Toolkits
SALU (Orchestral Tools)
In meiner letztjährigen Übersicht zu den Sample-Libraries hatte ich Tallinn hervorgehoben, eine schöne Kammermusik-Library mit nordischem Flair, die in einer Kirche der estnischen Hauptstadt aufgenommen wurde.
An diese Library knüpft das neue Toolkit SALU an, das die deutschen Sample-Fachleute von Orchestral Tools kurz vor Weihnachten veröffentlicht haben. Schon bei „Tallinn“ wurden Vergleiche zu dem zeitgenössischen Komponisten Arvo Pärt gezogen. Passend dazu wurden die Aufnahmen zu dieser neuen Library in dem einsam gelegenen Arvo Pärt Center gemacht, das in einem Küstenwald nahe Tallinn steht. Die Stimmung ist viel intimer und die Klang deutlich unmittelbarer, da der Aufnahmeraum im Vergleich zur Kirche viel ruhiger und kleiner ist. Orchestral Tools beschriebt den Klang poetisch als eine Art Nahaufnahme einer Klanglandschaft für eine Reise nach innen.
Das Repertoire an Instrumenten ist vielfältiger und experimentierfreudiger als bei “Tallinn“: Neben einem Streichquartett mit zusätzlicher Solo-Viola und einem Solo-Cello findet man umfangreiche Gesangspatches, sowohl Solostimmen als auch Ensembles. Die tolle Vocal-Gruppe „Vox Clamantis“ ist mit einer großen Auswahl an Spielweisen vertreten. In der Percussion-Abteilung versammeln sich elf verschiedene Instrumente, darunter Glockenspiel, Vibrafon, aber auch Pauken und Zimbeln – häufig mit kreativen Spielweisen wie mit dem Bogen gespielt oder in Wassereimer hängend (Tubular Bells). Die Library ist eine Spielwiese experimentellerer Artikulationen.
Ein besonderes estnisches Instrument findet sich noch in der Rubrik „Plucked and Keys“. Neben einem schönen und intimen Piano (gespielt vom norwegischen Pianisten Vetle Nærø) und zwei gemeinsam gespielter Harfen wurde auch eine Kannel (Kantele) aufgenommen, eine traditionelle nordische „griffbrettlose Kastenzither“.
Leider ist in einigen der leiseren Patches ein Rauschen zu hören, vor allem wenn mehrere Noten gleichzeitig gespielt werden. Ich hoffe, dass dies noch behoben werden kann.
Eine tolle Ergänzung sind wie immer die Prozessed-Presets, wovon sich nach Stimmungen sortiert wieder eine große Auswahl von über 70 Patches in der Library befinden.
Wer nur einzelne Instrumente benötigt, kann wie immer auch „à la carte“ zugreifen.
Hersteller: Orchestral Tools
https://www.orchestraltools.com/store/collections/salu)
Plattform: SINE Player (kostenfrei)
Preis / Größe: rund 400€ / 205 GB (unkomprimiert)
Besonderheiten: einzelne Instrumente erhältlich (ab 13€)
Weitere interessante Releases bei den Toolkits:
Synchron Prime Edition (VSL)
Ein All-in-one Starterpaket für das orchestrale Produzieren. Hier findet man alle Instrumente an einem Ort, und das, ohne den Rechner in die Knie zu zwingen. Spätere Upgrades zu den detaillierten Libraries der Wiener Sample-Fachleute ist mit Preisnachlass möglich. (600€, 65 GB)
(https://www.vsl.co.at/de/Starter_Editions/Synchron_Prime_Edition)
Metropolis Ark 5 (Orchestral Tools)
Bereits im vorherigen Jahr knapp vor Ende erschienen, war Ark 5 zu spät für den letztjährigen Artikel. Im eigentlich letzten Teil der Metropolis Ark-Serie wird es noch mal intensiv. Passend für Trailer oder überall, wo kraftvolle Klänge gefragt sind. Als Bonus zu den Ark-Libraries ist dieses Jahr noch Metropolis Ark Ø erschienen und illustriert die ursprüngliche Idee hinter den Libraries als komplettes Ensemble. (450€, 182 GB)
(https://www.orchestraltools.com/store/collections/metropolis-ark-5)
Marble 2 (Cinematique Instruments)
Cinematique Instruments fällt immer wieder durch Boutique-Libraies auf, die in letzter Zeit immer wieder auch für Steinbergs Halion erscheinen. Die meisten sind aber für Kontakt zu haben. Marble 2 wird als kreative Inspirationsquelle vermarktet und ist ein erweitertes Update der ursprünglichen Marble-Library. Mit rund 400 Sequenzen und Pattern kann hiermit ein Grundgerüst für neue Stücke gelegt werden. Zum Jahreswechsel ist übrigens auch die kostenfreie Reihe KLANG neu gestartet. (175 €, 1,4 GB)
https://cinematique-instruments.com/pages_instr/page_marble2.php
Drones und Texture
Drones (Orchestral Tools)
Bekannt war mir der Mastermind hinter dieser Library hauptsächlich durch die deutsche Band Einstürzende Neubauten und entsprechende Erwartungen hatte an den Sound. Alexander Hacke hat für diese Library eine Vielzahl an unterschiedlichsten Instrumenten aufgenommen, darunter ist einen Chor, tiefe Streicher, ein Didgeridoo und diverse Gitarren. Die meisten der daraus entstandenen Drones sind chromatisch spielbar und per Modwheel in der Intensität steuerbar. Wie bei den klassischen Instrumenten üblich gibt es auch hier unterschiedliche Mikrofonpositionen zur Auswahl. Ein Teil der Aufnahmen wurden im Haus und Hof-Studio von OT erstellt, der Telex Scoring Stage.
