Für ihr neues Album hat sich die britische Indie-Band einen altehrwürdigen Landsitz als Produktionsort ausgesucht – leider mit einigem Renovierungsbedarf. Wie man sich mit brummenden Mischpulten, Wespen im Regieraum und weiteren Herausforderungen angefreundet hat, berichtet der folgende Artikel
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Schon vor über einem halben Jahrhundert entdeckten die Rolling Stones die Attraktivität von Aufnahmeorten außerhalb der beengenden Studiowände. Sie ließen sich ihr Rolling Stones Mobile Studio entwerfen und produzierten darüber hinaus ihre legendären 1970er-Alben Sticky Fingers und Exile on Main Street zu großen Teilen in Mick Jaggers Stargrove Anwesen, etwa eine Autostunde südlich von London gelegen. Zahllose Bands folgten bald diesem Beispiel, darunter keine Geringeren als Led Zeppelin, die mehrere Alben im Headley Grange Gebäude im ländlichen Hampshire aufnahmen – übrigens mithilfe des Mobile Studio der Stones.
Dank immer kompakterem und zuverlässigerem Recording-Equipment ist die Produktion außerhalb eines Studios heute üblicherweise keine technische Herausforderung mehr. Auch die Band Nothing but Thieves hat sich im Sommer 2022 entschlossen, ihr viertes Album »auf dem Lande« zu produzieren – in der Hoffnung, dort Inspiration, Ruhe und eine stimmungsvolle Atmosphäre vorzufinden, die der Kreativität und damit dem Endergebnis zugutekommen würde.
Im Falle von Nothing but Thieves – so viel sei an dieser Stelle schon verraten – ist die Strategie aufgegangen: Das entstandene Album Dead Club City wurde ein großer künstlerischer und kommerzieller Erfolg (u. a. die erste Nummer Eins der Band in ihrer britischen Heimat). Der Weg dorthin war allerdings mit zahlreichen Überraschungen und gewichtigen Stolpersteinen gepflastert …
Neue Gefilde. Nothing but Thieves formierten sich 2012 im südenglischen Essex. 2015 erschien das selbstbetitelte Debütalbum, aufgenommen von Julian Emery in den Angelic Studios, Oxford. Es folgten Broken Machine (2017, produziert von Mike Crossey) und Moral Panic (2020, Crossey und Dominic Craik). Der überwiegende Teil der Aufnahmen zu beiden Alben entstand bei Mike Crossey in Kalifornien, im Falle von Broken Machine unterstützt von Jonathan Gilmore als Engineer.
Dead Club City erschien im Juni dieses Jahres und wurde von Dominic »Dom« Craik und Jonathan Gilmore koproduziert. Ersterer ist einer der Gitarristen und Songschreiber der Band, darüber hinaus auch deren Keyboarder und Synth-Programmierer. Jonathan Gilmore hat sich als Produzent und Mixer von Künstlern wie The 1975, Rina Sawayama, Carly Rae Jepson, Beabadoobee und Lewis Capaldi einen Namen gemacht.
Das Gespräch mit Dominic und Jonathan erfolgte via Zoom aus deren Londoner Studios – und berichtet über die Herausforderung, ausgetretene Pfade zu verlassen, dabei auf diverse Hindernisse zu stoßen und sie schließlich zu meistern oder zu umgehen.
Jonathan beschreibt zunächst die Vorgeschichte der Produktion: »Meine Karriere begann mit der Arbeit für Mike Crossey zwischen 2011 und 2017. Das gesamte Broken-Machine-Album hatten wir seinerzeit in fünf Wochen aufgenommen. Wir arbeiteten parallel in zwei Studios – Mike in einem davon, Dom und ich im anderen. Während wir die Gitarren aufnahmen und Synths programmierten, schnitt Mike Drums und Bässe. Schließlich fuhren wir gemeinsam mit den Vocals und dem finalen Mix fort. Der Zeitplan war wahnsinnig knapp, und das Ganze wurde zu einer Art Feuertaufe für Mike und mich. Seitdem sind wir in Kontakt.
