KI als Songwriting-Tool und Inspiration

Vielen von euch sind wahrscheinlich Dienste, die es als App oder auf Websites gibt, wie D-Rhyme und RhymeZone bekannt, um Reime zu finden. Man gibt ein Wort ein, auf das man sich einen Reim wünscht, und bekommt auf Knopfdruck eine lange Liste an Reimen in unterschiedlichen Graden. Auch beliebt sind Thesaurus und Woxikon, die Synonyme liefern. Das kann dann helfen, wenn man einen Begriff hat, den man sperrig oder plump findet und im Text nicht unbedingt einsetzen will. Dann hat man mit den beiden Tools die Möglichkeit, alternative Wörter zu finden. Das liefert nicht immer nur ein Synonym, sondern oft auch Inspiration. Nicht zu vergessen sind natürlich die Übersetzungs-Tools wie Deepl oder Google Translate, die dann helfen, wenn man Texte in Englisch schreibt und sich bei der Wortwahl als Deutscher nicht ganz sicher ist.

Dann gibt es noch Tools, die extra für Songwriting angepasst sind und Hilfen bei Reimschemen, Musiktheorie, Harmonielehre und Co. liefern. Und jetzt stellt man sich vor, es gibt ein Tool, was all diese Dienste vereint. Dieses Tool nennt sich ChatGPT. Lasst uns mal einen Text mit Strophe und Chorus schreiben auf Basis der Floskel: Die Ruhe nach dem Sturm. Übrigens sind solche bekannten Sprüche aus dem Alltag sehr beliebt in Texten, da sie jeder kennt und sich jeder darin wiederfindet.

Story: Wenn man einen Satz hat, den man zwar poetisch und inspirierend findet, man aber so wirklich gar keine Idee hat, welche Geschichte man darum bauen soll, kann ChatGPT das übernehmen. Es gibt übrigens bereits Filme, deren Storyboard komplett mit einer KI entwickelt wurden. Was dabei rauskommt, ist oft Käse, allerdings bietet der Text so viele Wörter und eine Bildsprache, die inspiriert und aus deren Wörtern man sich bedienen kann. Mir hilft das oft, weil ich dazu neige, immer auf dasselbe Vokabular zurückzugreifen. Damit erweitert man ein Stück weit auch den kreativen Horizont. Aus Spaß habe ich ChatGPT mal eine Geschichte aus 20 Wörtern sowie einen Song auf der Basis »Die Ruhe vor dem Sturm« schreiben lassen. Das Ergebnis seht ihr in den Abbildungen 1 und 2.

Wenn man sich jetzt die Texte der KI anschaut, geht es natürlich um einen Sturm, der Schaden in einem Dorf anrichtet, mit peitschenden Wellen und einem Fischerboot, das in der Not ist. Für uns bedeutet die Floskel allerdings, dass es gerade in der Lebenslage etwas entspannter ist und es eigentlich nicht mehr lange dauert, bis es wieder etwas stressiger bzw. turbulenter wird. Allerdings kann man mithilfe dieser Bildsprache unsere Geschichte aus dem Alltag untermalen und Situationen bzw. auch Emotionen deutlicher machen. Diese bildhafte Sprache ist besonders im Country ein beliebtes Stilmittel, hat sich allerdings aus der aktuellen Pop-Musik etwas zurückgezogen. Wörter, die ich mir aus den Texten herausziehe, sind: Klippen, Wind, Wolken, schwanken, friedlich.

Ich suche nach zehn Nomen und bekomme als Antwort: Turm, Wurm sowie die Reime zweiten oder dritten Grades Schwarm, Warm, Arm, Lärm. Auf der Suche nach Adjektiven sagt ChatGPT mir, dass es im Deutschen schwierig ist, Reime auf Sturm zu finden. Bei Verben bekomme ich dieselbe Antwort. Bedeutet also für mich, dass ich mit dem Reim Turm arbeite. Wenn ich ChatGPT jetzt sage, dass ich einen Reim auf den Satz »Die Ruhe vor dem Sturm« mit dem Wort »Turm« am Ende brauche, bekomme ich als Antwort »Die Ruhe vor dem Sturm, wir stehen hier wie ein Turm«. Nicht sonderlich poetisch, aber es geht mir hier darum, euch die Möglichkeiten aufzuzeigen, die ChatGPT hat, wenn man sie richtig einsetzt.

