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Audio Modeling Swam Bundles – Physical-Modeling-Instruments im Test

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Die Performance eines expressiv gespielten Saiteninstruments auf einer Klaviatur überzeugend simulieren zu wollen, kann entweder sehr aufwendig, frustrierend oder im schlimmsten Fall beides zugleich sein. Genau diesem Umstand hat sich eine noch recht junge, italienische Firma namens »Audio Modeling« angenommen, und ihr Name ist Programm: Die Sounds ihrer Software-Instrumente werden mittels Physical Modeling erzeugt.

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Die physikalischen Modelle der virtuellen Instrumente von Audio Modeling basieren auf der hauseigenen SWAM-Technologie (Synchronous Waves Acoustic Modeling), die in derzeit drei Geschmacksrichtungen für folgende Klangerzeugungen eingesetzt wird: SWAM-B für Blechbläser, SWAM-S für Streicher und SWAM-W für Holzbläser (inklusive Saxofone). Einzig bei den Holzbläsern wurde ein anderer Ansatz gewählt. Hier erklingen für die reine Tonerzeugung Samples – die Resonatoren, also alles hinter dem Mundstück, sind wiederum komplett auf Basis von Physical Modeling realisiert. Das ist noch ein Relikt aus alten Tagen, überzeugt allerdings in der Soundqualität immer noch derart, dass es die Zeit bisher unbeschadet überdauert hat.

Alle SWAM-Modelle bilden bis dato ausschließlich Soloinstrumente ab. Blech und Holz sind also mono fon, bei den Streichern lassen sich allerdings auch, wie im echten Leben, zwei Saiten gleichzeitig spielen, was mehr als nur ein Gimmick ist, weil sich dadurch die bei Streichern nicht selten vorkommenden Doppelgriffe realisieren lassen.

Jedes Instrument kommt im hauseigenen Player daher. Hier ist eine ganze Menge verschiedener Instrumente zusammengekommen. Bei den Streichern bleibt es mit Violine, Bratsche, Cello und Kontrabass noch übersichtlich, während beim Holz zwei Klarinetten und dann jeweils vier Saxofone, Flöten und Doppelrohrblattinstrumente am Start sind. Beim Blech gibt es jeweils fünf Trompeten und Posaunen sowie drei Tuben und zwei Hörner. Erfreulich, dass hier auch exotischere Instrumente wie Flügelhörner, Kontrabassposaune oder ein Euphonium dabei sind.

Nach dem Laden eines Instruments muss zunächst die Controller-Zuweisung erfolgen, damit auch was zu hören ist. Bei allen SWAM-Instrumenten ist die exzessive Verwendung zumindest des Expression-Controllers ein Muss. Erfreulicherweise finden sich hier über 20 MIDI-Mapping-Presets, die vom Standard-MIDI-Keyboard über eine ganze Menge von Wind- bis hin zu MPE-Controllern reicht. Wer kein passendes Preset findet, kann die Zuweisung auch manuell über eine Matrix erstellen.

Die Hauptansicht der SWAM-Instrumente – hier bei der Trompete – gibt den Überblick über die wichtigsten Parameter.
Unter der Haube geht das Feintuning richtig zur Sache. Mehrere Reiter erlauben es das physikalische Modell nach den eigenen Vorlieben zu beeinflussen, wie etwa hier beim Spielverhalten.
Streicher und Holz haben jeweils ihre eigenen, spezifischen Einstellungen, die zusätzlich verschiedene Varianten des physikalischen Modells zur Verfügung stellen und einen unterschiedlichen Grundsound mitbringen.

Sound

Wie klingen denn nun die synthetisch generierten Sounds? Nun, teilweise wurde ich schlicht und ergreifend weggeblasen. Vor allem das Blech hat es mir hier angetan, das einfach unverschämt gut und authentisch klingt. Aber auch die Streicher und das Holz müssen sich keineswegs verstecken! Natürlich steht und fällt alles mit dem verwendeten Controller, und sicherlich können mit den entsprechenden Wind-Controllern noch mehr Details und authentischere Spielweisen aus den Blech- und Holzbläsern rausgeholt werden, als ich das per MPE konnte. Aber was sich mir hier schon allein mit meinem Seaboard bot, war einfach nur ganz großes Kino. Auch die Flexibilität der Sounds überrascht und macht die meisten Instrumente zur Allzweckwaffe, weil sie sich oft durch unterschiedlich klingende Varianten der Physical-Modeling-Modelle auch für Musik jenseits der Klassik verwenden lassen.

Die Blechbläser klingen durch die Bank hervorragend und lassen sich sehr flexibel und dynamisch spielen. Sie haben einen schönen Ansatz, auch Growls und Flatterzunge lassen sich nahtlos integrieren, falls erforderlich. Richtig gut gefällt mir beim Blech und auch den anderen Instrumenten, dass die typischen Falls authentisch klingen und nicht gepitcht. Ein echtes Highlight ist übrigens die Integration der Dämpfer. Hier stehen Straight-, Harmon-Wah-, Cup-Wah- und Hand-Mutes zur Verfügung.