Während der Pandemie koproduzierten wir den Nothing But Thieves Song Life’s Comming In Slow für das »Gran Tourismo 7«-Game. Auch das war eine ziemlich chaotische Aktion: Dom war mit Covid zu Hause, und wir hatten vom ersten Telefongespräch bis zum finalen Master gerade einmal fünf Tage Zeit. Audiomovers und FaceTime waren die Rettung! Es hat aber dennoch Spaß gemacht. Somit beschlossen wir, das gesamte Folgealbum auf ähnliche Weise zu produzieren – natürlich abzüglich irgendwelcher Lungenkrankheiten … Ich fand die Vorstellung sehr spannend, mit der Band in bisher unbekannte künstlerische Gefilde aufzubrechen.«
Landleben. Nach dem »Go« der Band für Dom und Mike als Produzenten beschlossen alle Beteiligten, mit dem neuen Album ein Werk mit maximalem Anspruch zu schaffen. Laut Mike war dazu vor allem ausreichend Zeit notwendig: »Wir verfielen also auf die Idee, einen Ort zu suchen, an dem wir ohne Zeitdruck arbeiten könnten, und bombardierten uns bald gegenseitig mit Mietanzeigen von Landhäusern. Wir dachten dabei an Led Zeppelin und ihre Zeit im Headley Grange oder an Radiohead, die große Teile von OK Computer in einem Landsitz namens St. Cathrine’s Court aufgenommen hatten.
Die Mietpreise setzten unseren Träumen vom Studio im luxuriösen Herrenhaus alsbald ein Ende. Schließlich stolperten wir über einen Ort namens Kyoto Recording Studio in Essex, immerhin von einem 22 Hektar großen Farm-Grundstück umgeben. Mit einiger Fantasie hätte man sich hier ein luxuriöses Homestudio vorstellen können, aber leider waren die aktuellen technischen Gegebenheiten äußerst dürftig. Letztlich erweis sich dieser Ort als bezahlbar für die geplante Zeitspanne, und deshalb wir sagten zu. Nun ging es darum, für eine brauchbare Aufnahmesituation zu sorgen – ohne dabei wahnsinnig zu werden. Das Anwesen bestand aus einem Landhaus und einem Stallgebäude, welches stückweise zu einem Recording-Studio umgebaut worden war.
Allerdings hatte man sich dabei nur sehr wenig Mühe gegeben. Der Regieraum sah aus wie ein Gewächshaus mit Mischpult. Wir begannen also, große Teile der Einrichtung herauszureißen und vollständig neu zu gestalten. Ich verbrachte ganze zwei Tage mit der Prüfung der Signalwege, da ein Großteil der Verkabelung unbrauchbar war. Wir erneuerten das Pro-Tools-System, die schadhaften Kopfhörer und die Kabelwege der Gitarren. Wir erneuerten auch die Studioakustik, denn der vorhandene Akustikbau war vollkommen uneffektiv.
Das alte MCI-Pult vermittelte den Eindruck, als könne es jederzeit einen Studiobrand auslösen. In einem unserer YouTube-Videos hört man, wie es einen echt fiesen Brummton von sich gibt. Auch nach unserer Generalüberholung funktionierte noch längst nicht alles daran. Schließlich ließen wir es gut sein und verwendeten das Pult nur für ein paar Line-Returns.
Die ersten beiden Wochen gingen ausschließlich für Renovierungen und Reparaturarbeiten drauf. Danach begannen wir langsam, aber sicher mit unseren Sessions – langsam deshalb, weil wir immer wieder über technische Probleme stolperten: So streute die Klimaanlage Brummen in unsere Mikros, und wir entdeckten ein Wespennest im Regieraum. Das ganze Studio war echt total abgerockt! Ich habe an vielen unterschiedlichen Orten Musik produziert, aber das hier waren mit Abstand die fragwürdigsten Umstände, unter denen ich je gearbeitet habe.«
Musikalischer Überblick. Trotz aller Bemühungen konnten während der ersten Wochen intensiver Arbeit noch längst nicht alle Probleme behoben werden. Eine Serie sehenswerter YouTube-Videos illustriert die von Jonathan beschriebene Situation und vermittelt sowohl die Unzulänglichkeiten als auch die Magie dieser wirklich besonderen Aufnahmeumgebung.
Der gesamte Aufnahmeprozess brauchte schließlich 130 Tage, von August 2022 bis Januar 2023 – nicht zu vergessen die vorausgegangenen drei Jahre Songwriting und Vorproduktion. Dominic berichtet weiter über die Entstehungsgeschichte des Albums und seine Rolle als Co-Produzent:
»Ich habe einen klassischen Musik-Background und begann mit sechs Jahren, Gitarre zu spielen. An der Musikschule analysierte ich Choräle und Streichquartette und lernte Harmonielehre. Später wandte ich meine musiktheoretischen Kenntnisse und meine Gitarren-Skills auf andere Instrumente an und erlernte das Arrangieren. Dieser ganzheitliche musikalische Überblick führte mich schließlich zum Schreiben und zur Produktion.
