Woran liegt es, wenn der Mix nur beim Mischen auf den eigenen Boxen gut klingt, unter anderen Hörbedingungen jedoch zu wünschen übrig lässt? Oft wird der Einfluss des Raumes, in dem gemischt wird, unterschätzt. Selbst bei scheinbar ausreichender Bedämpfung durch Möbel und DämmMatten, die besonders im oberen Mitten- und Hochton-Bereich wirksam sind, bleiben Probleme im Bassbereich, die sich nur mit erheblichem Materialaufwand in den Griff bekommen lassen.
Verursacher der Frequenzgangverzerrung sind sogenannte Raum-Moden. Dieser Begriff hat weder mit psychedelischen Tapetenmustern noch schicken Gardinen zu tun, sondern beschreibt die Resonanzfrequenzen und deren Vielfache eines Raumes (Raumresonanz), die durch dessen Länge, Breite und Höhe gegeben sind. Bei genau diesen Frequenzen und ihren Oktaven resoniert der Raum − angeregt durch eben diese Frequenzen im Mix. Andere Frequenzen werden durch Interferenzen dagegen stark bedämpft und sind dann in der Mischung kaum zu hören. Dazu kommt noch das Übertragungsverhalten der Lautsprecher, das auch nicht exakt linear ist. Der dritte Faktor ist schließlich die Hörposition, bei der einige Frequenzen ein Schwingungsmaximum haben, während andere genau dort ein Minimum aufweisen.
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Notchfilter
Wie kriegt man diese Situation nun in den Griff, wenn aufwendige Einbauten nicht in Frage kommen? Mit präzise platzierten Notch-Filtern lassen sich zumindest die Resonanzfrequenzen unterdrücken. Die Anhebung zu leise wiedergegebener Frequenzen ist dagegen wesentlich schwieriger mit »Bordmitteln« zu beheben.
Automatic Room Correction
Hier setzt das ARC System 2 von IK Multimedia an. Das von der amerikanischen Firma Audyssey Laboratories für Mehrkanal-AVR-Systeme entwickelte automatische Mess- und Filter-Verfahren Mult-EQ XT32 kommt in Form eines Plug-ins zum Einsatz, das im Masterbzw. Monitor-Weg der DAW verwendet wird.
Zunächst werden möglichst viele Messpunkte im Sweet-Spot und um diesen herum mittels eines Frequenz-Sweeps vermessen. Anschließend ermittelt die Software die entsprechende komplexe Filterkurve, die für einen ausgeglichenen Frequenzgang über das gesamte Spektrum sorgt. Dabei werden über 10.000 (!) einzelne Kontrollpunkte berücksichtigt. Diese extrem hohe Auflösung des Filters kommt besonders dem Bassbereich, wo die meisten Probleme liegen, zugute.
Arc System 2
IK Multimedia liefert mit der zweiten Version ihres Room-Correction Systems eine komplett überarbeitete Version des Vorgängers. Neben der Software enthält das Paket ein Messmikrofon samt Mikro-Halter, jedoch kein XLR-Kabel.
Das Mikro erinnert an das Behringer ECM-8000-Messmikrofon, hat allerdings eine andere Kapsel, die in Zusammenhang mit dem ARC-System einen kalibrierten Frequenzgang von 16 Hz − 20 kHz mit einer maximalen Abweichung von ±1,5 dB erreicht.
Bei unserem Test-Exemplar fiel einem allerdings erst einmal besagte Kapsel entgegen: das Gewindestück, welches Mikrofonkörper und Kapsel verbindet, hatte sich gelöst und dabei einige Gewindegänge am Mikrofonkörper zerstört. Da war also zunächst etwas Fingerspitzengefühl angesagt, um diese Verbindung wieder einigermaßen sicher herzustellen.
Messen
Waren es bei der Vorgängerversion noch mindestens elf verschiedene Punkte im Zentrum und um den Sweet-Spot herum, die benötigt wurden, kommt das ARC System 2 nun mit lediglich sieben Messungen aus. Es schadet allerdings keineswegs, mehr Punkte einzubeziehen, bis zu 16 sind möglich. Zur Messung muss die DAW mit 48 kHz betrieben werden, zum Abhören kann man dann beliebige andere Sample-Rates auswählen.
Für unser Test-Studio entscheiden wir uns für insgesamt elf Messpunkte, die sich symmetrisch um die Mitte des Sweet-Spots verteilen. Das Mikrofon, dessen Kapsel eine Kugelcharakteristik aufweist und in Ohrhöhe positioniert wird, muss dabei nach oben zeigen. Die Messungen mit den kurzen Sweeps jeweils auf einem Lautsprecher sind in knapp drei Minuten erledigt.
Anschließend zeigt die Software einen Frequenzplot der Messung und die korrigierte Messkurve. Jede Messung wird unter eigenem Namen gespeichert und kann mit einem Klick gewechselt werden. Es lohnt sich durchaus, einen Raum mehrmals auszumessen, um beispielsweise einen größeren Sweet-Spot zu erfassen oder das Sofa hinter dem Mixer-Sitzplatz mit einzubeziehen.
Die neue Abhörsituation
Um Original und Raumkorrektur vergleichen zu können, muss man zunächst beide Quellen auf genau dieselbe Lautstärke bringen, sonst führt selbst ein winziger Lautstärke – unterschied dazu, dass man das lautere Signal als das »frischer« klingende empfindet.
Dazu dient der »Trim«-Regler auf der Monitor-Page des Plug-ins, die wie ein Monitor-Lautstärke-Controller aussieht und alle typischen Funktionen eines solchen bereitstellt. Alle Regler bis auf Trim lassen sich MIDI-Controllern zuordnen, sodass man auf zusätzliche Monitor-Lautstärke-Hardware verzichten kann.
Höreindruck
Nun kommt der spannende Moment des ersten Höreindrucks. Einzelne Signale, wie etwa ein Synth-Basslauf, klingen bereits merklich ausgeglichener im Spektrum. Das große Aha-Erlebnis kommt aber erst, wenn eine MusikMischung anliegt. Der gesamte Bassbereich wirkt auf einmal deutlich strammer, druckvoller und aufgeräumter. Akzente und Transienten von Bass und Bassdrum treten deutlicher hervor und bekommen dadurch mehr Kraft und Kontur.
Auch das Stereo-Bild hat an Präsenz gewonnen und wirkt feiner aufgelöst mit präziser ortbaren Klangquellen.
Vergleicht man das korrigierte MonitorSignal mit dem Original, klingt dieses eher flau und undifferenziert, wie hinter einem feinen Schleier, während der Bassbereich etwas kraftlos und deutlich dünner wirkt.
Fazit
Die ARC 2 von IK Multimedia entlockt den Monitorboxen ein Klangfülle und Präzision, die erst richtig deutlich macht, welch starken Einfluss Lautsprecher, Geometrie und Dämmung eines Raumes auf den gesamten Sound haben. Nach kürzester Zeit hat man sich an dieses ausgewogene Klangbild gewöhnt und möchte es nicht mehr missen.
Wer mit dem Laptop arbeitet, kann sich nun vor Ort optimale Abhörbedingungen schaffen und hat zudem ein hochwertiges Mikrofon mit Kugelcharakteristik zur Verfügung.
Hersteller/Vertrieb
IK Multimedia
UvP/Straßenpreis
297,− Euro / ca. 250,− Euro, Upgrade von ARC-1: 135,− Euro
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