Ost und West mal im Einklang

Cre8audio – East Beast und West Pest im Test

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Zwei ungleiche Brüder mit gemeinsamen Genen. Der eine folgt dem Pfad der subtraktiven Synthese, während der andere mittels Waveshaping und Lowpass-Gate auf buchloiden Wegen unterwegs ist.

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Entstanden sind die beiden Eurorack-kompatiblen Mini-Desktopper durch die fruchtbare Zusammenarbeit von Cre8audio und Pittsburg Modular. Während Richard Nicol, Mastermind von Pittsburgh Modular, für die analoge Schaltungstechnik verantwortlich zeichnet, weiß man bei Cre8audio Geräte kostengünstig zu produzieren. Das schlägt sich zum Glück nicht in der Qualität der Instrumente nieder, beschert uns aber einen erstaunlich günstigen Kurs.

Beide Instrumente könnten als eigenständige semimodulare Synthesizer-Stimmen ins Eurorack integriert werden und sind im Lieferzustand dank stabilem Kunststoffgehäuse samt Ein/Aus-Schalter und Netzteil schön leichtgewichtig und hochmobil. Fünf Slim-Line-Patchkabel liegen ebenfalls bei. Diese sind allerdings mit ca. 15 cm Länge nur für Patches auf dem jeweiligen Instrument lang genug.

Die Ein- und Ausgänge sowie das Normalizing der Steckfelder
Die Ein- und Ausgänge sowie das Normalizing der Steckfelder

Gemeinsame Werte

Sehen wir vom individuellen analogen Kern einmal ab, finden sich bei beiden Instrumenten die gleichen zeitgemäß-modernen Funktionen.

Alle Parameter ohne eigenen Regler werden über 13 Tasten in Keyboard-Anordnung mittels zweier farbkodierter Taster bedient. Dazu gehören z. B. ein Sequenzer/Arpeggiator mit bis zu 32 Steps, die auf 13 Speicherplätzen abgelegt werden können, sowie die Kontrolle diverser MIDI-Einstellungen.

Es gibt auch ein »Display«, wenn man die vier LEDs inmitten der Synth-Front als solches bezeichnen möchte. So lassen sich immerhin bis zu 16 Zustände darstellen. Willkommen in der Welt binärer Darstellung! Dort werden Grundeinstellungen genauso angezeigt wie auch z. B. MIDI-Kanal, Gate-Länge oder Swing-Faktor eingestellt. Auch einige ungewöhnliche Funktionen werden hier aktiviert. So kann der East Beast bei jeder neuen Note die Wellenform und/oder das Filtermodel zufällig ändern. Konstruktionsbedingt sind es beim West Pest die VCO-Wellenformen.

Das Steckfeld im oberen rechten Eck ermöglicht freien Zugang zu den Reglern der Instrumente, und schafft mit je zehn Ein- und Ausgängen die Verbindung zur Außenwelt und den internen Modulations-Verknüpfungen. Besonders interessant: der Multi-Purpose Output. An der Multibuchse stehen wahlweise Clock-Synced Random-CV, Decay-Envelope, LFO oder ein wählbarer MIDI-Controller an.

EB-Keyboard
Das »Keyboard« dient nicht nur zur Noteneingabe, sondern steuert auch diverse interne Parameter.

Der Osten ist blau/grün,

wobei die Beschriftung der Tastatur-Funktionen in diesen beiden Farben keine so brillante Idee ist. Sie hebt sich nicht so schön kontraststark vom schwarzen Frontplattenhintergrund ab wie beim gelb/weißen Design des West Pest.

Herzstück des kleinen subtraktiv-Synths, einem Nachkommen des Pittsburgh Modular Lifeforms SV-1, sind der VCO und natürlich der PGH-Filter. Die VCOWellenformen, Sinus, Dreieck, Sägezahn und Rechteck haben kleine, von der Idealform abweichende Eigenheiten, die charakterbildend dem Filter zuspielen. Dabei lassen sich die Wellenformen frei kombinieren, bis hin zu einer trashigen Noise-Variante bei Aktivierung aller Wellen. Besonders fett: die Kombi von Sinus und Rechteck, welches vom langsamen LFO pulsbreitenmoduliert wird.