Zusammen mit Sänger Conor (Mason) und Gitarrist Joe (Langridge-Brown) begannen wir vor gut zehn Jahren, Songs zu schreiben. Allerdings merkten wir bald, dass es damit noch nicht allzu weit her war. Zu Anfang glaubst du, deine instrumentalistischen Fähigkeiten würden dich gleichermaßen zu einem tollen Songwriter machen, aber das stimmt nicht. Songwriting ist eine ganz andere Baustelle – es gibt großartige Songwriter, die nicht einmal ein Instrument spielen können! Wir probierten aber immer weiter, und schließlich bekamen wir ein Gespür für das Schreiben.
Irgendwann hatte Logic meine Neugier geweckt. Ich wurde regelrecht süchtig danach, Sounds aus meinen Lieblingsplatten in unsere Musik einzubauen – wie in einem Puzzle-Spiel. Mit Synths und Keyboards beschäftigte ich mich ebenfalls. Allerdings bin ich ein besserer Sound-Programmierer als Keyboard-Spieler. Wenn möglich, erstelle ich MIDI-Noten anstatt die Synths von Hand zu spielen.«
Viel Zeit für Songwriting. Dominic präzisiert seine Ausführungen: »Meist sind bei uns Songwriting und Recording voneinander getrennt. Um eine Perspektive zu den Songs zu entwickeln, lassen wir uns beim Schreiben sehr viel Zeit. Je mehr Material wir haben, desto mehr Auswahloptionen bestehen – wir können Dinge austauschen, ergänzen, streichen oder einen vorhandenen Text für einen anderen Song verwenden. Das kommt letztlich dem Album zugute.
Dead Club City entstand direkt nach der Pandemie. Wir waren überglücklich, uns endlich wieder treffen zu können und echt heiß auf das gemeinsame Arbeiten. Keiner von uns liefert fertige Ideen – und das hat zwei große Vorteile: Zum einen hält niemand zwanghaft an seiner Idee fest, denn dazu ist sie noch zu unfertig, und zum anderen schweißt uns das gemeinsame Ausarbeiten als Band sehr fest zusammen.
Der überwiegende Teil des Albums wurde in meinem Studio geschrieben. In Essex schrieben wir einzig Do You Love Me Yet?. Das ist übrigens einer unserer Favorites auf dem Album – und einer der experimentelleren Songs. Die Initialzündung zu einem Song kann ein Synth-Sound oder ein Drum-Loop liefern – da gibt es grundsätzlich keinerlei Regeln und keine festen Workflows. Ich denke, deshalb ist unsere Musik so vielseitig. Erst zum Schluss kommen die Gitarren dran, was eigentlich verwunderlich ist, denn schließlich haben wir zwei Gitarristen im Writing-Room – zählt man Conor mit, sogar zweieinhalb.«
Gitarren und Synths. Nach geraumer Zeit richteten sich Nothing But Thieves schließlich in ihrem Studio in Essex ein – nun endlich technisch auf ein befriedigendes Level gebracht und mit reichlich Equipment sämtlicher Bandmitglieder ausgestattet. Mit dabei waren auch zahllose Song-Demos als Logic-Files. »Die Band war wirklich gut vorbereitet«, erinnert sich Dominic. »Die Demos waren näher an den fertigen Aufnahmen als jemals zuvor in der Bandgeschichte. Zudem waren die Demos deutlich Synth-lastiger als zuvor. Nach Moral Panic hatte ich begonnen, Synthesizer zu sammeln. Ich stellte mir ein Modularsystem zusammen und besorgte mir einen UDO Super 6, Roland Juno-6, Moog Sub Phatty sowie zahlreiche andere Synths.
Die Synthesizer ermöglichten mir eine ganz neue Sound-Palette. Gitarren sind toll, aber die Synths brachten ganz neue Ausdrucksmöglichkeiten. Es war faszinierend, einen Hardware-Synth zu nehmen und damit einen Sound zu programmieren, der mich an Rush oder Phil Collins erinnerte, und diesen Sound dann in unserer Musik zu verwenden. Der Mix aus Synths und Band war zweifellos von den späten 1970er- und frühen 80er-Jahren inspiriert.