Die Library gliedert sich in sechs Bereiche, die alle auch einzeln zu kaufen sind. Die Drones gibt es in den Geschmacksrichtungen Soft Low, Sub, Atmospheric und High Intensity. Die „Drone Tools“ bieten Effekte wie Riser und Swells. In den „Ingredients“ stehen alle Bestandteile der fertigen Drones als einzelne Instrumente zur Verfügung, die man so beinahe auch als normale Instrumente spielen kann. Wer raue, düstere und sich lange entwickelnde Klanggrundlagen sucht, wird hier vielfältig fündig. Auch beim Rennen um die meisten Samples pro Euro hat diese Library gute Chancen auf einen Gewinn. Satte 362 GB wiegt diese Sammlung. Das liegt vor allem an den langen Samples, die als Grundlage für die Drones immer rund eine Minute lang aufgenommen wurden.
Hersteller: Orchestral Tools (https://www.orchestraltools.com/store/collections/drones)
Plattform: SINE Player (kostenfrei)
Preis / Größe: 189€ / 362 GB (unkomprimiert)
Besonderheiten: einzelne Instrumente erhältlich (ab 17€)
Time Textures (Sonuscore)
Ein großes Thema in diesem Jahr waren Texture-Libraries, so hatte ich den Eindruck. Und eine der Größeren in diesem Bereich hat die deutsche Sample-Manufaktur Sonuscore mit „Time Texture“ herausgebracht. Bekannt sind die Mainzer sicher vielen durch ihre orchestralen Libraries wie „The Orchestra“, „Elysion“ oder “Action Strings 2“. Letztere sind auch als Teil des Komplete Bundles von Native Instrument erhältlich.
Im Zentrum der Library steht die mächtige Engine, die die ursprünglichen Aufnahmen in große cineastische Pads, Texturen und Klanglandschaften verwandelt. Dafür stehen 13 Instrumente in 25 Patches aus den Bereichen Streicher, Brass, Holzbläser und Keys zur Verfügung. Diese wurden vom Hersteller bereits in über 200 „Ensemble Presets“ zusammengestellt, sodass es direkt losgehen kann. Ein gut sortierter Browser hilft dabei, den richtigen Sound zu finden. Alternativ lassen sich die Patches praktisch über die Sound-Previews in der „Komplete Kontrol” Software von Native Instruments durchsuchen.
Die ausgewählten Sounds können dann nach eigenem Geschmack weiter angepasst werden. Viele Kontrollmöglichkeiten beim Spielen lassen dynamische Klang-Texturen entstehen, die elegant gemeinsam mit den Makro-Kontroller über das Modwheel gesteuert werden können. Was dabei genau passieren soll, lässt sich einfach zuweisen. Die Presets reichen von natürlicheren bis zu großen, hybriden Klängen und allem dazwischen. Einige Presets haben auch Klangbestandteile, die in die Texturen melodiöse Ebenen einweben können, wie z. B. ein Prepared Piano oder eine Harfe.
Um aus den orchestralen Aufnahmen diese großen Klangwelten zu erschaffen, werden diese von der Engine in kleine „Particles“ zerlegt, im Stereobild verteilt, transponiert und im Emitter wieder neu zusammengesetzt. So können endlose Kollagen entstehen. Jeder Sound hat zwei Layer, die unabhängig voneinander agieren und z. B. über das Makrorad in der Mitte verwoben werden.
