Drama, Baby! - Drumloops mit Filmmusik-Charakter

AudioBro LA Drama Drums – Cinematic Percussion-Library für Kontakt

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Drummer
(Bild: Matthias Zerres)

 

AudioBro, besser bekannt als die akronymfreudigen Macher der viel beachteten LASS-Reihe (LA Scoring Strings), bringen nun ein Produkt auf den Markt, das ganz linientreu auf den Namen LADD hört: LA Drama Drums. Hatte nicht letztens die erste Drum-Library 100-jähriges Jubiläum …? Nein, ernsthaft: Es stellt sich die Frage, ob die Welt wirklich noch eine Drum-Library braucht. Aber gilt das auch für eine Library von Audiobro, die speziell auf die Bedürfnisse von Filmkomponisten zugeschnitten ist?

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Um es kurz zu machen: Ja, die Welt braucht LADD! Und zwar vor allem die der Filmkomponisten, um wiederum deren Welt effektiver zu machen. Denn wenn Deadline und Peitsche des Produzenten bereits in spürbarer Nähe sind bzw. die zu komponierende Musik von Anfang an in einem ungünstigen Verhältnis zur zur Verfügung stehenden Zeit steht, ist es mehr als wünschenswert, Strecke zu machen und vor allem dafür gute Tools an der Hand zu haben, die effektives Arbeiten ermöglichen.

Hier zunächst ein Klangbeispiel von den AudioBro LA Drama Drums:

1: Einzelner Sequenzer-Loop, zuerst ohne, dann mit Key-FX

00:00 – 00:34

Mit Key-FX: 00:37 – 01:13

2: Hits: Loose Bass Drum & Rims & FX

01:14 – 01:54

3: Power Toms: Verschiedene Sequenzer-Loops kombiniert, Dynamik per Modwheel

01:58 – 02:39

4: Pad: Zuerst ohne, dann mit Key-FX

02:45 – 03:45

Mit FX-Key: 03:48 – 04:48

5: Cymbals Hits+Cresc+FX: Verschiedene Sequenzer-Loops kombiniert

04:54

 

Es ist kein Geheimnis, dass kostbare Zeit gespart werden kann, wenn den Drums und Percussions im Hintergrund eines Cues, getreu dem Motto »Set&Forget«, weniger Beachtung geschenkt und dafür den im Vordergrund stehenden, melodischen und harmonischen Elementen mehr Aufmerksam gewidmet wird. Besteht aber die zu komponierende Filmmusik hauptsächlich aus perkussiven Elementen, wie es gerne in actionreichen Szenen oder Verfolgungsjagden der Fall ist, und steht damit im Vordergrund, hat man bei entsprechender Zeitnot ein echtes Problem. Denn überzeugende, temporeiche Drumtracks zu produzieren, die solch ereignisreichen Szenen mit all ihren dramaturgischen Wendungen gerecht werden, erfordert einiges an Aufwand und damit auch an Zeit. Genau hier setzten die LA Drama Drums an und versprechen, dem Dilemma ein undramatisches Ende zu setzen.

 

WELCOME TO THE MACHINE (of AudioBro LA Drama Drums)

Die Oberfläche von LADD sieht aus, als hätte sie Indiana Jones höchstpersönlich geschnitzt, und entführt in eine Welt voller Überraschungen − allerdings eher musikalischer und technischer Art. Schnell lässt sich die Komplexität des Instruments erahnen, wenn man sich durch all die Dropdown-Menüs, Buttons und Tabs klickt, die immerfort neue, meist sehr durchdachte Funktionen feilbieten. Erfreulicherweise ist trotz all der Vielschichtigkeit nur eine kurze Einarbeitungszeit nötig, um das Instrument zu verstehen und zufriedenstellend damit zu arbeiten. Das sehr ausführliche und sogar in deutscher Übersetzung vorliegende Handbuch hilft hierbei hervorragend, vor allem durch die verschiedenen Online-Videos, die bestimmte Kapitel sehr schön vertiefen.

