DAW im Test

Raum für Inspiration mit Ableton Live 12

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Als Ableton Live zum ersten Mal im Jahr 2001 auf den Markt kam, handelte es sich um ein hoch innovatives Sampling- und Loop-Tool primär für den Bühneneinsatz. 13 Jahre später hat sich die Software zu einer vollständigen Produktionsumgebung für Sounddesigner, Bands, Theatermusiker, Komponisten und Synth-Freaks gemausert. Aufnehmen, Editieren, Arrangieren – egal ob Audio oder MIDI – wurde dank enger Bindung zur Nutzergemeinde auf immer intuitivere Weise möglich.

Ableton Live 12 – DAW auf Laptop geöffnet

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Audio-Comping, Tools für Polyrhythmik, Gruppenspuren, Faltungshall oder Integration von externen Effekten – all das beherrscht Ableton Live doch inzwischen einwandfrei. Wir sind also gespannt, wo diesmal der Fokus der neuen Live-Version liegt.

GUI und Workflow.

Schon nach dem ersten Starten der Software fällt das neue, kontrastreichere GUI-Design ins Auge. Hier und da erscheinen neue Schaltflächen, so auch in der unteren rechten Ecke des Fensters. Mit dieser ist es möglich, den Mixer jederzeit ein- und auszublenden, ab sofort sogar im Arrangement-Fenster. Praktisch, wenn man nur einen Bildschirm verwendet. Aber natürlich funktioniert der altehrwürdige [Tab]-Befehl zum Wechseln von Arrangement- und Session-View weiterhin.

Im Browser hat sich ebenfalls einiges getan. In der obersten Zeile lassen sich nun »Filter« anzeigen. Sucht man nach einem bestimmten Sound, kann man die Ergebnisse durch Selektieren verschiedener Kriterien eingrenzen. Beispielsweise listet »One Shot«, »Mallet«, »Analog« im Handumdrehen alle Sounds, die dieser Kategorisierung entsprechen. Die Zuordnung lässt sich manuell über die Schaltfläche »Edit« vornehmen – hier kann man dann bei den entsprechenden Tags ein Häkchen setzen.

Ein weiteres Feature namens »Show similar Files« erscheint ebenfalls in der Dateiliste des Browsers. Klickt man auf das kleine runde Symbol, etwa neben einem Kick-Sample, erzeugt Live eine Zusammenstellung aller Samples, die Ähnlichkeiten zum Original haben – hübsch sortiert mit absteigender Korrelation. Auch bei Drum-Loops funktioniert das meist erschreckend gut.

Doch nicht nur im Browser, sondern auch im Drum Rack ist diese Funktion integriert. So könnte man als Ausgangsbasis das Standard-808-Kit laden und während laufendem Pattern nach ähnlichen Sounds suchen – und zwar für das gesamte Rack. Hat man dadurch etwa die passende Clap oder Hi-Hat gefunden, lässt sich das entsprechende Pad verriegeln, und weiter geht’s mit der Suche für das restliche Drum-Kit. Dabei findet Live ziemlich häufig den passenden Roland-Vibe. In diesem Modus erscheinen auf den Drum-Pads zusätzliche Links-Rechts-Buttons, um direkt nach einem Sound zu suchen. Sehr cool!

MIDI.

In der Transportleiste lässt sich nun eine Tonart festlegen, die sich global auf das gesamte Projekt auswirkt, beispielsweis »G Major« oder »F Mixolydian«. Die definierte Tonart wird automatisch in neuen MIDI-Clips übernommen. In der Piano Roll hat man dann die Möglichkeit, Noten innerhalb der Skala farblich hervorzuheben bzw. Noten außerhalb komplett auszublenden. In ähnlicher Form kennt man das vielleicht Presonus StudioOne. Sehr praktisch, nicht nur für musikalische Neueinsteiger!

Screenshot Transportleiste
In der Transportleiste lässt sich nun global eine Tonart definieren.

Auch im MIDI-Editor hat sich einiges getan. Neben dem Clip-Reiter erscheinen drei neue Reiter. »Pitch and Time Utilities«, »Transformation Tools« und »Generative Tools«, welche ein großes Potenzial mit sich bringen.

Beginnen wir mit dem ersten Neuzugang. Über ein schwarzes Feld lassen sich selektierte Noten nach oben oder unten transponieren. Darunter kann man beliebige Intervalle definieren, welcher der aktuellen Selektion hinzugefügt werden. Ist der Skalen-Modus aktiv, erfolgt die Notation automatisch in der korrekten Tonart.

Ziemlich praktisch ist auch der Drehregler »Stretch«, welcher Noten um den Faktor 10 strecken bzw. stauchen kann.