Die Sounds der kompletten Holzbläser sind ebenfalls über jeden Zweifel erhaben. Hier erklingen detailreiche, charakterstarke Sounds, die mit verschiedenen Modellvarianten eine große Vielfalt bieten. Die Luftkomponente im Sound ist durch die Bank gut hör- und separat regelbar, was vor allem den Saxofonen, aber auch dem Rest des Holzes sehr gut zu Gesicht steht. Meiner Meinung nach hätten die Saxofone gern noch eine Dynamikstufe drauflegen können. Ein richtig cooles Feature, das mir besonders bei den Flöten sehr gut gefällt, ist die Möglichkeit des Überblasens. So bewegt man sich ruckzuck in Soundgefilden von Jazz, ethnischen Instrumenten oder man hört Jethro Tull aus der Ferne grüßen.

Die Streicher haben einen sehr soliden Eindruck hinterlassen, aber nicht unbedingt den Aha-Effekt wie z. B. das Blech oder Holz. Das lag aber nicht an zu wenigen Optionen oder Artikulationen. Es ist eher der Sound, der meiner Meinung nach noch eine leicht künstliche Komponente erahnen bzw. manchmal die Details vermissen lässt, die Samples noch mit sich bringen. Ich hatte den Eindruck, dass die Komponente der Tonerzeugung, also da, wo der Bogen auf der Saite den Klang erzeugt, noch ein wenig klinisch daherkommt. Besonders beim Kontrabass ist hier und auch beim gesamten Instrument eine gewisse Sterilität wahrnehmbar. Das sind allerdings Details. Es ist trotzdem beachtlich, wie gut die Streicher klingen und vor allem wie flexibel sie sich spielen lassen. Sehr schön sind die differenzierten Parameter, die direkten Einfluss auf den Klang nehmen, wie der Bogendruck (von Flautando bis Scratch), dessen Position usw., und auch, dass z. B. Con Legno, Con Sordino, Pizzicato, temposynchronisierbares Tremolo, Harmonische und vieles mehr an Bord sind.

Praxis

Es ist schon sehr erstaunlich, wie ausdrucksstark sich die SWAM-Instrumente spielen lassen. Kommt man aus der Welt der Keyswitsches, um zwischen Artikulationen umzuschalten, so tut sich hier eine komplett neue Welt auf: einfach drauflos spielen! Denn die Artikulationen werden automatisch aufgrund der momentanen Spielweise umgeschaltet, und das klappt hervorragend. Triller, Bendings, Falls, etc. lassen sich problemlos realisieren und sind wahnsinnig authentisch. Auch die Übergänge von verschiedenen Parametern, wie Bogendruck, Überblasen, Growl etc. sind alle absolut unauffällig. Man hört eben nicht, wie ein Sample ins nächste gefadet wird, sondern man hat den Eindruck, alles entwickelt sich aus dem momentanen Sound. Aufgefallen ist lediglich, dass es oftmals nicht möglich war, ein sehr lautes Staccato zu erzeugen.

Erfreulich ist, dass meist schon sehr brauchbare Presets vorhanden sind, garniert mit rudimentärem Hall, EQ und Kompressor. Das Arbeiten mit den SWAM-Instrumenten ist also ein echter Timesaver. Zu beachten ist dabei allerdings, dass auch eine Menge Daten aufgenommen werden, die ein späteres Editieren natürlich auch wiederum viel aufwendiger machen. Also lieber direkt gut einspielen! Don’t fix it in the mix …

Fazit

Ich bin begeistert. Einerseits von der Flexibilität der Instrumente, aber das hätte ich bei Physical Modelling auch erwartet. Was ich allerdings nicht erwartet habe, ist eine derart hohe und authentische Soundqualität und hervorragende Spielbarkeit, ohne auf Keyswitches angewiesen zu sein. Vor allem das Blech der SWAM-Reihe setzt für mich neue Maßstäbe beim Simulieren ausdrucksstarker Solo-Instrumente. Aber auch die restlichen Instrumente haben eine sehr hohe Detailtreue, die zwar bei den Streichern ein wenig abnimmt, aber immer noch überzeugt. Die Ausdrucksmöglichkeiten und eine instrumententypisch überzeugende Spielweise sind es nämlich, die meiner Meinung nach die Illusion eines echten Instrumentes erzeugen, anstatt das letzte Quäntchen Realismus im Sound. Und hier liegt definitiv die Stärke aller SWAM-Instrumente.

Dass die Instrumente auch für Stile jenseits der Klassik geeignet sind, komplettiert das überaus positive Gesamtbild. Jetzt warte ich nur noch auf die polyfonen Ensemble-Versionen – zumindest auf der Roadmap sind sie für 2023 vermerkt.


Hersteller/Vertrieb: Audio Modeling

Download-Preise
Solo Brass Bundle: 600,– Euro
Solo Strings Bundle: 360,– Euro
Solo Woodwinds Bundle: 750,– Euro
All In Bundle: 1.400,– Euro

Einzelne Instrumentenfamilien:
120,– / 170,– / 250,– Euro

Internet: www.audiomodeling.com

Unsere Meinung:
+++ Flexibilität
+++ Sound
+++ Spielbarkeit & Controller-Einbindung
– Streichersound teilweise ein wenig steril

 

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