Sonora Cinematic – Verticale
„warmes Upright mit viel Filz und einem Lo-Fi Layer“
„Verticale” ist ein neues und schönes Klavier aus dem Hause Sonora Cinematic, das die Macher als „herzerwärmend“ beschreiben. Es kommt in zwei Varianten: mit ganz viel und ganz ohne Filz (Felt und Natural), die beide als separate Instrumente in Kontakt vorliegen. Verticale ist übrigens das italienische Wort für Klavier – in dieser Sprache klingt irgendwie alles schön. Beide Varianten kommen in ansonsten identischer Ausstattung. Es gibt je drei Mikrofonsignale, die zum einen den Raum abbilden (AKG C414) und zwei nahe Signale (AEA N22 Bändchen und Neumann K184). Als vierte Klangkomponente kann dann noch ein Kassetten-Signal beigemischt werden, das per Re-recording der „Natural“-Samples entstanden ist. Für noch mehr Lo-Fi-Charme gibt es zusätzliche Taperecorder-Geräusche und entsprechende Effekte: Lo-Fi und Crunch für Tape-Sättigung respektive Bit- und Sampleraten-Reduzierung.
Das Signal kann „farblich“ mit dem Regler Color angepasst werden, hinter dem sich ein Tilt-EQ versteckt. Delay und Reverb, die jeweils unterschiedliche Modi anbieten, runden das Paket ab. Diese lassen sich aber komplett abschalten, wenn man externe Effekte verwenden will. Das spart CPU-Power.
Mir gefällt die gefilzte Variante besonders gut, die trotz ihrer vier Lagen Dämpfung nicht muffelig klingt. Auch sonst ist es wirklich ein gelungenes Piano, das mit seinen weiteren Möglichkeiten sicherlich auch noch seine Nische in bereits gut ausgestatteten Sample-Sammlungen finden wird. Kurz danach erschien dann noch die Partner-Library „Mezza Coda“ mit einem beinahe identischen Feature-Set – nur ist das Instrument hier ein „Charming Baby Grand“. Ein besonderes Schmankerl dieser Library ist durch einen Happy Accident bei den Aufnahmen entstanden und sehr reizvoll. Übersteuerte Verstärker in der Signalkette haben einen Sound erzeugt, der nun als weiterer Layer neben dem Kassetten-Sound beigemischt werden kann. Fein dosiert eine echte Bereicherung – da wo es passt. Aber auch einzeln – zugegeben kaum mehr als Klavier erkennbar – sehr gut zu verwenden. Beide Libraries gibt es einzeln und im Bundle.
Sonora Cinematic ist übrigens auch der Hersteller, der hinter dem tollen Instrument „Harmonic Bloom“ steckt, das wir hier vorgestellt hatten: https://www.soundandrecording.de/equipment/die-interessantesten-samplelibraries-2022-toolkits-drones-hybrid-synth-und-tools/
Ein kleiner Kritikpunkt war zum Zeitpunkt des Reviews, dass ich mir noch eine größere Auswahl an Presets gewünscht hätte. Das haben sich die Sounddesigner wohl auch gedacht und ein neues Update bringt zusätzlich 60 frische Presets mit. Ein guter Grund, sich das Instrument nochmals anzusehen.
Hersteller: Sonora Cinematic (https://sonoracinematic.com/products/verticale-by-sonora-cinematic)
Plattform: Kontakt Player (ab 7.1)
Preis / Größe: 68 € / 7.44 GB
Besonderheiten: NKS, charaktervoller Lo-Fi Layer, warmer Vier-Lagen-Filz
UVI – KAWAI Vintage Legacy
Diese Library musste ich mir einfach anschauen, denn in früheren Zeiten gab es auch einen K1 von Kawai in meinem Arsenal. Die alte Hardware gibt es zwar noch immer, aber gut eingemottet, denn es gibt ja jetzt elegantere Möglichkeiten.
Die französischen Sample-Spezialisten haben sich diesmal eine Reihe japanischer Kawai-Synthesizer aus den 1980ern vorgenommen und UVI-typisch aufbereitet. So bekommt man in dieser Collection nicht nur den damals populären (und preiswerten) K1, sondern auch die anderen digitalen Instrumente aus dieser Ära: K3, K4, K5, den Percussion-Synth XD5 (auf dem K4 basierend) und den Drumcomputer R-100.
