten von Musik die passende Artikulation dabei. Eines der herausragenden Features des Synchron Players ist meiner Meinung nach das toll klingende Velocity-Crossfade, das nahtlose Übergänge zwischen den einzelnen Velocity-Layern der Samples ermöglicht. Mit den Elite Strings hat VSL noch eine weitere Möglichkeit hinzugefügt: Timbre Adjust. Dies funktioniert ganz ähnlich, erlaubt hier aber, die Klangcharakteristik stufenlos anzupassen. Die Library ist sicher kein Schnäppchen und ist deswegen auch nicht in erster Linie für Einsteiger gedacht. Vielmehr reiht sich Elite Strings ins ganz obere Regal der gesampelten Streicher ein und besticht durch Präzision sowie einen wunderschönen Klang.
Weitere Neuigkeiten bei VSL
Auch in 2021 neu erschienen sind die Synchron Brass als erste umfängliche Blechbläser-Library, die auf der Synchron Stage neu aufgenommen wurde und die auch das neue Timbre Adjust mitbringt. Und während ich diese Zeilen zu virtuellem Papier bringe, erscheint kurz vor dem Jahreswechsel auch noch Synchron Woodwinds und Synchron Harp. Damit vervollständigt VSL das „echte“ Synchron-Orchester. Die Woodwinds werde ich mir bei nächster Gelegenheit noch genauer ansehen!
Hersteller: Vienna Symphonic Library
Website: www.vsl.co.at/de/Synchron_Strings_Bundle/Synchron_Elite_Strings
Plattform: Synchron Player (Mac/Win AU/VST/VST3/AAX/Standalone)
installierte Größe: 64,6 GB (Standard), 125,4 GB (Full)
Listenpreis: 445 € (Standard), 740 € (Full) (Rabatte durch Bundles, Upgrades und Sales möglich)
Bonus-Library
Seit einiger Zeit bietet VSL die Einsteiger-Libraries der Reihe Big Bang Orchestra (BBO) an, die sich mit einer speziellen Nomenklatur dem Alphabet entlang durch den Weltraum bewegt. Unter den Namen von Andromeda bis Zodiac findet man Sample-Libraries unterschiedlicher Schwerpunkte aus dem Bereich Orchester. Kurz vor der Vervollständigung der Reihe durften die User abstimmen, welchen Content „Ymir“ bekommen sollte. Man entschied sich für einen Kinderchor. Trotz erschwerter Aufnahmebedingungen unter Corona entstand hier ein sehr schöner und toll spielbarer Chor mit 24 Kindern der „Gumpoldskirchner Spatzen“. Die Longs und das Legato lassen sich mit einigen Konsonanten kombinieren und ein Mmmm-Summen rundet alles ab. Aufgenommen in der Synchron Stage mit verschiedenen Mic-Positionen passt die Library wunderbar zu den anderen VSL-Libraries (wie z. B. zu den kostenlosen „Free Basics“ des BBO), ist aber auch sonst sehr flexibel kombinierbar.
Hersteller: Vienna Symphonic Library
Website: www.vsl.co.at/de/BBO_Map/BBO_Ymir
Plattform: Synchron Player (Mac/Win AU/VST/VST3/AAX/Standalone) installierte Größe: 4,3 GB
Listenpreis: 95 € (Rabatte durch Bundles und Sales möglich)
Spitfire Audio – Albion Solstice
Dunkle Folk-Einflüsse für die große Leinwand
Die Produktreihe Albion der in London und Edinburgh ansässigen Sample-Manufaktur Spitfire Audio ist seit deren Anfängen ein großer Erfolg. Nach Albion Neo im letzten Jahr ist nun Albion Solstice der jüngste Neuzugang der nun sechs Libraries umfassenden Kontakt-Reihe.
Einordnung ins Portfolio
Die Albions haben jeweils ihren thematischen und klanglichen Schwerpunkt und sind als „alles-was-du-brauchst“-Toolkits gedacht. Jedes Albion will also alle Bestandteile eines Soundtracks der jeweiligen Stilrichtung mitbringen.