Beschäftigt man sich ein wenig mehr mit LADD, stellt man schnell fest, dass das Instrument äußerst durchdacht ist und von Filmkomponisten für Filmkomponisten gemacht wurde. Dabei ist ein 88-Tasten-Keyboard Pflicht, um das ganze Potenzial nutzen zu können, denn die meisten Instruments belegen die Klaviatur fast vollständig. So sind in der tiefsten Oktave standardmäßig zwölf sogenannte Trigger-FX einfach per Tastendruck anwählbar, die in Echtzeit und ohne Nebengeräusche diverse Mixer-Snapshots mitsamt Effektketten und gleichzeitig noch Filter- und Tuner-Einstellungen umschalten. Uff! Das Ganze führt dann erfreulicherweise zu äußerst unterschiedlichen und höchst brauchbaren Ergebnissen.

Womit der Mixer gefüttert wird, entscheidet sich in den Oktaven darüber: In der nächsthöheren Oktave stehen grundsätzlich acht unterschiedliche, oftmals abwechslungsreiche Sequenzen bereit, die einem sehr mächtigen Patternsequenzer entlockt werden − der bis zu 128 Steps und 12 Instrumente umfassen kann – und dabei auch gerne mal über 16 oder 32 Takte gehen. Langeweile oder Loopcharakter kommt hier so gut wie nie auf, die Sequenzen sind entsprechend gut und abwechslungsreich programmiert. Die darüber liegenden Oktaven feuern dann entweder Loops, Hits oder beides ab. So weit, so hervorragend.

 

 

AUDIOBRO LA DRAMA DRUMS IM ARBEITSEINSATZ

Wenn es darauf ankommt, lernt man LADD schnell als treues und erfahrenes Arbeitspferd schätzen, das zuverlässig einen auch noch so steinigen Acker durchpflügen kann. Dafür ist neben der Vielzahl an unterschiedlichen Sounds und Rhythmen hauptsächlich die Flexibilität eines Kontakt-Instruments verantwortlich, das die zueinander passenden Sequenzen und Sounds sowie die entsprechenden Trigger-FX bereitstellt. Aber auch der konsequente Aufbau der Instruments mit aufeinander abgestimmten Sequenzen oder nach Tonhöhe angeordneten Loops und Hits trägt seinen Teil dazu bei, mit LADD ein wirklich mächtiges und äußerst effektives Werkzeug für Schlagwerk unter den Fingern zu haben, das sich sehr gut dynamisch spielen lässt und zweifelsohne für den professionellen Einsatz prädestiniert ist.

So kann oftmals schon ein einzelnes Kontakt-Instrument die meisten Situationen souverän und effektiv meistern, und abwechslungsreiche, dramaturgische Berg- und Talfahrten inklusive Stilwechsel lassen sich ebenso problemlos wie schnell realisieren, ebenso ein stetiger Spannungsaufbau oder spannungslösendes Ausplätschern, wenn sich der Puls des Zuschauers wieder beruhigen darf.

LADD bietet aber auch die Möglichkeit, in ungeahnte Tiefen des Editierens abzutauchen, denn es gibt unzählige Details, die es erlauben, so flexibel wie möglich mit dem vorhandenen Sample- und MIDI-Material umgehen.

Die Soundauswahl ist dabei erfreulich groß, und es finden sich eine Menge stiltypischer Percussion-Sounds und -Loops, teilweise auch in diversen Effektvarianten, die geradezu um die Vertonung von z. B. Chases und weiteren umtriebigen Filmszenen betteln. Darüber hinaus finden sich sogar einige Pads oder melodische Elemente, die das Soundspektrum angenehm erweitern.

Dabei klingen die Sounds erfreulicherweise nicht so technisch, wie man das bei all den im Hintergrund arbeitenden technischen Finessen vermuten möchte. Im Gegenteil: Die meisten Sounds und Loops in LADD klingen angenehm lebendig und organisch und haben teilweise eine willkommene Patina, die ein filmmusikalisches Flair erzeugt, das gut zu eher klassischen und orchestralen Besetzungen passt.

