Die Welt der Orchester-Libraries ist vielfältig und es scheint, als gebe es schon alles. Aber manchmal gibt es doch eine Neuerscheinung, die eine Lücke zu verschließen verspricht. Die neue Sample-Library “String Contours” von Strezov Sampling liefert natürliche dynamische Verläufe und Phrasierungen, die man über Notenwechsel hinweg spielen kann, ohne dass die Phrase jedes Mal von Beginn an getriggert wird. Das klingt vielversprechend.
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Aufgenommene Performances
Im Kern der Library stehen die sogenannten „Contours“. Statt hierfür nur einzelne Noten einzuspielen, wurden ganze Phrasen in verschiedenen Tempi aufgezeichnet, jeweils mit fester Länge und dynamischen Verläufen. Eine schlaue Engine im Hintergrund ermöglicht es, dass auch Melodien oder Akkordwechsel nahtlos gespielt werden können, ohne dass die Performance in ihrem Verlauf verlassen wird. Und das alles ohne umfangreiche MIDI-CC-Programmierung.
Der Library-Entwickler Robin Birner fasst den Ansatz auf unsere Nachfrage so zusammen:
“Realistische Phrasierung und Vibrato ist mit traditionellen Sampling-Methoden unerreichbar. Egal wie viele Samples man aufnimmt, sobald man zwischen Samples crossfadet, geht die Transparenz und Realismus einer Live-Aufnahme sofort verloren. String Contours setzt genau dort an und bietet jedem Komponisten die Möglichkeit, echte Live-Aufnahmen kinderleicht in Produktionen einzubauen und sie quasi “spielbar” zu machen. Anstelle von Dynamik Layern gibt es in unterschiedlichen Tempi aufgenommene Samples, welche je nach Sequenzer-Tempo automatisch von Kontakt ausgewählt werden. Dazu braucht man keine CC-Programmierung, um lebendig klingende Ergebnisse zu erhalten.“
Eine Besonderheit ist die Tempoanpassung: Jede Kontur wurde in drei verschiedenen Geschwindigkeiten (70, 100 und 130 bpm) aufgenommen. Kontakt wählt automatisch die passenden Samples basierend auf dem Tempo der Host-DAW aus und wird dann mithilfe von minimalem Timestretching weiter angepasst.
Wird innerhalb einer Kontur eine oder mehrere Noten gewechselt, fügt die Engine intelligent Releases und kontextuell aufgenommene Attacks zwischen den Noten ein, basierend darauf, wo und wie der Notenwechsel während des Verlaufs erfolgt. Das klappt erstaunlich gut und eröffnet bei Spielen tolle und kreative Möglichkeiten, die vorher umständlich programmiert werden mussten.
String Contours bietet die Sektionen aller Streicher (Violinen, Bratschen, Celli und Bässe) als separate Instrumente und zusätzlich Solo-Aufnahmen von einer Solo-Geige und einem Solo-Cello. Ein gesamtes Ensemble gibt es nicht.
Jedes der Instrumente verfügt über sieben Artikulationen:
Normale
Normale Espressivo
Sul Tasto
Loure
Tremolo
Sul Pont To Normale
Sul Pont Tremolo
Die Konsistenz der Artikulationen ist über alle Instrumente hinweg sehr gut gelungen. Die verschiedenen Spielweisen lassen sich in ihren dynamischen Verläufen weiter anpassen. Man kann jeweils bei der Einschwing- und Abklingphase zwischen ein oder zwei Takten Länge wählen (Contour Shape). Dies lässt sich auch per Keyswitch im Laufe der Komposition wechseln. Zusätzlich kann man wie sonst natürlich auch das Modwheel für weitere dynamische Anpassungen bemühen.
Klang und Aufnahme
Die Aufnahmen erfolgten im Sofia Session Studio A und bieten einen eher trockenen und schönen Klang. Drei Mikrofonpositionen stehen zur Verfügung: Close, Decca und AB. Zusätzlich gibt es einen vorbereiteten “Full Mix“, der Performance-schonend vorausgewählt ist. Das GUI hätte ich mit allerdings etwas „griffiger“ in der Bedienung gewünscht – vor allem beim Mixer. Aber das sind nur Details.
Der trockene Grundsound ermöglicht es, die Samples flexibel mit eigenem Reverb zu verfeinern, sie klingen aber auch „ab Werk“ schon rund.
Fazit
Die Stärke von String Contours zeigt besonders bei expressiven, fließenden Passagen. Die nahtlosen Übergänge zwischen Noten innerhalb einer Phrase gelingen ohne Aufwand und erzeugen einen sehr natürlichen, “gespielten” Eindruck.
Akkorde aufzulösen oder wechseln zu können, ohne den Fluss der Phrase zu unterbrechen, ist besonders und eröffnet neue kompositorische Möglichkeiten, die mit sonst nur schwer zu realisieren sind.
String Contours ist eine spezialisierte Library, die sich auf eine spezifische Aufgabe konzentriert: die realistische Wiedergabe von Streicherphrasen mit natürlicher Dynamik und Ausdruck auch bei Notenwechseln innerhalb der Phrase. Wer die Library „Chamber Evolutions von Olafur Arnalds bei Spitfire Audio mag, wird auch diese Library gern verwenden, erweitert um die neuen Möglichkeiten.
Sicherlich ist diese Library kein Kandidat für eine Erstausstattung mit Streicherklängen, ist für diesen speziellen Einsatzzweck aber eine sehr gute Wahl.
String Contours kostet regulär 249 € und ist bis zum 22. November 2024 zu einem Einführungspreis von 159 € zu bekommen. Nutzer der Afflatus Reihe des Herstellers können sich per Mail um ein Crossgrade-Rabatt bemühen. 55 GB Platz auf der SSD sollte man bereithalten.