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Universal Audio Volt 276 – Audio-Interface im Test

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UA Volt 276
UA Volt 276 (Bild: Dr. Andreas Hau)

Seit etwa zehn Jahren begeistern Universal Audios Apollo-Interfaces User und Rezensenten gleichermaßen mit herausragenden technischen Werten und eingebauter DSP-Power. Nun möchte der US-Hersteller auch den Massenmarkt erobern mit den preisgünstigen Interfaces der Volt-Serie – ohne DSP-Power, dafür mit eingebautem Analog-Processing. Ob das Konzept aufgeht, haben wir anhand des Volt 276 getestet.

Bei aller berechtigten Begeisterung für die Apollo-Interfaces haben diese doch zwei Nachteile: Sie sind nicht ganz billig, und alle größeren Modelle erfordern einen Thunderbolt-Anschluss. Letzterer ist in der Windows-Welt nach wie vor wenig verbreitet, sodass PC-Usern meist nur die Einstiegsmodelle Apollo Solo USB bzw. Twin USB übrigbleiben … die wiederum nicht mit Macs kompatibel sind!

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Solche Probleme gibt’s bei der neuen Volt-Serie nicht. Sie werden über USB 2.0 angeschlossen und funktionieren an Mac und PC gleichermaßen. Sogar mit iPad und iPhone sind sie kompatibel. Mit Listenpreisen von 165 Euro bis 439 Euro sind die Volts deutlich unter der Apollo-Serie angesiedelt. Insgesamt gibt es fünf Modelle: Volt 1 mit nur einem Mikrofoneingang, Volt 2 mit zwei Mikrofoneingängen, Volt 176 mit einem Mic-Input und integriertem Kompressor, Volt 276 mit zwei Mikrofoneingängen und Kompressoren und Volt 476 mit gleicher Ausstattung plus zwei weiteren Line-Inputs und -Outputs. Alle Modelle verfügen über einen zuschaltbaren Vintage-Modus, der dem Klang eine röhrenähnliche Färbung verleihen soll. Der angesprochene Kompressor von Volt 176, 276 und 476 basiert auf Universal Audios legendärem 1176. An analogem Processing ist also einiges eingebaut, was man bei einem Apollo-Interface gerne als DSP-Emulation verwendet.

Universal Audio Volt 276
Rückseitig bietet das Volt 276 zwei Monitor-Ausgänge zum direkten Anschluss von aktiven Lautsprechern sowie MIDI-Ein- und -Ausgänge. Der USB-C-Port arbeitet mit USB-2.0-Protokoll und dient auch der Stromversorgung. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Hardware. Das Volt 276 ist ein Quader von 184 x 119 x 67 mm (inkl. Knöpfe). Das Gehäuse besteht aus Metall und hat Seitenwangen aus hellem Holz – könnte Ahorn sein. Vorne befinden sich zwei Combobuchsen. Wie üblich bildet deren XLR-Teil den Mikrofoneingang; die Klinkenbuchse in der Mitte dient wahlweise als Line-Input (15 kOhm) oder Instrumenteneingang mit hoher Impedanz (1 Megaohm). Die Impedanz des Mikrofoneingangs beträgt 3 kOhm. Für den Betrieb von Kondensatormikros lässt sich 48V-Phantomspeisung zuschalten. Die Eingangsverstärkung wird auf der Oberseite über zwei analoge Potis eingestellt. Zwei darüber liegende Schalter aktivieren den Vintage-Modus und den »76 Kompressor«. Letzterer bietet die drei Presets Vocal, Guitar und Fast, die durch wiederholtes Drücken des Schalters durchgesteppt werden. Weitere Einstellmöglichkeiten gibt es nicht.

Die rechte Hälfte der Bedienoberfläche ist dem Monitoring gewidmet. Oben rechts werden Eingangs- und Ausgangspegel über Fünf-Segment-LED-Ketten visualisiert. Zum Regeln der Abhörlautstärke dient ein großer Monitor-Regler. Der Direct-Schalter gibt die Eingangssignale mit auf die Abhörschiene. Im Pegel regeln lässt sich das Direktsignal nicht; es kann lediglich durch mehrfaches Drücken des Direct-Schalters zwischen Stereo- und Mono-Wiedergabe des Direktsignals gewählt werden. Der Kopfhörerausgang – es gibt nur einen – befindet sich samt dem zugehörigen Pegelsteller auf der Stirnseite.

