Mit Volldampf zum Mega-Hit

Interview mit Kanye-West-Produzent Mike Dean

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(Bild: Jason Martinez)

Der Grammy-verwöhnte Haus- und Hof-Produzent von Kanye West lädt zum Gespräch über effizientes Mixing und analoge Synthie-Schätze – immer begleitet vom Blubbern mseiner niemals erlöschenden Bong.

»Jeden Tag immer nur mixen, mixen, mixen? Das könnte ich mir nicht vorstellen – ich würde irre werden! Um das zu verhindern, mixe ich ein bisschen, produziere ein bisschen, engineere ein bisschen, mastere ein bisschen usw. So bleiben die Dinge ständig interessant. Zudem stelle ich sicher, dass ich mein Gehirn benutze – schließlich will ich ja nicht Alzheimer bekommen …«

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Auch wenn Mike Deans Aufzählung seiner Aktivitäten zweifellos eindrucksvoll klingt, zeigt ein Blick auf seine Credits, dass es sich dabei um pures Understatement handelt – aber das passt zu ihm: Wikipedia listet ihn schlicht als »Record Producer«. Tatsächlich ist unser Gesprächspartner Künstler, Songschreiber, Keyboarder, Komponist, Remixer, Plug-in-Mastermind (der Acustica Gainstation) und noch einiges mehr in einer Person …

Mikes Allmusic-Einträge summieren sich derzeit auf 1750! Sie entstammen den unterschiedlichsten Genres, darunter Hip-Hop, Trap, Pop, Computermusik, Metal, Prog-Rock, Symphonic-Rock oder Filmmusik, um nur eine Auswahl zu nennen. So ist es sicher kein Understatement zu behaupten, Mike wäre derzeit der am breitesten aufgestellte und am besten beschäftigte Mann in der US-Musikindustrie. Tatsächlich gesteht der Mittfünfziger, zumindest ein Stück weit Workaholic zu sein. Auf der anderen Seite betont Mike, er arbeite eben sehr schnell und effizient. »Deshalb nutze ich beim Mix keine Templates. Ich will den Song nicht neu schreiben – ich arbeite mit ihm so, wie er mir angeliefert wird.«

Im Laufe der vergangenen 30 Jahre hat Mike »sehr schnell und effizient« an unzähligen Hit-Alben und Singles Hand angelegt – und dabei immer seine Bong in Reichweite gehabt. Nicht ohne Grund gilt Mike als »des Hip-Hops größter Kiffer«. Zumindest wurde dieses Gespräch, stattgefunden via Zoom in seinem Anwesen in Los Angeles um 11 Uhr morgens Ortszeit, regelmäßig von einem wohlklingenden Blubbern begleitet.

Manch einer mag zu bedenken geben, dass der permanente Genuss von Rauschmitteln möglicherweise Leistungsfähigkeit und Urteilsvermögen einschränken könne. Offenbar scheint für Mike Dean jedoch das genaue Gegenteil zuzutreffen. Auf die Highlights seiner langen und vielgestaltigen Karriere angesprochen, stellt Mike interessanterweise nur zwei Dinge in den Vordergrund: »Ganz besonders mag ich, was wir bei Scarface’ Album The Untouchable (1992) und auf Kanye Wests My Beautiful Dark Twisted Fantasy (2010) gemacht haben. Für Letzteres waren wir für ein paar Monate rund um die Uhr in den Electric Lady Studios. Diese Sessions zählen zu den tollsten Sachen, an die ich mich erinnern kann.«

Vom Mixtape zum Mega-Hit

Bei beiden Albumproduktionen hat Mike eine tragende Rolle gespielt. Dark Twisted Fantasy enthält Credits für ihn als Bassist, Cello-Arrangeur, Komponist, Engineer, für Gitarre, Keyboards, Mix, Piano, Produktion und als Solist. Das enorm einflussreiche Album gewann einen Grammy als bestes Rap-Album des Jahres, wurde Nummer Eins in zahlreichen Best-Album-of-the-Year- und sogar des-Jahrzehnts-Auswertungen. Zudem wurde es in England, den USA und einigen weiteren Ländern mit Platin ausgezeichnet.