Albion Neo richtet seinen Schwerpunkt z. B. auf zeitgenössische, moderne Soundtracks und Neoklassische Produktionen, die mit ihrer Mischung aus elektronischen Klängen und kühlen orchestralen Instrumentierungen perfekt zum typischen Spitfire-Sound passen. Albion One bedient andererseits das eher epische Blockbuster-Kino, ist die bisher erfolgreichste Library von Spitfire Audio und stellt für viele Musiker den Einstieg ins Scoring dar.
Alle Albions bringen ein Orchester mit, das als Basis für den angestrebten Sound oder der Stimmung dient. Entsprechend ist es passend ausgestaltet. Des Weiteren findet man immer auch elektronische Klänge, bearbeitete und hybride Sounds bis hin zum Sounddesign – immer passend zur Grundstimmung der Library. Loops, perkussive Elemente und Texturen ergänzen das Gesamtbild. Eben alles, was man benötigt – passend zusammengestellt in einer Box.
Besonderheiten von Solstice
Mit Albion Solstice geht Spitfire Audio einmal mehr in eine neue Richtung und erschließt einen neuen Klangkosmos, bleibt aber trotzdem dem grundsätzlichen Konzept von Albion und der hauseignen Klangwelt treu. Die grobe klangliche Richtung nennen die Briten „Folk Noir“. Aufgenommen wurde diese Library in Edinburgh, Schottland. Man findet auch hier das obligatorische Orchester, das bei Solstice eher bodenständig, intim und organisch klingt. Auch spezielle Artikulationen, die eher die volkstümliche Farbpalette abbilden, wurden aufgenommen. Ziel war aber ein moderner Klang, der sich gut mit dem traditionellen Orchester verbinden lässt.
Ein Schwerpunkt für den speziellen Sound von Solstice sind aber die Folk-inspirierten Klänge und traditionelle Instrumente aus dem gallischen und keltischen Raum, die in Ensembles mit unterschiedlichen Spielweisen arrangiert sind. Vokale Klänge eines Chors und passende Percussion runden das Paket des „Solstice Orchestra“ ab. Insgesamt hat die Library eine eher rauere, düstere und melancholische Note.
Eine große Spielwiese ist das Drone Grid, in dem man sogenannte Evos erstellen kann. Das sind tonale und spielbare, sich entwickelnde Klangwelten, die sich beispielsweise als Underscores oder zum Unterlegen von ganzen Passagen eines Musikstücks eignen. Die Kombinationsmöglichkeiten sind praktisch unendlich und laden zum Experimentieren ein. Klangliche Grundlage sind die Samples des Solstice Orchestra, die hier zu völlig neuen Instrumenten zusammengestellt wurden oder regelrecht zusammengewürfelt werden können. Ein Set von 48 Presets zeigt die Möglichkeiten des Grids, das es in dieser Art bereits in vielen Libraries von Spitfire Audio gibt.
Ein wiederkehrendes Element der Albion-Serie ist die Stephensons Steam Band, die die Klangpalette um Elektronisches ergänzt. In Solstice ist es ein Teil des „Cassette Orchestra“. Dort befinden sich eine Vielzahl unterschiedlichster Presets, die zum Teil aus bearbeiteten Aufnahmen des Orchesters entstanden sind, aber auch ihre Basis in analogen Synthesizern haben. Durch Klangverformungen mithilfe von Tapes und Kassetten sowie Gitarrenpedalen entstanden so raue und zum Teil rohe Sounds, die mithilfe der eDNA Engine und deren Effekten und Tools weiterbearbeitet werden können. Gerade bei der Rubrik „The Visitor“ findet man synthetische Klänge, die man im ersten Moment nicht in so einer Folk-Noir-Library vermutet hätte, die aber gut dazu passen oder in einem ganz anderen Genre Verwendung finden können.
Die Durchsicht des umfangreichen Angebots an unterschiedlichsten Klängen ist in Kontakt selbst manchmal etwas mühselig. Glücklicherweise ist die Library NKS-kompatibel und das macht das Finden des passenden Sounds in Komplete Kontrol etwas intuitiver.