Aber nicht nur, denn LADD bringt durch die Trigger- und Mastering-FX auch synthetischere und durchaus kranke Sounds zutage, die elektronischen Stilen ebenso gut zu Gesicht stehen können. Für eigene Soundvorstellungen kann der Sound im Mixer sehr gut bearbeitet werden, und außerdem liegen die Instruments oftmals in Routing-Varianten vor, die es erlauben, den Sound extern weiter zu verdrehen.

Neben all den durchdachten Features habe ich während meiner Arbeit aber eines schmerzlich vermisst: Drag&Drop. Was wäre es für ein Segen, die Sequenzen und Loops geslicet in den Host-Sequenzer der Wahl ziehen zu können, um sie mit den dortigen, komfortablen Möglichkeiten zu bearbeiten anstelle von Kontakts fummeligen, wenn auch detailreichen Möglichkeiten des dortigen Step-Sequenzers. Auf Nachfrage ließ Audiobro gottlob durchblicken, dass sie bereits an einer Lösung arbeiten, die bei den Sequenzen allerdings nicht ganz trivial ist, wenn man bedenkt, dass ein MIDI-Kanal acht Sequenzen und damit bis zu 96 Spuren beinhalten kann.

 

FAZIT

Ein derart vielfältiges, ausgefuchstes und gleichzeitig praxistaugliches Instrument wie LADD kommt einem nur selten unter die Finger, und man fragt sich irgendwann ehrfürchtig, wie lange hieran wohl gearbeitet wurde. Dass sich der Aufwand gelohnt hat, ist eindeutig zu hören. Die unzähligen Parameter kann nutzen, wer wirklich in Editing und Sounddesign abtauchen möchte, es muss aber nicht zwangsläufig sein. Denn LADD ist Out-of-the-(virtual-)box ziemlich selbsterklärend und mit wenig Einarbeitungszeit sehr effektiv und flexibel nutzbar.

Einzig das fehlende Drag&Drop hinterlässt bei mir immer noch einen leicht faden Beigeschmack, der aber angesichts der Soundauswahl und -qualität sowie der hervorragenden Loops und Sequenzen in den Hintergrund rückt und sowieso wohl bald komplett verschwinden wird, wenn Audiobro Drag&Drop in einer der kommenden Versionen nachreicht. Der Preis ist nicht gerade niedrig, aber angesichts des Gebotenen absolut gerechtfertigt. Professionelle Film- und Games-Komponisten sollten nicht lange zögern, sondern sich über ein hervorragendes, neues Werkzeug im Sortiment freuen, das mit allen Wassern gewaschen ist.

 

+++

Soundauswahl & Gesamtsound

+++

Flexibilität & Key-FX

+++

Sequenzen

++

umfangreiche Editiermöglichkeiten

––

kein Drag & Drop

 

Hersteller/Vertrieb: Audiobro

Preise: 749,- Dollar (ca. 670,- Euro) Einführungsangebot 499,- Dollar (ca. 450,- Euro)

www.audiobro.com

 

ÜBER DEN AUTOR

Frank Schreiber ist Filmkomponist und Sounddesigner. Seit seinem Diplom an der Ludwigsburger Filmakademie arbeitet er hauptsächlich in den Bereichen Film und Werbung. Hierfür komponiert und produziert er Musik in den unterschiedlichsten Stilen, von elektronischen Tracks bis hin zu klassischen Scores. Weiterhin hat er einen Lehrauftrag für Filmmusik am Institut für Musik der Universität Oldenburg und liebt musikalisch alles, was künstlerisch ansprechend und gut gemacht ist − außer Volksmusik …

www.frankschreiber.com

Kommentare zu diesem Artikel

  1. “Ein derart vielfältiges, ausgefuchstes und gleichzeitig praxistaugliches Instrument wie LADD kommt einem nur selten unter die Finger” Die erste Zeile des Fazit kann ich absolut bestätigen. Ich habe einige Soundlibrarys, auch (bekannte…) aus dem Percussion Bereich. Für mich mit großem Abstand die beste Library auf diesem Gebiet!!!

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