27 Effekte, die in vier Slots gepackt werden können, stehen am Ende für weitere Klangmanipulationen zur Verfügung. So können z. B. Sättigung, Verzerrung, Hall oder Filter eingesetzt werden. Natürlich können auch deren Parameter Teil der Makro-Modulation sein.
Ich wurde beim Ausprobieren etwas an „Noire“ oder „Colored Piano“ von Native Instruments erinnert, die mit der Particle Engine einen ähnlichen Ansatz in ihre Instrumente eingebaut haben. Die erfolgreichen Instrumente erfreuen sich einer große Fanbase und auch Sonuscore nutzt diese Idee für eine tolle Flügel-Library mit dem Namen „Chroma“ – auch eine unbedingte Anspiel-Empfehlung und tolle Ergänzung zu Time Texture.
Hersteller: Sonuscore
https://sonuscore.com/shop/time-textures/)
Plattform: Kontakt (free Player)
Preis / Größe: ca. 250$ / 6 GB
Besonderheiten: NKS kompatibel
Plateau (Wrongtols)
Kurz erwähnen muss ich diese Library auf jeden Fall, denn sie hat mich auf Wrongtools (s. o.) aufmerksam gemacht. Ich mag Klänge mit kühler skandinavische Ästhetik und kombiniert mit Pads und sich verändernden Drones bin ich bei Plateau fündig geworden.
Für diese Library wurden Aufnahmen von Streichern, Bläsern und von einem Prepared Piano zu Klanglandschaften verarbeitet. Dabei wurden sie mit Field Recordings und polaren Geräuschen kombiniert. Wie schon bei Oz beschrieben (s. Orgel) sind diese sich entwickelnden Patches mit verschiedenen Effekt-Kombinationen vielfältig weiter anpassbar. Außerdem stehen häufig mehrere Signale zur Verfügung, die nach Belieben gemischt werden können. So lassen die fast 100 Presets immer wieder neue arktische Landschaften entstehen. Diese Library lässt sich auch wunderbar mit den Streichern der „Featherstone Strings“ (auch Wrongtools) kombinieren. Sie hauchen dem Klang von Plateau noch etwas mehr Leben mit den organischen Texturen ein. (39€, 3,3 GB)
https://wrongtools.com/kontakt-instruments/40-plateau/
Weitere interessante Releases bei den Drones und Textures:
Dune (Soundpaint)
Dune ist für mich die coolste der vielen Soundpaint-Libraries aus 2022. Inspiriert von dem prämierten Film und dem dazugehörigen Soundtrack bietet dieses Paket ein Toolkit für entsprechend große Klangwelten mit einem Hauch von Folkloristik. Mit den Möglichkeiten der Soundpaint-Engine lässt sich der Sound-Vorrat aus fast 250 Patches auch darüber hinaus vielfältig einsetzen. (73 GB, 50$)
(https://soundpaint.com/products/dunescape)
Mercury (Spitfire Audio)
Die erste Library, die auf dem neuen Plug-in „Solar“ basiert, das seine Wurzeln in der Spitfire-Engine eDNA hat. Sie kommt mit einer reichhaltigen Auswahl aus über 300 Presets. Diese wurden aus über 600 Samples von Tönen, Texturen, Klangwelten und Pads erstellt, die alle durch die Engine synthetisiert werden. Die Aufnahmen stammen von realen und einzigartigen Kreationen des Instrumentenbauers Chas Smith, der für viele Hollywoodproduktionen die passenden Soundquellen erschaffen hat. Sonne, Merkur, … das klingt nach einer Sonnensystem-Reihe für mich … (8 GB /149€)
https://www.spitfireaudio.com/mercury
Sambhala (Strezov Sampling)
Die orchestrale Texture-Library hat ihren klanglichen Schwerpunkt jenseits der klassischen westlichen Einflüsse. Vielmehr findet man traditionellere Klänge aus aller Welt, auch mit einem sakralen Timbre. Neben Streichern und Vocals findet man u. a. auch Klangschalen, tibetanische Glocken, Sitar, irische Flöten, Lyra, Bansuri und Monochord. (40 GB / 199€)
(https://www.strezov-sampling.com/products/view/sambhala.html)
Ashlight und Lores (Native Instruments)
Als Neuzugänge auch in einigen Komplete 14 Bundles erhältlich sind die tollen Libraries Ashlight und Lores 2022 erschienen.
