Es ist noch gar nicht so lange her, dass der französische Hersteller praktisch nur für Softsynths bekannt war. Nach und nach wurde das Portfolio in alle Richtungen sehr erfolgreich erweitert: MIDI-Keyboards, Hardware-Synthesizer, Effekt-Plug-ins und auch Audio-Interfaces. Die bislang im mittleren Preissegment beheimatete AudioFuse-Serie wird nun um preisgünstige Einsteigermodelle erweitert. Wir haben uns das MiniFuse2 angesehen, das sich anschickt, die Messlatte in seinem Marktsegment ein gutes Stück höher zu legen.
Drei Modelle hat die MiniFuse-Serie: MiniFuse 1 mit nur einem Mic/Line/Instrument-Eingang, MiniFuse 2 mit deren zwei. Das MiniFuse 4 mit zwei Mic/Line-Inputs plus zwei weiteren Line-Eingängen sowie vier Line-Outputs soll 2022 folgen.
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Schauen wir uns das »Größte der Kleinen« an, das bereits lieferbar ist, das MiniFuse 2. Neben dem Preis von nur 149 Euro sind auch die sehr guten technischen Daten verlockend – die wir natürlich überprüfen werden. Weiter gesteigert wird die Attraktivität durch hochwertige Bundle-Software.
Ausgepackt
Das Arturia MiniFuse 2 kommt in einer erstaunlich kleinen Kartonverpackung. Das Interface selbst fällt durch sein eigentümliches Format auf. Höhe und Breite sind mit 198 x 40 mm im üblichen Bereich; ungewöhnlich ist die geringe Tiefe von nur 87 mm (ohne Potis). Unser Testgerät ist vollständig schwarz; die modebewussten Franzosen bieten alternativ auch eine schneeweiße Version an.
Die beiden Eingänge in Form von Combobuchsen befinden sich leicht zugänglich auf der Gerätefront. Mit XLR-Stecker belegt, landet man im Mikrofoneingang, mit einem Klinkenstecker im Line-Input (symmetrisch). Durch Drücken des darunter liegenden Buttons mit Gitarren- Icon wandelt sich der Line-Input (Impedanz 16 kOhm) zum Instrument-Input mit hoher Eingangsimpedanz (1,1 MegaOhm). In allen drei Modi haben die Gain-Potis einen Regelbereich von 56 dB. Zum Betrieb von Kondensatormikrofonen lässt sich 48-Volt-Phantomspeisung für beide Eingangskanäle gemeinsam zuschalten. Eine simple Aussteuerungsanzeige ist in den Reglerknöpfen untergebracht: Eine Multi-Color-LED leuchtet bei anliegenden Signalen türkis und wechselt auf Rot, sobald sich der Eingangspegel der Aussteuerungsgrenze nähert.
Der Ausgangspegel wird ein bisschen detaillierter angezeigt. Zwei LED-Ketten mit je sechs Elementen visualisieren den Pegel und warnen mit Orange bzw. Rot vor Übersteuerungen der Wandler. Über den großen Monitor-Knopf lässt sich der Ausgangspegel der rückseitigen Analog-Outputs einstellen, sodass man (aktive) Monitorlausprecher direkt anschließen kann, ohne auf einen Monitor-Controller zurückgreifen zu müssen. Ein Mix-Regler, der zwischen den Input-Signalen und dem DAW-Signal stufenlos überblendet, gestattet es, im Handumdrehen einen Monitor-Mix für Overdubs einzustellen. Der Mix-Regler wirkt sowohl auf die rückseitigen Analog-Outputs als auch auf den Kopfhörerausgang auf der Gerätefront. Ein zusätzlicher Schalter »Direct Mono« sorgt dafür, dass die Signale der Eingangskanäle nicht links und rechts gepannt werden, sondern in der Stereomitte landen. Das betrifft nur den Monitorweg, nicht die Aufnahme. Ein typischer Anwendungsfall wäre eine (Mono-)Gesangsaufnahme, wo man die eigene Stimme üblicherweise nicht nur auf einer Kopfhörermuschel hören möchte.
Auf der Rückseite befinden sich die bereits angesprochenen Analogausgänge, an die man üblicherweise seine Monitorlautsprecher anschließen wird. Fast schon luxuriös bei einem Interface dieser Größe sind MIDI-Anschlüsse im altbekannten 5-Pol-DIN-Format. Mit dem Computer kommuniziert das MiniFuse2 über USB. Der Port ist im neuzeitlichen USB-C-Format ausgeführt, arbeitet aber mit dem herkömmlichen USB-2.0-Protokoll – alles andere wäre für zwei Ein- und Ausgänge plus ein paar MIDI-Bytes auch völlig überdimensioniert. Sehr praktisch ist der zusätzlich integrierte Hub-Anschluss im USB-A-Format. Hier kann man z. B. ein USB-Keyboard anschließen oder auch einen Speicher-Stick oder einen Kopierschutzstecker. Die einzige Einschränkung ist, dass das angeschlossene USB-Device nicht mehr als 250 mA Strom ziehen sollte. Denn das MiniFuse 2 arbeitet ohne eigenes Netzteil, ist also selbst auf den USB-Speisestrom angewiesen, der bei USB 2.0 nicht üppig bemessen ist.