So dürfte Mikes Zusammenarbeit mit Kanye West (jetzt Ye) sicher sein bisher populärster Karriereabschnitt sein. Die Kollaboration begann 2002: »Kanye und ich begegneten uns zum ersten Mal in meinem Studio in Housten. Alle kamen damals zu mir. Kanye wollte von mir sein erstes Mixtape.« Selbiges wurde bald unter dem Titel Get Well Soon bekannt. Wenig später mixte Mike einen Track für Wests Debütalbum The College Dropout (2003). Anschließend trat Mike bei sämtlichen West-Alben in Erscheinung: Graduation (2003), Late Registration (2005), Watch The Throne (mit Jay-Z, 2011), Yeezus (2013), The Life Of Pablo (2016), ye (2018), Jesus Is King (2019) und Donda (2021). Bei den meisten dieser Produktionen spielte Mike eine sehr zentrale Rolle.

Mike Dean träumt davon, wie Jean-Michel Jarre und Rick Wakeman ein Synth-Gott zu werden. Das nötige Talent und die Ausstattung dazu hat er: Er besitzt über 50 Hardware-Synths, alle midifiziert und super gewartet.

Der nächste Synth-Gott

Glücklicherweise weiß Mike auch so eine Menge spannender Dinge über sich zu erzählen. So träumt er im Alter von 56 noch lange nicht vom wohlverdienten Ruhestand, sondern von einer Karriere als »Synth-Gott« – ähnlich Jean-Michel Jarre oder Rick Wakeman, mit groß angelegten Solokonzerten und ausverkauften Welttourneen. Das nötige Handwerkszeug für diesen Plan ist bereits vorhanden: In einigen YouTube-Videos sieht man Mike im Kreise seiner gut 50 Hardware-Synths, von denen er gerne mehrere gleichzeitig, beidhändig und virtuos spielt. Ein ebenso virtuos zwischen den Lippen balancierter Joint macht das Ganze zu einem wunderschön vernebelten Gesamtkunstwerk. Daraus entstandene Studioproduktionen sind die Alben 4:20 (2020) und 4:22 (2021) sowie ein Live-Album mit dem Titel Echoplex, ebenfalls von 2021.

Alle drei Alben entstanden während der Pandemie in Mikes Studio bzw. im Echoplex Los Angeles und enthalten Compilations von einigen seiner meist improvisierten Instagram Live-Streams. Mike bezeichnet diese Alben als »Psychedelische Symphonien, die man möglichst entspannt und/oder total bekifft genießen sollte … (sic)«

»Jawohl – der Synth-Gott hat schon immer in mir gesteckt!« begeistert sich Mike. »Zudem spiele ich sehr viel Gitarre. Mit Kanye und Travis Scott spiele ich live Synths und Gitarre. Viele meiner Aufnahmen enthalten Gitrarrensoli und verrückte Sounds. Wenn ich live Gitarre spiele, lasse ich gerne richtig die Sau raus – so wie bei einem Gig mit Kanye letzten Monat. Im Studio stehen eher die Synths im Vordergrund. Und auf meinen Soloalben sind tonnenweise Synths im Einsatz. Ich will zwar weiterhin produzieren, mein größtes Interesse gilt derzeit aber meiner Arbeit als Solokünstler.«

Nie stehenbleiben

Mike Deans Werdegang vom unbekannten Texaner zu einer der einflussreichsten Größen im Hip-Hop, Trap und Pop begann 1965 mit seiner Geburt in Bayou, unweit von Housten, Texas – oder, wie Mike es nennt, dem »A… der Welt«. In seinen jungen Jahren probiert sich Mike zunächst an Saxofon, Fagott und Klavier aus. Schon wenig später findet er zum klassischen Piano. In seiner Teenie-Zeit tauscht er das Schulorchester gegen Hard- und Progrock-Bands und spielt zudem Soul, Funk, Blues und Country in mehreren Cover-Combos.

Noch als Teenager erhält Mike eine überraschende Einladung von Parliament-Funkadelic – deren Keyboarder Bernie Worrell wurde gerade von den Talking Heads abgeworben. Stattdessen entscheidet sich Mike jedoch für die lokale Band Selena y los Dinos, für die er als Producer, Musiker und Musical Director arbeitet. Sein lakonischer Kommentar: »Es gab mehr Geld …«

Nach einer Zeit als Bar-Pianist trifft er auf eine ebenfalls lokale Band namens Def Squad und entdeckt in diesem Umfeld für sich Sampler, Drum-Maschinen und Hip-Hop. Es folgen erste Veröffentlichungen auf dem lokalen Label Rap-A-Lot und eine Lehrzeit bei dessen Produzenten John Bido. Schon wenig später sieht sich Mike als eine der wichtigsten Figuren bei der Entstehung des »Texas-Rap« und entwickelt maßgeblich dessen »Dirty South Sound« mit. Dabei arbeitet er mit Scarface, Geto Boys, Do or Die, 5th Ward Boyz, UGK, Tha Dogg Pound und vielen mehr. Die beiden Scarface-Alben The Diary (1994) und The Untouchable (1997), bei denen Mike coproduziert, gehen Platin.