Werfen wir einen Blick auf die Rückseite: Ganz rechts sehen wir zwei symmetrische Klinkenbuchsen, die für den Anschluss aktiver Monitorboxen vorgesehen sind. Eine angenehme Überraschung sind die beiden MIDI-Buchsen: Die teureren Apollo-Interfaces haben nämlich keine MIDI-Ports.

Mit dem Computer kommuniziert das Volt 276 per USB. Der Port ist als moderner USB-C-Anschluss ausgeführt, arbeitet aber ganz oldschool mit USB-2.0-Protokoll. Das beiliegende Kabel ist nur knapp 1 m lang und hat am anderen Ende einen USB-A-Stecker, wie er in der Windows-Welt nach wie vor üblich ist. Mac-User müssen sich ein USB-C-Kabel besorgen oder einen Adapter von USB-A auf USB-C. Das Volt 276 arbeitet busgespeist, benötigt also kein externes Netzteil. Dennoch gibt es einen Netzteilanschluss; dieser wird jedoch nur für den Betrieb am iPad bzw. iPhone benötigt, da diese keinen ausreichenden Speisestrom zur Verfügung stellen. Ein Netzteil ist nicht beigelegt, wohl aber ein Kabel für ein übliches USB-Netzteil. Das gilt für alle Volt-Interfaces bis auf das Topmodell Volt 476, das inklusive Netzteil ausgeliefert wird, weil es aufgrund des höheren Strombedarfs nicht an jedem Mac/PC per Buspower zu betreiben ist.

Universal Audio Volt 276
Die beiden Inputs verfügen über einen zuschaltbaren Vintage-Modus und einen 1176-Style-Kompressor mit drei Presets. Ihr Signal kann über den Direct-Button auf den Abhörweg gegeben werden. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Software

Die Volt-Interfaces kommen mit einem umfassenden Software-Bundle. Dazu gehören hochwertige Plug-ins wie Marshall Plexi Classic und das »Time & Tone«-Bundle von Softube, LX480 Essentials von Relab, Ampeg SVT-VR Classic, Brainworx bx_tuner und bx_masterdesk classic von Plugin Alliance sowie Virtual Drummer DEEP und Vitual Bassist DANDY von Ujam (die Firma des einstigen KEYBOARDS-Star-Autoren Peter Gorges; liebe Grüße!). Als DAW ist Ableton Live Lite mit dabei.

Das Bundle enthält kein UA-Software-Produkt! Das liegt schlicht daran, dass Universal Audio voll auf die hauseigene UAD-2-Plattform setzt, die Volt-Interfaces aber aus Kostengründen keine integrierte DSP-Power bieten. Auch Universal Audios eigene DAW Luna bleibt außen vor, denn sie erfordert zwingend ein Apollo-Interface mit Thunderbolt-Anschluss und ist sowieso bislang nur für Mac verfügbar. Aber vielleicht tut sich hier nun was?

Universal Audio Volt 276
Die beiden Mic/Line/Instrument-Inputs liegen genau wie der regelbare Kopfhörerausgang auf der Gehäusefront. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Installation & Treiber

Wirklich clever ist, die Art, wie Universal Audio die neuen User abholt. Per QR-Code bzw. Eingabe einer Webadresse gelangt man zur passenden Startseite, wo die Software UA Connect bereitgestellt wird. Dabei handelt es sich nicht um eine Treiber-Software sondern um einen Assistenten für die Registrierung und die Installation aller zugehörigen Software. Zusätzlich lassen sich leicht verständliche Video-Tutorials abrufen.

