Im Test: Toontrack Hitmaker SDX und Area 33 SDX – Drum-Libraries
von Ulf Kaiser,
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In zwei SDX-Erweiterungen für Superior Drummer 3 (SD3) widmet sich Toontrack dem Werk von Produzentenlegende Hugh Padgham sowie dem Studio 33 von Fredrik Thordendal und Produzent Daniel Bergstrand. Erneut schöpft man hier aus dem Vollen …
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Grammy-Gewinner Hugh Padgham gehört zu den Produzenten/Toningenieuren, die den Sound der 80er/90er geprägt haben. Der Sound von Genesis, Phil Collins, Police und Sting dieser Zeit wurde zu guten Teilen durch Padgham im legendären The Townhouse erschaffen. Hinzu kommen Produktionen von Peter Gabriel, David Bowie, Kate Bush, Human League und Paul McCartney. Wer kennt nicht die berühmten Gated-Drums von »In The Air Tonight«?
Da die Townhouse Studios nicht mehr existieren, fiel die Wahl auf die Londoner British Grove Studios, die mittlerweile Mark Knopfler gehören. In den großartig klingenden Aufnahmeräumen haben schon U2, Nick Cave, David Gilmour und Sting aufgenommen, und auch die Core-Library von EZdrummer 2 entstand hier. Das äußerst klangvariable Studio profitiert von einer exzellenten Auswahl klassischer und moderner Studiotechnik.
Für Hitmaker kamen vier Analogkonsolen zum Einsatz: eine moderne Neve, zwei Röhrenkonsolen und ein diskretes EMI TG-Mischpult. In 94 GB Samples wurden sechs akustische Schlagzeuge, ergänzendes Schlagwerk sowie 400 Klänge aus elf Drumcomputern erfasst, die allesamt auf Band aufgezeichnet wurden. Die elektronischen Klänge wurden ergänzend über ein PA-System im Aufnahmeraum abgespielt und mikrofoniert.
Kits
Im Fokus stehen die Aufnahmen von Padgham mit Phil Collins, Manu Katché, Vinnie Colaiuta und Stewart Copeland. Nach entsprechendem Rechercheaufwand wurden spezifische Kits besorgt und eine authentische Mikrofonierung sichergestellt.
Das Center Stage Kit aus den 70ern stammt von Premier (Elite Concert) und setzt auf Birkenholz. Inspiriert durch Phil Collins verzichtet es bei den Toms auf Resonanzfelle und wartet mit einer kleinen 20″-Bassdrum auf. Von Manu Katché angeregt ist das New World Kit, ein Yamaha 8000 Tour Custom aus den 80ern, dessen Kessel aus Schichten von Birke und Mahagoni bestehen. Hinzu kommt die passende Signature-Snare sowie, wie in allen Fällen, ein abgestimmter Beckensatz. Hinter dem Red Hot Session Kit verbirgt sich das Yamaha 9000 Recording Custom aus den 80ern, das aus sechs- bis achtlagiger Hokkaido-Birke gefertigt wurde. Laut Produktionsleiter und Sampling-Schlagzeuger Norman Garschke erzielt es genreübergreifend exzellente Ergebnisse. Passend dazu gibt es ein rares Yamaha 9000 Recording Custom Concert aus der gleichen Zeit (Red Hot Concert Kit) aus vergleichbaren Materialien, das mit trockenen und räumlichen Toms punktet. Auch das Storyteller Kit aus sieben- bis zehnlagigem Ahorn stammt von Yamaha (11000 Maple Custom), allerdings aus den 90ern. Es huldigt Vinnie Colaiuta und zeichnet sich durch langes Sustain aus, klingt aber dennoch druckvoll und perkussiv im Bass. Bleibt noch das Reggae Rock Kit, ein Tama Imperialstar aus den 70ern, gebaut aus neunlagigem Lauan. Genau dieses Kit nutzte Stewart Copeland auf seinen letzten Produktionen von The Police in den Londoner Air Montserrat Studios. Es bietet unter anderem eine große Gong-Bassdrum, vier Octobans und die berühmte hochgestimmte Snare Drum. Abgerundet wird die Auswahl durch je fünf weitere Bassdrums und Snares sowie ergänzende Becken.