Im Reiter »Transformation Tools« findet man Bearbeitungswerkzeuge wie »Strum« oder »Quantize«. »Span« hingegen übernimmt Aufgaben, die man sonst etwa mit dem MIDI-Effekt »Note Length« umsetzte. Mit dem Regler »Offset« verlängert oder kürzt dieses Tool die jeweiligen Notenlängen. Zudem kann der Regler »Variation« bei Bedarf etwas mehr Abwechslung bei der Längenbearbeitung erzeugen.

Man sieht also, dass es durch die neuen Reiter nicht mehr zwangsläufig nötig ist, MIDI-Devices vorab zu laden, denn die Bearbeitungen erfolgen direkt im MIDI-Clip und lassen sich auch visuell sofort begutachten. Das gilt ebenso für den »Arpeggiator« – somit muss man dessen erzeugte MIDI-Noten nicht erst mühselig aufnehmen, um das Arpeggio im Nachhinein manuell anzupassen.

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Auch ein Teil der MIDI-Devices wurde einer Schönheitskur unterzogen – nun inklusive »Tonart«-Button.

Im letzten Reiter »Generative Tools« geht es ausschließlich um das Erzeugen von Noten. Im Modus »Shape« lassen sich Notenfolgen in Mustern, etwa »Up«, »Down« oder in Bogenform generieren. Nach Angabe von Start- und Endnote setzt Live die entsprechenden Events direkt in den Clip, wonach sich etwa die Rate oder Dichte der Phrase variieren lässt. Der Modus »Seed« geht hier noch ein paar Schritte weiter, ist dieser doch in der Lage, Zufallsmelodien zu generieren. Dabei berücksichtigt er definierte Bereiche für den Notenumfang, Notendauer sowie Anschlagsstärke. Neben der Dichte lässt sich außerdem die maximale Mehrstimmigkeit angeben. Ein tolles Feature zur Ideenfindung.

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Im MIDI-Clip-Editor sind zahlreiche neue Reiter hinzugekommen. Per »Seed« lassen sich automatisch Tonfolgen generieren …
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… oder Arpeggios direkt in der Piano Roll erzeugen.

Ziemlich stark ist hier auch der Modus »Stacks«. Hier lassen sich blitzschnell Akkordfolgen generieren, indem die Anzahl der Stacks, also Dreiklänge definiert wird. Im Anschluss kann man für jeden Stack einen Grundton sowie die Umkehrung festlegen. Vier oder acht Akkorde in der passenden Tonart – kein Problem!

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Auch Akkordfolgen in der aktuellen Tonart sind mit wenigen Mausklicks in den Clip gezaubert.

Von Haus aus arbeiten die meisten MIDI-Sequencer, so auch Live, mit der wohltemperierten bzw. gleichstufigen Stimmung. Wollte man in Live andere Stimmungen vielleicht aus Fernost, Nordafrika, oder Südamerika verwenden, ließ sich das bisher etwa mit dem Max for Live Device »Microtuner« umsetzen.

In Live 12 erscheint im Browser ein neues Tab namens »Tunings«. Hier sollten sich laut Produktvideo sich verschiedenste Presets, die MIDI-Kompositionen mit anderen Stimmungen versehen können, befinden. Es lag wohl an der Beta-Version, dass die Liste während des Testzeitraums noch leer war. Allerdings lassen sich hier beliebige Skalen-Dateien im SCL-Format ablegen. Unter Huygens-Fokker.org findet man ein riesiges Archiv mit über 5.100 Skalen aus aller Welt – und wirft man eine dieser Dateien in das Tunings-Feld, passt sich die Stimmung sofort an. Dadurch wird allerdings das zuvor angesprochene Feld »Globale Tonart« ausgeblendet. Im Übrigen lassen sich auch eigene Tunings erstellen, da sich die SCL-Dateien mit jedem Text-Editor öffnen und bearbeiten lassen. Natürlich sollte der jeweils angesteuerte Klangerzeuger diese Informationen auch verarbeiten können, im Idealfall also »MPE« (Midi Polyphonic Expression) unterstützen.

Neue Audio-Effekte.

Zwar bietet Ableton Live bereits mit dem Device »Saturation« ein hübsches Sättigungs- und Verzerrungs-Werkzeug, doch nun gibt es zusätzlich ein vollkommen neues Tool namens »Roar«, das es wirklich in sich hat. Besonders interessant sind die verschiedenen Routing-Modi in der Eingangsstufe des Prozessors. Neben einem klassischen Single-Mode gibt es einen seriellen und parallelen Modus, der zwei Sättigungsstufen dementsprechend verschaltet. Selbst ein MS-Modus ist vorhanden. Ein Highlight ist der Multiband-Modus, welcher das Signal in drei Frequenzbereiche unterteilt. In jedem der Bänder hat man nun die Möglichkeit, einen eigenen »Shaper« auszuwählen. Hier stehen eine Vielzahl von Kurven zur Auswahl bereit: »Soft, Digital Clip, Bit Crusher, Diode Clipper, Tube Preamp«, um nur ein paar zu nennen. Auch wenn Tape- und Amp-Emulationen hier fehlen, könnte man hinsichtlich Workflow an Plug-ins wie »Saturn« von FabFilter denken.