Um die Jahrtausendwende zieht es Mike nach New York. Dort eröffnet er ein Studio unter dem selbstbewussten Namen »Dean’s House of Hits«: »Es befand sich in meiner Wohnung und war ziemlich schräg. Aber letztlich befanden sich all meine Studios an meinen Wohnorten.« Während der Produktion von Scarface’ Album The Fix treffen sich Mike und Kanye, und die langjährige Zusammenarbeit beginnt. Mittlerweile besitzt Mike ein Studio in LA und betreut dort Künstler wie Travis Scott, Kid Cudi, Beyoncé, Jay-Z, Madonna, The Weeknd, Frank Ocean, 2 Chainz, Nas, Christina Aguilera, Selena Gomez, Gorillaz, Pop Smoke, Burna Boy, Lana del Rey, FKA Twigs und viele mehr.

Mike liebt das Motto »Produzenten sollten nie in der Zeit stehen bleiben. Sie sollten ihrer Zeit immer voraus sein«. Diesem Grundsatz verdankt Mike immerhin seine fünf Grammys.

Pro Tools nutzt Mike ausschließlich für Gesangsaufnahmen. Für MIDI bevorzugt er Ableton Live oder FL Studio. (Bild: Jason Martinez)

To tune or not to (Auto)tune

Aktuell betreibt Mike ein Studio in Housten sowie zwei weitere in LA. Hier geben sich regelmäßig namhafte Künstler die Klinke in die Hand: »Madonna schaut alle paar Tage vorbei. Gerade habe ich eine Compilation mit 51 ihrer Nummer-Eins-Dance-Hits gemastert. Zudem arbeiten wir an ein paar Frozen-Remixen und Re-Remixen. Darüber hinaus schreiben wir an Songs.« In der Vergangenheit hat Mike an Madonnas Alben Rebel Heart (2015) und Madame X mitgearbeitet.

Ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit bekannten Sängerinnen ist Lana Del Reys Song Wildflower Wildfire vom 2021er-Album Blue Banisters, den Mike mitgeschrieben, coproduziert sowie gemischt und gemastert hat. »Lana wohnt nicht weit weg von meinem Studio und schaut oft hier vorbei. Unsere Session für ihr Album verlief recht interessant – Lana kam mit ein paar Ideen ins Studio. Wir arbeiteten zusammen am Song und an den Harmonien. In kurzer Zeit hatten wir alles beisammen. Wir nutzten dazu einen Nebenraum des Studios mit Piano. Lana sang durch eine Karaoke-Maschine. Bei den Aufnahmen nutze ich gleichzeitig ein Sony C800 und ein Shure SM7B, beide ohne Windschutz. Das Shure passte erwartungsgemäß besser zu ihrer Stimme. Ich verwende meist einen Neve 1073, entweder Vintage oder den von BAE. Im Nebenraum habe ich einen Neve Shelford Channel. Mein Lieblingskompressor ist der Tube-Tech CL-1B – das ist alles. Ich mag es einfach. Alles andere sind Synths und Gitarren.«

Die nachfolgende Vocal-Bearbeitung nennt Mike minimalistisch: »Lana hat den Song zwei oder drei Mal vollständig durchgesungen – viel Produktion war nicht erforderlich. Zwei oder drei Zeilen haben wir gecomted, dazu hier und dort ganz leichte Tuning-Korrekturen mit Melodyne gemacht, und das war alles.«

Mike ergänzt: »Kennst du Christine and the Queens? Wir haben hier an ihrem neuen Album gearbeitet. Sie nutzt grundsätzlich kein AutoTune oder Melodyne, und es funktioniert super. Manchmal liegt sie etwas daneben, aber das klingt immer cool. Marvin Gaye hat übrigens genau 15 % zu tief gesungen. Stell dir vor, alles wäre exakt gewesen – er hätte sich wie ein Roboter angehört … Zu exakte Intonation kann sehr leicht steril klingen. Das geht so weit, dass ich manchmal zwei oder drei verschiedene Rapper in einem Song nicht auseinanderhalten kann!«