Neben der Nahmikrofonierung mit Mikrofonen und Vorverstärkern, die Padgham einst eingesetzt hat, kommen Raummikrofone von Neumann (zwei komprimierte U 87 und zwei M50) sowie ein Decca Tree mit drei M50 zum Einsatz. Als Ambient-Kanal wurde das SCT 4021 Ball & Biscuit ergänzt, das Talkback-Mikrofon der Townhouse Studios, dessen spezifischen angezerrten Charakter Padgham bei einer Session mit Phil Collins entdeckte.
Elektronische Drums sind aus dem Padghams Werk nicht wegzudenken. Er gehört zu jenen Produzenten, die eine Klangästhetik etablierten, bei der akustisches und elektronisches Schlagzeug gleichberechtigt nebeneinander stehen und oft miteinander fusionieren. Entsprechend wartet Hitmaker mit einer zweiten Library auf, die die Roland-Klassiker CR-78, TR-808, TR-909, TR-707 und TR-727, die LinnDrum, E-MU SP1200, Oberheim DX und das Simmons SDS V mit fünf Kits umfasst. Man sollte allerdings keinen programmierbaren Drumcomputer mit entsprechenden Parametern in SD3 erwarten, sondern Samples, die in Form von Drumkits kombiniert wurden. In Padgham-Manier stehen diesen Kits Samples echte Becken zur Seite. Die Library wurde so konzipiert, dass sie autark genutzt werden kann, aber auch durch die Raummikrofone bestens mit den akustischen Kits harmoniert. Wie jede SDX umfasst Hitmaker eine stattliche Anzahl von Grooves (über 700), die genau den Ansatz der Library widerspiegeln: kombinierbare akustische und elektronische Patterns in getrennten Sektionen, die sich bestens ergänzen.
Klang
Natürlich haben Padgham und Toontrack Mixer-Presets erstellt, die auch teils direkt mit elektronischen Drumkits nutzbar sind. Zur Auswahl gehören Presets für jedes Drumkit von Padgham selbst, die sich direkt oder als Startpunkt für eigene Bearbeitungen nutzen lassen. Weitere Presets widmet er den elektronischen Sounds und hybriden Kits, die zeigen, wie gut beide Libraries harmonieren.
Die akustischen Kits wurden in bestechender Qualität in Samples gegossen, und man ist dem Klang von Padgham und den vier Schlagzeugern dicht auf den Fersen. Gleichzeitig lässt sich mit den Kits von Pop bis Rock aber alles umsetzen und flexibel über die Raummikrofone und das variable Übersprechen prägen. Besser kann man es kaum machen.
Die trockenen Klänge der Drumcomputer dürften bekannt sein. Hier hat man aber zusätzlich einen Mehrwert durch die Bandaufnahme und durch das »Reamping »im Aufnahmeraum. Entsprechend kann man den Klängen einen variablen Charakter verleihen, der zudem der Arbeitsweise von Padgham entspricht. Die Maschinenenklänge lassen sich aufwerten und in Einklang mit dem akustischen Drumkit bringen. Kurz: Es klingt großartig, in the box und erst recht beim Ausspielen auf eine große Studiokonsole!
Mit Area 33 wendet sich Toontrack fokussiert dem Metal-Bereich. Meshuggah-Gitarrist Fredrik Thordendal hat mit »33« ein beeindruckendes Tonstudio in der Nähe von Stockholm geschaffen, in dem er und Produzent/Toningenieur Daniel Bergstrand (In Flames, Behemoth) an diversen Projekten arbeiten. Beide waren bereits am Toontrack-Debüt »Drumkit From Hell« und der Metal Foundry SDX beteiligt und so war es klar, dass auch in diesem Studio Schlagzeugaufnahmen entstehen sollten. Ergebnis ist die bislang umfassendste SDX überhaupt: 180 GB! Geboten werden sieben üppig ausgestattete Drumkits mit insgesamt 13 Snares, 14 Double-Bassdrums, 42 Toms und 40 Becken.
