Taschenmesser von der Schweizer Grenze

Audio-Interface Arturia AudioFuse im Praxis-Test

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Pünktlich vor Torschluss liefert mir der Paketbote das heiß erwartete AudioFuse USB-Interface. Arturia hatte den Termin der Veröffentlichung bisher mehrfach verschoben. Nach einem Sneak Preview auf der Musikmesse 2017 tauchte es wieder unter, mit der Ankündigung: »Irgendwann diesen Sommer wird es da sein.« Seither wartet die Audiowelt gespannt auf das erste Audio-Interface des französischen Herstellers. Jetzt steht es also vor mir und ist bis oben hin vollgepackt mit Features.

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Es scheint mir, als habe Arturia hier einfach an wirklich alles denken wollen, vielleicht liegt es auch an der Nähe zur Schweiz, denn es scheint das Prinzip »Schweizer Taschenmesser« zu gelten. Wie beim Messer versteckt sich hier im Inneren alles, was man benötigt, um im Studio oder in der freien Natur zu überleben – bzw. um dort Gesang aufzunehmen – oder etwas vom Plattenspieler zu sampeln.

Äußerlich kommt das kompakte Gerät im robusten Metallgehäuse daher, der Formfaktor erinnert an den Mac mini, farblich hat man die Wahl zwischen den Geschmackssorten Classic Silver, Spacey Grey oder, wie beim Testgerät, Deep Black. Das zweiteilige Gehäuse besteht aus dem eigentlichen Interface und seinem Deckel, der entweder als Unterbau oder als Schutzkappe dient. Sehr praktisch, denn so bietet der Deckel im Studio und on the road Schutz vor klassischen Gefahren wie Staub oder Feuchtigkeit.

Das alte rein-raus-Spiel

Auf der Rückseite finden sich die Anschlussmöglichkeiten mit Dreifach-USB-Hub, MIDI-In/Out, zwei Insert-Wegen, Monitor-A/B-Out und dem RIAA-Phono-Verstärker. Hier hat Arturia mitgedacht, denn durch den Phono-Eingang löst sich zumindest mein aktuelles Problem: Das Thema »Vinyl-Sammlung digitalisieren« ist komplex und im Zuge des Vinyl-Revivals absolut gut getimed. Der eingebaute Phono-Verstärker mit Masseschraube lässt mich meinen Plattenspieler direkt aufstecken, womit ich mir einen ganzen Berg an möglichen Fehlerquellen und eine gehörige Portion Kabelsalat im Studio erspare.

Vorderseitig sind zwei XLR-Kombibuchsen und die Kopfhörer-Outs verbaut, jeweils als große und kleine Klinke. Eigentlich ein unspektakuläres Detail, welches aber mit Sicherheit die eine oder andere Session im Freien retten wird, denn gerade hier fällt der Satz »Haste mal ’ne Kleine-auf-Große-Klinke?« mit einer höheren Wahrscheinlichkeit.

Die XLR-Kombibuchsen können als Hi-Z-Instrumenten- oder Mikrofoneingang mit zuschaltbarer Phantomspeisung genutzt werden. An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass der Hersteller diskrete Signalwege mit jeweils einem dezidierten Line- und MicPre-Amp pro Kanal verbaut. Arturia nennt diese Technik »Discrete-PRO«, und laut Hersteller lassen sich hierdurch Werte für den Rauschabstand und Klirrfaktor erzielen, die eigentlich eher in teureren Wandlern zu finden sind.

Unter Kontrolle

Auf der Bedienoberfläche des Interfaces tummeln die wichtigsten Bedienelemente. Arturia fährt hier eine andere Strategie als die Konkurrenz, denn wo RME, Apogee & Cover – suchen, möglichst viele Funktionen auf einen Regler zu reduzieren, gehen die Franzosen den entgegengesetzten Weg und spendieren jeder Funktion genau einen Regler. Zwar ergibt sich aus diesem Ansatz eine große Fülle an Knöpfen und Drehreglern, anderseits erübrigen sich hierdurch Doppelbelegungen: What you see/press is what you get. Wenn ich von Monitor A zu B wechseln möchte, drücke ich eben den korrespondierenden A/B-Knopf und muss nicht durch irgendwelche Ebenen steppen − sehr erfrischend.

Zentral auf dem Bedienfeld finde ich den (leider gerasterten) Hauptregler für die Abhörlautstärke, mit den kleineren Tastern lassen sich die Phantomspeisung aktivieren, die Phase drehen sowie Pad- und Input-Signal auswählen. Haptisch gefallen mir die Drehregler nicht. Ich finde, hier hätte man etwas hochwertigere Regler verbauen können, denn ansonsten wirken die übrigen Bauteile sehr stabil. Zwei Highlights in diesem Bereich sind der Mono-Taster, um den Mix mono zu schalten, und der sogenannte Arturia-Button, mit dem die Mixer-Software in der DAW geöffnet werden kann.

Wird der runde Arturia-Button links oben gedrückt, öffnet sich die Mixer-Software im Rechner — kleiner Kniff mit großer Zeitersparnis.

Fazit

Arturia schlägt mit dem AudioFuse mehrere Fliegen mit einer Klappe oder, um bei dem Schweizer Taschenmesser vom Anfang zu bleiben, hat einfach jedes Werkzeug mit an Bord. Ob Pre-Amp, Phono-Verstärker, Monitor-Controller, USB-Hub, MIDI- oder eben als Audiowandler, das AudioFuse überzeugt in allen Teildisziplinen und bietet eine Vielzahl an durchdachten Features, die man in der Preisklasse bei der Konkurrenz vergebens sucht.

Für einen Straßenpreis von knapp 600,– Euro bietet Arturia ein USB-Audio-Interface, welches auf allen gängigen Betriebssystemen (OSX, WIN, Linux, iOS, Android) läuft und dank der hohen Konnektivität alle erdenklichen Tools für den Heimgebrauch und unterwegs bietet − das Warten hat sich also gelohnt.

Hersteller/Vertrieb: Arturia / Tomeso

UvP/Straßenpreis: ca. 619,− Euro / ca. 600,− Euro

www.arturia.com


+++ hohe Konnektivität

+++ Phono-Verstärker

+++ Mixer-Button

– Qualität der Drehregler

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