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Mit »Roar« ist alles von der subtilen Sättigung bis hin zur brachialen Verzerrung möglich. Unter der Haube bietet »Roar« detaillierte Bearbeitungsmöglichkeiten und sogar eine eigene Modulations-Matrix.

Jedem Shaper ist eine eigene Filtersektion nachgeschaltet, die von Hochpass- über Morph- bis hin zu Kerb- und Kammfilter alles im Repertoire hat. Auch zwei LFOs, ein Envelope Follower sowie ein Noise-Generator wurden integriert. All diese Parameter erscheinen in der dazugehörigen Modulationsmatrix.

Egal ob man extravagantes Sound-Design betreiben möchte oder simple, eher technische Aufgaben umsetzen möchte, etwa zu spitze Transienten kappen, Subbässe mit Obertönen anreichern oder Lead-Synths mehr Durchsetzungskraft verleihen – mit Roar stehen alle Türen offen.

Neue Klangerzeuger.

Sehen wir uns nun den neuen, MPE-fähigen Synthesizer namens »Meld« an. Das Device besitzt zwei Oszillatoren, die jeweils den identischen Satz an »Engines« bereitstellen: »Basic Shapes, Square Sync, Sub, Swarm Saw«, um nur ein paar aufzuführen. Die beiden Drehregler direkt daneben wechseln ihre Parametrisierung je nach ausgewählter Engine. Ist beispielsweise die Engine »Filtered Noise« geladen, erscheinen hier Filterfrequenz sowie die Filtergüte. Bei der Engine »Tarp« hingegen, welche sich hervorragend zum Erstellen von Kick-Sounds eignet, übernehmen die Drehregler »Decay« und »Tone«.

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Das neue Synthesizer-Flaggschiff »Meld« mit zwei extrem vielseitigen Oszillatoren.

Alleine diese Sektion verdeutlicht schon, wie unglaublich vielseitig Meld agiert. Selbst hochspezialisierte Engines wie »Shepards Pie«, welcher sich ausschließlich um den ständig fallenden oder ansteigenden Shepard-Ton kümmert, sind mit an Bord.

Beiden Engines folgt je eine eigene Filtersektion, die wiederum über eine hohe Vielzahl an Filter-Modellen verfügt: »SVF 12dB, LP Switched Res, Eq Notch, Vowel” und viele andere.

Natürlich sind auch für jede Engine diverse Envelopes und LFOs am Start, welche dank einer großzügig dimensionierten Modulationsmatrix beliebigen Parametern zugewiesen werden können.

Auch dieses Device wurde mit dem zuvor erwähnten »Tonarten«-Button ausgestattet. Ist diese Funktion aktiviert, und man dreht beispielsweise an »Detune«, springt dieser in Schritten der jeweiligen Skala. Ob das Device die Skala berücksichtigt, lässt sich unter »Settings« für »Osc Key Tracking«, »Oscillator« und »Filter« separat definieren.

Fazit.

Ableton ist mit Version 12 von Live ein hervorragender Rundumschlag gelungen. Neben dem aufgebohrten Browser hat sich besonders im Bereich »MIDI« viel getan. Ein Großteil dieser Neuerungen ist dank der globalen Tonart-Vorgabe möglich, welche sich nicht nur auf die visuelle Darstellung in der Piano Roll positiv auswirkt, sondern sich wie ein roter Faden durch Midi-Devices und die hochinteressanten Transformations-Tools im Editor zieht.

Mit der automatischen Suche von ähnlichen Sounds hat Ableton ziemlich überrascht. Sowohl im Browser, als auch im Drum-Rack und Simpler schlägt Live 12 häufig mit ziemlicher Treffsicherheit geeignete Sound-Alternativen vor. Zusammen mit dem exzellenten Synthesizer »Meld« und dem vielseitigen Effekt »Roar« wurde hier ein sehr leistungsstarkes Produktionspaket geschnürt.

Hersteller

Ableton

Download-Preis

599,- Euro

Internet

>> ableton.com

Unsere Meinung

+++        stark verbesserter MIDI-Workflow
+++        Roar-Effekt
+++        Meld-Synth
+++        globale Skalen-Definition
++          automatische Suche ähnlicher Sounds

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