Austin Dallas braucht niemandem mehr etwas zu beweisen. Wer Hits für Madonna, Michael Jackson, Pink, Kelis Sugarbabes etc. produziert hat, sollte eigentlich wunschlos glücklich sein; eine Sache fehlte dem Produzentenass allerdings: eine maßgeschneiderte Sample-Groovebox, mit der man auch unterwegs amtliche Trackbasics entwerfen kann, um sie später im Studio weiterzuverarbeiten. Als Mann der Tat gründete er mit zwei Musiker- bzw. DJ-Kollegen eine neue Hardwareschmiede mit dem ein gesundes Selbstbewusstsein versprühenden Namen »Beatkangz« und erschuf das Beat Thang.
In den USA ist das Wunderding, das vor allem in der HipHop-Szene auf sehr gute Resonanz stieß, schon seit einiger Zeit auf dem Markt. Jetzt hat sich auch hierzulande mit Sound Service ein großer Vertrieb des Themas angenommen. Das kommt künftigen Käufern entgegen, denn einerseits ist der Preis deutlich gesunken und andererseits arbeiten die Beatkangz fleißig daran, dem Gerät die Kinderkrankheiten auszumerzen. Das Beat Thang ist eine sampling-fähige Groovebox mit Effektsektion und einem internen Akku, der netzunabhängiges Arbeiten ermöglicht. Mitgeliefert wird eine Software, die das Gerät standalone und als Plug-in emuliert.
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Blang Blang
Optisch wirkt das hervorragend verarbeitete Beat Thang wie eine tiefergelegte Rhythmusmaschine, die man jahrelang mit Steroiden gefüttert hat. Klasse ist auch der aggressive Kühlergrill mit Hintergrundbeleuchtung. Beim physischen Erstkontakt hat man ein Aha-Erlebnis: Das Gerät ist zwar ziemlich kompakt und kleiner als Native Instruments Maschine-Controller oder eine Akai MPC 1000, aber es wiegt mehr als 2,7 kg. Der Grund dafür ist sowohl das superstabile Gehäuse aus Stahlblech als auch das eingebaute Lithium-Ionen-Akku, das bis zu vier Stunden netzunabhängigen Betrieb ermöglicht.
Das Bedienpanel ist mit einer großen Zahl von blau beleuchteten Tastern übersät, deren Funktion sich aber auch dem Novizen schnell erschließt, denn sie sind beschriftet sowie übersichtlich und logisch angeordnet. Auf kryptische Abkürzungen wurde verzichtet, sieht man von ein paar Street-kompatiblen Bezeichnungen wie z. B. »Blang« ab. Der so bezeichnete Taster dient übrigens der Einstellung der blauen Hintergrundbeleuchtung.
Vorne befinden sich 12 anschlagdynamische Drumpads, die wie eine rudimentäre Keyboardtastatur angeordnet sind. Oldschool-Hardwarefreaks werden die eigenwillige Form der Pads noch von Ensoniqs Sample-Drumcomputer ASR-X- her kennen. Das großzügige, leicht geneigte TFT-Display ist gut ablesbar und wurde mit vier Softkeys ausgestattet. Auf beiden Seiten des Displays liegen Funktionstasten für Song- und Pattern-Modi und die Effekte. Zwei links und rechts angeordnete, gerasterte Encoder, die einen stabilen Eindruck machen, dienen der Navigation und reagieren auch auf Druck.
Innere Werte
Für die Samples steht ein RAM-Speicher von 246 MB zur Verfügung, was nicht wahnsinnig viel ist, aber in der Regel ausreicht. Das Gerät bietet eine maximale Auflösung von 24 Bit/ 44,1 kHz, was bei dieser Instrumentengattung noch längst nicht selbstverständlich ist (Akais MPC 1000 z. B. verarbeitet nur Samples mit maximal 16 Bit/44,1 kHz).
Ein Pad kann mit bis zu 16 Sample-Layern belegt werden, die sich anschlagabhängig triggern lassen. Ein Kit umfasst 8 x 13 Sounds, das heißt, das rudimentäre Pad-»Keyboard« kann über acht Oktaven transponiert werden. Die Sounds sind in einem 16-spurigen Mischpult organisiert, das mit drei Effekt-Sends, Multimode-Filter und Kompressor ausgestattet ist.
Effekte
Es gibt vier Effektblöcke, die jeweils mit einem eigenen Taster aktiviert werden. Der erste (liebevoll »Freak« betitelt) ist für die Modulations-Effekte wie Phaser und Flanger sowie Filter und Distortion zuständig. Zwei weitere Sends gibt’s für Reverb und Delay, und schließlich steht noch einen Slot (»Bang«) für MasterEffekte wie Kompressor, Limiter, Bass-Boost etc. zur Verfügung.
Die Qualität ist ähnlich wie bei der Konkurrenz durchschnittlich, genügt aber den Anforderungen für ein gelungenes Live-Set oder dem Programmieren von Groove-Basics. Wer edle lange Hallfahnen oder mehr will, muss auf die DAW ausweichen.
