Was waren das für drei intensive Tage! Voller Musik, Networking, Kreativität, Inspiration und Know-How! So vielfältig und intensiv sie auch waren, so schnell sind sie dennoch vergangen. Anlass genug, uns die Highlights der vergangenen drei Tage Studioszene 2024 nochmal gemeinsam anzusehen und dieses enthusiastische Post-Networking-Gefühl, dass sicher viele von euch im Rucksack, oder den coolen Merch-Taschen verstaut haben, noch etwas nachklingen zu lassen.
Nun zuallererst, was können wir nach den drei Tagen festhalten: Die Studioszene bleibt DAS zentrale Event für Singer/Songwriter, Audio Engineers, Producer und Home-Recorder. Unter den Besuchern fanden sich einerseits bekannte Gesichter, die in den vergangenen Jahren ein Stück zur Familie der Studioszene geworden sind. Und es finden sich zum anderen, so wie dieses Jahr, viele neue Gesichter, durstig nach Know-How und Inspiration, als auch auf der Suche nach neuen Kontakten und möglichen Kollaborationen. Und dies lässt sich sagen – durch die Studioszene ist schon so manche erfolgreiche Kollaboration entstanden. Das unterstreicht nicht zuletzt, wie wichtig diese Plattform für Austausch und Weiterbildung ist.
Back to Business. Was war auf der Studioszene 2024 denn alles geboten? Kurz gesagt, so einiges. Es gab ein attraktives und spannendes Weiterbildungsprogramm aus den Bereichen Studio- und Live-Audio, ergänzt durch zahlreiche Talks und Workshops mit international und national renommierten Engineers und Produzenten. Sowohl vor Ort in der Messehalle auf der Gear Stage, in den Masterclasses und dem Studiosofa, als auch abseits des Geländes in den renommierten Home Studios mit Insight-Sessions.
Direkt vor Ort auf der Messe waren in diesem Jahr wieder renommierte Producer, Mixing und Mastering-Engineers dabei. Unter anderem David Bonk (Helene Fischer, Berg), Zino Mikorey (Nils Frahm, Omah Lay), Warren Huart (Aerosmith, Produce Like A Pro), Philipp Schwär (Revolverheld, Max Mutzke), Kalli Reinhardt (Lena, Nico Santos), Moritz Enders (Silbermond, Casper), Dom Rivinius (Taylor Swift, U-KNOW), Julia Borelli (Richie Hawtin, Novaa), und Henning Verlage (Unheilig, Sotiria), um nur einige zu nennen. Sie brachten geballtes Know-how mit und teilten ihr Wissen in den Masterclasses.
Vertreten waren natürlich auch wieder die führenden Marken der Pro-Audio-Branche. An ihren Ständen konnten Analog-Fans sich über Neuheiten informieren, die neuesten Top-Geräte testen und sich austauschen. Auf so manchen Videos, die in den Hallenfluren aufgenommen wurden, ist sicher das gewisse Gear-Nerd-Funkeln in den Augen zu erspähen.
Tag 1 – Auftakt der Studioszene
Den Auftakt am ersten Tag machte David Bonk mit seiner Masterclass zum Thema „Komplexe Klänge und Arrangements im Pop strukturieren“. Er gab einen tiefen Einblick, wie man außergewöhnliche Sounds und kreative Ideen aus Field Recordings in seine Produktionen integriert und damit einen neuen Ansatz für das eigene Sound Design findet. Am Beispiel des Songs von Berq wurde gezeigt, welche ungewöhnlichen Instrumente und Aufnahmen für „Mein Hass tritt dir die Haustür ein“ verwendet wurden und wie diese in der DAW bearbeitet wurden.
Ein besonderes Highlight der Produktion war ein ungenutztes Harmonium, das David in einer Mensa entdeckte. Kurzentschlossen spielte er mit seinem iPhone einige Akkordfolgen ein. In Kombination mit anderen Instrumenten und dem Gesamtarrangement entstand so der markante, düstere Sound, der den Song prägt.
Vom Producing ging es in die Welt des Masterings aka in die „Mastering-Matrix“. Im Mittelpunkt stand der Vergleich zwischen „Hoher Dynamik“ und „hart am Limiter“. Zino Mikorey teilte wertvolle Einblicke in seinen eigenen Mastering-Prozess und erstellte gemeinsam mit uns sein Mastering-Template. Dabei hob er hervor, wie wichtig es ist, dass die Lautheit stets übereinstimmt, um einen objektiven Vergleich zwischen Mix, Pre-Master und Master zu ermöglichen. Auch wenn die Mastering-Masterclass eher etwas für Fortgeschrittene war, so schaffte es Zino doch mit seiner enthusiastischen Art, auch die Teilnehmer zu faszinieren, die bisher vielleicht eher im Bereich Producing und/oder Mixing zuhause sind. Sicher werden sich nach dieser Session einige nochmal tiefer mit der Disziplin des Masterings beschäftigen.
