Digital AudionetworX Xeon Extreme64 – Audioworkstation mit Zehnkern-Prozessor
von Dr. Andreas Hau, Artikel aus dem Archiv
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In einer heutigen Studioumgebung kommt ein neuer Rechner einer Herztransplantation gleich. Sollte man sich da nicht ein möglichst kräftiges neues Herz zuzulegen? Der Audio-PC-Spezialist Digital AudionetworX bietet seit Neustem eine Audio-Workstation mit Zehnkern-Xeon-Prozessor an. Aber was bedeutet das in der Praxis, und wie stabil und leise läuft der Berliner Bolide?
Gestern telefoniert, heute ist er da − Digital AudionetworX liefert seit einigen Jahren grundsätzlich per Kurierdienst aus. Nicht primär wegen der kurzen Laufzeiten, sondern weil die Kuriere etwas sorgsamer mit der empfindlichen Ware umgehen als herkömmliche Paketdienste. Hochgezüchtete CPUs mit riesigen Kühlkörpern vertragen sich nämlich nicht so gut mit athletischen Flugeinlagen. Dabei sollte man den fast 20 kg schweren DA-X-Boliden schon den Bandscheiben zuliebe lieber langsam aus den Knien heben …
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Unboxing
Unser Testrechner kommt in einem schwarzen 19-Zoll-Rackgehäuse mit satten vier Höheneinheiten. Mit knapp 51 cm baut das Ge – rät sehr tief − kein Wunder, im Grunde ist es ja ein querliegender Tower-PC. Das Gehäuse wirkt äußerst solide; die Front wird links und rechts von zwei massiven Handgriffen flankiert, die den Einbau ins Rack erleichtern. Die Vorderseite wird von zwei verriegelbaren Türen geschützt, die mit großen Löchern versehen und damit luftdurchlässig sind.
Hinter der linken Tür sitzt nämlich ein großer Gehäuselüfter sowie das optische Laufwerk− in diesem Fall ein CD/DVD-Brenner. Hinter der rechten Tür befindet die Drive-Bay mit drei weiteren 51/4-Zoll-Slots. Außerdem hier zu finden sind der Ein/Aus-Schalter und der Reset-Button. In der Hoffnung, Letzteren nicht zu benötigen, baue ich den DA-X-Boliden ganz unten in mein Studiorack ein. Wer den Rechner weiter oben im Rack einbaut, sollte vorsichtshalber das hintere Ende zusätzlich sichern. Die frontseitige Rackbefestigung scheint zwar ausreichend solide, aber man sollte die Hebelkräfte nicht unterschätzen, die ein so schweres und tiefes Gerät entfaltet, wenn das Rack irgendwann mal bewegt wird.
Das Innere des Gehäuses wirkt verblüffend übersichtlich für einen so leistungsstarken PC. Das Mainboard kommt vom Markenhersteller Gigabyte, der früher immer als die Nummer zwei hinter Asus gehandelt wurde. In den letzten Jahren hat sich die Rangfolge zumindest bei Audio-PCs umgekehrt. Das wird seinen Grund haben, denn seriöse Audio-PC-Ausstatter wie Digital AudionetworX fahren umfangreiche Tests und verwenden nur die jeweils performantesten und verlässlichsten Komponenten.
Sofort ins Auge springt ein mächtiger Kühlkörper, unter dem sich der unangefochtene Star dieser Konfiguration verbirgt: Ein Intel Xeon E5-2680-V2-Prozessor mit zehn (!) Kernen à 2,8 GHz. In den letzten Jahren sind die Taktzahlen ja kaum noch gewachsen, aber zehn Kerne auf einem Chip − das ist schon eine technische Meisterleistung. Xeon-Prozessoren sind primär für den Server-Einsatz konzipiert, finden im Sockel-2011-Format aber auch Verwendung in besonders leistungsstarken Desktoprechnern − beispielsweise auch im neuen zylinderförmigen Mac Pro. Was die Sockel-2011-Mainboards außerdem auszeichnet, ist ein besonders schnelles Vierkanal-Speicherinterface, das im Falle unseres Testrechners mit vier 4-GB-Riegeln, also insgesamt 16 GB, bestückt ist. Maximal möglich sind derzeit 64 GB in Form von acht 8-GB-Riegeln.
