Black Lion Audio Revolution 6×6 – Audio Interface im Test
von Nick Mavridis,
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Black Lion Audio, zur allgemeinen Ermunterung »BLA« abgekürzt, ist mit einem neuen Audio-Interface auf dem Markt, das auf den Namen Revolution 6×6 getauft wurde. Im vorigen Satz ist eine kleine Untertreibung und vielleicht auch eine Übertreibung versteckt. Untertreibung, weil es sich bei der schwarzen Kiste nicht einfach nur um das x-te »normale« Audio-Interface handelt. Ein recht einfach gehaltenes USB-Interface gibt es nämlich von BLA schon: in Form des preiswerteren Revolution 2×2. Das 6×6 kann deutlich mehr, als man ihm auf den ersten Blick zutraut.
Übertrieben erscheint auf den ersten Blick die Bezeichnung 6×6, denn mitnichten hat es sechs analoge Ein- und sechs analoge Ausgänge oder gar sechs Mikrofon-Vorverstärker. Und ob das Revolution 6×6 tatsächlich eine Revolution darstellt? Weiß nicht. Aber spannend ist das Konzept allemal. Außerdem ist Black Lion Audio bekannt dafür, nicht nur laut zu brüllen, sondern auch ordentliches Gear abzuliefern.
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Eingangsseitig wartet das BLA Revolution 6×6 mit zwei Combo-Eingängen auf. Line-Level muss per TRS angeschlossen werden, der XLR-Part der Combobuchse ist ausschließlich für ein Mikrofonsignal gedacht. Maximales Gain ist nicht angegeben, muss sich aber auch nicht verstecken: Es liegt zumindest deutlich jenseits der 60 dB, der 2-Kiloohm-Preamp hatte im Testzeitraum ausreichend Kraft, auch Signale passiver Bändchen und anderer Mikrofone, etwa Shure SM7B oder Electro-Voice RE20, mit der Notwendigkeit für hohe Vorverstärkung anzuheben. Am notorisch schwächlichen Coles 4038 mit seinen nur 0,56 mV/Pa allerdings reicht das Gain bei eigentlich allen Interface-Preamps nur dann, wenn das Mikrofon auch ordentlich getreten wird, also beispielsweise am Drumset oder vor einem Gitarrenverstärker steht.
Mir gefällt direkt, dass sich nicht nur einer, sondern beide Inputs auf Instrument-In umschalten lassen, und dass, anders als beim 2×2, die Phantomspeisung nicht gemeinsam, sondern getrennt schaltbar ist. Über ein schaltbares, analoges Hochpassfilter freue ich mich zwar immer, aber es ist für mich auch kein Muss. Erneuter Grund zur Freude ist aber, dass zusätzlich zum Main Meter kleine LEDs mit Grün ein »Signal present« anzeigen und mit Rot davor warnen, dass sich in Ermangelung ausreichenden Headrooms das Signal an der Clipping-Grenze böse den Kopf anhaut. Das mittige Meter besitzt zwei Reihen à acht Segmente, mit einem kleinen Button wird die Anzeige von analogem Ausgangs- zum Eingangspegel umgeschaltet.
Die Front zeigt einen großen Regler für das Monitoring-Level, zwei regelbare Kopfhörerausgänge mit frontseitigen Buchsen und einen Blendregler, der das Verhältnis zwischen DAW- und Eingangssignal regelt. Darüber hinaus gibt es einen Mono-Button, der das Signal der Inputs für das Monitoring zusammenlegt, damit ein Input-Signal bei Nutzung nur eines Channels nicht auf einer Seite hängt. Allerdings bin ich nicht so begeistert, dass die Kopfhörerausgänge sich nicht getrennt adressieren lassen, sondern sich aus der gleichen Quelle speisen. Das gilt auch für den Monitoring-Ausgang, der das gleiche Signal bekommt wie die beiden Kopfhörerverstärker. So lange Aufnehmende/r und Aufzunehmende/r die gleiche Person ist, ist das reichlich egal, aber ich freue mich immer, wenn ich zum Beispiel als Engineer den Click nicht hören muss oder das Playback beim Vocal-Recording so leise stellen kann, dass ich gerade noch die Pitch erkennen kann, aber ansonsten mein Fokus auf dem Eingangssignal liegt.
