Das britische Trio The Black Dog zählt zu den Vorreitern des Electro − mit einer ebenso außergewöhnlichen wie eingängigen Musik fordern und verwöhnen sie seit fast 25 Jahren gleichermaßen Kopf und Körper. Wir schauen The Black Dog bei der Programmierung eines typischen Electro-Beats über die Schulter.
In den frühen 90ern entwickelte sich aus Detroit-Techno, verschiedenen Breakbeat- Stilen und Elementen der traditionellem elektronischen Musik ein faszinierendes Genre mit der etwas ungelenken Bezeichnung »Intelligent Dance Music« oder »IDM«, welches seinerseits wichtige Stilelemente von MinimalTechno, Trance und Electro vorweggenommen hat. Warps legendäres Compilation-Album –Artificial Intelligence aus dem Jahre 1992 darf als populärer Startpunkt dieses Genres gelten. Dessen musikalische Band breite zeigt sich bewusst groß und undogmatisch: Frickelige Broken Beats, Glitches und Noises sind ebenso wenig verpönt wie 4er-Bassdrum, opulente Flächen und verspielte Melodien − Musik, die sich in der Schnittmenge zwischen Sofa und Dancefloor bewegt und heute am ehesten unter dem Begriff »Electronica« in den Plattenregalen (oder Download-Shops) zu finden ist.
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Back to the Basics
Für unseren Beat-Workshop entwickelt das Trio einen ebenso einfachen wie typischen Electro-Beat. Sein puristischer Aufbau verzichtet bewusst auf jegliches rhythmische und klangliche Schmuckwerk. Dank seiner Einfachheit eignet er sich hervorragend als Ausgangspunkt für eigene, rhythmisch komplexere Ausgestaltungen oder als tightes Rückgrat eines harmonisch und atmosphärisch opulent arrangierten Stückes.
Typische Merkmale eines klassischen Electro-Beats sind die Backbeat-Snare als treibendes Element und die synkopische Kick. Der Beat bezeugt damit seine Verwandtschaft zum Funk und HipHop − im Gegensatz zum Techno/House mit seiner geraden Vierer-Kickdrum.
Wir erinnern uns: Für eine synkopische Kickdrum werden deren Schläge von den betonten auf die unbetonten Taktteile verschoben, also von den Zählzeiten »1« und »3« auf »2« und »4« oder − meist in der Praxis üblich − auf die sogenannten Offbeats, also die Positionen im Rhythmus-Grid, die mit »und« gezählt werden. Den »Drive« erzeugt die Snare mit ihrem Backbeat, d. h. mit durchgängigen Schlägen auf »2« und »4«. Mit einem Tempo von gut 120 bis 130 BPM liegt man bei Electro-Tracks meist richtig.
Kick und Snare sind die bestimmenden Elemente, sie lassen den Track rollen. Die Hi-Hat darf im Grunde machen, was sie will. Entsprechend ihrer Notendichte bestimmt sie das gefühlte Tempo des Tracks und dessen rhythmische Komplexität. Zunehmend frickelig programmierte Hi-Hat-Figuren sorgen für Spannung. Gleiches gilt für diverse (Electronic-)Percussion-Sounds, die den Beat nach belieben vervollständigen und beleben können.
Ein klassischer Electro-Beat ist eng mit Funk und HipHop verwandt und wird, genau wie diese, von einer Offbeat-Kickdrum und einer durchgehenden Backbeat-Snare bestimmt. Einen solchen Beat liefern uns The Black Dog. Er ist rhythmisch bewusst simpel gehalten und klanglich unspektakulär, aber durchsetzungsfähig gestaltet. Somit bietet sich dieser Beat als vielseitige Grundlage für üppige Arrangements an. The Black Dog nutzen für Beat-Programming und Arrangement Ableton Live. Das Gezeigte lässt sich jedoch sehr einfach auf andere Softwaresequenzer oder Hardware-Setups übertragen. Das Tempo des Beats liegt bei 130 BPM.
Bild: The Black Dog
Bild: The Black Dog
Bild: The Black Dog
Bild: The Black Dog
Bild: The Black Dog
Bild: The Black Dog
Simpler Beat − Opulentes Arrangement
Eine wichtige und fast allgemeingültige Daumenregel lautet: Je vertrackter, komplexer und schräger man den Beat gestaltet, desto schlichter und sparsamer sollten sämtliche anderen Komponenten des Tracks gehalten werden. Umgekehrt bietet sich ein simpel und tight programmierter Beat bestens als Grundlage für opulente harmonische Sounds an − so zu hören in unserem Demo.
Fast von selbst versteht sich, dass DJs und tanzendes Publikum ebenfalls einfach strukturierte Beats bevorzugen. Richard Dust (s. Kasten) erklärt, dass sich die Band meist im Verlauf der Produktion entscheidet, ob ein Track tanzbar sein soll oder nicht.
Wird eine eher atmosphärische Stimmung angestrebt, dienen oftmals Fieldrecordings als rhythmische Grundlage. Sie enthalten einen gewissen »natürlichen« Groove, den sie in die Rhythmik des Tracks einbringen. Die Aufnahmen werden mit Ableton Live zu Loops umgeformt und auf verschiedenste Weise klanglich bearbeitet. Solche Loops lassen sich mit zusätzlichen Sounds unterlegen und klanglich vervollständigen.
Für einen tanzbaren Track dienen The Black Dog dagegen meist vergleichsweise simple Drumcomputer-Patterns mit einem groben Grid und harter Quantisierung als Grundlage. Auch auf die Programmierung von feinen Dynamik-Nuancen mittels Velocity wird weitgehend verzichtet, so auch in unserem Demo-Beat. Was zunächst allzu simpel erscheinen mag, entwickelt als Basis eines reichhaltig mit tonalen Elementen wie Melodien, Flächen und Arpeggios ausgestalteten Tracks optimale Wirkung.
Auch sämtliche im Demo-Beat verwendeten Sounds sind recht unspektakulär, aber dennoch in ihrer Gesamtheit sehr wirkungsvoll, da sie schnörkellos und tight wirken. Diese Attribute sind notwendig, um einem ausladend arrangierten Track zu einer durchsetzungsfähigen und präzisen rhythmischen Grundlage zu verhelfen. The Black Dog nutzen ebenso Vintage Drumcomputer wie Roland TR-808 als auch die internen Instrumente und Libraries von Ableton Live.
Der hier gezeigte Beat ist gewissermaßen ein Standard und in seiner Schlichtheit ein guter Ausgangspunkt für eigene rhythmische und klangliche »Erweiterungen« − viel Spaß bei eigenen Experimenten.
The Black Dog
The Black Dog treiben sich seit fast 25 Jahren in vielgestaltiger Form durch die Sphären der elektronischen Musik. 1989 in Sheffiled gegründet, definieren sie in den frühen 90ern zusammen mit ihren Kollegen Autechre, Aphex Twin, LFO und The Orb die sog. »Intelligent Dance Music − IDM« und zählen zu den ersten Künstlern, die auf dem legendären Warp-Label veröffentlichen. Es folgen neun Album, zahlreiche EPs und unzählige Remixe, u. a. für Björk. Das Black Dog Universum durchlebt diverse Seitenprojekte sowie künstlerische und personelle Wandlungen − zwei der Gründungsmitglieder kennt man heute unter dem Pseudonym »Plaid«. Währenddessen erfinden sich The Black Dog, seit 2001 durch Ken Downie und Richard und Martin Dust repräsentiert, immer wieder neu. Ihr aktuelles Album Tranklements fusioniert auf faszinierende Weise Elemente aus Detroit-Techno, Ambient- und House-Musik.