Die Volt-Interfaces laufen unter Windows 10 (64 Bit), macOS 10.14 und höher sowie iPadOS/iOS ab Version 14. Laut Hersteller werden auch neuere Macs mit M1-Prozessor unterstützt, was ich mangels entsprechender Hardware aber nicht überprüfen konnte. Unter macOS werden keine dedizierten Treiber aufgespielt, sondern der Class-Compliant-Mode genutzt; das scheint der aktuelle Trend zu sein. Die Latenz-Tests auf meinem MacBook Pro 15 Zoll late 2016 (Intel i7 @ 4 × 2,7 GHz, 16 GB RAM, macOS 10.15.7) lieferten daher die gleichen Werte wie bei anderen Class-Compliant-Devices wie dem zuletzt getesteten Apogee Duet 3. Bereits im niedrigsten Puffer-Setting von 32 Samples lief das Volt 276 ohne Dropouts. Meinen üblichen DIVA-Test, d. h. alle 16 Voices ohne Knackser (s. Kasten »Latenz-Benchmarking«, S. 31), bewältigte das Volt 276 ab dem 64-Samples-Setting. Als Ein- und Ausgangslatenzen meldete Cubase 11 Pro 4,76 bzw. 4,56 ms. Damit kann man gut arbeiten, aber mit optimierten Treibern ließen sich noch kürzere Latenzen rauskitzeln, wie z. B. MOTU mit den M2/M4-Interfaces zeigt.
Unter Windows zeigt sich das Volt 276 sehr performant. Auf meinem Studio-PC (Windows 10 Pro 64 Bit, Intel i9 9900k @ 8x 4 GHz) – der freilich mehr CPU-Power bietet als mein MacBook – bestand das Volt 276 den DIVA-Test bereits in der niedrigsten Puffereinstellung von nur 8 Samples bei aktiviertem Safe-Mode. Vermutlich wurde der Windows-Treiber mal wieder vom Ilmenauer Unternehmen Thesycon programmiert, denn die Performance entspricht exakt der einiger anderer Interfaces, die wir zuletzt unter der Lupe hatten: Als Ein- und Ausgangslatenzen meldet Cubase 1,68 bzw. 2,49 ms. Bis zum 64-Samples-Setting bleibt die entscheidende Ausgangslatenz unverändert, und die weniger relevante Eingangslatenz wächst nur sehr moderat auf 2,95 ms. Man kann also getrost die 64- Samples-Puffereinstellung wählen, die auch auf etwas weniger leistungsstarken Windows-PCs eine sehr gute Performance garantiert.

Gehört & gemessen

Die Topwerte der Apollo-Interfaces darf man natürlich nicht erwarten. Im Loop-Test ermittelte ich eine Dynamik von 109,7 dB. Das sind 10–15 dB weniger als bei den Apollo-Interfaces, ist aber ein ordentlicher Wert innerhalb der eigenen Preisklasse. Ohnehin liegen die wahren Flaschenhälse in der Praxis eher in den Signalketten vor bzw. hinter dem Audio-Interface. Die Frequenzgänge sind in allen Abtastraten schnurgerade bis knapp 20 kHz. Bei 44,1 bzw. 48 kHz fällt die Kurve darüber steil ab, da man sich der Nyquist-Frequenz nähert. In den höheren Abtastraten ist der Pegelabfall sanfter. Die Gesamtverzerrungen liegen bei 0,0018 %.

Schaltet man den Vintage-Modus ein, wird das Klirrverhalten deutlich lebhafter. Die Verzerrungen steigen zur Aussteuerungsgrenze kräftig an. 6 dB unter Vollaussteuerung liegen die Gesamtverzerrungen bei 0,0072 %; bei –1 dBFS sind es schon 6,53 %. Das Signal läuft also in die Sättigung, ähnlich wie bei Vintage-Analoggeräten, wenngleich ein wenig ruppiger. Gleichzeitig ändert sich im Vintage-Modus auch der Frequenzgang: Die Mitten werden breitbandig um ca. 1 dB zurückgenommen, während die Höhen ebenso breitbandig um bis zu 1,5 dB ansteigen.

In der üblichen Abtastrate von 44,1 kHz bleibt der Frequenzgang bis 20 kHz pfeilgerade.
Bei 96 kHz fällt der Frequenzgang erst oberhalb 40 kHz steil ab.
In der höchsten Abtastrate arbeitet das Volt 276 weicher; der –3-dBPunkt liegt bei etwa 65 kHz.
Die harmonischen Gesamtverzerrungen für AD+DA-Wandlung betragen 0,0018 %. Es dominieren K2 und K3.
Im Vintage-Mode steigen die Verzerrungen an. Erst langsam: Bei –6 dBFS sind 0,0072 % THD erreicht.
Bei –1 dBFS steigen die Verzerrungen im Vintage-Mode auf satte 6,53 %.
Der Vintage-Mode hat auch Auswirkungen auf den Frequenzgang. Die Mitten werden breitbandig abgesenkt, die Höhen angehoben.

Praxis

Das Volt 276 punktet mit solider Technik: Die Mikrofon-Preamps arbeiten sehr rauscharm und bieten genügend Gain selbst für notorisch pegelschwache dynamische Mikros wie das beliebte Shure SM7B. Die Phantomspeisung für Kondensatormikros arbeitet voll spezifikationskonform mit einer Spannung von exakt 48,0 Volt und einem Maximalstrom von 14 mA. Das ist umso beachtlicher, da es sich ja um ein busgespeistes Interface handelt, das mit der knappen Energie haushalten muss. Viele Audio-Interfaces mit Bus-Power haben daher schlappe Kopfhörerverstärker. Nicht so das Volt 276! Selbst mein Fostex T60RP Magnetostat kommt auf ausreichende Lautstärke, ebenso wie mein Sennheiser HD 650, der aufgrund seiner erhöhten Impedanz von 300 Ohm eigentlich nicht ideal ist für busgespeiste Interfaces, die eher für niederohmige Kopfhörer ausgelegt sind.