Hersteller: Spitfire Audio
Website: www.spitfireaudio.com/shop/a-z/albion-solstice/
Plattform: Kontakt Player (free) (Mac/Win AU/VST/VST3/AAX/Standalone)
installierte Größe: 73 GB
Listenpreis: 449 € (Rabatte durch Bundles und Sales möglich)
Bonus-Library: Die meisten Libraries von Spitfire Audio sind eher hochpreisig. Doch seit einiger Zeit gibt es auch eine ständig wachsende Zahl von Produkten für nur 29 €. Dies sind zum einen die Originals!, die monothematisch eine Instrumentengattung abbilden wie z. B. intime Streicher oder kinotaugliche Pianos.
Ein weiterer sehr interessanter Bereich sind die Libraries, die in Kollaboration mit anderen Künstlern entstehen. Sie erschienen meist in Begleitung eines Albums oder einer EP. Aus dieser Reihe stammt auch Estática, das mit einer tollen Auswahl an eher experimentellen Sounds und Texturen aufwartet, die aber als besondere Elemente in einer Komposition durchaus ihrem Platz finden können. Die Künstler*innen stammen aus Mexico City, wo auch die Aufnahmen für die Library entstanden sind. Im selben Zeitraum wurde auch die dazugehörige EP produziert, die bei SA Recordings, dem Musiklabel von Spitfire Audio veröffentlicht wurde.
Hersteller: Spitfire Audio und SA Recordings
Website: www.spitfireaudio.com/shop/a-z/estatica/
Website der EP: sarecordings.com/release/250526-mabe-fratti-concepcin-huerta-esttica
Plattform: Spitfire eigenes Plug-in (Mac/Win AU/VST/VST3)
Größe: 2,3 GB
Preis (Sample-Library): 29 €
Orchestral Tools – Tallinn
Nordisch minimalistische Klänge von Orgeln, Sängern und Streichern.
Orchestral Tools (OT) befindet sich seit einiger Zeit im Transformationsprozess zum hauseigenen SINE Player und regelmäßig erscheinen Updates von schon länger erhältlichen Kontakt-Libraries, die auf die neue Sample-Player-Software angepasst wurden. Parallel arbeitet der Hersteller aus Süddeutschland aber auch an ganz neuen Produkten. So erscheinen z. B. regelmäßig kostenfreie Libraries unter dem Label SINEfactory. Die Creative Soundtracks sind kleinere Sample-Libraries, die zum Teil experimentellere Ansätze, wie z. B. „Wald Percussion“ haben.
Die 2021 erschienene Library Tallinn gehört zu den größeren Toolkit-Libraries von OT, die sich einem bestimmten Sound verschrieben haben. Sie vereinen verschiedene Klangquellen, die charakterlich und thematisch gut zusammen passen.
In Tallinn kommen so ein 16-köpfiger Chor, ein Kammerstreichensemble und zwei Kirchenorgeln in der Nikolaikirche der estnischen Hauptstadt zusammen. Der Chor bietet zwei getrennte Sets an Artikulationen, jeweils für den Männerchor und den Frauenchor. Um den Charakter eines nordischen Ensembles zu unterstreichen, wurden bei den gesampelten Silben typische Klänge der estnischen Sprache gewählt. Leider hat man – soweit ich es herausgefunden habe – bisher wenig Einfluss darauf, welche Silben getriggert werden. Das erleichtert zwar den schnellen Einstieg, dennoch wäre eine bessere Anpassbarkeit sicher ein Mehrwert.
Die Streicher-Ensembles stehen getrennt nach Instrumenten in vier Gruppen zur Verfügung: Geigen, Bratschen, Celli und Bässe, jeweils mit einer umfangreichen Auswahl an Artikulationen. Abgerundet wird die Library durch die zwei toll klingenden Orgeln: Zum einen gibt es die Hauptorgel und zusätzlich die Chor-Orgel mit jeweils einer Auswahl an unterschiedlichen Registern.
Alle Instrumente bringen je eine nähere und eine räumlichere Mikrofonierung mit, die man im Mixer individuell kombinieren kann. Um die CPU-Last zu reduzieren, bietet der SINE Player die Möglichkeit, den persönlichen Mix als neuen „Merge“ zusammengerechnet abzuspeichern.
