Probleme in einem Mix lösen oder von vornherein vermeiden
von Björn Bojahr,
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Vielleicht kennst du auch diese Situation: Der Song ist fast fertig, jetzt noch schnell einen Multiband-Limiter mit dem Preset »Boom-Loud-Master« in die Summe, und schon ist der Mix klasse! Auf Anhieb klingt das alles perfekt, aber lässt man den Mix mal 24 Stunden ruhen und hört sich das Ganze dann noch einmal an, passt es doch nicht … Das Geheimnis liegt meist nicht im brachialen Lautmachen, sondern in den kleinen Details und der vorangehenden Feinabstimmung.
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Am Ende kann auch das beste Mastering nicht all das retten, was vorher schon im Argen lag. Und manchmal sind es die ganz kleinen Dinge, die am Ende in der Kombination dazu führen, dass ein Mix perfekt ist. Die folgenden Tipps sind nur Kleinigkeiten, die mir aber schon oft geholfen haben, Probleme in einem Mix zu lösen oder sie von vornherein zu vermeiden.
Ping-Pong-Delay
Beim Synthesizer- oder Gitarrensolo und ab und zu auch beim Gesang ist ein Ping-PongDelay ein netter Effekt, der das Signal interessant im Stereobild verteilt. Da der Effekt erst verzögert einsetzt, bleibt dabei auch die Textverständlichkeit hoch. Werden die Verzögerungen synchron zum Songtempo eingestellt sind, gibt es manchmal Überlagerungen beider Delays, die sich in der Stereomitte doppeln. Dort liegt jedoch oft die Gesangsstimme bzw. das Solo, das wir mit den Delays dezent ergänzen wollten! Um die Stereomitte von solchen Effekten freizuräumen, benutze ich oft einen linear – phasigen EQ, der die Möglichkeit bietet, das Mitten- und Seitensignal mit getrennten Einstellungen zu bearbeiten.
Eine günstige Lösung und mein Alltags-Plugin für diese Fälle ist beispielsweise der LP10 von ddmf.eu (siehe Abbildung 1). Das Ganze klappt auch mit kostenloser Software: Voxengos Marvel GEQ (www.voxengo.com) ist allerdings nicht ganz so flexibel wie der vollparametrische LP10. Füge eine Instanz hinter deinen Delay-Effekt ein, und aktiviere im Menü »Routing« die Option »Mid-Side-Stereo«. Nun reduzierst du die entsprechenden Frequenzen im Mittensignal (s. Abb. 2). Dieser Trick eignet sich für viele andere Effekte mit entsprechender Stereobreite ebenso. Selbst bei kurzen Hallräumen auf der Snare oder einem Chorus auf dem E-Piano kann dieser Trick eine Lösung sein. Dadurch, dass wir das Mittensignal nicht komplett reduzieren, bleibt der grundsätzliche Klangeindruck erhalten, allerdings ist genug Platz im Frequenzbereich für die anderen Sounds.
Noch mehr Stereobreite
Wo wir gerade bei Stereo-Effekten sind: Toneboosters Omnisone 2.91 (s. Abb. 3) ist ein kostenloses Plugin, mit dem du die Stereobreite auf einfache Weise verändern kannst. Das Plugin gibt es auf der Webseite www.toneboosters.com im Downloadbereich, du musst dazu aber die alte Version 2.91 herunterladen. Das Plugin präsentiert dir zwei Lautsprecher, deine beiden Klangquellen kannst du beliebig zwischen und neben deinen Boxen platzieren. Natürlich musst du auf Phasenprobleme aufpassen, also nicht mit Kopfhörer mischen und ab und zu den Mix zum Vergleich auf Mono schalten! Dein Mix soll ja weiterhin monokompatibel bleiben.
Bei einem Ping-Pong-Delay oder Chorus-Effekt kannst du dieses Plugin gut auf Raum-Mikros oder Overheads aus probieren und auch gerade mit obigem EQ-Trick kombinieren. Manchmal ist gerade eine Reduzierung der Stereobreite die Lösung für mehr Tiefe in einem Mix. Signale, die rechts und links außen an unseren Boxen kleben, wirken beinahe immer sehr präsent im Vordergrund. Anstatt Signale maximal breit zu ziehen, probiere auch eine Anhebung der Höhen des Seitensignals. Dies ist in Abbildung 1 des LP10 bereits zu sehen. Unser Ohr reagiert auf Höhen sehr empfindlich, selbst eine leichte Anhebung führt dazu, dass wir die Seitensignale deutlicher wahrnehmen.
Signale mit Low-Cuts absichern
Vor Kurzem habe ich auf einer Surround-Anlage mit einem ganz gewöhnlichen Subwoofer eine Klavierballade gehört. Leider hatte der Tontechniker offenbar keinen LowCut im Bassbereich angesetzt, sodass das tieffrequente Hämmern überdeutlich über den dezenten Flächen und Drumsounds im Hintergrund zu hören war. Ganz besonders störend war dies in Kombination mit dem Raum, denn auch der wummerte tieffrequent auf der Anlage. Abhörsituationen können sehr unterschiedlich sein: Was in der einen Situation noch ganz gut klingt, macht in Kombination mit den heute üblichen Bassboost-Tricks der Mini-Anlagen und günstigen Surround-Systeme oftmals einen nervigen Bassbrei. Umso wichtiger ist es, dieses Thema beim Mischen nicht zu vergessen. Im Default-Song laden in meinem Setup daher gleich einige einfache Low-Cut-EQs auf den Effektbussen und den Bussen für Summensignale mit.
