Udo Super 6 – Polyphoner Hybridsynthesizer im Test
von Redaktion,
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Mit dem Super 6 debütiert der britische Hersteller Udo mit einem ambitionierten, polyfonen Hybridsynthesizer mit üppiger Bedienoberfläche. Firmengründer George Hearn geht dabei direkt aufs Ganze.
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Äußerlich zeigt der von Axel Hartmann gestaltete Super 6 klare Anleihen bei Rolands Jupiter-8 und beim ARP Quadra. Konzeptionell steht dabei die Spielbarkeit im Vordergrund, weshalb der wahlweise in Blau oder Anthrazit erhältliche Synthesizer mit anschlagsdynamischer 49-Tasten-Fatar-Klaviatur mit Channel-Aftertouch aufwartet. Die zahlreichen Bedienelemente sind klar strukturiert und bühnentauglich robust ausgeführt. Tiefe Menüstrukturen gibt es nicht, nicht einmal ein Display, wohl aber 128 Speicherplätze.
Die Klangerzeugung des monotimbralen Super 6 bietet als Besonderheit eine spezielle Oszillatorsektion: Hearn, der schon die Technik für den Modal 008 entwickelte, setzt auf einen schnellen FPGA, der völlig stufenlose Kurvenformen für seine DDS(Direct Digital Synthesis)-Oszillatoren errechnet – zwölf Stimmen à zwei Oszillatoren. Der samplebasierte DDS 1 bietet allerdings zusätzlich bis zu sechs Schwester-Oszillatoren, um den Klang mit Fülle und Breite zu versehen (Super Mode), ist zweistufig schaltbar und regelbar in der Verstimmung. Darüber hinaus gibt es eine binaurale Betriebsart, bei der je zwei Stimmen für einen stereofonen Signalweg gepaart werden.
DDS 1 kann in den Fußlagen 64″ bis 2″ arbeiten und bietet die klassischen Wellenformen inklusive Rauschen. Alternativ kann man über die Patchtasten auf 16 weitere Single-Cycle-Wellenformen zurückgreifen, die sich über USB am Rechner tauschen lassen. Da die jeweils genutzte Wellenform mit dem Patch gespeichert wird, lassen sich pro Preset sogar ständig neue Wellenformen nutzen.
DDS 2 erzeugt seine fünf klassischen Wellenformen einschließlich modulierbarer Pulswelle und Rauschen per Algorithmus, was leicht anders klingt. Er bietet die Fußlagen 32″ bis 2″, kann aber auch als LFO eingesetzt werden (0,1 bis 100 Hz). Er ist zusätzlich über ±6 Halbtöne fein verstimmbar, kann hart zu DDS 1 synchronisiert werden oder auch als dessen Suboszillator fungieren. Weiter ist es möglich, DDS 1 und 2 über einen variablen Split-Punkt auf der Klaviatur zu verteilen und zu überblenden. Und schließlich kann DDS 2 auch als Eingang für externe Audiosignale fungieren, die sogar Gate-Signale zum Triggern der Hüllkurven auslösen können.
Von hier wechselt der Super 6 in die analoge Ebene, die im Binaural-Modus ebenfalls stereofon agiert. Ein Regler überblendet zwischen den Oszillatoren, ehe das Signal den Filterbereich in Form eines SSI-2044-Chips erreicht, der auch im Prophet X für Wohlklang sorgt – ein reiner Tiefpass (24 dB/Okt.), Resonanz bis zur Selbstoszillation sowie zweistufige Drive-Schaltung. Noch davor sitzt ein analoges resonanzloses Hochpassfilter, das entweder fest bei 500 Hz zugeschaltet werden kann oder per Keytracking dem Hauptfilter für Bandpässe folgen kann. Die Filterfrequenz kann durch ein zweistufiges Keytracking, eine oder beide Hüllkurven, LFO 1 sowie durch DDS 2 in variablen Intensitäten moduliert werden.