Ein bisschen rudimentär ist das Direct-Monitoring-Konzept: Das Direktsignal der Inputs lässt sich nur zuschalten, nicht aber im Pegel justieren. Zumindest wird automatisch das DAW-Signal ein wenig abgesenkt. Um bei Overdubs die Balance zum Playback optimal einzustellen, muss man dennoch ggf. in der DAW das Ausgangssignal nachregeln. Einen Software-Mixer bietet das Volt 276 nicht; alle Einstellungen werden am Gerät getätigt.

Der eingebaute »76 Compressor« macht seine Sache gut. Natürlich kann man ihn nicht so feinfühlig einstellen wie einen echten 1176 – der in der einkanaligen Version ja bereits ein Vielfaches des Volt 276 kostet. Die wenigen Presets des 76 Compressors sind aber sinnvoll gewählt, sodass man für die typischen Aufgaben im Homestudio schnell zum Ziel kommt. Die Kompressionsstärke ist an den Eingangspegel gekoppelt und scheint mir sinnvoll gewählt. Das Signal wird nicht plattgewalzt, sondern lediglich behutsam verdichtet. Man möchte sich ja nicht die späteren Mix-Optionen verbauen, sondern ein dezent vorgeformtes Signal auf Festplatte bannen, um schon beim Tracking ein Gefühl für das Endprodukt zu bekommen. In die gleiche Kerbe schlägt der Vintage-Modus, der dem Sound etwas analoge Färbung verleiht und Signalspitzen verrundet. Hier sollte man unbedingt auf korrekte Aussteuerung achten; zu heiß angefahren, werden die harmonischen Verzerrungen deutlich hörbar.

Zu beachten ist, dass bei Aktivierung von Kompressor und Vintage-Modus der Signalpegel leicht ansteigt, sodass man ggf. das Gain nachregeln muss; außerdem steigt auch das Rauschen leicht an – aber im vertretbaren Rahmen. Bemängeln könnte man auch, dass es keine Stereoverkoppelung für den Kompressor gibt, aber für den angestrebten Anwendungsbereich, sprich Pop/Rock/Rap-Aufnahmen im Homestudio, finde ich das nicht weiter tragisch. Tatsächlich kann Kompression ohne Stereo-Link das Stereobild auf interessante weise beleben.

Universal Audio Volt 276
Universal Audio Volt 276 (Bild: Dr. Andreas Hau)

Fazit

Mit den Volt-Interfaces beweist Universal Audio, dass der Premium-Hersteller sehr wohl auch »günstig« kann. Das Volt 276 überzeugt mit solider Hardware, guten Audiowerten und eingebautem Analog-Processing. Der Vintage-Modus und der 76 Compressor sind mehr als nur ein Gimmick. Wer eine klare Vision hat und sich nicht scheut, das Signal schon eingangsseitig zu formen, wird diese Zusatz-Features zu schätzen wissen. Auch die Basics wurden nicht vernachlässigt: Die Preamps arbeiten sehr rauscharm, die Phantomspeisung arbeitet spezifikationskonform, und der Kopfhörerausgang hat ausreichend Power – keine Selbstverständlichkeit für ein Audio-Interface, das seinen Strom über den USB-Bus bezieht. Ein weiteres großes Plus ist das opulente Softwarepaket aus wirklich hochwertigen Komponenten – wenngleich alle von Drittherstellern. Insofern ist die Volt-Serie für Universal Audio ein Spagat: Es erschließt eine neue Nutzerbasis, führt diese aber nicht an die eigene UAD-2-Plattform heran. Man darf gespannt sein, was das für Universal Audios Zukunftsstrategien bedeutet. Für die Gegenwart bleibt festzuhalten: Mission gelungen! Die Volt-Serie gehört ohne Frage zu den attraktivsten Optionen dieser Preisklasse.

Hersteller: Universal Audio
UvP/Straßenpreis: 356,– Euro / 286,– Euro
Internet: www.uaudio.com

Unsere Meinung:
+++ rauscharme Preamps
+++ umfangreiches Software-Paket
++ Analog-Processing
++ recht kraftvoller Kopfhörerausgang
– spartanisches Monitoring-Konzept

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