Marvelously well war der Ausklang des ersten Messetages mit der Mixing-Masterclass „How to improve your Mixeng skills“ von Producer und Audio Engineer Warren Huart. Der Produzent und Tontechniker, bekannt für seinen Kanal „Produce like a Pro“ und seine Arbeit für Aerosmith und The Fray, zeigte, welche Details beim Abmischen den kleinen, aber feinen Unterschied ausmachen. Er verdeutlichte, wie wichtig das richtige Gain Staging ist, um Clipping zu vermeiden und die Klarheit im Mix zu erhalten. Außerdem gab er weitere Einblicke in EQ und Kompression, um den Mix zu formen und die Dynamik effektiv zu kontrollieren. Neben spannenden Insights und geballter Expertise glänzte die Masterclass auch wieder durch die spannenden Geschichten, die Warren aus seiner Karriere immer auf so enthusiastische Weise zu teilen weiß. Neben vielen Tricks konnten die Besucher so auch wieder tolle Anekdoten mit nach Hause nehmen. Das klang auf jeden Fall nach einer Fortsetzung im kommenden Jahr.
Tag 2 – Sessions, Networking, Panels
Nach einem starken Besucherstrom am ersten Messetag und viel kreativem Input, zeigte der renommierte Produzent Philip Schwär am zweiten Tag, wie aus einer Sprachnotiz erfolgreiche Songs entstehen können. Durch seine lockere und humorvolle Art, hatte er, trotz der teilweise müden Augen im Publikum, die den ersten Abend direkt für Networking genutzt hatten, direkt die volle Aufmerksamkeit. Mit Songs von Revolverheld und Kettcar im Gepäck, gewährte er uns Einblicke in die verschiedenen Entwicklungsschritte der Produktion und erklärte, worauf man bei Arrangement und Instrumentierung achten sollte.
Besonders das gezielte Feintuning der Drums, der Gitarren und neuer Textideen für die Strophen sowie den C-Part trägt dazu bei, dem Song eine gute Dynamik und Stimmung zu verleihen. So entstand auch der Song „Krieg mit mir selbst“ von Revolverheld in einer spontanen Kollaboration mit Megaloh und ist heute so stimmig, wie wir ihn hören. Kreativität und neuer Input spielen dabei eine entscheidende Rolle im Entstehungsprozess. Wichtig ist, mit den eigenen Ideen zu beginnen, Inspiration an verschiedenen Orten zu suchen und dann einfach weiterzuarbeiten.
Ein viel diskutiertes Thema, das die Grenzen des Möglichen ständig erweitert, ist die Welt der künstlichen Intelligenz. Die Vorteile und Herausforderungen von KI werden nach wie vor intensiv debattiert, doch sie hat bereits in vielen Bereichen der Musikproduktion Einzug gehalten und wird zunehmend eingesetzt – sei es für Songanalyse, Produktion oder Mastering.
In seiner Masterclass zeigte Produzent Pascal „Kalli“ Reinhardt neue Wege und Ansätze, wie man mit KI im Bereich Vocals und Instrumente arbeiten kann, sowie Tools, die sich in letzter Zeit etabliert haben. In einigen seiner aktuellen Radio-Hits hat er bereits KI-generierte Vocals nahtlos in seine Produktionen integriert. Die Teilnehmer erhielten Einblicke in seine Sessions und lernten, wie er dabei vorgeht und was beim Recording sowie der Nutzung von KI-Vocals zu beachten ist. Insbesondere zur Unterstützung von Lead-Vocals oder für chorale Arrangements kann KI eine spannende neue Möglichkeit bieten.
Am Nachmittag gab es für Analog-Fans viel zu entdecken. Audio Engineer Moritz Enders nahm uns mit in die Welt des analogen Mixings. Er hat bereits mit renommierten Künstlern wie Silbermond, Casper und The Intersphere zusammengearbeitet und erfolgreiche Alben produziert, die in den Charts gelandet sind. In seiner Masterclass demonstrierte er an seinen Beispiel-Sessions, wie er moderne Popsongs analog mischt und Signal-Routings umsetzt, und gab dabei tiefere Einblicke in seine Philosophie.
Moritz trennt strikt zwischen Vorbereitungen und Mixing. Denn wenn man einen Song zum ersten Mal hört, sollte man ihm die volle Aufmerksamkeit schenken. Diese Gelegenheit des „ersten Hörens“ hat man nur einmal, weshalb es wichtig ist, sie optimal zu nutzen und das Beste daraus zu ziehen. Zudem betonte er, dass die Vision entscheidend ist, um zu einem gelungenen finalen Mix zu gelangen. Für das Mastering hat Moritz Enders keinen separaten Prozess, da er das Mastering direkt im Mixing integriert.
