Apogee ist seit jeher bekannt für erstklassige Wandler und professionelle Audio-Interfaces; daneben hat der US-Hersteller aber auch ein ganzes Portfolio an Produkten für anspruchsvolle Musiker und Consumer. Mit dem Symphony Desktop schließt sich nun diese Lücke: ein kleines, aber feines Audio-Interface für höchste Ansprüche. Und mit internem Processing für Preamp-Emulationen und mehr!
Man könnte glauben, Apogee hätte das Symphony Desktop als Reaktion auf die Corona-Krise entwickelt, die nun auch jene Musiker und Produzenten, die bislang lieber in professionellen Studios aufnahmen, nötigt, sich ein Homestudio aufzubauen. Tatsächlich hat Apogee seinen neuen Sprössling aber schon im Januar vorgestellt, was bedeutet, dass die Entwicklung lange vor der Pandemie anlief. Wenn ich mir das Symphony Desktop so anschaue, würde ich keck behaupten, dass der Auslöser seiner Entwicklung ein ganz anderer war, nämlich der wachsende Erfolg von Universal Audios Apollo-Interfaces. Schon optisch gibt es gewisse Parallelen. Die silberne Oberfläche erinnert an die ersten Apollo Twins, bevor UA (wie Apple) zu »Space Gray« wechselte. Zentrales Bedienelement ist auch bei Apogee ein großer Endlos-Drehregler. Und man setzt nun auch auf internes Processing mit Preamp-Emulationen und Plug-ins. Dazu später mehr!
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Rundgang
Apogee hat sich für ein Pultgehäuse im Querformat entschieden, denn das zweite zentrale Bedienelement ist ein Touchscreen in der linken oberen Ecke, der einen großen Teil der Oberfläche einnimmt. Bis auf den genannten Drehregler gibt es keine physischen Schalter oder Regler – warum auch? Alles lässt sich bequem und flexibel über den Touchscreen steuern, der gleichzeitig die Ein- und Ausgangspegel übersichtlich visualisiert. So lässt sich trotz eines großen Funktionsumfangs ein kompaktes Gerät realisieren: Das Apogee Desktop nimmt eine Stellfläche von 222 x 120 mm ein; am hinteren Ende ragt das Pultgehäuse 60 mm in die Höhe.
Bild: Dr. Andreas Hau
Das Apogee Symphony Desktop
verfügt über zwei Mic/Line/
Instrument-Inputs, zwei analoge
Main-Outs und TOSlink-Anschlüsse
für ADAT bzw. S/PDIF.
Zusätzlich zum frontseitigen
Kopfhöreranschluss gibt es
einen zweiten, separat adressierbaren
Miniklinken-Ausgang.
Bild: Dr. Andreas Hau
1 Dies ist quasi der Homescreen,
über den sich die Einund
Ausgänge anwählen und
über den Endlos-Drehregler
im Pegel steuern lassen.über den sich die Einund
Ausgänge anwählen und
über den Endlos-Drehregler
im Pegel steuern lassen.
Bild: Dr. Andreas Hau
2 Apogees »Alloy« Preamp-
Emulationen werden mit interner
DSP-Power berechnet und
lassen sich direkt am Gerät
per Touchscreen einstellen.
Bild: Dr. Andreas Hau
3 Die Neve-Emulation AP-66
hat wie der echte Neve 1066
einen Low-Impedance-Button,
der tatsächlich die physika -
lische Eingangsimpedanz
herabsetzt.
Zum Lieferumfang gehört der ECS Channelstrip, der künftig auch auf
dem internen DSP laufen soll, derzeit jedoch nur als VST/AU/AAXPlug-
in in der DAW.
Wie zu erwarten, sind alle Frequenzgänge nahezu perfekt linear. Bei
44,1 kHz reicht der Übertragungsbereich bis exakt 20 kHz. Das Ausgangsfilter
verursacht eine minimale Welligkeit in den obersten Frequenzen.
Bei einer Abtastrate von 96 kHz arbeitet das Ausgangsfilter immer noch
sehr steil, sodass bis über 40 kHz keinerlei Pegelabfall zu erkennen ist.
Selbst in der maximalen Abtastrate von 192 kHz arbeitet das Ausgangsfilter
steil, jedoch mit einer etwas anderen Charakteristik, die keine Welligkeit
nahe der Grenzfrequenz aufkommen lässt.
Das Klirrspektrum ist sehr sauber; die am stärksten vertretenen Harmonischen
K2 und K3 bleiben 117 dB unter Vollaussteuerung.
Die Röhren-Preamp-Emulation AP-57 verändert hörbar den Frequenzgang;
besonders auffällig ist ein kräftiger Höhen-Boost bei 16 kHz.
Bei höherer Aussteuerung geht der AP-57 deutlich hörbar in die Sättigung.
Bereits in niedriger Aussteuerung fügt die AP-57-Emulation künstliche
Obertöne hinzu.
Der AP-66 ist eine Emulation eines klassischen Früh-70er Preamp-Moduls
von Neve. Der Frequenzgang wird nur wenig beeinflusst.
Bei niedriger Aussteuerung fügt der AP-66 nur leichte Klirrartefakte hinzu.
Bei höherer Aussteuerung kommt hörbarer Crunch hinzu; dreht man noch
weiter auf, kann der AP-66 auch richtig in die Zerrung gehen.
+++ Klang und Audio-Performance auf Topniveau
+++ hervorragende Kopfhörerverstärker
+++ internes Processing
+++ gelungene Preamp-Emulationen
– derzeit noch nicht alle Funktionen implementiert
Latenz-Benchmarking
Hersteller werben gerne mit ultrakurzen Latenzen. Als Anwender möchte man aber nicht nur Audiofiles abspielen, sondern mit DAW-Software arbeiten und Plug-ins einsetzen, die eine gewisse CPU-Last bedingen. Entscheidend ist daher, ab welcher Latenzeinstellung man sorglos mischen und musizieren kann.
Eine praxisgerechte CPU-Last reproduzierbar erzeugen lässt sich fein dosierbar mit dem leistungshungrigen Edel-Softsynth DIVA von U-He. Um gleiche Testbedingungen zu garantieren, verwende ich stets dasselbe Preset »BS Beauty Pad« im besonders CPU-hungrigen »Divine«-Modus. Für jede Latenzeinstellung teste ich nun, wie viele der maximal 16 Voices ohne Audioaussetzer wiedergegeben werden können. Als Testplattform dient die jeweils neuste Cubase-Version, in diesem Fall Cubase Pro 10.5.