Edit
Über den Audioeingang, der sowohl Line als auch Mikrofonsignale verarbeitet, lassen sich Sounds sampeln. Zum Editieren stehen die wichtigsten Werkzeuge wie das Schneiden von Sample-Anfang und -Ende, Normalize und Gain zur Verfügung, außerdem gibt es eine simple Timestreching- und Pitchshifting-Möglichkeit sowie eine Auto-Chop-Funktion zum Zerlegen rhythmischer Samples. Weitere Bearbeitungsmöglichkeiten umfassen eine ADSR-Hüllkurve für den Lautstärkeverlauf und ein einfaches Lowpass-Filter. Die Editierfunktionen decken das Notwendigste ab, komplexere Bearbeitungen sollte man allerdings im Computer vornehmen.
Basic-Library
Die mitgelieferte Library konzentriert sich thematisch hauptsächlich auf die Kernkompetenz der Macher, nämlich HipHop und R’n’B. Und dafür eignen sich die ca. 3.200 Sounds (neben Percussion-Sounds sind auch viele Effekte, Synths, Hits, Pads, Vocals etc. enthalten) hervorragend: Die Samples klingen modern, schön kalorienreich und durchsetzungsfähig, ohne schon tausendmal gehört worden zu sein; liebloses Füllmaterial gibt es nicht, und der Anteil von Retro-Sounds ist relativ gering.
Die Beat Thang-Basis-Library bietet tolle und inspirierende Sounds, mit denen man auf Augenhöhe amerikanischer Producer-Asse arbeiten kann.
Sequenzer
Beat Thang bietet einen einfachen 16-SpurSequenzer, dessen Patterns zu Songs verkettet werden können. Er bietet alle üblichen Quantisierungen inklusive Swing-Quantisierung. Der Fokus liegt auf dem manuellen Einspielen, nachträgliches Editieren und Verschieben eines misslungenen Events ist nicht angesagt; man löscht den Fehler und spielt ihn nochmal ein. Hier bietet die MPC-Konkurrenz vor allem durch die von japanischen Hackern erstellte JJOS erheblich mehr Komfort und Möglichkeiten für Leute, die nicht so Timingfest sind.
Praxis
Klanglich überzeugt Beat Thang auf der ganzen Linie − die Wandler lösen sehr gut auf und klingen warm und druckvoll. Die Pads sind angenehm spielbar und liegen qualitativ etwa auf Augenhöhe mit der MPC 500, klappern allerdings mehr. Die Keyboard-Anordnung ist vor allem beim Einspielen von Melodien oder Basslinien praktisch. Die Encoder lassen sich gut mit Daumen und Zeigefinger bedienen, wenn die Hände locker neben dem Gerät liegen − dann kann man übrigens auch die beiden Wheels locker erreichen.
Die Lernkurve ist beim Beat Thang niedrig; die meisten Funktionen erschließen sich einem auch ohne Handbuchstudium, man legt sofort los und bastelt sich Grooves. Das wird dadurch begünstigt, dass die Menüstruktur flach ist und die meisten Funktionen eigene Taster besitzen (toll z. B. beim Track-Muten), ohne dass man (wie z. B. bei der MPC) öfter auf die Shift-Taste zurückgreifen muss.
Ein paar Dinge sind noch verbesserungsbedürftig. So bleiben z. B. die Lautstärkewerte (die man zudem nur im Menü einstellen kann) für die Summe und die beiden Kopfhöreranschlüsse nach dem Ausschalten nicht erhalten. Auch das Editieren von Samples könnte komfortabler sein, ich würde mir z. B. eine Zoom-Funktion wie bei den MPC-Geräten wünschen. Schön wären auch erweiterte Synthese-Möglichkeiten, wie etwa eine Filterhüllkurve oder ein oder zwei LFOs mit Modulations-Matrix. Ein Nachteil für den Live-Einsatz ist der Umstand, dass der Sequenzer gestoppt wird, wenn man im Pattern-Modus ein anderes Pattern anwählen will, das sich außerhalb der aktiven Song-Pattern-Sets im Speicher befindet.
Da das Betriebssystem ständig weiterentwickelt (aktuelle Version OS 1.30) wird, kann man auf weitere Verbesserungen hoffen.
Fazit
Yo, da ist den MPCs ein veritabler und äußerst leistungsfähiger Konkurrent erwachsen; man merkt dem Beat Thang an, dass es ein Instrument von Musikern für Musiker ist. Der Weg von der Idee zur Realisierung ist erfreulich kurz gehalten. Im Vergleich zur Konkurrenz punktet der Newcomer (der sich in den USA in der HipHop-Szene schon seit einiger Zeit etabliert hat) mit Akkubetrieb, einfacher Bedienung, innovativen Pitchwheels, zwei Card-Slots, zwei Kopfhöreranschlüssen und guter Library. Dafür muss man auf tiefergreifendes Editieren von Samples und Sequenzen sowie auf Einzelausgänge oder auf Dinge wie Lauflichtprogrammierung und eine Sample-While-Play-Funktion oder eine Resampling-Möglichkeit verzichten.
Der Preis des Gerätes ist nach der Frankfurter Musikmesse erheblich gesenkt worden von 1.100 auf 760 Euro, was die Attraktivität der Maschine für Neukunden natürlich erheblich erhöht − jetzt erhält man definitiv mehr Bang für den Buck …