Ich arbeite auch mit Soft-Synths. Ich nehme alles, was gut klingt. Jon und ich haben eine Menge A/B-Vergleiche zwischen Hardware- und Soft-Synths angestellt. U-he Diva ist beispielsweise ein unglaublich gutes Plug-in: ein wirklich fetter Sound, ordentlich Charakter und kein Stück dünner Plastikklang oder so. Ich mag Hardware-Synths vor allem wegen ihrer Haptik, aber klanglich haben sie nicht notwendigerweise die Nase vorne.«
Analog-Effekte und Re-Amping. Jonathan: »Jon schleppte seine Synthesizer und alle sonstigen Spielzeuge an. Ich brachte meine gesamte Studioausrüstung mitsamt Mikros, diversen Drums und allem möglichen Zubehör mit nach Essex. Um Synths, Gitarrenpedale und Hardware-Outboard möglichst einfach miteinander verschalten zu können, installierten wir ein Patch-System mit Neutrik-Klinkenbuchsen. Wir verwendeten u. a. Doms Binson Echorec, seine Roger Mayer 456 Tape-Emulation, den Thermionic Culture Vulture sowie diverse Effektgeräte aus den 90ern. Als Gitarrist brachte ich zudem meine eigenen Custom-Pedalboards und eine große Kiste weiterer Bodentreter mit. Insgesamt hatten wir fast 100 Effektpedale im Zugriff.«
Dominic ergänzt: »Es war von Beginn an wichtig, dass Outboard, Bodentreter und Synths klanglich gut miteinander harmonierten. Um die Synth-Sounds griffiger zu machen und besser an die Gitarren anzunähern, haben wir sie mittels Analog-Effekten oder Amps etwas eingefärbt. Neben dem erwähnten Patch-System verwendeten wir eine Radial Reamp-Box (Radial EXTC), um die unterschiedlichen Impedanzen und Pegel zwischen den verschiedenen Geräten angleichen zu können.«
Jonathan: »Zusammen hatten wir auch eine schöne Auswahl an Gitarren-Amps zur Verfügung: Fender Twin, Fender Vibralux, einen Mesa Boogie Mark 5, Marshall Bluebreaker sowie einige schrägere Modelle wie etwa den Silvertone 1485 und einen Laney Klipp, der sehr oft zum Einsatz kam. Für den Bass nutzten wir meist einen Ampex SVT Stack. Sämtliche Bass- und einige Gitarrenaufnahmen liefen gleichzeitig durch Gitarren- und Bass-Amps. So erhielt der Bass diesen besonderen »kehligen« Sound und die Gitarren bei Bedarf ordentlich Low-End. Aber auch DI-Boxen waren mehrfach im Spiel – insbesondere, wenn wir Effektpedale verwendeten.
Bei den verschiedenen Sound-Layers achteten wir auf die Phasengleichheit der Signalquellen. So konnten wir Gitarren beliebig austauschen und sehr eigene Sounds generieren. Unser bevorzugtes Gesangsmikro war das Neumann U67. Es harmoniert sehr gut mit Conors Stimme und liefert einen angenehmen Mitten-Sound. Das Signal lief dann durch einen Rupert Neve Designs Shelford Channel Mic-Pre. Für alles andere hatten wir ein großes Rack mit Neve 1073ern.«
Völlig unkontrollierbarer Sound. Dank der umfangreichen technischen Verbesserungen des Studios funktionierten die Aufnahmen über weite Strecken schließlich sehr gut. Auf wirklich ernste Probleme stieß die Band erst wieder bei den Drum-Recordings: Die Akustik des Studios war dafür einfach unzureichend, der bestehende Akustikbau nahezu unbrauchbar. Jonathan erklärt: »Die größte Herausforderung bei der ganzen Albumproduktion war der Umgang mit der fragwürdigen Raumakustik. Notwendigerweise arbeiteten wir deshalb sehr oft mit Kopfhörern (Shure SRH 940 und Audio Technica M50). Das Monitoring in der Regie war wirklich extrem schwierig. Der Raum hatte ein kräftiges Loch bei etwa 110 Hertz, somit klang alles echt seltsam.«
Dominic: »Die tollsten Monitore nützen dir gar nichts, wenn der Raum nichts taugt. Auch mit unseren Unity Audio The Rocks blieb der Sound ein ziemlicher Albtraum. Ursprünglich wollten wir ja alles in ›unserem Landsitz‹ aufnehmen, aber das war einfach nicht zu machen. Spätestens bei den Drums wurde der Sound vollkommen unkontrollierbar, mit fürchterlichen Resonanzen.