Mich begeistert vor allen das leicht folkorientierte Lores und erinnerte mich klanglich manchmal an Spitfire Audios „Albion Solstice“. Dunkel und spannungsgeladen kommen hingegen die Texturen von Ashlight daher und komplettiert damit das kinotaugliche Trio mit Pharlight und Straylight. (4 GB bzw. 72 GB / je 199€)
(https://www.native-instruments.com/en/products/komplete/cinematic/ashlight/)
(https://www.native-instruments.com/en/products/komplete/cinematic/lores/)
Habitat (Orchestral Tools)
Habitat ist eine wunderschöne Natur-Texturen-Libary vom deutschen Komponisten Dominik Eulenberg. Hierfür wurden Orchesteraufnahmen mit Synth-Texturen und Field-Recordings kombiniert, um daraus spielbaren Patches zu gestalten. Dabei können die verschiedenen Layer ineinander verblendet werden. Aufgeteilt in zehn Habitate wie Ozean, Wald oder Berge kann man die Natur in die Komposition einweben. (101 GB / ca. 270€)
(https://www.orchestraltools.com/store/collections/habitat)
Toska (Noon Instruments)
Sehr schöne Texturen aus Stimmen, Orchester, Field Recording und Synth für den Kontakt Player. (6,5 GB / 89 Pfund)
(https://www.nooninstruments.com/toska)
Cello Textures und Bird Whistles (Emergence Audio)
120 Presets mit kreativen Cello-Texturen und 110x Sounddesign aus den Aufnahmen einer Vogelpfeife. Entstanden mithilfe der speziellen „Infinite Motion Engine“ von Emergence Audio. (3,3 GB bzw. 1 GB / 99$ bzw. 49$)
(https://emergenceaudio.com/product/cello-textures/)
(https://emergenceaudio.com/product/infinite-bird-whistle/)
Synth Samples
Choreographs (Slate + Ash)
Choreographs hat eine sehr flexible Engine und lässt sich nur schwer einordnen. Slate + Ash, die Macher hinter der Library beschreiben es so: Choreographs ist eine Drum-Maschine, ein Synth, ein Sampler, ein Sequenzer und ein granularer Effektprozessor. Und eigentlich noch mehr. Ein „Jack of all trades“ also? Schauen wir uns das genauer an:
Die Klänge entstehen aus bis zu drei Voices, die die Oszillatoren der Sounds bilden. Diese durchlaufen ein Set aus grundlegenden Effekten (Hall, Delay, Filter). In einem weiteren Schritt werden die Sounds mit zusätzlichen Effekten moduliert und durch MIDI-Sequenzen getriggert. LFOs und andere Modulatoren kümmern sich dann um sanfte Bewegung im Klang bis hin zum „Chaos“. Envelopes, Zufallsgeneratoren und EQ formen weiter an dem Endergebnis. Insgesamt klingt das erstmal nach einem Synth, der aus einfachen Samples neue Sounds kreiert. Die Gestaltungsmöglichkeiten gehen aber noch weiter. Für alle Parameter gibt es ein zusätzliches Feld mit weiteren Einstellmöglichkeiten, das sich passend zum ausgewählten Punkt entsprechend öffnet – sehr übersichtlich.
Viel Mühe haben sich die Entwickler auch bei den unterschiedlichen Optionen bei Hall gegeben. Die klangliche Vielfalt hat mit beeindruckt und auch hier lässt sich so einiges rhythmisch modulieren, was mit externen Hall-Plug-ins so nicht möglich wäre.
Für komplex in der Tonhöhe modulierte Klänge lässt sich eine Tonart aus einer langen Liste vorwählen. Auch Mikrotuning ist vorgesehen. Richtig gut gefällt mir der eingebaute euklidische Sequenzer, der ausgewogene Muster generiert.
Weiter ins Detail geschaut, gibt es aber noch mehr zu entdecken: Die drei Voices speisen sich aus der großen Sammlung von gesampelten analogen Synths, Eurorack-Experimenten und digitaler Hardware. Viele sind ähnlich analoger Oszillatoren einfach gehalten, wenngleich es auch komplexere Samples zu Auswahl gibt. Im Prinzip findet man aus allen Bereichen Sounds: Geräusche, akustische Instrumente, Synths, Wellenformen und auch Drum-Samples, sortiert nach Kategorien. Nachdem jede der drei Voices mit den oben beschrieben Tools jeweils in die gewünschte Richtung verbogen und manipuliert wurden, kann es weitergehen. Denn wie der Name „Choreographs“ eben vermuten lässt, geht es um das Erstellen von Sequenzen oder Bewegung, also dem Choreografieren von Sounds.