Traue keinem Monitor
Um solche Bassprobleme auch zuverlässig zu hören, braucht man zwangsläufig einen guten Raum und mehrere Monitore, sodass wir unseren Mix auf unterschiedlichen Systemen beurteilen können. Es gibt viele verschiedene Plugins, die solche Setups auf Kopfhörern simulieren, und ich habe mein persönliches Lieblings-Plugin in den Studiotipps auch bereits vorgestellt: Toneboosters Isone v3 (s. Abb. 5) ist nach wie vor mein heißer Tipp, weil man mit dem Durchschalten der Presets auf einfache Weise verschiedene Abhörbedingungen ausprobieren kann. Einfach Kopfhörer aufsetzen, und die Presets testen! Mein Favorit zum Mischen ist das Preset »Small Studio« − da ist es mir sogar schon passiert, dass ich das Plugin versehentlich beim Bouncen noch in der Summe hatte, da der Raumeindruck recht gut zu meiner Umgebung passt.
Das Preset »Average Joe« ist die typische Simulation für Subwoofer-Heimkino-Setups, und »Flatpanel TV« simuliert irgendwas zwischen Handy-Lautsprecher und TV-Lautsprecher. Auch auf diesen eher merkwürdigen Setups muss der Song noch funktionieren. Ist der Bass noch zu hören? Sind die Höhen zu aufdringlich? Nichts ersetzt im Grunde den Gegencheck einer Mischung auf möglichst verschiedenen Abhören (Auto, MP3-Player mit Bass-Boost, Küchenradio), aber mit dem Plugin kommt man tatsächlich auch am Rechner in diese Richtung.
Die Lautstärke
Als vor vielen Jahren die ersten analogen Mischpulte im Homestudio erschwinglich wurden, waren diese selten mit einer Automation ausgestattet. Man stellte die Spuren so ein, dass sie im Verhältnis zueinander gut klangen und fertig. Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen Mischungen und einem Profi-Mix war oft, dass der Mix nicht ausgeglichen klang. Meist löste man das durch einen Kompressor auf der Spur. Der fing die lauten Stellen ab, und die leisen Signale setzten sich dann auch gut durch. Viele arbeiten heute noch so, weil sie damals mit dieser Philosophie angefangen haben. Es gibt jedoch nichts Wichtigeres als eine gute und dynamisch gesteuerte Lautstärken-Automation.
Heute in unseren DAWs haben wir da oft mehr Möglichkeiten als vor Jahren mit teuerster Studiotechnik! Wenn die ersten Bruchstücke des Chorus eben so richtig begeistern sollen, macht es absolut Sinn, vorher im Übergang einige Spuren etwas zurückzunehmen (s. Abb. 6). Wir müssen letztlich das Ohr unserer Zuhörer so lenken, dass sie das hören, was wir ihnen zeigen wollen. Ist ein Mix in diesen Details richtig ausgearbeitet, wird auch das Mastering bessere Ergebnisse bringen und ein Kompressoreinsatz wesentlich musikalischer klingen. Es lohnt sich, hier Zeit zu investieren, und Spuren gezielt durchzuhören und zu optimieren.
Gleichmässiges Fundament
Dass man Bass-Spuren auf Bussen zusammenfassen und gemeinsam bearbeiten und komprimieren kann, war bereits Thema der letzten Folge. Manchmal reicht aber Automation und Kompression nicht aus − irgendwie stechen manche Schläge der Bassdrum oder des Bass-Sounds immer noch aus dem Mix heraus, und außerdem ist das Frequenzverhältnis sehr ungleichmäßig. Manche Sound wummern direkt und haben zu viel Bass, manche klingen beinahe dünn. Ein Trick ist es in solchen Fällen, den Tiefbass-Anteil einer Mischung plattzukomprimieren: im Kompressor Ratio auf Anschlag, Threshold ganz tief ziehen, kurze Release-Zeit und Attack mindestens so kurz, dass die Signale gerade nicht verzerren. Das ergibt einen dumpfen Bassbrei, der für sich alleine nicht überzeugt.
Mischt man dieses Signal jedoch dem normalen Bass-Signal hinzu, entsteht ein sehr gleichmäßiges Bassfundament. Zusammen mit der Automation wird das ganze am Ende perfekt! Wenn du dafür keinen weiteren Effekt-Bus opfern und diesen Trick öfter einsetzen möchtest, kannst du dir für diesen Zweck auch mit dem Metaplugin von www.ddmf.eu eine solche Schaltung einmal erstellen und als Preset abspeichern.
Fazit
Manchmal sind es gar nicht die großen Dinge, wie ein finaler Lautmacher, sondern oft sind es die kleinen, aber feinen Details, die unseren Mix nach vorne bringen. Die kosten bisweilen Arbeit, und es dauert halt etwas, einen Mix auf verschiedenen Abhören und unter unterschiedlichen Bedingungen zu hören. Das Ergebnis kann sich allerdings garantiert hören lassen! Ich wünsche viel Spaß beim Ausprobieren!