Zu den Besonderheiten der Produktion gehören elf Raummikrofone und umfassende Stereomikrofonierungen. So wurden Trommeln und Becken um zweite Mikrofone ergänzt, wodurch sich umfassende Möglichkeiten der Klanggestaltung ergeben. Das gilt auch für die Raummikrofone, mit denen sich der Klang der Kits ohne zusätzlichen Hall variabel formen lässt. Namentlich kamen Mikrofone von Soundelux, Royer, Hum Audio, Soyuz, Neumann, Brauner und Ehrund in unterschiedlichen Positionen zum Einsatz.
Hinter den Drumkits saß Leo Margarit (Pain of Salvation), der keinesfalls nur im Metal und Rock zuhause ist, sondern auch im Jazz- und Percussion-Bereich. Technisch wurde er durch Urban Näsvall und Jimmy Pettersson unterstützt. Seinen musikalischen Beitrag zur Library liefert Magrarit in einer umfassenden Anzahl von beigefügten Grooves.
Kits
Zur Auswahl stehen drei Ludwig-Sets aus Ahorn/Pappel (White Cortex), sechslagigem Ahorn (Chrome over Wood) und Stahl (Stainless Steel). Es folgen ein Gretsch-Kit (USA Custom) aus Ahorn/Gummi, ein Varus-Kit (Power Series) aus sechs- bis achtlagiger Kastanie, das Liquid Kit von Pearl (Fiberglass Shell) aus Fiberglas und das Red Kit von K-Drums (Model B) aus sechslagigem Ahorn. Damit bietet Area 33 die bislang umfassendste Auswahl an Trommeln und Materialien in einer SDX.
Sound
Area 33 wird mit einer Reihe von Presets von Daniel Bergstrand und Toontrack ausgeliefert. Der Fokus liegt auf dem Metal-Genre, man sollte sich aber nicht täuschen: Die hochwertigen Drumkits sind variabel und nahezu Genre-übergreifend nutzbar. Laut Bergstrand ist der Raumanteil eines Schlagzeuges von höchster Relevanz, das Übersprechen hingegen nur live ein Problem. In SD3 lässt es sich variabel dosieren und dank phasenkorrigierter Anpassung an die Nahmikrofone effektiv nutzen. Wie in Hitmaker spielt SD3 bei Area 33 seine Möglichkeiten der Nachbearbeitung und durch das clevere Routing des konfigurierbaren Mixers voll aus.
Fazit
Die beide SDX-Produkte Hitmaker und Area 33 sind ein Klangknaller in Deluxe-Ausstattung, die die Klangästhetiken der Produzenten bestens einfangen. Die Auswahl lupenreiner Samples ist außerordentlich üppig, die Möglichkeiten der Nachbearbeitung erstklassig und die Grooves für die jeweilige Anwendung absolut passend. Hitmaker fängt den Drumsound von Hugh Padgham und der Drummer Collins, Katché, Colaiuta und Copeland in authentischer Weise und unter Berücksichtigung der elektronischen Seite ein, während Area 33 den Metal-Bereich in unerreicht epischer Breite abdeckt. Der betriebene Aufwand für diese Leistung ist beachtlich und das Ergebnis auf höchsten Niveau – von der Konzeptionierung, der Produktion, der Studio- und Kit-Auswahl über die Mikrofonierung bis hin zur Aufbereitung der Samples.
Kombiniert mit den Fähigkeiten von Superior Drummer 3 entsteht ein Klangerlebnis, das den Nagel auf den Knopf trifft und flexibel ausformbar ist. Beide Libraries empfehlen sich für den heimischen und Studioeinsatz. Dabei lassen sich nicht nur eigene Ideen ausarbeiten, sondern auch professionelle Produktionen umsetzen. Für mich die nächstbeste Alternative zu einem talentierten Schlagzeuger, der in einem ausgezeichneten Studio aufgenommen wird. Dazu lassen sich die Sounds aber auch per E-Drumkit auf die Bühne mitnehmen. Angesichts dieser Leistung darf man den Preis von jeweils 165 Euro als echte Sensation bezeichnen.
