Presets sind bei vielen als Einheitsbrei verpönt. Dabei können gerade Plugin-Presets eine zeitsparende Lösung für alle sein, die einen individuellen Sound entwickeln möchten. Es kostet nur etwas Überwindung, nicht die gleichen Presets als Ausgangsbasis zu nehmen, die eben bei jedem von uns installiert sind. Immer wenn eine Bearbeitung gut funktioniert hat: abspeichern!
Eigentlich zeichnet ein professionelles Hardware-Studio heute vor allem eines aus: Erfahrung. Der ganze Gerätepark und viele schöne Räume nützen nichts, wenn obendrauf nicht das Wissen kommt, in welcher Situation ein bestimmter Aufbau welches klangliche Ergebnis liefert. Jedes gute Studio hat sein Patentrezept, wie man ein bestimmtes Instrument aufnimmt, wo im Raum man es aufbaut, wie man es abnimmt und welche Geräte man für das ganze Drumherum benutzt. Dieses Grundgerüst hat sich oft über Jahre entwickelt, es hat sich bewährt, und es sorgt meist dafür, dass es am Ende mehr ums Einspielen und das Einfangen eines grandiosen Moments geht als um irgendwelchen Technikkrempel.
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Vor vielen Jahren zeigte mir ein Freund sein persönliches Handbuch: handgeschrieben, voll mit Einstellungen, Routings und Presets, und es wurde immer dann ergänzt, wenn eine Aufnahmesituation besonders gelungen war. Und dabei ist Total-Recall im echten Hardware-Studio ja meist eher eine mühselige Arbeit … Im Plugin-Alltag ist das Speichern von Einstellungen wesentlich einfacher, und dennoch erfinden manche von uns das Rad jedes Mal neu. Wir verwenden zudem alle ähnliche Plugins, und die haben daher alle identische Preset-Libraries mit den Werkseinstellungen. Ein eigenes Portfolio an Presets ist daher sicher auch eine Möglichkeit, deinen individuellen Klangcharakter im digitalen Zeitalter zu entwickeln.
Ich benutze in den Screenshots in diesem Workshop das Metaplugin von www.ddmf.eu. Das Plugin lädt jeweils die anderen Software-Plugins und visualisiert das Routing der Audio- und MIDI-Signale. Durch die virtuellen Kabel werden Verlauf und Anordnung der einzelnen Plugins gut sichtbar, selbst mit der Demoversion lässt sich die Anordnung nachbauen, allerdings nicht speichern. Viele Sequenzer bieten die Möglichkeit, komplette Plugin-Einstellungen für Busse oder Sends abzuspeichern. Du kannst diese Tricks dann natürlich auch ohne das Metaplugin nachbauen und so als Einstellung jederzeit wieder aufrufen.
Mehr Substanz für die Snare
Als erstes Beispiel nehmen wir mal eine typisch analoge Snare aus einem Synthesizer oder ein Sample im Stil einer TR-808-Snare. Der Soundcharakter ist oft klasse, aber wie schneidet sich der Sound so durch den Mix, dass er selbst gegen ein ganzes Drumloop-Gewitter ankommt? Zuerst basteln wir uns mit dem Metaplugin zwei Stränge: einen, den wir kreativ verfremden und mit der internen Lautstärkeregelung nur dezent hinzumischen, parallel dazu leiten wir das Eingangssignal direkt weiter an den Ausgang.
Als Verzerrer eignet sich Klanghelms SDRR oder auch die kleine Freeware-Version IVGI. Um den Klangcharakter flexibel auf den Sound abstimmen zu können, fügst du vor dem Verzerrer einen beliebigen EQ ein, mit dem du gezielt die Bereiche anhebst, die du nach vorne bringen möchtest. Ein schneller Plattmach-Kompressor am Ende sorgt nun dafür, dass dieser Teppich nicht den kompletten Sound dominiert, sondern beispielsweise eher im Attack dezent zu hören ist. Solch eine Schaltung kann man übrigens auch für viele andere Synthesizer-Sounds nutzen, und wo wir doch gerade das Beispiel Drumcomputer hatten: Handclaps!! Unbedingt ausprobieren …
Mehr Glanz für den Chor
Einen ähnlichen Trick benutze ich gerne, wenn ich einige Sounds größer, breiter und voluminöser darstellen möchte. Ein Beispiel wären etwa Flächensounds bzw. ein dezenter Background-Chor, aber auch für Lead-Sounds oder andere Gesangsspuren kann dies manchmal genau das richtige Rezept sein. Der Trick ist es, mit Parallelkompression eine Art Exciter-Effekt zu erstellen. Mit einem EQ schneidest du dazu die Bassanteile weg und hebst im Höhenbereich je nach Signal stark an. Dann gelangt diese Bearbeitung in das Plugin IVGI von Klanghelm und wird dort weiter verzerrt. Mit dem großen Plug – in SDRR klappt dieses Beispiel übrigens noch besser, auch PSP MixTreble2 oder ähnliche Exciter-Plugins kannst du hier ausprobieren. Je nachdem, welches Verzerrer-Plugin man verwendet, kann ein Highpass-EQ nach dem Verzerrer auch sehr hilfreich sein.
