Als weltweit größter Hersteller von Musikinstrumenten ist Yamaha von Saxofon über Gitarren bis zum Konzertflügel überall erfolgreich vertreten. Nur bei diesen winzigen Mobilrekordern, die heute zum Standard-Equipment jedes Musikers gehören, konnte sich der Branchenriese bislang nicht so recht durchsetzen. Der neue Pocketrak PR7 soll’s richten!
Dem Look ist Yamaha treu geblieben. Wie der in S&R 8.2010 getestete Pocketrak C24 kommt der PR7 im hochglänzend schwarzen »Pianofinish«. Sieht nobel aus, solange man regelmäßig die Fingerabdrücke abwischt. Das Gehäuse von 132 x 47 x 29 mm besteht wie gehabt aus Kunststoff, wirkt aber ausreichend stabil, zumal das Gerätchen inklusive einer AAA-Batterie gerade mal 82 g wiegt und demnach keine große Wucht erzeugt, wenn es mal runterfällt.
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Das Bedienkonzept unterscheidet sich etwas von den Modellen der Konkurrenz. Viele Funktionen sind direkt erreichbar über insgesamt zwölf Taster, während die beiden Menüs mit nur jeweils einer Ebene auskommen. Die Aufnahmeeinstellungen werden über das »Rec Set«-Menü getätigt, während »Menu« hauptsächlich für Sonderfunktionen wie Metronom, Tuner und Abspielgeschwindigkeit zuständig ist. Nach kurzer Zeit lässt sich der PR7 sehr flott bedienen − zur Not übrigens auch einhändig, denn sämtliche Taster lassen sich ohne Verrenkungen mit dem Daumen der Haltehand erreichen.
Nach dem Einschalten ist der PR7 in ca. 8 Sekunden aufnahmebereit. Das Display ist in einem heimeligen Orange hinterleuchtet und zeigt trotz seiner geringen Größe alle relevanten Informationen und Settings an. Der PR7 wird beim Anschluss an den Computer als Massenspeicher erkannt; ein Betrieb als Audiointerface, wie bei Zoom oder dem Olympus LS-14, ist nicht vorgesehen.
Als Aufnahmemedien dienen Micro-SD/ SDHC-Karten bis 32 GB. Zusätzlich gibt es einen internen Speicher von 2 GB. Als nützliches Extra gibt’s eine Lizenz plus Downloadlink für Steinberg Wavelab LE 7.
Klang & Messungen
Kommen wir zum vielleicht wichtigsten Punkt: den internen Mikrofonen. Der PR7 arbeitet mit Nierenkapseln in einer korrekten XY-Anordnung, d. h., beide Kapseln befinden sich unmittelbar übereinander. Die beiden Elektret-Kondensatorkapseln messen abzüglich des Gehäuses etwa 10 mm im Durchmesser. Trotz der geringen Membranfläche ist ihr Rauschverhalten vergleichsweise gut.
Unsere Messungen zeigen eine zu den tiefen Frequenzen allmählich abfallende Response. In den Höhen bzw. oberen Mitten kommt es dagegen zu einer deutlichen Anhebung. Wer glaubt, dass der PR7 deswegen schrill klingt, liegt falsch. Subjektiv wirkt der Sound recht fokussiert auf die musikalisch relevanten Inhalte; außerdem gibt es keine auffälligen Resonanzen. Der Bass ist freilich schon ein wenig flach. Bei fast allen Mobilrekordern ist die Tiefenübertragung bereits ohne zugeschalteten Low-Cut begrenzt, um die Empfindlichkeit gegenüber Windgeräuschen zu reduzieren. Beim PR7 fällt diese Bassbeschneidung etwas stärker und breitbandiger aus als sonst, dafür ist die Windempfindlichkeit aber nicht ganz so hoch wie beim kürzlich getesteten Olympus LS-14. Trotzdem hätte Yamaha gut daran getan, einen Schaumstoff-Überzieher beizulegen, denn schon leichte Windböen führen zu Übersteuerungen − Nierenkapseln sind da prinzipbedingt sehr anfällig.
Für die XY-Anordnung besonders wichtig ist das Off-Axis-Verhalten, denn frontal auf den Rekorder treffender Schall wird von den Mikros ja mit einem Winkel von ca. 45 Grad erfasst. Das haben die Entwickler bedacht; tatsächlich ist die Off-Axis-Response sogar etwas ausgeglichener als On-Axis, da sich die Einkerbung bei 7 kHz schließt. Die Stereoabbildung wirkt sehr stabil, was auch daran liegt, dass die Kapseln überraschend gut gematcht sind; ihre Frequenzgänge sind nahezu deckungsgleich. In dieser Preisklasse alles andere als selbstverständlich!