Im Online-Bereich von Sound & Recording findet ihr ergänzend zu diesem Text auch ein Interview mit Norman Garschke zum Thema Sampling.
Unsere Meinung
+++ erstklassiges Preis/Leistungs-Verhältnis
+++ üppige Auswahl an Drumkits mit optimierter Klangästhetik
++ umfassende Möglichkeiten im Mixer von SD3
Interview mit Toontrack-Produktspezialist und Drummer Norman Garschke
Drum-Sampling – Wer macht den Sound?
Anlässlich der aktuellen SDX-Erweiterungen Hitmaker und Area 33 für Superior Drummer 3 nutzten wir die Gelegenheit für ein Interview mit Toontrack-Produktspezialist und Drummer Norman Garschke, der die Produktion von Hitmaker konzipierte und koordinierte und für das Sampling sowie für die MIDI-Grooves wie bereits bei der SD3-Core-Library mit George Massenburg, Legacy of Rock mit Eddie Kramer, Decades mit Al Schmitt und der EZdrummer 3 Core-Library mit Michael Ilbert am Drumkit saß.
Lässt sich heute im Schlagzeugbereich überhaupt noch “neues Futter” finden?
Da gibt es keinerlei Mangel an Ideen! Uns geht es nicht darum, „nur“ irgendwelche Schlagzeuge/Becken aufzunehmen. Vielmehr gehen wir an eine neue Session immer mit einem klar definierten Konzept heran, einem bestimmten meist durch ein bestimmtes Genre definierten Sound, den wir gerne umsetzen und für die Anwender verfügbar machen möchten. Dieser Sound ist nicht „nur“ das jeweilige Schlagzeug, sondern eben der Schlagzeug-Sound, den ein bestimmter Producer/Toningenieur in einem dafür geeigneten Studio realisieren kann. In diesem Dreiklang Produzent/Studio/Instrumente versuchen wir, so authentisch und detailverliebt wie möglich zu arbeiten und scheuen keine Mühen und Aufwand, um genau diese Vision der ursprünglichen konzeptionellen Idee umzusetzen. Und dafür wird uns die Inspiration so schnell nicht ausgehen, denn es gibt noch so viele spannende und interessante Ideen, die wir verwirklichen möchten!
Nach welchen Kriterien wählt ihr die Drumkits für eure Aufnahmen aus?
Die Kit-Auswahl und die der einzelnen Instrumente ist abhängig von der Projektidee/Konzeption. Ein gutes Beispiel ist die Hitmaker SDX, die wir mit Hugh Padgham aufgenommen haben (siehe Testbericht in Sound & Recording 1/23). Unsere Idee war, Hughs legendäre Arbeit und Sounds seiner Produktionen mit den Künstlern Phil Collins, Genesis, Sting und The Police so authentisch wie möglich aufzunehmen. Wir haben gut ein halbes Jahr darauf verwendet, möglichst exakte Kits, Snares, Becken für diese Session zu finden. In diesem besonderen Fall dann sogar noch Drumcomputer und elektronische Drums, die Hugh bei vielen seiner Hit-Produktionen mit den akustischen Drums kombiniert hat.
Wir sind bei dieser Recherche und Suche der korrekten Instrumente absolut detailverliebt und suchen/finden die Drums nicht nur bei den üblichen Verleihern, sondern auch auf Ebay oder bei Privatleuten. Wir haben auch schon Drumkits speziell für Sessions gekauft und danach wieder verkauft. Wir versuchen bei einem Projekt einfach so exakt wie möglich an die damalige Produktion heranzukommen. Und das gilt nicht nur für die Drums und Becken, sondern auch für die Stimmungen und Dämpfungen, die verwendeten Sticks, Vorverstärker, Mikrofone und natürlich das Studio.
Und wer wählt das Studio aus?