Der VCA lässt sich zwei Stufen in Abhängigkeit von der Anschlagsdynamik betreiben. Er wird wahlweise über Hüllkurve 2, ein festes Gate bzw. einen Gate-Typ mit längerer Ausklangphase gesteuert. Neben dem Einfluss der Hüllkurve ist auch eine Modulation durch LFO 1 möglich.
Der abschließende Effektbereich fällt zweistufig und digital aus. Es gibt ein geradliniges Delay mit Reglern für den Pegel, die Verzögerungszeit und das Feedback. Hinzu kommt ein breit klingender Chorus, der sich in drei Stufen schalten lässt.
An Modulationen werden pro Stimme zunächst zwei Hüllkurven und ein dedizierter Stereo-LFO (0,05 bis 50 Hz) mit vier Kurvenformen einschließlich Zufall geboten. Dazu lässt sich die aktuelle Kurvenform von DDS 1 nutzen. Weiterhin gibt es eine regelbare Eingangsverzögerung und einen möglichen Versatz der linken und rechten Phase, was sich für Panning-Effekte von Filter und VCA nutzen lässt. LFO 1 kann frei schwingen, mit jeder Taste neu gestartet werden oder im One-Shot-Modus agieren. Er kann aber auch in einen Sinus-Hochfrequenzmodus versetzt werden, in dem er statisch oder mit Keyboard-Tracking arbeiten kann. In diesem Modus kann er sogar in den Audioweg von DDS 1 oder 2 eingespeist werden, womit er zu einem weiteren Klangerzeuger mit variabler Wellenform mutiert!
LFO 2 arbeitet global und wird durch Druck auf den Bender ausgelöst, der auf seiner Hauptachse die Tonhöhe oder das Filter adressiert. LFO 2 arbeitet mit einem Sinus und moduliert die Tonhöhe der Oszillatoren, die Filterfrequenz aber auch andere Ziele. Die Hüllkurven sind ADSR-Typen mit Regelzeiten zwischen 0,5 ms und 10 s. Hüllkurve 1 offeriert eine zusätzliche Haltephase, ehe die Attack-Phase einsetzt. Diese Hüllkurve kann zudem in Abhängigkeit zur gespielten Tonhöhe gebracht werden. Auch lässt sie sich invertieren und loopen, wodurch man einen weiteren LFO erhält – inklusive Keytracking.
Feste Modulationen finden sich im DDS-Modulator in Form einer Tonhöhenmodulation von DDS 1 und/oder DDS 2 durch LFO 1 und Hüllkurve 1. Auch die Tonhöhenänderungen des Super Modus, Pulsbreite und Pulsbreitenmodulation von DDS 2 durch LFO 1 und Hüllkurve 1 finden sich hier, ebenso eine regelbare Crossmodulation.
Über die festen Verschaltungen hinaus lassen sich Modulationen über die Patchtasten in Matrixform zuweisen, mit bipolarer Intensitätssteuerung über einen Encoder. Je acht Quellen und Ziele stehen bereit, darunter die Spielhilfen und empfangsseitig die Filterresonanz, die Crossmodulation und Effektparameter. Eine Quelle kann dabei mehrere Ziele adressieren. Noch einfacher geht es, wenn man die Taste für die jeweilige Modulationsquelle drückt und einen beliebigen Parameter auf der Bedienoberfläche bewegt. Nachteil: Eine solche Modulation ist am Gerät nicht sichtbar. Definitiv aber gewinnt der Super 6 durch diese Verschaltungen signifikant weiter an Flexibilität.
Darüber hinaus lässt sich das Gerät über MIDI steuern und automatisieren, einschließlich MPE-Kompatibilität mit bis zu fünf Modulationsdaten pro Note!
In der Praxis geht das performanceorientierte Konzept für meine Begriffe auf. Der Super 6 (Firmware 1.2.1) überzeugt als spielbares Instrument mit direktem Zugang zur Klangformung, was ein hohes Maß an Spielspaß garantiert. Fader, Regler und Schalter sind griffig und praxisgerecht platziert. Konzeptbedingt stehen die Bedienelemente nach jedem Preset-Wechsel in falscher Position, was aber für die meisten Mitbewerber auch gilt. Ein Display vermisse ich abseits der Klangbenennungen tatsächlich eher nicht.