Tag 3 – Finaler Countdown!
Bereits um 10:00 Uhr strömten die Besucher zu den Veranstaltungen der Gear Stage, der LEaT Academy und den Studioszene-Masterclasses. Darunter auch die erste Session des Tages von Dom Rivinius. Der renommierte Produzent hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dem koreanischen Musikmarkt beschäftigt und sich auf K-Pop-Produktionen spezialisiert. In dieser Zeit hat er zahlreiche erfolgreiche Tracks für bekannte Künstler erstellt. In seiner exklusiven Masterclass nahm er uns mit hinter die Kulissen und demonstrierte sowohl visuell als auch akustisch, wie er bei K-Pop-Produktionen vorgeht und welche Arrangements besonders spannend sind.
Besonders wichtig sind in diesem Genre eingängige Konzepte und klangliche Individualität. Da dieser Pitching-Markt eigenen Mechanismen folgt, ist es entscheidend, aufzufallen und bereits in der Konzeptionsphase eine klangliche Signatur zu entwickeln, die für koreanische Bands sowohl akustisch als auch visuell gut funktioniert. Der Produzent erklärte Schritt für Schritt, wie man auf solche kreativen Ideen kommt, welche Plugins wichtig sind und dass letztlich alles erlaubt ist, was den gewünschten Klang erzeugt. K-Pop darf sich in Zukunft wohl über viele neue Hörer und Produzenten freuen.
Nach einem Blick über den Tellerrand des Mainstreams in Richtung K-Pop widmeten wir uns dem Thema „The Art of Mixing“. Die Mixing- und Mastering-Ingenieurin Julia Borelli (Anyma, Kevin de Vries) bot eine praktische Demonstration anhand eines von ihr gemischten und gemasterten Tracks. Sie gewährte tiefere Einblicke in ihre Mischtechniken, die sie in Logic Pro verwendet, um ihren unverwechselbaren Signature Sound zu erreichen. Besonders betonte sie die Bedeutung eines klaren und strukturierten Bassbereichs, um beim Low-Cut nur unerwünschte Geräusche zu entfernen und die gewünschte Klangcharakteristik im Mix beizubehalten.
Um strukturiert und effizient in den Mix zu starten, zeigte Julia außerdem, wie sie ihr Mixing-Template gestaltet hat und mit welchen Mixing-Gruppen sie arbeitet, um schließlich einen ausgewogenen und fesselnden Endmix zu kreieren.
Den krönenden, oder sollte ich eher sagen, rockigen Abschluss von drei inspirierenden Studioszene-Tagen bildete am Donnerstag die Masterclass von Henning Verlage. Der Produzent erklärte, wie man Rock und Metal „in the Box“ produziert und warum viele aktuelle Pop-Künstler auf den Metal-Trend aufspringen. Dank Bands wie Electric Callboy und Babymetal erlebt der Metal-Sound ein Comeback in der kommerziellen Musik. Das zeigt sich auch daran, dass Künstler wie Bülent Ceylan und Nino de Angelo, die er beide produziert hat, erfolgreich Alben in diesem härteren Genre veröffentlicht haben. In seiner Masterclass gab der erfahrene Produzent auch Einblicke in seinen Workflow, der die Schritte Produktion, Mixing und Mastering in einem Rutsch umfasst.
Wer zwischen den Sessions, den Studiosofa Talks und Masterclasses selbst kreativ werden wollte, hatte in der DIY Area wieder die Möglichkeit eigene Hardware sowie Mikrofonkabel zu löten. Unterstützung erhielten die Teilnehmer von den tollen Kollegen und DIY-Profis von analogvibes, während Cordial und Neutrik die nötigen Materialien bereitstellten. Wir sind gespannt, wo all die selbstgebauten Mikrofonkabel, Re-Amping-Boxen und FET Gain Booster mittlerweile zum Einsatz gekommen sind oder noch zum Einsatz kommen werden. Auch sind wir gespannt, wann und ob es den Bausatz der Kaffeemaschine geben wird, die nach aktuellem Stand kommendes Jahr gelauncht wird.
Mit Messe-Ende, leerten sich so langsam wieder die Hallen. Wir bedanken uns bei allen Besuchern, Teilnehmern und Helfern und freuen uns, euch kommendes Jahr wieder begrüßen zu dürfen! Es war großartig! Wer möchte, kann sich die Termine vom 14. – 16. Oktober 2025 in Hamburg schon mal im Kalender markieren. Wir freuen uns auf euch!