Praktisch alle Parameter lassen sich hierfür per MIDI CC, den LFOs und verschieden Step-Sequenzern modulieren und sich in die besagten Skalen einrasten lassen. Viele Sequenzen-Presets helfen dabei, natürliche Bewegungen in die Kreationen einzufügen.
Ein weiteres zentrales Element für das bewegte Sounddesign sind die Trigger: Erste einfache Sequenzen lassen sich hier für jede Voice aufrufen, ähnlich eines Arpeggio mit sehr vielen kreativen Möglichkeiten wie Glissandi oder chaotische Klang-Cluster. Weitere Module sind z. B. Harmony zum Hinzufügen von Obertönen, Amp, Lo-Fi, Feedbacks für Shimmer- und Unison-Effekte, Loss (Bit-Chrusher) und Smear (granulare Engine für Dones). Es gibt echt viele Optionen und entsprechend ist die klangliche Vielfalt dieser Engine.
Abgerundet wird das vielleicht schon rhythmische Patch dann optional durch den polyrhythmischen euklidischen Sequenzer. Auch hier kann dann wieder vieles moduliert oder über weitere Minisequenzen in Pan, Oktave oder Velocity bewegt werden.
Zugegeben, eine gewisse Lernkurve ist für dieses Instrument zu absolvieren, die Ergebnisse sind aber sehr inspirierend und glücklicherweise gibt es für den Anfang über 650 Presets. Für das eigene Sounddesign sind die sog. „Engine States“ auch eine gute Hilfe: Das Plug-in stellt eine Vielzahl von Start-Einstellungen (quasi Init-Presets) zur Verfügung, um schon mal die klangliche Richtung vorzugeben. Sehr praktisch. Ach ja – eigene Samples kann man übrigens auch verwenden.
Hersteller: Slate+Ash (https://slateandash.com/collections/instruments/products/choreographs)
Plattform: Kontakt 6 (free Player)
Preis / Größe: ca. 289 $ / 22 GB
Besonderheiten: NKS-kompatibel
The Brute (Soundpaint)
Eine raue und epische Sammlung von Synth-Sounds sind in dieser Library zu finden und gehört zu meinen Lieblings-Libraries von Soundpaint. Man findet inspirierende Arps, fette Bässe und Leads, aber auch sphärische Pads und große Klanglandschaften. So kann man sowohl für Pop, Dance und elektronische Genres wie auch für Soundtracks seinen Sound-Vorrat aufstocken.
Mit der flexiblen Engine von Soundpaint kann man die 110 mitgelieferten Presets weiter anpassen und mit anderen Libraries kombinieren.
Die Library gibt es – wie bei vielen Soundpaint-Produkten üblich – in der schmaleren Standard-Edition und in einer aufwändiger gesampelten Ultra-Deep-Sampled-Edition (UDS). Die Presets sind identisch, nur gibt es pro Sound einen detaillierteren Fundus an Samples. Ein nachträgliches Upgrade ist immer möglich.
Hersteller: Soundpaint (https://soundpaint.com/products/the-brut?)
Plattform: Soundpaint (kostenlos)
Preis / Größe: ca. 20$ bzw. 40$ (UDS) / 14 GB bzw. 49 GB
Besonderheiten: Hidden Gems werden freigeschaltet, wenn es Presets gibt, die aus mehreren gekauften
Libraries gebaut wurden.
Hybride Samples
Polaris (Spitfire Audio)
Spitfire Audio kann Orchester und sie können auch Sounddesign. Da lag es vielleicht nahe, ein Streichorchester bei der Aufnahme schon so spielen zu lassen, als wäre es ein Synth, um dann zusammen mit dem Klangtüftler Brian Transeau (BT) daraus eine Library zu machen. Der steuerte seinerseits noch diverse Synths, Electronics und kreative Rerecordings bei. Es ist nach Phobos bereits die zweite Zusammenarbeit zwischen BT und Spitfire.