Wenn wir mit derart namhaften Produzenten/Toningenieuren zusammenarbeiten, fragen wir zuerst, wo sie gerne arbeiten würden oder vermeintlich „ihren“ Drumsound in Verbindung mit der Produktidee/Konzept am besten realisieren können. Es gibt also praktisch die freie Wahl des Studios für den Produzenten/Toningenieur und wir versuchen, diesem Wunsch zu entsprechen. Gelegentlich gelingt dies aber aus verschiedenen Gründen nicht: Eventuell gibt es das Studio der ursprünglichen Produktion nicht mehr, oder wir finden dort keine geeigneten Aufnahmetermine. Im Falle der Hitmaker SDX mit Hugh Padgham gibt es das Londoner Townhouse leider nicht mehr. Die Option der britischen „The Farm“ Studios hatte sich ebenfalls schnell aus demselben Grund zerschlagen. Hugh hat als Alternative die British Grove Studios als Wunschstudio gewählt, weil er hier technisch alle Möglichkeiten zur Verfügung hatte – von der Nutzung einer analogen Bandmaschine über vier verschiedene Konsolen und eine bestmögliche Auswahl an Mikrofonen und Vorverstärkern bis hin zu einem Raum, der ähnlich reflektierend sein kann wie der Raum im Townhouse. Ein schönes Add-on war dann, dass dort tatsächliche das originale Ball & Biscuit Talkback-Mikrofon des Townhouse vorhanden war, das wir für die Aufnahmen verwenden durften.
Magst Du uns als Computer-Musiker aufklären, welche Parameter bei einem echten Schlagzeug auf akustischer Seite eine wesentliche Rolle spielen?
Das ist natürlich eine Frage, die zur Beantwortung eigentlich ein eigenes Buch erfordern würde ;-). Der Kessel der Trommel ist sehr wichtig: die Art des oder der verwendeten Hölzer oder Materialien, die alle unterschiedliche Klangeigenschaften mit sich bringen. Interessante Kombinationen von Materialien sowie die Dicke und Anzahl der einzelnen Holzschichten. Hinzu kommt das Alter des Kesselholzes. Entsprechend klingen also auch Kits bei gleichen Abmessungen teils völlig anders.
Oft unterschätzt wird die Ausgestaltung und Form aber auch die Qualität der Kesselgratung – der Rand des Kessels, auf dem dann das Fell gespannt ist. Der Winkel mit dem diese Kante geschliffen ist, steil, eckig oder rund, ist extrem wichtig für den Klang der Trommel. Dann natürlich das aufgezogene Fell selbst, dessen Stärke, ob es aus einer oder mehreren Lagen besteht, aufgeraut/beschichtet oder transparent ist und mehr. Wie wird das Fell gestimmt, wie wird das Verhältnis von Top-/Resonanzfell gestimmt, wie und mit welchem Material wird das Fell gedämpft – all diese Parameter prägen den Klang der Trommeln entscheidend.
… und sicherlich beeinflusst auch der Schlagzeuger durch seine Spieltechnik den Sound?
Absolut. Der Schlagzeuger steht am Ende der Materialkette des Instruments, und gleichzeitig am Anfang der Aufnahmekette. Die Art und Weise, wie er oder sie die Trommel oder die Becken anschlägt, definieren den Sound zusätzlich. Beim Sampling kommt es dabei vor allem anderen darauf an, dass das Ergebnis konstant ist – denn was der Anwender am wenigsten haben möchte ist, dass sich alle Snare-Schläge bei gleicher Lautstärker unterschiedlich anhören. Das setzt beim Sampling-Drummer große Präzision, herausragende Technik, Konzentration und Geduld voraus. Wir nehmen die Instrumente in vielen Spieltechniken auf, müssen uns oft aber gleichzeitig auf den meistgebräuchlichen Mittelweg einigen, der letztlich den meisten Anwendern bei ihrer Arbeit nützt. Der Sampling-Drummer muss dann auch wieder technisch in der Lage sein, diese Spieltechniken präzise und konstant umzusetzen, auch wenn sie eventuell nicht seine eigene „Lieblings-Spielweise“ ist. Er ist also im besten Fall eine Art Chamäleon, der die erforderlichen Artikulationen in der bestimmten Art und Weise präzise und konstant ausführt.