Kontaktaufnahme
Die Systemanforderungen sind moderat. Das Arturia MiniFuse läuft an Macs ab OS X 10.10 und PCs ab Windows 7 SP1 (64 Bit). Nettes Feature, gerade für Einsteiger: Beim ersten Einstöpseln meldet sich das MiniFuse2 als USB-Speicher; darauf befindet sich ein Link zur entsprechenden Arturia-Seite, wo man die Installationsdateien findet und per Videos durch die Inbetriebnahme geleitet wird. Die Installation verlief problemlos auf beiden Testsystemen, einem MacBook Pro 15 Zoll (late 2016, macOS 10.15.7, Core i7 @ 4x 2,7 GHz, 6 GB RAM) und einem Windows 10 64-Bit-Rechner (Core i9 9900k Achtkern-CPU, 64 GB RAM).
Mit den Treibern wird das Arturia MiniFuse Control Center installiert, das alle Betriebszustände anzeigt, im laufenden Betrieb aber von untergeordneter Bedeutung ist, da die wenigen Funktionen auch am Gerät erreichbar und mit Status-LEDs ausgestattet sind. Daneben dient das MiniFuse Control Center auch dem Einspielen von Firmware-Updates, was im Testzeitraum gleich zweimal passierte. Bei bestehender Internetverbindung wird angezeigt, sobald ein Update verfügbar ist; das Aufspielen der neuen Firmware dauert nur wenige Sekunden.
Wie eingangs angesprochen, gehört ein attraktives Software-Bundle zum Lieferumfang. Von Arturia gibt es Analog Lab Intro mit vielen Keyboard-Sounds aus Arturias V Collection sowie hochwertige Effekte: Delay TAPE-201 (Roland RE201 Emulation), Reverb PLATE-140 (EMT-Hallplatten-Emulation), Chorus JUN-6 (Emulation des Roland Juno-Chorus) sowie die Preamp/EQ-Emulation Pre 1973 (nach Vorbild des Neve 1073). Von Native Instruments gibt’s zusätzlich Guitar Rig 6 LE. Dazu kommt Ableton Live in der Lite-Version. Abgerundet wird das Paket durch Voucher-Codes für je drei Gratis-Monate bei Splice.com und Auto-Tune Unlimited.
Die Treiber erreichen eine mehr als ordentliche Niedriglatenz-Performance. Auf meinem MacBook Pro arbeitet das MiniFuse 2 bereits in der niedrigsten Puffereinstellung (32 Samples) ohne Aussetzer. Den DIVA-Test mit allen 16 Voices (siehe Kasten »Latenz-Benchmarking « auf Seite 29 in diesem Heft) bewältigt das MiniFuse 2 ab dem 64-Samples-Setting mit Ein- und Ausgangslatenzen von 4,76 bzw. 4,56 ms. Auf meinem – deutlich CPU-stärkeren – Windows-PC kann das MiniFuse 2 alle 16 DIVA-Voices bereits in der kleinsten Puffereinstellung von nur 8 Samples ohne Dropouts wiedergeben. Dazu kommen aber weitere interne Puffer durch den »Safe Mode«, den man aktiviert lassen sollte, da er die Performance spürbar optimiert und nur wenig zusätzliche Latenz verursacht. Die von Cubase gemeldeten Ein- und Ausgangslatenzen betragen 1,69 ms bzw. 2,49 ms. Wobei die Ausgangslatenz bis zum 64-Samples-Setting nicht weiter ansteigt. Somit ist auch auf weniger rechenstarken PCs eine sehr gute Niedriglatenz-Performance gegeben. Wer sich nun wundert, dass das MiniFuse 2 exakt das gleiche Niedriglatenzverhalten an den Tag legt wie das in diesem Heft ab Seite 32 getestete Apogee Duet 3: Mittlerweile lassen viele Hersteller ihre Windows-Treiber von einer darauf spezialisierten Firma aus deutschen Landen programmieren.
In der üblichen Abtastrate von 44,1 kHz bleibt der Frequenzgang über den gesamten
Hörbereich schnurgerade.
Bei einer Abtastrate von 96 kHz arbeitet das Ausgangsfilter etwas sanfter; der Übertragungsbereich
erstreckt sich bis über 40 kHz.
In der höchsten Abtastrate von 192 kHz wird der theoretisch mögliche Übertragungsbereich
nicht vollständig ausgenutzt.
Das Klirrspektrum wirkt recht sauber für ein so preisgünstiges Audio-Interface mit
Bus-Speisung. Mittels Noise Shaping wird Rauschen in unhörbare Frequenzen verlagert.