The Future of AI in  music production – Studioszene 2023

Inspiration: Wenn man nach zehn Alternativen zu Sturm sucht, bekommt man die unterschiedlichen Stufen eines Sturms genannt: Orkan, Wirbelwind, Zyklon, Unwetter, Gewitter, Hurrikan, Tornado, Sturmböe, Windstoß und Böe genannt. Ich ziehe mir hier das Wort Böe heraus, weil es verdeutlichen kann, dass mich ein Ereignis wie eine Böe erfasst und ich damit aus der Ruhe gezogen werde. Also von vorne: Ich frage ChatGPT nach zehn Reimen auf Böe. Wenn diese zehn kein Ergebnis liefern, kann man die Suche auch beliebig erweitern. Mir gefällt der Begriff »Ströme« aus den Ergebnissen, den ich mir merke. Ich sage jetzt ChatGPT, sie soll mir zu unserem Satz »Die Ruhe na dem Sturm, wir stehen hier im Turm« einen Nebensatz einfügen, der das Wort »Böe« beinhaltet. Herauskommt: Die Ruhe nach dem Sturm, wir stehen hier wie ein Turm, während um uns herum noch vereinzelte Böen die Blätter rascheln lassen. Da ich aber aber das Wort »Böe« am Ende haben möchte, sage ich der KI auch, dass sie dieses Wort an das Ende setzen soll. Herauskommt: Die Ruhe nach dem Sturm, wir stehen hier wie ein Turm, während um uns herum noch vereinzelte Böen wehen. Eigentlich nicht das, was ich wollte, allerdings passt das Wort »wehen« im Bezug auf den Kontext sehr gut, weshalb ich mich dazu entschließe, mit »wehen« weiterzuarbeiten und Reime darauf zu finden. Antwort: Drehen, Stehen, Gehen, Sehen, Verstehen, Erflehen, Zerstäuben, Bestäuben, Erwecken, Lecken. Ich setze mich nun daran, die Ideen zusammenzuwürfeln – ohne KI – und arbeite einfach mit dem Satz: Die Ruhe nach dem Sturm, wir stehen hier im Turm, während um uns herum Böen wehen und wir uns beide immer noch im Kreis drehen. Und plötzlich liefert die KI die Inspiration für eine Wendung in der Story, die man in die unterschiedlichen Richtungen interpretieren kann.

Texte attraktiver machen: Was ich auch oft mache, besonders beim Schreiben von Texten, ist, der KI zu sagen, sie solle den Text attraktiver machen und mit Adjektiven füttern. Bei unserem Beispiel kommt heraus: Die Ruhe nach dem Sturm, wir stehen hier im Turm, während um uns herum Böen wehen und wir uns beide immer noch im Kreis drehen, gefangen in diesem Moment der Magie. Das mit der Magie am Ende ist natürlich purer Kitsch. Aber der Nebensatz »gefangen in diesem Moment«, regt meine Kreativität wieder an.

Reimschema: Jetzt geht es darum, unser Beispiel in ein Reimschema zu bringen. Der Satz »Die Ruhe nach dem Sturm« hat sechs Silben. In dem Muster möchte ich bleiben. Auch hier kann ChatGPT helfen und unterstützen, indem Sätze gekürzt oder eben durch Füllwörter ergänzt werden können, um auf das entsprechende Muster zu kommen. Auch das komplette Umschreiben ist möglich. Das Ergebnis ist nicht immer befriedigend, kann aber inspirierend sein.

Übersetzungen in die unterschiedlichsten Sprachen sind natürlich auch mit ChatGPT möglich. Auch wenn wir jetzt mit einem deutschen Text gearbeitet haben, könnte man alle Tricks 1:1 in Englisch umsetzen. Ich lasse unseren Verse übersetzen: The calm after the storm, we stand here in the tower, while gusts blow around us and we still spin in circles, both trapped in this moment of magic. Natürlich ging hier jetzt jegliches Reimmuster verloren.

Akkordfolgen & Analysen. ChatGPT kann auch bei der Musik unterstützen und unterschiedliche Akkordfolgen innerhalb einer Tonleiter liefern, die euch helfen, Variation in euer Songwriting zu bringen. Sie kann auch Stilmittel von unterschiedlichen Genres liefern, erklären, warum gewisse Akkordfolgen gut funktionieren, und Pop-Songs analysieren. Den Möglichkeiten sind hier keine Grenzen gesetzt.

Ich hoffe, ich konnte euch hier ein paar Möglichkeiten aufzeigen, wie ihr KI im Songwriting einsetzen und damit euren kreativen Horizont erweitern könnt. Wenn ihr mehr über KI-Tools im Einsatz wissen wollt, kommt gerne zur Studioszene, die vom 22. bis 24. Oktober in Hamburg stattfindet, wo das Thema auch präsent sein wird, hört unseren Podcast Studiosofa oder fragt einfach die KI!