Die Library besteht aus zwei Modi, die unabhängig voneinander verwendet werden können. Zum einen gibt es den Modus „Standard“, der in seinem GUI – abgesehen von der ungewöhnlichen Farbgestaltung – genau so aussieht, wie man orchestrale Sample-Libraries von Spitfire Audio kennt. Bei genauerem Hinsehen sind die Spielweisen aber doch etwas ungewöhnlich, beispielsweise „Short Electro Puck Pizz“ oder „Long Granular“. Nutzen kann man sie aber wie gewohnt, denn es sind echt gespielte Artikulationen, speziell für dieses Projekt erstellt. Sie rgänzen aber auch eine klassische Streicher-Library sehr kreativ. Zusätzlich findet man dann aber auch noch Synth-Aufnahmen und reihenweise „Vintage Resampling“ des Orchesters, das von BT erstellt wurde. Für sich schon ein sehr schönes Instrument mit ein paar Tricks unter der Haube, aber damit kommen wir auch zum zweiten Modus, denn dafür sind diese Aufnahmen die Ressourcen.
Im Modus „Synth“ kommt eine Variante der eDNA-Engine von Spitfire Audio ins Spiel (bekannt z. B. aus den Albions). Zusammen mit den Aufnahmen aus dem „Standard“-Modus wurden damit jede Menge Sounddesign-Patches von BT und Spitfire Audio erstellt. Neu in der eDNA-Engine ist die Granular-Engine, die viel zum Einsatz kommt. So entstehen aus den 94 Spielweisen der Aufnahmen zum einen 35 gelayerte „Synergy“-Patches aus beiden Welten und über 400 weitere Presets, die alle irgendwo zwischen Orchester, Synth und 80er-Klassiker bis hin zum Sci-Fi-Soundtrack von einem Eisplaneten liegen. Es gilt also fette Synth-Patches, feiste Drones und epische Klangwelten zu entdecken. Manchmal etwas Retro, manchmal sehr am Zeitgeist – aber das schließt sich ja nicht aus. Alles ist in Themenwelten vorsortiert und auch die NKS-Previews können beim schnellen Auffinden der gesuchten Sounds helfen. Wer selbst kreativ werden möchte, tauscht ganz einfach das Rohmaterial in den beiden Layern aus und arbeitet sich durch ein bisschen die Engine.
Hersteller: Spitfire Audio (https://www.spitfireaudio.com/polaris)
Plattform: eigenes Plug-in
Preis / Größe: 349€ / 45 GB
Besonderheiten: quasi zwei Libraries in einer: Streicher und Synth, NKS-kompatibel
Weitere interessante Releases bei den hybriden Samples:
Augmented Orchestra (UVI)
Hybrides Orchester mit über 600 Patches. Wer gern mit orchestralen Sound experimentiert, findet hier viele Optionen. Dabei stehen nicht nur klassisch gesampelte Instrumente zur Verfügung, sondern auch gemodelte Ensembles, ein Tape Orchester, String Machines und viele synthetische Quellen zur Verfügung. Auch verwendbar mit Falcon für noch mehr Spaß! (299$ / 19 GB)
(https://www.uvi.net/augmented-orchestra)
Nightfall (Realitone)
Auf Basis der Samples von Sunset Strings erstellte hybride Patches, veränderbar mit derselben innovativen Engine und als eigenständige Ergänzung den organischen Texturen von Sunset Strings (mit Rabatt). (199$ / 7,5 GB)
(https://realitone.com/products/nightfall)
Effekte und Tools
Harmonic Bloom (Sonora Cinematic)
Einen guten Übergang von den reinen Sample Libraries zu den Tools macht dieses Instrument, denn es ist zu einen eine klassische Library, aber durch die Verwendung eigener Ausnahme in der Engine ist es eben auch ein Tool zum Erzeugen eigener Instrumente:
Der Slogan „Turn Noise into Music“ ist hier Programm, denn aus praktisch beliebigen Geräuschen, Atmos oder auch Klängen lassen sich mit diesem Instrument tolle Klänge herausfiltern – sprichwörtlich. Der Einstieg zum Verständnis von Harmonic Bloom klingt vielleicht erst mal kompliziert, klingt aber auch beeindruckend schön. Im Zentrum des Instruments steht ein Multi-Bandpass-Filter, der entsprechend der gespielten Noten nur die dazugehörigen Frequenzen der Grundtöne sowie frei einstellbar auch die der Obertöne herausfiltert. Dies wird über einen Mischer für die jeweiligen Anteile eingestellt und ist automatisierbar. Auf diese Weise schält sich auf fast wunderbare Weise aus einem chaotischem Frequenz-Gewirr der Geräusche plötzlich ein Klang heraus. Trotzt es erstmal komplex erscheinenden technischen Hintergrunds bleibt die Bedienung wirklich einfach und erschließt sich schnell.