Für interne Erweiterungskarten bietet der DA-X-Rechner insgesamt sechs PCIe-Slots (je zwei X16, X8 und X1), von denen ein X16-Slot durch die Grafikkarte belegt ist, einer lüfterlosen AMD Radeon mit 512 MB, die für DAW-Anwendungen völlig ausreicht und nur wenig Abwärme produziert. Einen alten PCI-Steckplatz bietet das Mainboard auch noch, allerdings sollte man sich bewusst sein, dass aktuelle Intel-Chipsätze von Haus aus keinen PCI-Bus mehr unterstützen; entsprechende Slots sind auf neueren Mainboards über zusätzliche Chips angebaut und daher schlecht »durchblutet«. Für Audio-Interfaces und DSP-Karten sollte man unbedingt dem neueren, sehr viel schnelleren PCIe-Bus den Vorzug geben.
Als einziger Massenspeicher ist im Testrechner ein 500 GB Solid State Drive (SSD) von Samsung verbaut. Neben extrem rasanten Transferraten und superschnellen Zugriffszeiten haben SSDs nebenbei den Vorteil, völlig geräuschlos zu arbeiten. Für Laufruhe sorgen weiterhin drei Ultrasilent-Gehäuselüfter sowie ein großer, dafür langsam drehender CPU-Fan und ein leises Netzteil von Seasonic. Zusätzliche Schalldämmung ist nicht eingebaut − davon ist man generell wieder abgekommen, weil es mit aktuellen CPUs leicht zu einem Wärmestau kommt, der den Prozessor veranlasst, vorsichtshalber den Takt zu senken. Heutige Silent-Konzepte arbeiten stattdessen mit einer größeren Anzahl von Lüftern, die nahezu lautlos die Warmluft sofort abführen. Lauschen wir mal, wie gut das DA-X gelungen ist.
Praxis
Meine Tastatur, Maus und zwei 24-Zoll-Bildschirme sind angeschlossen, der spannende Moment naht: Ich drücke den Startknopf. Ist das Ding an? Ich höre nichts! Tatsächlich, das Bios-Logo flimmert über die Schirme, und kurz darauf meldet sich Windows 7 − zu Microsofts Leidwesen ist Windows 8 bei den Anwendern nach wie vor unbeliebt; DA-X-Mastermind Daniel Engelbrecht hält Windows 8.1 inzwischen aber für eine empfehlenswerte Alternative und bietet auch dieses Betriebssystem an.
Das Erste, was ich mit einem Test-PC gewöhnlich anstelle, ist Cinebench 11.5 laufen zu lassen. Dieser Rendering-Benchmark misst die rohe CPU-Leistung und genügt für eine grobe Einschätzung des Leistungsvermögens. Da synthetische Benchmarks immer nur ein grober Anhaltspunkt sind, lohnt sich auch ein Praxistest mit DAW und Plugins.
Dazu bietet sich eine bewährte Standardprozedur an, bei der die maximal möglichen Instanzen besonders leistungshungriger Plug-ins gezählt werden. Mehr darüber im Abschnitt »Benchmark« − hier können wir schnell zusammenfassen, dass der Xeon Extreme64 ein enormes Pfund zu bieten hat: in etwa doppelt so viel Power wie ein leistungsstarker i7-Vierkerner!