Ich hätte mir insgesamt noch etwas mehr fertige Presets gewünscht, vielleicht auch Patches vom gesamten Streicher-Ensemble oder vom gesamten Chor. Nichts, was man nicht auch selber erstellen könnte, aber es wäre sicherlich hier und da hilfreich. Alle Instrumente passen hervorragend zusammen, und gemeinsam gespielt ergibt sich ein harmonischer Gesamtklang. Auch jedes für sich klingt ausgezeichnet, und es ist eine Freude, damit zu spielen. Wer den estnischen Komponisten Arvo Pärt mag, wird auch diese Library schätzen.
Hersteller: Orchestral Tools
Website: www.orchestraltools.com/store/collections/tallinn
Plattform: SINE Player (free) (Mac/Win AU/VST/Standalone)
installierte Größe: 43 GB
Listenpreis: 399 € (Rabatte und Sales möglich)
Bonus-Library
Die ähnliche Grundidee eines Toolkits verfolgt auch Miroire, eine weitere SINELibrary von OT, die auch in diesem Jahr erschienen ist. Schwerpunkt sind hier die Klänge mittelalterlicher Instrumente, kombiniert mit einem Barock-inspirierten Chor. Bei den Instrumenten findet man alle Ensembles wieder, die man auch heute in einem klassischen Orchester findet, hier aber nicht in der perfektionierten Form heutiger Instrumentenbauer, sondern in ursprünglicheren, barocken Varianten mit dem Charme früherer Jahrhunderte. Für die Aufnahmen wurden zum Teil historische Originale verwendet. So findet man z. B. eine barocke Oboe d amore, ein barockes Horn, einen Basso Continuo und einen gemischten Barockchor, wenngleich Letzterer nicht von den Original-Mitgliedern eingesungen wurde. 😉
Zur Auswahl stehen jeweils wieder nahe und räumliche Signale. Zusätzlich zu den einzelnen Instrumenten und Ensembles gibt es inspirierende Kombinationen von Instrumenten als fertige Patches. Aufgenommen wurde diese Library in der Teldex Scoring Stage in Berlin, und dadurch soll sie gut mit den Libraries der modernen Orchesterinstrumente von OT kombiniert werden können. So kann man z. B. dem Klang der Berlin Strings ein wenig rauere Obertöne barocker Streicher hinzufügen und es so interessanter machen.
Hersteller: Orchestral Tools
Website: https://www.orchestraltools.com/store/collections/miroire
Plattform: SINE Player (free) (Mac/Win AU/VST/Standalone)
installierte Größe: 33 GB
Listenpreis: 399 € (Rabatte und Sales möglich)
Audio Brewers – Pianoforte
Ein Flügel für die dritte Dimension
Zugegeben: Sample Libraries von Klavieren und Flügeln gibt es viele, und auch bei mir haben sich mit der Zeit viele tolle Instrumente angesammelt. Aber trotzdem gibt es auch in 2021 wieder Neues zu entdecken. Aber was macht Pianoforte von der noch jungen Firma Audio Brewers aus Bristol so besonders, dass es in diesem Jahresrückblick nicht fehlen durfte? Erst einmal ist es natürlich ein wunderschön aufgenommener Flügel F212 vom italienischen Hersteller Fazioli. Der Klang ist klar und präsent, in den niedrigen Velocities etwas zurückgenommener.
Aufgenommen wurde der Flügel in einer „normalen“ und eine Una-Corda-Variante: Beide verfügen jeweils über mehrere Mikrofonpositionen, die alle einzeln im Mixer verfügbar sind oder als vorgefertigte Mixes bereitstehen. Besonders macht das Instrument aber die Version mit der Ambisonics-Option. Diese gibt es neben der reinen Stereoversion (79 €), und sie kostet dann 149 €. Mit Ambisonics kann man den Flügel z. B. binaural umhüllend für Kopfhörer einsetzen oder ihn für Mixe in Surround und Dolby Atmos verwenden. Dafür benötigt man nur eine DAW, die mehrkanaliges Audio unterstützt (z. B. Cubase oder Logic), und einen Software-Ambisonics-Decoder (den es kostenlos z. B. von Røde gibt). Wie auch bei Stereo bietet Audio Brewers für Ambisonics einige vorgefertigte Mixe (Mix-Perspectives) an, die man „out of the box“ verwenden kann. Diese platzieren den Hörer beispielsweise an die Position des Pianisten oder an die eines Zuhörers, immer umhüllt vom Klang, als wäre man im selben Raum. Diese Perspektive ist stufenlos veränderbar und kann sogar automatisiert werden. Dies ermöglicht z. B. virtuelle Gänge um das Piano im Laufe eines Stückes.