Der Line-Eingang ist einigermaßen pegelfest. Eine entsprechende Angabe fehlt in den Herstellerspezifikationen, gemäß eigener Experimente beträgt der maximale Eingangspegel ca. +14 dBu. Der maximale Ausgangspegel eines Mischpults liegt ca. 6 − 10 dB höher, d. h., für Mitschnitte sollte man den PR7 an einen regelbaren Ausgang anschließen.
Die Klangqualität des AD-Wandlers ist erstaunlich gut. Im 96-kHz-Modus überträgt der kleine Rekorder tatsächlich bis 40 kHz! Als Rauschabstand ermittelte ich respektable 96 dB bei einem sehr guten Klirrabstand von 0,0028 %. Für einen Mobilrekorder, zumal in dieser Preisklasse, wirklich ausgezeichnete Werte!
Praxis
Im direkten Vergleich zum derzeit meist – verkauften Mobilrekorder, dem Zoom H2n, schlägt sich der Yamaha PR7 recht gut. Das Bedienkonzept ist völlig anders, jedoch unterm Strich ähnlich unkompliziert. Alle Basisfunktionen sind direkt erreichbar. Eine sehr gute Idee ist der »Rec Set«-Button, der ohne lange Menü-Hangeleien die Aufnahmeeinstellungen (Format, Speicherort, Limiter/Autogain, Low Cut) aufruft. Hält man den Taster gedrückt, lassen sich flott eine Reihe von Presets für typische Aufgaben wie Außenaufnahmen, Sprache etc. aufrufen.
Trotz der flachen Basswiedergabe wirkt das Klangbild insgesamt stimmig. Die Stereoortung ist gerade im Nahfeld präziser als beim H2n; in Sachen Rauschverhalten geht der Zoom dann aber wieder knapp in Führung. Störend ist die hohe Anfälligkeit für Handgeräusche, was z. T. daran liegt, dass das Kunststoffgehäuse zu Knarzgeräuschen neigt, wenn man ein bisschen fester zupackt.
Ein tolles Feature des Yamaha PR7 ist die Overdub-Funktion. Damit lassen sich prima Songideen oder Harmoniestimmen entwickeln. Einfach eine bestehende Aufnahme auswählen, Overdub und Record drücken, schon geht’s los. Für jede Overdub-Aufnahme wird ein neues File angelegt, sodass man keine Angst haben muss, eine bestehende Aufnahme zu verlieren. Obwohl sich das Mikrofonrauschen natürlich summiert, bleibt die Klangqualität auch bei multiplem Overdubbing erstaunlich hochwertig. Wer gut bei Stimme ist, könnte ganze Chöre einsingen.
Der Pocketrak PR7 unterstützt alle gängigen Auflösungen von 44,1 kHz/16 Bit bis 96 kHz/24 Bit sowie komprimierte Aufnahmen im MP3-Format von 32 bis 320 kbit/s.
Die maximale Batteriereichweite beträgt laut Yamaha ca. 44 Stunden. Das scheint mir ein bisschen optimistisch. Im Praxistest gelang eine ununterbrochene MP3-Aufnahme von ca. 18 Stunden − danach war der interne Speicher voll, aber viel länger hat die mitgelieferte Batterie dann nicht mehr durchgehalten. Dennoch ein guter Wert, wenn man bedenkt, dass der PR7 ja mit nur einer einzigen AAA-Batterie statt wie üblich mit zwei etwas dickeren AA-Zellen auskommen muss.
Fazit
Der Pocketrak PR7 bietet einfache Bedienung und ansprechenden Klang zum günstigen Preis. Seine kompakten Abmessungen und sein extrem geringes Gewicht, gepaart mit einer wirklich ordentlichen Batterielaufzeit, machen ihn zum angenehmen Immer-Dabei-Recorder. Software zum Nachbearbeiten der Aufnahmen liegt in Form von Wavelab LE 7 auch gleich bei − ein rundes Paket.
Hervorzuheben ist die Overdub-Funktion, die beim Songwriting wertvolle Dienste leistet. Und ganz einfach riesigen Spaß macht! Nicht auszudenken, was ein Nachwuchs-Freddy-Mercury mit dem PR7 anstellen könnte: Womöglich wird die nächste Bohemian Rhapsody irgendwo in einer Berghütte aufgenommen? Oder wenigstens das Demo.