Auch beim PGH-Filter können die Filter-Modi einzeln und in Kombination aktiviert werden. Sowohl die Lowpass/Bandpass- als auch die Highpass/Lowpass-Variante haben schön definierte Charaktere und machen ordentlich Druck. Dabei macht sich auch das extrem stabile Verhalten des Filters positiv bemerkbar. Hier gibt es auch bei hohen Resonanz-Einstellungen keine Pegeleinbrüche, und alle Sweeps klingen schön gleichmäßig, ohne Frequenzen überzubetonen oder auszublenden. Ganz klar ein Verdienst von zwölf Jahren kontinuierlicher Entwicklungsarbeit der Pittsburger.

Die Parameter der ADSR-Hüllkurve sind leider etwas ungünstig skaliert. Gerade die so wichtigen kurzen Zeiten von Attack, Decay und Release finden in den ersten Millimetern der Regelwege statt. Das macht die Einstellung von snappigen Verläufen zur Fingerspitzensache.

Das Beste vom Westen

Die »Westcoast Synthese« beruht auf den Entwicklungen von Don Buchla. Klangliche Kernstücke sind dort wie hier komplexe Oszillatoren und Waveshaping in Kombination mit einem Lowpass-Gate.

Auch beim West Pest lassen sich die Wellenformen, Sinus, Dreieck und Sägezahn frei kombinieren, die dann vom Wavefolder mit weiteren Obertönen angereichert werden. Das Lowpass-Gate, welches hier einen Resonanz-Parameter hat, der im Waveform-Contour genannten Wavefolder Platz gefunden hat, rundet das Klangbild ab und ergibt den Lautstärkeverlauf. Klassischerweise als Decay-Envelope implementiert sind hier die wichtigen Parameter Sustain und Release. Release kann moduliert werden, während man auf Sustain und damit der Öffnung des Lowpass mit der Gate-Länge entscheidenden Einfluss nehmen kann.

Klanglich gibt es hier z. B. knorzige Bässe mit den typischen Oberton-Ripples des Wavefolding. Je nach Modulations-Material am Fold-Mod-Eingang entstehen unterschiedlich komplexe Spektren. Eine Hüllkurve oder ein LFO ergeben dynamisch changierende Klänge, während ein VCO konstantere Modulationen erzeugt, die dann mit dem Lowpass-Gate und dessen Resonanzparameter gebändigt werden.

Gemeinsame Sachen machen

Beide Geräte haben bereits durch das Steckfeld diverse Möglichkeiten der Klangerweiterung, profitieren aber enorm von externen Modulations-Quellen und Audio-Signalen. Am linearen FM-Eingang z. B. liegt vorverdrahtet das LFO-Signal an, das im High-Range (2 – 500 Hz) zwar durchaus weit genug in den Audiobereich reicht, aber eben statisch ist und nur durch Reglerbewegung in der Frequenz verändert werden kann. Betreibt man West Pest und East Beast gemeinsam, stehen da jeweils die VCO- und Filter-Ausgänge zur Verfügung, was das FM-Verhalten deutlich belebt.

Dank der Möglichkeit, MIDI-Signale am Ausgang MIDI-through weiterzuleiten, braucht man nur ein MIDI-Kabel. Für den Zweiten im Bunde reicht dann ein Stereo-Miniklinkenkabel zur MIDI-In-Buchse des zweiten Synth.

Eine Verbindung von Clock-IN zu Clock-OUT sorgt bei internem Sequenzer-Betrieb für die Synchronisation der beiden, mit einstellbarem Teilerverhältnis.

Fazit

Ob subtraktiv oder Waveshaping, attraktiv sind sowohl East Beast als auch West Pest – und beide wissen, klanglich zu überzeugen. Als eigenständige Synthesizer gut zu bedienen, profitieren beide stark von externen Modulations-Quellen, dem Studium des Manuals und einer gewissen Entdeckerfreude. Dabei arbeiten sie auch bestens als Team zusammen. Ausprobieren!

Hersteller/Vertrieb: Cre8audio / Sonic Sales

Internet: www.sonic-sales.de; www.cre8audio.com

Straßenpreise: West Pest und East Beast: je 249,– Euro

Unsere Meinung
++ charaktervoll eigenständiges Klangverhalten
++ hohe funktionale Dichte auf kleinstem Raum
+ Bedienerfreundlich durch abgesetztes Steckfeld
– East Beast: kurze Envelope-Zeiten schwer einzustellen

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