Für alle, bei denen das Thema Immersive und Ambisonics noch Neuland ist, gibt der Hersteller auf deren YouTube-Kanal für einige DAWs detaillierte Hilfestellung zur Einrichtung des Plug-ins. Zudem liegt allen Instrumenten von Audio Brewers ein separates Plug-in speziell zum Checken der Signalwege bei. Weitere Infos zum Thema Immersive findet ihr auch im Heft 2/2021 der Sound&Recording.
Pianoforte kann aber noch mehr, und hier sollte man sich nicht vom sehr zurückgenommenen GUI täuschen lassen. Neben den eigentlichen Patches des natürlichen Flügels hat Audio Brewers mit den Samples diverse Sounddesign-Patches erstellt, die für mich ein heimliches Highlight der Library sind. Aus jedem Klangbestandteil wurden hier neue Sounds erstellt, die sich flexibel editieren und layern lassen. So entstehen tolle Pads und Effekte – und das auf Wunsch auch immersive. Rundum gelungen.
Hersteller: Audio Brewers
Website: https://www.audiobrewers.com/shop/p/pianoforte
Plattform: Kontakt 6 (full) (Mac/Win AU/VST/Standalone)
installierte Größe: 53 GB (Stereo + Ambisonics)
Listenpreis: 149 € (nur Stereo: 79 €)
Bonus-Library
Beim Thema gesampelte Klaviere gab es 2021 auch eine Neuerscheinung von Native Instruments, die hier erwähnt werden muss: Piano Colors ist ein extrem umfangreiches Kontakt-Instrument mit sehr vielen verschiedenen Sounds eines auf unterschiedlichste Arten präparierten Flügels. Und diese kann man dann mit fast endlosen Möglichkeiten bearbeiten und mischen.
Obwohl alle Samples von einem Piano stammen, ist es durch die vielen kreativen Patches möglich, einen Track ausschließlich mit diesem Instrument zu bauen – mit Drums, Bass, Pads und allem, was dazugehört. Piano Colors ist bereits das zweite Instrument dieser Art nach dem bereits sehr erfolgreichen und beliebten Kontakt-Flügel Noire. Das erfolgreiche Konzept wurde nochmals weiter gedacht und bietet einige weitergehende Möglichkeiten der Klanggestaltung. Beispielsweise wurde die tolle Particles Engine erweitert und verbessert. Piano Colors ergänzt Noire wunderbar und macht mit dem farbenfrohen GUI und den tollen Klängen richtig viel Spaß.
Hersteller: Native Instruments mit Galaxy Instruments
Website: www.native-instruments.com/de/products/komplete/keys/piano-colors/
Plattform: Kontakt 6 (free) (Mac/Win AU/VST/Standalone)
installierte Größe: 28 GB
Listenpreis: 199 € (Rabatte durch Bundles und Sales möglich)
Slate and Ash – Landform
Orchestrale Sounddesign-Umgebung
Landform ist ein sehr vielfältiger „Klanglandschafts“-Designer, beinahe ein Synth, der orchestrale Samples als Oszillatoren verwendet. Man findet Klänge von natürlich bis dystopisch, von melodiös bis Underscore, von sphärisch bis solide, aber auch sich wandelnde oder schimmernde Klangcollagen. Eine riesige Auswahl von über 400 Presets gibt eine Übersicht über die Möglichkeiten der Engine. Das GUI ist sehr aufgeräumt – fast zu aufgeräumt, denn um alles aus dem Klangerzeuger herausholen zu können, bedarf es einer gewissen Lernkurve. Viele Parameter sind etwas versteckt.