Alle Synths haben im Prinzip das gleiche GUI, wenn auch optisch leicht variiert. Neben dem obligatorischen Preset-Browser gibt Einstellungen für ADSR, Filter (mit zusätzlichem ADSR), Pitch & Voice nebst Play- und Stereo-Mode, Vibrato, Tremolo und einen Filter-LFO.
In einer separaten Ansicht befinden sich alle Einstellmöglichkeiten der Effektsektion mit den üblichen Verdächtigen (EQ, Drive, Redux, Chorus, Phaser Reverb und Delay). Hierbei greift UVI auf die bewährten Eigenentwicklungen wie „Thorus” und „Phasor“ zurück. Die Einstelloptionen sind in GUI (in der UVI-Workstation) überschaubar, tiefergehende Veränderungen sind nur in Falcon möglich.
Die separate Drum-Sektion der Library hat ihre eigene Engine, die die übersichtlich sortierten Kits direkt in einen Drumsequenzer mit bis zu 16 Steps und 8 Slots einsortiert. Die jeweils geladene Sequenz kann natürlich angepasst und per Drag’n’Drop als MIDI exportiert werden. Die meisten Drumsounds stammen vom R-100, aber auch der K1 und der K4 haben etwas beigesteuert.
Im Vergleich zur Hardware kann ich im Falle des K1 sagen, dass die Samples toll klingen, nostalgische Gefühle wecken und durch das UVI-Treatment und die moderne Engine auch einen ganz neuen Twist bekommen haben. Die Aura des Originals bleibt aber tief verwurzelt. Zusätzlich bringt die Neuinterpretation der Instrumente in dieser Form weitere Vorteile, wie den UVI-Arp (mit optional fester Tonart und MIDI-Export), praktisch keine Limits bei der Polyfonie oder neue Möglichkeiten der Automation per MIDI. Das hätte man sich damals gewünscht!
Das gesamte Paket wiegt mit verlustfrei komprimierten Samples knapp 29 GB und liefert über alle Instrumente hinweg gut 1400 Presets. Darunter befinden sich 180 Multis, die nach Genres sortiert vorbereitete Inspirationsideen beinhalten. Die Library läuft in der kostenfreien UVI-Workstation und kann natürlich auch in Falcon verwendet werden – mit all seinen Möglichkeiten.
Wer mehr über die Geschichte der Synth und weitere Hintergründe erfahren will, findet auch hier noch eine interessante Website: https://www.uvi.net/uvifocus-the-story-of-kawai.
Nils’ K1v
Neben der tollen Library von UVI gibt es noch einen weiteren Tipp, den originalen und unveränderten Sound eines Kawai K1 zu bekommen und das kostenlos und mit dem offiziellen Segen des Herstellers. Der deutsche Entwickler Nils Schneider hat bereits vor einiger Zeit seine authentische Emulation K1v herausgebracht, die wir hier vorgestellt hatten: https://www.soundandrecording.de/equipment/neuigkeiten-und-empfehlungenzum-apple-silicon/ (Update 29.06.2021).
Es werden mit dem Plug-in (für Win, Mac, Linux) alle 968 Presets und 384 Multis der originalen Factory Bank, aller ROM-Karten und des PHm Moduls geliefert – quasi ein Komplettpaket.
Auf Nachfrage sagte der Entwickler, dass er sich weiterhin eine Fertigstellung des bereits begonnenen K4v’s vorstellen kann. Bis dahin findet ihr den kostenlosen Download des K1v hier: https://www.nilsschneider.de/wp/nilsk1v/.
Schaut dort doch mal vorbei und wer mag, lässt für die Weiterentwicklung des K4v eine Spende da.
Hersteller: UVI (https://www.uvi.net/kawai-vintage-legacy#)
Plattform: UVI Workstation (kostenlos) oder Falcon
Preis / Größe: 149 € / 29 GB
Besonderheiten: authentischer Sound mit modernem Twist, über 1400 Presets, inspirierende Multis