Neben diesem „Geräusch-Layer“ wird dem Signal noch der „Main-Layer“ beigemischt, der meist auf Basis eines tonalen Samples entsteht und damit die klangliche Richtung des Sounds bestimmt. Beigelegt sind dem Tool als Klanggrundlage 30 Geräusche (Noises), die als Quellen für den entsprechenden Layer gedacht sind. Darunter sind neben klassischem Rauschen auch Field-Recordings beispielsweise von Regen oder Insekten mit dabei. Für den „Main-Layer“ kommen dann weitere 50 Aufnahmen von Instrumenten hinzu, die dann zusammen mit dem ursprünglich atonalen Noise das neue Instrument bilden. Der schottische Hersteller hat aus diesen Quellen 50 Presets erstellt, die als Startpunkt wunderbar die Möglichkeiten des Instruments zeigen. Allerdings hätte ich mir eine üppigere Auswahl an Presets gewünscht, denn für schnelles Arbeiten sind diese sehr willkommen. Vielleicht wird da ja noch nachgeliefert. Aber vielleicht will man eh ganz schnell selbst kreativ werden, denn man kann beide Layer auch mit eigenen Samples bestücken – einfach per Drag-and-Drop. Man ist wirklich erstaunt, was sich da manchmal entdecken lässt.
Hall und Delay nebst umfangreicher Möglichkeiten der Modulation für die Obertöne machen aus Harmonic Bloom ein tolles Tool, um aus banalen und atonalen Aufnahmen wunderschöne Soundscapes oder expressive Instrumente zu gestalten. Und das verblüffend schnell und einfach. Harmonic Bloom hat mich schnell überzeugt. Ich hoffe, dass der Hersteller dieses Konzept noch weiter ausbaut und weitere Möglichkeiten für noch mehr Sounddesign einbauen wird.
Hersteller: Sonora Cinematic
https://sonoracinematic.com/products/harmonic-bloom-by-sonora-cinematic
Plattform: Kontakt 7 (free Player)
Preis / Größe: ca. 160€ / 8 GB
Besonderheiten: Import eigener Samples, NKS-kompatibel
Vienna Symphonic Library – MIR 3D Pro – umfangreicher Surround-Hall
Eigentlich gehört diese Software nicht in diese Übersicht, aber sie passt trotzdem sehr gut dazu. Deswegen wollte ich diese Ausnahme machen. Dies ist nämlich kein Sample-Instrument, aber dieser 3D-Raum arbeitet wunderbar mit ihnen zusammen. Die Idee hinter MIR (Multi Impulse Response) wurde von VSL in 2022 runderneuert und in einer deutlich benutzerfreundlicheren Oberfläche neu veröffentlicht.
MIR Pro 3D positioniert alle möglichen Sounds virtuell auf einer Bühne (oder sonst irgendwo im Konzertsaal) und passt den Klang und den Raumeindruck entsprechend an. Dies ist für Stereosignale bereits sehr nützlich, wird aber im dreidimensionalen Raum (auch Binaural) sehr flexibel.
Es gibt als optionale Module bereits sechs Sets von Räumen zu kaufen, wovon eines die Synchron Stage von VSL selbst ist. Aber auch das Teldex Studio (zum Anpassen an OT-Libraries) ist erhältlich. Oder es lassen sich mit MIR 3D beliebige Libraries, reale Aufnahmen oder auch andere virtuelle Instrumente in ein Synchron-Orchester klanglich einbinden. Das neue 3D-GUI macht das Positionieren sehr viel intuitiver. Presets erleichtern auch hier den Einstieg.
Der Spaß hat leider seinen Preis, denn die Grundausstattung kostet bereits 355 €, die Vollversion schon 745 € und jedes weitere Venue kommt als RoomPack noch dazu. Es handelt sich aber auch um ein komplexes professionelles Werkzeug mit vielen Optionen. Eine Demo-Version ist erhältlich.
Hersteller: VSL (https://www.vsl.co.at/de/Vienna_Software_Package/MIR_Pro_3D#!Product_Info)
Plattform: Vienna MIR Pro 3D
Preis / Größe: ab 355€ / bis zu 65 GB Download für alle RoomPacks)
Besonderheiten: komplette 3D-Audio Unterstützung (von Stereo, Binaural, Ambisonics 3. Ordnung bis Atmos, Sony 360 und Auro 3D)
Ausblick auf 2023
Wir haben natürlich auch ein bisschen herumgefragt, was uns wohl das neue Jahr bringen wird. Natürlich verrät uns niemand Genaueres, aber mit ein bisschen Glaskugel beigemischt könnte ich mir vorstellen, dass auch das Jahr 2023 spektakulär wird.