Auf der Rückseite sieht das BLA Revolution 6×6 doch etwas anders aus, als man es von den meisten kleinformatigen Audio-Interfaces kennt. Direkt ins Auge fallen die beiden BNC-Buchsen, von denen eine die WordClock versendet und die andere eine in Empfang nehmen kann. Black Lion Audio misst dem Thema Clocking einen hohen Stellenwert bei, was sich auch daran zeigt, dass gleich zwei verschiedene Clock-Generatoren von BLA erhältlich sind.
Hier wird es spannend: Das Interface ist explizit dafür gedacht, auch stand-alone genutzt zu werden. Es kann natürlich im Betrieb immer die Clock ausgeben, was für über S/PDIF coax. angeschlossene Geräte sinnvoll sein kann (allerdings beinhaltet das S/PDIF-Signal ja selbst eine Clock). Auch im Stand-alone-Betrieb kann das 6×6 aber dafür genutzt werden, seine Clock an andere Geräte zu verteilen. BLA nennt als Beispiel »Guitar processors« und zeigt unscharf einen Kemper-Amp im Hintergrund eines Produktvideos. Eine externe Taktung des 6×6 gelingt ausschließlich, wenn keine USB-Verbindung zum Computer besteht. Das Unternehmen ertränkt niemanden in technischen Daten, allerdings sind zu Jitter, zu erwartenden Langzeitabweichung und dergleichen keine Informationen zu finden.
Überraschung: Ganze drei (!) USB-C-Buchsen wohnen auf der Rückseite des BLA Revolution 6×6! Eine dient ausschließlich der Spannungsversorgung. Dennoch kann das Gerät auch bus-powered betrieben werden (positiv anzumerken: Es gibt einen On/Off-Schalter!). Der dritte USB-C-Port ist mit »OTG« bezeichnet. Das Kürzel steht für »On The Go«. Hiermit kann Audio von Smartphones, Tablets oder auch Computern aufgenommen werden oder zum Recording dort hingeschickt werden. Nicht nur für Recording und Sampling ist das Arbeiten mit einem Host und einem weiteren Device relevant, sondern auch für das Streaming! Das 6×6 entpuppt sich also als Streaming-Schnittstelle in diversen Setup-Möglichkeiten!
Windows-Usern steht ein ASIO-Treiber zum Download bereit. Für Mac-Maschinen ist kein Download nötig, da das 6×6 class-compliant ist. Das war aber schon der einzige Vorteil für die Apfelfreunde: Nur für Windows steht eine Software bereit, die im »Advanced Mode« die Arbeit mit virtuellen Kanälen erlaubt, die frei geroutet und gemixt werden können. Generell scheint das BLA Revolution 6×6 aber für einfache Setups konzipiert worden zu sein. Mit TOSLINK-Buchsen statt oder zusätzlich zu den elektrischen S/PDIF-Anschlüssen wäre zumindest die Erweiterung per ADAT-Standard möglich gewesen, etwa, um auch mal Drums mit mehr als nur zwei Mikros aufnehmen zu können oder im Mix tolles Outboard einzubinden.
Mit dem Interface unter dem Arm mache ich mich erwartungsvoll auf ins Studio. Obwohl: Nee, ich kann ja zunächst die Mobilfunktionalität unter die Lupe nehmen. Und das geht fast überall, auch ohne Stromversorgung. Streams über OTG hin- und herschicken ist vor allem praktisch und geht leicht von der Hand.
Was ich beim Unter-den-Arm-Nehmen übrigens schnell bemerke, ist das verdammt hohe Gewicht. Das in Chicago geplante und in China hergestellte Gerät kommt im stabilen Metallgehäuse, im Inneren sind reichlich Komponenten verbaut, in bunter Kombination von SMD- und TTH-Bauteilen. Die OTG-Sektion sitzt auf einer Subplatine, die Schaltung ist zu meiner Verblüffung über einen Chip herum aufgebaut, der BLAs Löwenkopf zeigt, was sicher nicht Marketing- oder Kosmetikgründe hat.