Wirklich beeindruckend war übrigens bei allen Praxistests das Geräuschverhalten. Der DA-X Decacore blieb bei sämtlichen Tests genauso leise wie im Leerlauf, d. h. nahezu unhörbar! Ich wollte es kaum glauben, aber mein MacBook Pro 13 ist mit seinem leisen Festplattensurren im Leerlauf lauter als der DA-X-Bolide unter Volllast! Selbst nach 20 Minuten Maximalauslastung machte keiner der Lüfter Anstalten, in den hörbaren Bereich hochzudrehen. Trotzdem stiegen die Betriebstemperaturen nie in den kritischen Bereich. Die CPU blieb auch nach längerer Volllast bei 60 Grad − erlaubt sind für diese CPU maximal 82 Grad. Da bleibt also noch eine Menge Reserve für heiße Sommertage.
Entsprechend stabil lief das System: Selbst bei meinen Extrem-Experimenten, als CPU und RAM maximal ausgelastet wurden (was in der normalen Praxis so schnell nicht vorkommen dürfte), gab es keinerlei Abstürze, ja nicht einmal Audioaussetzer.
Sauberer Aufbau: Die DA-X Audio-Workstation arbeitet mit einer Intel Xeon-CPU, die zehn Prozessorkerne auf einem einzigen Chip vereinigt.
Benchmark
Der Zehnkern-Xeon bringt es auf einen Cinebench von 15,5 − das ist annähernd doppelt so viel wie ein Intel Core i7 4770, die schnellste Vierkern-CPU, die man in einem »normalen« Desktop-PC der Oberklasse findet!
Der Praxistest mit Plugin-Instanzen erfolgte in zwei Durchläufen: Einmal mit einem niedrigen Latenz-Setting des Audio-Interfaces, das es erlaubt, Softsynths oder Ähnliches mit direktem Spielgefühl in Echtzeit zu spielen, und einmal mit großzügig bemessenen Puffern, wie man sie später beim Mixing verwendet, um das Maximum an CPU-Leistung herauszuholen. Im vorliegenden Fall habe ich das kürzlich getestete MOTU 828x-Audio-Interface mit USB-Anbindung eingesetzt. Die Latenz-Settings waren 192 Samples (knapp 10 ms) und 1.024 Samples (47 ms) bei der üblichen Abtastrate von 44,1 kHz. Als Testplattform diente Cubase 7.5.20 (64 Bit).
Da schon normale Rechner neueren Datums sehr leistungsfähig sind, war ich gespannt, wie sehr ich mich abmühen müsste, um die Grenzen dieses DA-X-Boliden auszuloten. Seit einigen Jahren verwende ich dazu drei rechenintensive Hall-Plugins, nämlich den latenzfreien Faltungshall SIR2 von Christian Knufinke, der nicht nur die CPU beschäftigt, sondern auch sehr speicherintensiv ist, den Cubase-eigenen Reverb Roomworks, der algorithmisch arbeitet und deutlich weniger Speicher belegt, sowie VirSyn Reflect, das die frühen Reflexionen per Faltung berechnet, die Hallfahne aber algorithmisch erzeugt.
Der Reflect-Benchmark repräsentiert somit am ehesten den üblichen Mix verschiedenster Plugins, die mal mehr und mal weniger speicherintensiv arbeiten. Die Tests mit SIR2 und Roomworks dienen dazu, die Extreme auszuloten.
Bereits in der niedrigen Latenzstufe schafft der DA-X-Zehnkerner 123 SIR2-Instanzen, bei hoher Latenz sogar 258! Interessant ist der Vergleich mit dem Steller-Online Mobil-Desktop-PC, der laut Cinebench etwas mehr als die halbe Leistung bringt. Bei niedriger Latenz schafft der DA-X-Rechner deutlich mehr als die doppelte Instanzenanzahl − beim RAM-hungrigen SIR2 macht sich das schnellere Speicherinterface des Sockel-2011-Mainboards bemerkbar. Im hohen Latenzsetting schafft der DA-X-Bolide dagegen deutlich weniger als die doppelte Instanzenzahl, vermutlich weil die 16 GB RAM restlos ausgeschöpft sind. Beim Roomworks-Test stellt sich dagegen die zu erwartende Relation in beiden Latenzsettings ein bzw. wird sogar übertroffen (s. Tabelle). Was nebenbei zeigt, wie gut Cubase auf Multicore-Processing optimiert ist, denn der DA-X-Bolide verteilt die Rechenlast ja auf zehn (echte) Kerne und, via Hyperthreading, auf zehn weitere virtuelle Kerne. Offenbar ohne nennenswerte Verluste!