Aaron Venture wird im neuen Jahr ziemlich sicher die lang erwarteten und ursprünglich bereits für 2022 angekündigten „Infinite Strings“ veröffentlichen. Er hat auch durchblicken lassen, dass vorher auch die „Infinite Woodwinds” und „Infinite Brass“ ein umfangreiches Engine-Update mit vielen neuen Funktionen und Verbesserungen bekommen werden, auf dem auch die dann Strings basieren werden. Man darf also gespannt sein.
Bei Vienna Symphonic Library (VSL) steht 2023 ganz oben auf der To-do-Liste, den Umstieg auf den Apple Silicon endlich umzusetzen und das wird ja auch schon sehnsüchtig erwartet. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch ein Update für Vienna Ensemble Pro 8 ins Haus steht. Parallel wird bestimmt auch schon an neuen Libraries gearbeitet.
Ich lehne mich sicherlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich vermute, dass Spitfire Audio das „Abbey Road Orchestra“ weiter ausgebaut wird und nach und nach weitere Teile des Orchesters dazukommen werden. Das könnte dann auf Dauer ein kostspieliges Vergnügen werden, bis alles komplett ist. Und vielleicht wird auch der in vielen Foren geäußerte Wunsch wahr und in 2023 kommt das lange erwartete Albion Colossus.
Soundpaint hat schon angekündigt, dass die Engine ein Update beim Legato (H.A.L.) bekommen wird, begleitet von weiteren Legato-Liraries.
Es wird also auch 2023 wieder turbulent. Hoffen wir mal, dass niemandem die Ideen ausgehen!
Bonus 2023
Audio Brewers hatte bereits im Dezember 2022 ein neues Instrument mit dem Namen „Peace“ angekündigt. Es kam dann kurz nach dem Jahreswechsel heraus. Deswegen stelle ich die Library – auch aus gegebenem Anlass – direkt als ersten Release 2023 vor.
Audio Brewers – Peace
Hierbei handelt es sich um ganz spezielles Projekt, das Audio Brewers als künstlerisches Statement gegen bewaffnete Konflikte weltweit sehen will. Für diese Library wurde ein Streich-Instrument aus der leeren Hülle einer Geschoss-Rakete gebaut. Der Instrumentenbauer „DustBowl Cinematic“ hat diese Hülle in einen Resonanzkörper umgewandelt, als zweiter Resonanzkörper kommt ein ehemaliger Militärhelm zum Einsatz. Beim Sampling wurde wie bei einem klassischen Streichinstrument vorgegangen und entsprechend verschiedene Artikulationen aufgenommen. Insgesamt gibt es 35 Spielweisen, wovon 9 adaptives Poly-Legato bieten (mit der verfeinerten Technik aus der AB-Library „Crescent“). Dazu kommen mehrere Sounddesign-Patches.
In Kontakt findet man zuerst die Core-Patches, die thematisch mehrer Artikulationen vereinen. Über ein ausklappbares Seitenmenü oder über Key-Switches schaltet man diese um.
Peace kann sehr melancholisch klingen, aber auch impulsiv und metallisch krachend. Besonders schön und nuanciert finde ich das Sul Tasto. Dies findet man bei den Sustains oder als separates Legato Patch. Spannende Sachen verbergen sich auch im Sounddesign-Patch oder bei den „Misc“, wo man z. B. perkussive Sounds oder Harmonics findet.
Der Klang der einzelnen Patches lässt sich mit einigen Parameter anpassen. Hierzu gibt es Regler für ADSR, verschiedene LFOs und einen Sample-Offset. Eine Reihe an Effekten lassen sich außerdem hinzufügen.
Es klappt übrigens auch wunderbar, dieses Instrument klassischen Streichern als raue Farbe ganz leicht beizumischen.
Peace gibt es – wie bei Audio Brewers üblich – in zwei Varianten: Stereo und Ambisonics. Als Signal kann man zwischen einem Mix, dem Raketen-Resonanzraum und dem Helm sowie dem Raum (Binaural in der Stereo-Version) wählen, bzw. diese Signale mischen.
Hersteller: Audio Brewers (https://www.audiobrewers.com/shop/p/peace)
Plattform: Kontakt 6 (full)
Preis / Größe: ab 119€ (Intropreis 69€) / 10 GB (bzw. 19 GB für die Ambisonics Version)
Besonderheiten: Ambisonics Signale, einzigartiges Instrument gebaut aus Kriegsgerät