Der Trick besteht nun darin, dieses Gebilde musikalisch abzustimmen und nur dezent hinzuzumischen. Es gibt hier je nach EQ- und Verzerrer-Einstellung viele Kombinationen, die furchtbar klingen, und manche, die wirklich gut funktionieren. Wenn man vielleicht noch mit einem Chorus- oder Delay-Plug – in für ein bisschen zeitliche Diffusion sorgt, dann macht diese Schaltung richtig dicken Zuckerguss… Übrigens: Wenn du solche Exciter-Tricks ausprobierst, achte darauf, dass die restlichen Sounds deiner Mischung nicht ungefiltert im Höhenbereich in den Mix gelangen. Ein dezent abgestimmtes Lowpass-Filter auf jedem Kanal sorgt erst dafür, dass dieser Effekt an den entsprechenden Stellung deiner Mischung so richtig zur Geltung kommt!
Toneboosters EQ
Wenn ich meine kleine Sammlung an Presets und Einstellungen so durchschaue, finde ich da einen EQ, mit dem ich mir alle möglichen Bastel-Szenarien abgespeichert habe, weil sie im Alltag einfach unheimlich gut funktioniert haben. Der Equalizer entstammt dem Track-Essentials-Bundle von www.toneboosters.com und kostet mit vielen schönen anderen Plugins im Bundle nur knapp 25 Euro. Das Plugin hat eine sehr gute Analyzer-Funktion, die beispielsweise Probleme im extremen Bass- und Höhenbereich sofort sichtbar macht. Ein High- und Low-Cut sind so sehr schnell visuell eingestellt, da ist das Auge beinahe schneller als das Ohr!
Zudem kannst du gezielt steuern, ob die einzelnen Bänder auf das Mitten-, Seiten- oder jeweils auf nur eine Seite deines Signals wirken. Ein Beispiel für M/S-Bearbeitungen ist etwa das Entschärfen von Overhead- Mikros. Auf der rechten Seite ist die Hi-Hat doch zu laut, und wenn man sie nur leiser macht, passt das Stereobild aber nicht mehr so gut zu Snare und Toms. Mit dem Equalizer von Tonebooster kannst du gezielt die oberen Mitten des Seitensignals reduzieren und so dafür sorgen, dass die Sounds nach wie vor gut zusammenpassen. Oder im Bassbereich: Ein Synthesizer-Sound mit Chorus-Effekt im Bass ist ja beinahe immer problematisch. Mit dem TB EQ reduzierst du mit einem Low-Cut-Filter den Bassbereich der Seitensignale und erhältst dem Sound damit den StereoEffekt, ohne den Tiefbassbereich zu verwischen.
Finde deine Mitte
Eine weitere tolle Einsatzmöglichkeit für diesen EQ besteht darin, deinem Mix mehr Raum für Solo-Instrumente oder Solo-Gesang zu geben. Schau dir mit dem integrierten Analyzer an, in welchen Frequenzbereichen deine Solo-Spur besonders aktiv ist. Dieser Bereich wird sicher auch von anderen Instrumenten belegt. Meist mischen wir die wichtigsten Spuren zentral in die Mitte, und genau dort überlagert sich dann alles. Ein einfacher Trick besteht nun darin, den EQ zuerst auf der Spur einzufügen, die präsent in der Mitte liegen soll. Aktiviere den Analyzer und beobachte das Signal. Dort, wo starke Anhebungen sichtbar werden, senkst du ab und schaust, ob du dadurch das Signal in deinem Mix nach hinten verlagerst. Wenn das klappt, speicherst oder kopierst du diese Einstellung und deaktivierst den EQ. Lade ihn nun auf dem Bus der gesammelten Signale, die du wirklich nach hinten schieben möchtest. Dort lädst du nun das entsprechende Preset und reduzierst die eben programmierte Absenkung lediglich auf das Mittensignal.