Inwieweit ist der Drummer selbst aktiv Teil des Sampling, etwa bei der Fell- und Stickauswahl?
Das ist je nach Session unterschiedlich. Manche Drummer haben genaue Vorstellungen, wie sie ihren Sound mit Fellauswahl, Stimmung usw. umsetzen. Das übernehmen wir natürlich gerne. Für die SDX-Projekte sind wir inzwischen dazu übergegangen, stets immer einen sehr guten und renommierten Drum-Techniker dabei zu haben. Sie sind wie die Produzenten/Toningenieure absolute Experten ihres Fachs und eine riesige Hilfe. Viele der renommierten Produzenten/Toningenieure empfehlen uns von sich aus entsprechende Techniker, mit denen sie bei ihren Produktionen zusammenarbeiten oder zusammengearbeitet haben.
Zusammengefasst: Der Klang ergibt sich also aus einer Kombination von Instrumenten, Studio und Produzent?
Ja. Neben der Kombination der Instrumente, der Arbeit/Erfahrung des Produzenten/Toningenieurs und der technischen Möglichkeiten des Studios kommen noch der Drum-Techniker und der Schlagzeuger hinzu. Eine Ludwig Black Beauty, aufgenommen von Al Schmitt in den Räumen der Capitol Studios in Los Angeles, mit einer speziellen Stimmung und Dämpfung sowie Als unschätzbarer Erfahrung bezüglich der Mikrofonierung und Bearbeitung klingt einzigartig, aber vollkommen unterschiedlich zu einer baugleichen Snare, die George Massenburg in den Galaxy Studios in Belgien aufgenommen hat. Beide Toningenieure sind Legenden und Meister ihres Fachs, werden aber aus einem nahezu identischen Instrument in einem gänzlich anderen Studio unterschiedliche Klangergebnisse erschaffen. Ihre Erfahrung und Vision, die Akustik des Studios, die Art der Mikrofonierung (Nahbereich und Raum) sowie die Qualität der Stimmung/Behandlung des Instruments durch den Drum-Techniker sind einzigartige klangdefinierende Prozessparameter.
Wäre es dann nicht eine Idee, “Remixes” zu beauftragen, um Presets anderer Produzenten für eine bestehende SDX zu erhalten?
Diese Idee gab es bereits und wurde als sogenannte „Producer’s Presets“ für Superior Drummer 2.0 angeboten. Seitdem wir Superior Drummer 3 haben, wurde diese Möglichkeit erst einmal auf Eis gelegt. Wir denken aber immer wieder mal darüber nach, die Producer’s Presets wieder aufleben zu lassen.
Ähnliche Frage: Darf man auf Sammlungen von Grooves namhafter Schlagzeuger hoffen?
Natürlich werden wir auch in Zukunft mit namhaften und berühmten Schlagzeugern für unsere MIDI-Packs zusammenarbeiten. Es sind schon einige spannende Projekte in Planung. Wichtig bei den MIDI-Grooves ist das individuelle Timing des Drummers, wobei wir gleichzeitig immer darauf achten müssen, dass die Grooves loopbar bleiben. Sie dürfen also das Timing-Raster nicht allzu sehr verlassen, da sie sonst nicht mehr rund loopen und auch nicht mehr mit den restlichen Inhalten unserer MIDI-Produkte (EZbass, EZkeys usw.) zusammenspielen würden.
Wo finden die MIDI-Packs und die Aufbereitung der Samples statt?
Die Aufnahmen der MIDI-Packs erfolgen je nach Projekt dort, wo der jeweilige Schlagzeuger in Ruhe aufnehmen und an den Grooves arbeiten kann. In den meisten Fällen organisiert sich der jeweilige Drummer ein E-Drum-Setup und spielt die Grooves selbständig dort ein, wo er normalerweise arbeitet, etwa in einem Studio oder zuhause. Die finale Aufarbeitung der Aufnahmen, sowohl der MIDI-Packs als auch der Samples erfolgt durch das Sound-Design-Team von Toontrack.