Wir probierten etwa eine Woche im Haupt-Aufnahmeraum und in einem kleineren Nebenraum herum, bis wir uns dazu entschieden, die Drums woanders aufzunehmen. Die Wahl fiel auf ein kleines Studio in Ost-London mit Namen The Baltic. Dort nutzten wir den sehr gut kontrollierbaren und punchy klingenden Live-Room. Einziges Problem war das dort befindliche Klavier – da wir die Drums sehr kräftig komprimierten, wurden, neben diversen anderen Artefakten, auch die Resonanzen des Klaviers hörbar hochgezogen. Wir mussten also alles Mögliche im Raum dämpfen – vom besagten Klavier bis zu den Fenstern – mit Gaffa-Tape, angelehnten Stühlen und ähnlichen Hilfsmitteln.«
Schritt für Schritt zum Ziel. Während der Aufnahmen arbeitete Dominic mit Logic und Jonathan sowie Engineer Freddy Williams mit Pro Tools. Jonathan: »Ich denke, Logic ist ein sehr kreatives Produktionswerkzeug. Für das Audio-Editing ist Pro Tools dennoch die Nummer Eins. Dom hat mit Logic seine Ideen entwickelt und in die Runde gebracht. Die Aufnahmen und das Editing erfolgten jedoch vollständig in Pro Tools. Wir haben also reichlich Files ausgetauscht. Es würde mich nicht wundern, wenn das Album von AirDrop gesponsort wäre …!
Meist passierten mehrere Dinge gleichzeitig bei unterschiedlichen Songs – ein typisches Szenario konnte etwa so aussehen: Conor und ich nahmen Vocals auf, Freddy editierte Backing-Vocals, und Dom arbeitete am Synth-Arrangement eines Songs, dessen Vocals am Nachmittag geschnitten werden würden. Wir drei saßen meist in einem Raum, und zusammen mit den anderen Band-Mitgliedern ergab das ein ständig offenes Forum für Ideen. Es gab viel Bewegung im Arbeitsprozess, natürlich viel File-Austausch und ein großes Whiteboard um den Überblick zu behalten.«
Die ursprünglichen Logic-Demos veränderten sich während der gesamten, 130 Tage andauernden Produktionsphase erstaunlich wenig. Jonathan: »Sowohl die Songs selbst als auch die Arrangements zeichneten sich von Beginn an durch eine hohe Qualität aus. Entgegen manch anderen Produktionen war hier kaum weitere Arbeit notwendig. Es ging im Wesentlichen darum, die wichtigsten Elemente neu aufzunehmen und zu optimieren. Elemente, die neu hinzukamen – etwa Backing-Vocals, zusätzliche Melodien oder Ear-Candy – dienten lediglich dazu, schon Vorhandenes zu unterstützen. Kompositorische Änderungen gab es nur bei den Songs Tomorrow Is Closed und Welcome To The DCC.«
Dominic: »Die, von Jon fertiggestellten und optimierten Aufnahmen landeten zunächst in meinem Logic für etwas zusätzliche Produktion und die Erstellung der Rough-Mixe. Diese Rough-Mixe entstanden über einen langen Zeitraum. Wir arbeiteten uns dabei Schritt für Schritt an unsere Zielvorstellungen heran. Passte ein Rough-Mix, schickten wir ihn an das Label, an das Management und an uns, bevor wir schließlich die Files in Pro Tools transferierten und sie für den finalen Mix an Mike Crossey weitergaben.«
Jonathan: »Die Rough-Mixe setzten den finalen Schritt in musikalisch-künstlerischer Hinsicht. Meine weitere Arbeit diente dazu, die technische Seite zu perfektionieren. Wir setzten alles daran, das bestmögliche Sound-Ergebnis für Vocals, Drums und alle weiteren Instrumente zu erzielen. Die Files, die Mike erhielt, sollten in jeder Hinsicht das Bestmögliche darstellen und unseren Vorstellungen entsprechen. Die Instrumentalspuren der Rough-Mixe enthielten schon Kompression und EQ, denn Sound-mäßig sollte daran nichts mehr geändert werden. Ausschließlich bei den Vocals lieferten wir die unbearbeiteten Audiofiles mit separaten Effekt-Spuren.«
Das eingangs von Jonathan beschriebene Vorhaben, mit der Band in bisher unbekannte künstlerische Gefilde aufzubrechen, ist zweifellos verwirklicht worden. Und dennoch klingt Dead Club City Note für Note nach Nothing But Thieves, trotz – oder vielleicht genau wegen – der höchst eigenwilligen Entstehungsgeschichte des Albums. So kann man einem wohlmeinenden Kritiker nur zustimmen: »Das sind zweifellos Nothing But Thieves, nun mit einem Konzeptalbum und dabei frischer und funkiger als je zuvor.«