Hilfreich für die Performance sind die bisher unerwähnten Oktavschalter, das regelbare Portamento, die Stimmzuweisung mit konfigurierbarem Unisono-Modus, der Panel-Modus, Mastertune und -volume sowie Eingänge für Sustain- und Expressionpedale. Und schließlich gibt es auch einen feinen, extern synchronisierbaren Arpeggiator mit Swing-Funktion, der sich künftig auch als polyfoner, speicherbarer Step-Sequencer mit bis zu 64 Schritten nutzen lassen soll.
In puncto Klang verstehe ich den Super 6 nicht als Alleskönner, sondern als intuitives Musikinstrument. Dabei liefert er hervorragende Ergebnisse, insbesondere im Electronica-Bereich und in szenischen Genres. Flächen gelingen herrlich dicht und weich. Schon aus der Kombination aus digitaler Wellenform und modulierter Pulswelle entsteht eine ansprechende Klangfülle, die sich durch Chorus und Delay noch erweitern lässt. Seine volle Größe erreicht der Super 6 in der binauralen Betriebsart, die den Klang mit einer Lebendigkeit und Breite versieht, die man eher selten findet. Dennoch fällt dieser Modus eher dezent aus, und ich hätte keine Einwände gegen intensivere Variationen.
Rein analog klingt der Super 6 nicht, sondern durchaus eigenständig. Er bewegt sich zwischen real- und virtuell-analoger Klangwelt unter Einbezug digitaler Elemente. Klanglich wie konzeptionell grenzt er sich dabei von Mitbewerbern wie Novation Summit oder Waldorfs Quantum, aber auch den Klassikern ab – er ist eben kein Klon.
Auch das Tiefpassfilter klingt überzeugend. Die Resonanz ist prägnant, geht aber auch mit einem Pegelverlust einher. Entsprechend muss man den Sweetspot suchen, um Dröhnen zu vermeiden. Den Verzicht auf alternative Betriebsarten oder seichtere Flankensteilheiten finde ich schade. Auch weil das unterstützende Hochpassfilter mit 500 Hz recht hoch ansetzt und den Klang etwas zu deutlich verschlankt.
Generell fallen die Klänge nicht betont aggressiv aus, sondern eher rund, was selbst für die übersteuerten Filtermodi und die Crossmodulation gilt. Ein harmloser Weichspüler ist der Super 6 dennoch nicht, sondern er kann auch böse, modern und ungewöhnlich klingen sowie einen Lo-Fi-Touch erzeugen. Auch agiert der Synthesizer nicht betont perkussiv. So fallen Bässe zwar straff, aber eher wuchtig aus, erst recht im Unisono-Modus. Hier könnte eine optimierte Hüllkurvenskalierung helfen. Das gilt auch für längere Regelzeiten, die erst spät gegen Ende der Fader abrufbar sind.
Schließlich würde ich den Super 6 auch nicht als Effektspezialisten bezeichnen. Gleichwohl gelingen über die Modulationen ungewöhnliche Klänge, die sich stets ohne komplexe Programmierung umsetzen lassen.
Fazit
Mit dem Super 6 feiert Udo Audio einen überzeugenden Einstand. Ein hybrider, polyfoner Synthesizer, der insbesondere im Bereich der Flächen überzeugt und dabei bestens bedienbar ist. Der Preis von 2.600 Euro scheint mir angemessen, auch weil es sich um eine hochwertige Kleinserie aus überwiegend deutscher Fertigung handelt. Konzeptionell handelt es sich um einen Hybridsynthesizer, was für mich keine Abwertung darstellt, selbst wenn die digitale Wellenformensektion statisch ausfällt. Im Vergleich mit der Konkurrenz und rein analogen Instrumenten punktet der Super 6 durch Eigenständigkeit. Entsprechend sollte man ihn im Fachhandel gezielt aus probieren und die weitere Entwicklung beobachten.