Wie lässt sich eigentlich die hohe Anzahl der Produkte aus dem Hard ‘n Heavy Genre erklären?
Toontrack ist durch den Erfolg des legendären „Drumkit From Hell“ untrennbar mit der Musik mit dem Metal-Genre verbunden. Wir alle lieben Metal und sind sehr stolz und verbunden mit diesem Erbe. Nicht umsonst feiern wir jeden November seit mehr als zehn Jahren unseren Metalmonth und zelebrieren diese Musik und ihre Vielfältigkeit. Aber natürlich lieben wir ebenso alle anderen Musikstile und bieten mittlerweile ein sehr breitgefächertes Angebot an Sounds für jede Musik von Pop, Rock, Country, Punk bis hin zu Jazz, Latin und Big Band.
Das Metal-Genre selbst ist breit in unterschiedlichste Subgenres diversifiziert, die alle ihre eigenen Sounds haben. Uns ist es sehr wichtig, all diese Stile authentisch und mit Respekt zu behandeln und somit geeignete Sounds für die vielen Metal-Songwriter und -Produzenten bereitzustellen. Der Erfolg bestätigt uns darin: Es macht immer wieder großen Spaß, dieser großen und treuen Nutzerschaft noch bessere Sounds und neue Ideen anbieten zu können.
Covid 19 hat sicherlich einen Einfluss auf die Produktionen der letzten Jahre genommen. Mit welchen Problemen hattet ihr zu kämpfen?
So wie in allen anderen Lebens- und Arbeitsbereichen hat die Pandemie auch unsere Produktionsplanung und -durchführung teilweise über den Haufen geworfen, streckenweise erschwert oder auch unmöglich gemacht. Es gab durchaus Sessions, die wir mehrmals verschieben mussten, vor allem weil wir wegen der Lockdowns nicht in bestimmte Länder reisen konnten oder nicht verlässlich Reisen planen konnten.
Auch die Produktion vor Ort hatte sich geändert. Wir arbeiteten mit Masken, führten regelmäßige Tests durch und befolgten natürlich die Quarantäne-Regeln der jeweiligen Länder. Für die Hitmaker-Session in London hatte ich vor dem Start der Session beispielsweise eine fünftägige Hotelquarantäne zu befolgen nebst erforderlichen PCR-Tests und nach Abschluss nochmals 14 Tage Quarantäne für die Rückkehr nach Deutschland. Trotz dieser Hindernisse konnten wir aber sehr gut und in Ruhe aufnehmen. Wir mussten nur umfangreicher und flexibler planen und haben, wie ich meine, gute Lösungen gefunden, sodass weder unser Output an neuen Produkten noch die Qualität darunter gelitten hat.
Darf ich nach einer Wunschliste bei Toontrack fragen?
Diese Liste ist extrem lang, denn es gibt so vieles, was wir gern realisieren würden ;-). Wir sind in der glücklichen Lage, dass sich zunehmend neue Türen öffnen zu Projekten, die wir noch vor ein bis zwei Jahren für unerreichbar und nicht umsetzbar gehalten hatten. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Produzenten und Legenden der Tontechnik wie Al Schmitt, George Massenburg, Eddie Kramer, Hugh Padgham und weiteren hilft sicherlich, ebenso wie die Tatsache, dass wir zu all diesen Produzenten auch über das Projekt hinaus eine tolle und freundschaftliche Verbindung pflegen. Sie haben es offenbar genossen, mit uns zu arbeiten. Ich denke, das spricht sich herum und folglich hoffen wir auf viele weitere spannende Aufnahmen. Welche Idee tatsächlich als nächstes realisiert wird, ist hauptsächlich abhängig von der Planung, der Verfügbarkeit und zeitlichen Organisation mit Produzent/Toningenieur und dem Studio. Wir planen die großen Sessions tatsächlich viele Monate im Voraus.