Basis der Klänge sind vielfältige Orchester-Samples aller Instrumentengattungen mit verschiedenen, teils experimentellen Artikulationen. Dazu kommen noch weitere Klangquellen und Loops, die aus nachträglich bearbeiteten Aufnahmen entstanden sind. Alle Artikulationen und Sounds lassen sich einzeln als spielbare Patches laden und viele bieten mehrere Mikrofonpositionen.
Interessant wird es aber in der Engine: Die Klänge werden in zwei parallelen Slots A und B erstellt, die jeweils unabhängig mit Samples gefüttert und dann bearbeitet werden. Die obersten Ebene des GUIs besteht nur aus drei Quadraten, die die Bedienungselemente für Envelope, Perspective und Expression darstellen. Der Rest des Processings geschieht versteckt, aber komplex anpassbar im Hintergrund.
Perspective ist ein virtueller Mixer, der alle Signale einer Artikulation frei in dem Quadrat anordnet und die Mischung wird wie in einer XY-Matrix moduliert. Die „Fahrten“ durch den Klangraum sind umfänglich anpassbar und automatisierbar (z. B. per LFO). So entstehen sehr organische, sich verändernde Texturen, wilde Effekte und sogar rhythmische Klänge. Envelope regelt die Hüllkurven der drei Optionen jedes Layers (Amp, Filter und Pitch). Auch hier bietet jedes Untermenü wieder detaillierte Einstellmöglichkeiten. Expression beeinflusst – wie zu erwarten war – die Dynamik der Performance. Hier regelt man die Lautstärke und z. B. einen Lowpass über MIDI CC oder per LFO. Die Klangkreationen können in einer Mastersektion mit optionalem Kompressor, EQ, Hall, Delay oder LoFi-Effekt noch feingeschliffen werden.
Wem das große Arsenal an mitgeliefertem Klangmaterial nicht ausreicht, kann eigene Samples in die Engine laden und das Sounddesign individualisieren. Sehr vorbildlich! Weitere, teilweise etwas versteckte Features sind ein Harmonizer, 15 interne Audio-Effekte, ein Arpeggiator sowie eine flexible Tape-Emulation für Pitch-Shift und Time-Stretch-Effekte.
Landform ist also ein umfangreicher und kreativer Sounddesigner mit vielen Möglichkeiten und ähnlich vielen Anwendungsfällen.
Hersteller: Slate and Ash
Website: slateandash.com/products/landforms
Plattform: Kontakt 6 (free) (Mac/Win AU/VST/Standalone)
installierte Größe: 71 GB
Listenpreis: 349 € (Rabatte durch Bundles und Sales möglich)
Bonus-Library
Deconstructed Orchestra ist eher ein Vertreter für lautere und mächtigere Klänge. Es ist ein perfekter Begleiter von Damage 2, der ebenso intensiven Percussion-Library des Herstellers Heavyocity aus dem letzten Jahr. Deconstructed Orchestra bietet von fast noch natürlichen bis hybrid-brachialen Sounds alles, was man aus Orchesteraufnahmen kreieren kann, wenn man sie nur genug und gezielt kaputtmacht – im guten Sinne … Klangbestandteile aus Synthesizern und kräftig bearbeiteten Gitarren machen den Sound trailertauglich – alles ist vorhanden, um den Sound fett zu machen.
Das Instrument besteht aus zwei großen Bereichen: Designers und Performers. Bei den Designers entstehen u. a. Braams oder Loops, die angepasst und moduliert werden können. Spielbare Instrumente findet man im Bereich Performers, der wiederum in viele Untergruppen unterteilt ist. Soundscapes und „natürlichere“ Klänge sind ebenso im Portfolio wie geschredderte Pedalsounds oder gitarrenbasierte Klänge. Sehr hörenswert sind auch einige leisere Patches, die trotzdem nach großer Leinwand klingen. Diese lassen sich wunderbar als Textur mit „normalen“ Orchestersamples layern, um diese zu bereichern.
Hersteller: Heavyocity
Website: heavyocity.com/product/symphonic-destruction/
Plattform: Kontakt 6 (free) (Mac/Win AU/VST/Standalone (mit NKS))
installierte Größe: 17,4 GB
Listenpreis: 449 € (Rabatte durch Bundles und Sales möglich)