Im Studio muss sich das Black Lion Audio in einer Umgebung beweisen, die für Audio-Interfaces nicht immer erfreulich ist. Dem Elektrostatenkopfhörer entgehen keine Probleme, die Konkurrenz an Interfaces und Wandlern ist mit Merging Technologies und Lavry recht groß. Ich lasse das mit dem heißen Brei mal sein: Das Revolution 6×6 klingt absolut hervorragend. Damit meine ich vor allem, dass die Auflösung in den Höhen fast in einer Liga mit dem Merging HAPI liegt, und zwar sowohl auf dem AD- als auch auf dem DA-Weg. Besonders Letzterer zeigt, was heute für einen mittleren Preis qualitativ möglich ist. Im Bass ist der DA trocken, kontrolliert und direkt, auf der Stereobühne zeigen sich Signale klar positioniert und umrissen. Dynamik, ob nun kurze Sprünge durch Transienten oder komplexe Bewegungen in einem Mix, fährt der 6×6 sehr genau nach. Er ist eben ein Tool für Engineers, Producer und qualitätsbewusste Recording Musicians. Ich möchte behaupten, dass die nächsthöhere Stufe Interfaces dieser Gattung erst von Produkten wie dem Neumann MT 48 erreicht wird.
Ganz besonders gefällt mir, dass die positiven Eigenschaften nicht nur für den Monitoring-Out gelten. Die Kopfhörerverstärker zeichnen besonders klar, sind dabei neutral mit einem Schuss Spritzigkeit. Mein alter, noch aus österreichischer Produktion stammender AKG K 240DF mit seinen üppigen 600 Ohm pro Treiber agiert knackig, luftig, stramm und – und das ist an Interfaces oft der Knackpunkt – ausreichend laut. DSP-Effekte bringt das Interface keine mit, bei erreichbaren Latenzen von unter 10 ms ist aber für das Monitoring mehr denkbar als nur ein Reverb aus der DAW zum zusätzlichen Anreichern. Zum Glück aber gibt es natürlich das Hardware-Monitoring.
Ich hatte es schon angedeutet, dass die Mikrofonvorverstärker es schaffen, auch Gain-hungrige Signale hochzuverstärken. Allerdings bewegt man sich mit einigen Mikrofonen doch häufiger am obersten Anschlag des Gains. Für ein Bus-powered Audio-Interface ist das aber mehr als normal. Eine zusätzliche Spannungsversorgung über den dafür vorgesehenen USB-C bringt übrigens keinen klanglichen Unterschied jedweder Art.
Gitarristen, Bassisten und glückliche Besitzer eines E-Pianos wie eines Rhodes aufgepasst: Die Instrument-In-Option braucht sich nicht zu verstecken. Qualitativ würde ich sie auch auf eine Stufe stellen mit typischen DI-Boxen der 50-Euro-Klasse.
Clocking ist ein Thema, das nicht immer plakative Unterschiede zu Tage fördert. Beim Test einer sehr hochwertigen Clock habe ich letztens vor allem festgestellt, wie gut mein Haupt-Interface offensichtlich arbeitet. Jene Clock brachte jedoch etwas im Bereich der Stereobühne und der »Direktheit« für ein recht altes Audio-Interface, das gilt auch für das Clocking mit dem BLA.
Fazit:Black Lion Audio hat mit ihrem Revolution 6×6 ein Audiogerät mit einem sehr interessanten Konzept auf den Markt gebracht. In erster Linie aber, und somit eigentlich an erster Stelle zu nennen, ist die Tatsache, dass es vom Mikrofonvorverstärker bis hin zur DA-Wandlung hervorragende Klangeigenschaften aufweist. So gesehen sollte man es vielleicht eher als Digitalwandler mit Zusatzfunktionen betrachten. Dass es stand-alone als Wandler oder Clocking Device fungieren kann, ja sogar als analog oder digital eingebundener Kopfhörerverstärker, ist nur ein Beispiel für die flexible Nutzbarkeit des 6×6. Seine Stärken liegen aber überall dort, wo mehr als das klassische Computer-Interface-Setup gefragt ist, beispielsweise im Zusammenspiel mit Smart Devices. Windows-Nutzer bekommen durch die exklusive Software ein paar Funktionen mehr geboten. Für den typischen Musikbetrieb wäre es vorteilhafter gewesen, BLA hätte das Gerät mit weiteren DA-Wandlern und somit der Möglichkeit zum unterschiedlichen Monitoring ausgestattet. Insgesamt ist das Revolution 6×6 jedoch eine besondere Kiste, die sich funktionell wie klanglich positiv von den vielen anderen Audio-Interfaces dort draußen abhebt.