Audiotechnik
Der Hersteller wirbt mit sehr guten technischen Daten: Der Dynamikumfang soll 110 dB betragen, zumindest eingangsseitig, Ausgangsseitig sind 107,5 dB spezifiziert. Die Gesamtverzerrungen sind mit 0,001 % angegeben. Nachgemessen habe ich wie immer im Loop-Verfahren, d. h., die Ausgänge wurden mit den Eingängen verbunden, sodass die Testsignale sowohl die DA-Wandler als auch die AD-Wandler durchlaufen. Der so ermittelte Dynamikumfang betrug 107,1 dB – das entspricht in etwa den Herstellerangaben, da im Loop-Verfahren ja doppelt gewandelt wird. Die gemessenen Gesamtverzerrungen liegen mit 0,00049 % sogar deutlich unter den Herstellerwerten. Die prominenteste Klirrkomponente ist K3 bei –105 dBFS. Zwar können die teureren AudioFuse-Interfaces von Arturia mit noch etwas besseren Werten aufwarten, aber in dieser Preisklasse ist Arturia ganz vorne mit dabei.
Auch an den Frequenzgängen gibt es nichts zu bemängeln. In den üblichen Abtastraten von 44,1 bzw. 48 kHz ist der Plot ein gerader Strich bis zur Grenzfrequenz. In höheren Abtastraten arbeitet das Ausgangsfilter ein wenig weicher, was dem subjektiven Klang zugutekommt.
Praxis
Das MiniFuse 2 überrascht mit sehr rauscharmen Mikrofon-Preamps. Arturia spezifiziert das Eingangsrauschen mit –129 dB-A, was ein ungewöhnlich guter Wert ist für ein so preisgünstiges und noch dazu busgespeistes Audio-Interface. In der Praxis lassen sich selbst notorisch pegelschwache dynamische Mikros wie das beliebte Shure SM7B rauscharm betreiben. Die maximale Vorverstärkung von 56 dB Gain scheint zunächst knapp bemessen. Da aber die Aussteuerungsgrenze der Wandler recht niedrig angesetzt wurde, genügt das zur Verfügung stehende Gain zur Vollaussteuerung auch bei »leisen« Mikrofonen. Die Phantomspeisung für Kondensatormikrofone sollte man bei bus-gespeisten Audio-Interfaces immer überprüfen. Mit gemessenen 44,9 Volt hält das MiniFuse 2 die P48-Spezifikation (48 Volt ±4 Volt) nur knapp ein. Beim Maximalstrom von 13,4 leistet sich das MiniFuse 2 keinen Patzer, das sind es einige Milliampere mehr als gefordert. Somit sollte jedes phantomgespeiste Mikro ordnungsgemäß funktionieren.
Im praktischen Betrieb erweist sich das MiniFuse 2 als sehr leicht bedienbar. Einen Monitor-Mix kann man sich über den Mix-Regler buchstäblich im Handumdrehen einstellen, ohne dafür einen Software-Mixer bemühen zu müssen. Erfreulich ist, dass das Mix-Poti etwas weniger Pegeldämpfung in der Mitte des Regelwegs aufweist als bei manch anderem Audio-Interface. Auch ist der Kopfhörerausgang recht kräftig für ein busgespeistes Audio-Interface. So kommt man auch bei nicht gemasterten Aufnahmen bzw. bei Overdubs auf einen praxisgerechten Abhörpegel; zumindest solange man einen einigermaßen »lauten« Kopfhörer verwendet (d. h. mit niedriger Impedanz und hoher Empfindlichkeit). Der preisgünstige Austrian Audio Hi-X15 (Test in dieser Ausgabe ab Seite 44) hat mit dem MiniFuse 2 bestens harmoniert.
Fazit
Das Arturia MiniFuse 2 ist ein durchdachtes, sehr leicht bedienbares Audio-Interface, mit dem auch Einsteiger und Laien schnell zurechtkommen dürften. Hervorzuheben ist die für diese Preisklasse sehr gute technische Qualität: Die Wandler bieten eine hohe Dynamik und arbeiten ungewöhnlich verzerrungsarm. Noch wichtiger ist, dass die Mikrofonvorverstärker sehr rauscharm agieren – das ist bei busgespeisten Audio- Interfaces nur selten der Fall. Sogar pegelschwache dynamische Mikros wie das beliebte Shure SM7B lassen sich am MiniFuse 2 problemlos betreiben. Weitere handfeste Argumente sind der vergleichsweise kraftvolle Kopfhörerausgang und der Hardware-Mix-Regler sowie die im Lieferumfang enthaltene Software, mit der man sofort loslegen kann. Das MiniFuse 2 ist ein rundum gelungenes Starterpaket, mit dem man lange Spaß haben wird. Zumal Arturia 5 Jahre Garantie gewährt! Très charmant!
Unsere Meinung:
+++ extrem simple Bedienung
+++ rauscharme Preamps
++ sehr gute Wandler für diese Preisklasse
++ sehr gutes Preis/Leistungs-Verhältnis
++ 5 Jahre Herstellergarantie