Der Test mit Virsyn Reflect bestätigt, dass die Leistung des Zehnkern-DA-X-Rechners in der Praxis tatsächlich in etwa das Doppelte eines leistungsstarken Core-i7-Vierkerners beträgt. 171 Instanzen bei niedriger bzw. 230 bei hoher Latenz − das schon ein enormes Pfund!
Benchmarks im Vergleich. Die DA-X Workstation Extreme 64 haben wir mit einem per USB eingebundenen MOTU 828x-Audio-Interface getestet. Niedrige Latenz bedeutet 192 Samples (ca. 10 ms), d. h. noch zum Einspielen von Softsynths geeignet; hohe Latenz bedeutet maximale Puffereinstellung (1024 Samples) fürs Mixing.
* getestet unter Windows 7 Home Premium, 64 Bit, mit Cubase 7.5 64 Bit
** getestet unter Windows 7 Professional SP1, 64 Bit, mit Cubase 6.5 64 Bit
*** getestet unter Windows 7 Home Premium, 64 Bit, mit Cubase 6.5 64 Bit
**** getestet unter Windows 7 Home Premium, 64 Bit, mit Cubase 6.05 64 Bit
***** getestet unter Windows 7 Professional, 64 Bit, mit Cubase 5.51 64 Bit
Fazit
Die Zehnkern-Xeon-Workstation von Digital Audionetworx ist ein Audiorechner, wie man ihn sich wünscht: extrem leistungsstark, extrem leise und extrem betriebssicher. Besser geht’s nicht! In der getesteten Konfiguration kostet der Spaß 3.199 Euro, zusätzlich einkalkulieren sollte man eine Magnetfestplatte (90 Euro für 2 TB) für die Recording-Daten, um die SSD alleine für System, Programme und Sample-Instrumente nutzen zu können. Klar, das ist viel Geld, aber gemessen an der enormen Leistung ist der Preis eigentlich sehr günstig. Apple-User müssen für einen vergleichbar schnellen Mac Pro sehr viel tiefer in die Tasche greifen. Bereits für rund 2.000 Euro zu haben wäre der ansonsten gleiche DA-X Rechner mit einem Sechskern-Prozessor, der mit etwa 70 % der Leistung immer noch mächtig Muskelmasse bietet.
Aber braucht man wirklich so viel Leistung? Momentan eher nicht, aber da aktuell keine ganz großen Computerrevolutionen anstehen, bietet sich die seltene Gelegenheit, einen Rechner zu erwerben, der nicht bereits nach drei Jahren veraltet ist. Die geballte Rechenleistung des Xeon Extreme bietet so viel Reserve, dass es sehr lange dauern wird, bis eine erneute »Herztransplantation« fällig wird. Die ja immer auch mit Downtime und dem Horror multipler Neuinstallationen bzw. (Re-)Aktivierungen im Challenge-Response-Verfahren verbunden ist. Insofern ist der laufruhige DA-X-Rechner keineswegs nur für Angeber interessant, sondern, ganz im Gegenteil, für alle, die langfristig denken.
Ein äußerst solides Gerät, das man ganz diskret ins Rack schraubt, wo es still und leise über lange Zeit seinen Dienst tut. Verführerischer Gedanke!
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extrem hohe Rechenleistung
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extrem leise, auch unter
Volllast
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hochwertige Komponenten
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sehr stabil
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günstiger Preis (für diese
Leistungsklasse)
Xeon 10-Core-Workstation Hersteller/Vertrieb Digital AudionetworX Preis (Testkonfiguration) 3.199,— Euro www.da-x.de