»Heute ist die Vocal-Produktion ein eigenes Business geworden. Viele Produzenten sind deshalb nur noch Beat-Lieferanten und holen sich ihre Vocal-Spezialisten hinzu. Ich mache die meiste Vocal-Produktion nach wie vor selbst – das gehört zu meinem Job als Producer, und ich mache das seit jeher. Früher haben wir schiefe Noten mit dem Eventide H3000 zurechtgepitcht. Das war Vocal-Tuning von Hand und hat echt Spaß gemacht. Du musstest dabei noch richtig genau hinhören …«

Wenn Mike über die Workflows der heutigen Vocal-Produktionen spricht, ist eine gewisse Abneigung nicht zu überhören. Das mag etwas verwundern, schließlich zeichnet er sich für zahlreiche Erfolgsproduktionen verantwortlich, bei denen an AutoTune nicht gespart wurde. »Bei John Legends Backing-Vocals für Jesus Walks (von Wests Album The College Dropout) habe ich erstmalig das angewendet, was ich jetzt als ›Heatbreak-Sound‹ bezeichne, nämlich AutoTune als Verfremdungs-Effekt. Natürlich ist das eine Anspielung auf Kanyes 808’s and Heartbreak. John war bei den Aufnahmen nicht wirklich gut drauf, also nahmen wir AutoTune, drehten es auf Null und machten daraus eine Art Talkbox-Effekt. Dieser Sounds ist sehr bekannt geworden und wurde oft kopiert. Er hat auch den Aufbau vieler Harmoniestrukturen beeinflusst, die momentan überall Verwendung finden.«

In Mikes Studio gibt es nicht nur Soft-, sondern auch Hardware, u. a. einen Neve 5060 Centerpiece 24×2 Desktop-Mixer und einen SPL MixDream Summierer. (Bild: Jason Martinez)

Minimal ist mehr

Mikes Bedenken gegenüber einigen Aspekten moderner Produktionstechnik und seine Vorliebe für analoge Keyboards lassen darauf schließen, er sei ein Analogpurist. Tatsächlich bevorzugt er jedoch eine moderne, minimalistische Arbeitsweise ohne große Mischpulte und Studios, die wie Raumschiffe aussehen. »Ich mag es möglichst einfach. In meinen beiden Räumen gibt es jeweils einen SSL UF8 Controller. Neben der zuvor genannten Aufnahmekette besteht die Hard-ware aus einem Neve 5060 Centerpiece 24×2 Desktop-Mixer, einem SPL MixDream Summierer, zwei McDSP ADB 16 sowie vier UAD Satellite (je zwei Thunderbolt 3 bzw. USB Quad Core) und einer Antelope 10MX Rubidium Atomic Clock.

Zudem verwende ich zwei Mac Pro mit jeweils 384 GB RAM und 8-TB-Drives. Darauf laufen Pro Tools, Ableton, Logic, FL Studio und gelegentlich Reason. Pro Tools nutze ich ausschließlich für Gesangsaufnahmen, Mix und Mastering. Kreativ arbeiten kann ich damit nicht, denn das Pro Tools MIDI-Enviroment taugt nichts. Stattdessen nutze ich Ableton für Drums – oder auch FL Studio, wenn ich diesen speziellen Sound haben will. Warum arbeite ich überhaupt mit Pro Tools, wo ich doch dessen MIDI-Funktionen so unhandlich finde? Einerseits funktioniert die Automation sehr ähnlich einem SSL-Pult, und daran bin ich gewöhnt. Außerdem entlastet das HDX-Zeug den Rechner sehr wirkungsvoll. Avid-Interfaces nutze ich dagegen nicht. Im Hauptstudio befinden sich zwei Antelope Goliath und ein weiteres in Studio B. So habe ich insgesamt 64 Ausgänge für die Summierung und 32 Eingänge für Keyboards.

Ich kann mit einem Projekt jederzeit zwischen Haupt- und B-Studio wechseln, denn beide sind identisch ausgestattet. Einzige Unterschiede sind die Keyboards – sie befinden sich im Hauptstudio – sowie die Abhören. Im A-Raum gibt es Tannoy 215 und Yamaha NS10, im B-Raum ein Atmos-Setup mit Amphions: Two18er vorne, One18er hinten, dazu 418 Subs und ein DAD MOM Monitor-Controller. Im Hauptstudio mache ich Beats und mixe. Drüben im Studio B klingt der Mix exakt identisch. Dort mache ich dann Atmos-Mixe aus den Stems.

Die beiden Neve 5060 sind das Herz des Setups. Sie klingen einem Pult der 80er-Serie sehr ähnlich und liefern damit den klassischen Neve-Sound. Ich finde, dass sie sogar noch besser klingen als die Originalpulte! Außerdem müsste man dafür eine halbe Million Dollar investieren. Die NS10 sind für mich ebenfalls unverzichtbar. Die Tannoy 215 klingen wie NS10 mit ein paar Oktaven mehr Low-End.«

Synths für Synth-Götter

Das Hauptstudio beheimatet eine wechselnde Auswahl von Mikes Keyboards. »Ich besitze derzeit über 50 Keyboards, alle sind mit MIDI nachgerüstet. Sie haben allesamt einen echten Klang und übertreffen damit bei Weitem sämtliche Softsynths. Mein Neuzugang ist ein ARP 2600. Er klingt so gut, dass sich die 15.000 Dollar Anschaffungspreis in einer Woche bezahlt gemacht haben – herrlich warm klingende Verzerrungen, wundervolle Oszillatoren. Ich habe auch den Behringer-Clone – er klingt furchtbar. Die Arturia-Version klingt zwar gut, aber nicht wie das Original.

Einen Yamaha CS-80 habe ich mir 50.000 Dollar kosten lassen, denn er klingt einfach großartig und liefert mit seinem polyfonen Aftertouch ein einzigartiges Spielgefühl. In einen Roland Jupiter-8 habe ich dieses Jahr 20.000 Dollar investiert. Mir war es das wert. Du hörst ganz klar den Unterschied zu den Nachbauten. Die vielen Ungenauigkeiten machen den Sound so unglaublich
cool und funky. Das macht ihren Charakter aus! Natürlich arbeite ich auch viel mit Softsynths – ich habe absolut nichts gegen Softsynths! Letztlich ist es aber genau dasselbe wie bei einem Sänger mit Auto-Tune: Es klingt sehr steril.«

Mix-Trix

Während seiner gesamten Karriere hat Mike bevorzugt in seinen eigenen Studios gearbeitet. Mittlerweile ist das der Normalfall: »In einem fremden Studio zu mixen und zu mastern ist meistens scheiße, denn seit den 2000ern kümmert sich niemand mehr wirklich um den Klang seiner Räume. Manchmal gehe ich noch in andere Studios, wie etwa neulich mit Kanye. Alles passiert dann allerdings sehr schnell: Ich nutze den Vibe der Stunde, schaue mir an, wie er die Vocals einsingt, schnappe die Files und verschwinde sofort in mein eigenes Studio. Alles weitere passiert dann dort.

Für die Vocal-Bearbeitung nutze ich gerne Plug-ins wie das Waves HDelay und vor allem Avid DVerb. Es klingt sehr räumlich – was will man mehr von einem Hall? Die Valhalla Reverbs sind auch toll und sehr einfach zu bedienen. Ich mag die Sachen von Slate, UAD, SoundToys, Plugin Alliance, Waves und einige andere mehr. Um problemlos jede angelieferte Session öffnen zu können, besitze ich so ziemlich jedes gängige Plugin. Sollte dennoch etwas fehlen, kaufe ich es unverzüglich. Ich mag am liebsten Standard-Plug-ins, nicht so sehr das verrückte Zeug – mit Plug-ins, die sich mir nicht erklären, kann ich eher wenig anfangen.

Beim Mix schicke ich alles durch das Neve-Pult. Danach bleibt es digital. Ich bleibe immer sehr dicht am Demo. Gerade beim Rap hat jeder seinen besonderen Vocal-Effekt, der den Sound ausmacht. Deswegen macht es wenig Sinn, die Effekte beim Mix herauszunehmen oder zu ändern – das wäre einfach Zeitverschwendung. Und ja – natürlich habe ich auch für das Mastering meine Lieblings-Plug-ins, aber die sind mein Betriebsgeheimnis …«

Mike beschließt, sich zu verabschieden – vielleicht befürchtet er, doch noch das eine oder andere seiner Betriebsgeheimnisse auszuplaudern … Allerdings legt er uns dringend sein neues Soloalbum ans Herz. Wie auch schon für die beiden Vorgänger 4:20 und 4:22 wurde als Release-Termin der April gewählt. Der Bongaffine Synth-Gott hat sein drittes Soloalbum mit dem vielsagenden Titel Smoke State 42222 versehen – viel Vergnügen!

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