Vintage-FX

Eventide FL-201 Instant Flanger (*1976)

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Eventide Instant Flanger
(Bild: Matthias Fuchs)

Der Eventide Instant Flanger ist nicht nur auf zahlreichen berühmten Aufnahmen verewigt, er gilt zudem als erstes Audiogerät mit Eimerketten-Speichertechnik. Grund genug, sich Eventides Frühwerk näher anzuschauen.

Der Eimerkettenspeicher wurde 1969 von einem gewissen F.L.J. Sangster beim niederländischen Philips-Konzern entwickelt. Es brauchte jedoch einige Zeit, bis die Bauteileigenschaften den Anforderungen der Audiotechnik genügten.

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Die allseits bekannte New Yorker Firma Eventide gilt als erster Hersteller, der sich diese neue Art der Audiosignalverzögerung zunutze machte. Endlich waren längere Verzögerungszeiten und damit Flanger-Sounds (und Echos) auf rein elektronischem Wege möglich.

Der FL-102 Instant Flanger wurde Anfang 1976 der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei handelte es sich um eine Weiterentwicklung des schon 1972 erschienenen IP-101 Instant Phasers − Eventides erstes und u. a. durch Led Zeppelins Einsatz zu Ehren gekommenes Serienprodukt. Der Instant Flanger kostete seinerzeit etwa 1.700 Mark. Mit seinem Erscheinen wurde die Produktion des Phasers als eigenständiges Gerät eingestellt; für etwa 500 Mark war jedoch eine Plug-in-Platine (BPC-101) erhältlich, die sich gegen das Flanger-Board austauschen ließ und den Fortbestand des Instant Phasers bis zur endgültigen Abkündigung des gesamten Gerätes im Jahre 1984 ermöglichte.

Features

Zentrales Bedienelement ist der mittlere Drehknopf, mit dem sich die Verzögerungszeit zwischen 0,2 und 10 Millisekunden bestimmen lässt. Rechts davon befindet sich der seinerzeit optionale Feedback-Regler. Für etwa 60 Mark wurde er anstelle einer Klinkenbuchse montiert, die den Anschluss einer externen Modulationsquelle auf der Frontseite ermöglichte.

Der Regler »Depth Control« mischt zum verzögerten Signal das Trockene hinzu und bestimmt somit die Effektintensität. Bei Mittelstellung ist nur das Effektsignal zu hören. Gegen den Uhrzeigersinn gedreht sind Effekt- und Direktsignal am Main-Out gleichphasig und am Aux-Out gegenphasig − umgekehrt bei Drehung im Uhrzeigersinn. Man erhält also wahlweise positives und negatives Flanging.

Zur Modulation stehen der zuvor erwähnte Regler und ein Steuerspannungseingang auf der Geräterückseite zur Verfügung. Zusätzlich besitzt der Instant Flanger einen LFO mit einer Dreieckswelle von 0,5 bis 20 Hz sowie einen Hüllkurvenfolger mit Regelmöglichkeiten für Empfindlichkeit und Decay.

Interessanterweise lassen sich sämtliche Modulationsquellen gleichzeitig mischen. Damit nicht genug: Der »Bounce«-Regler modifiziert das resultierende Modulationssignal mithilfe einer gedämpften Sinusschwingung und verleiht dem Effekt so noch mehr Komplexität bzw. eine gewisse Zufälligkeit.

Ein paar LEDs (1976 noch sehr exotisch!) sowie Bypass- und Netzschalter vervollständigen das Bedienfeld. Der Eingangspegel kann nicht am Gerät geregelt werden, allerdings ist der Instant Flanger ausreichend übersteuerungsfest.



Der Eventide Instant Flanger ist ein Klassiker und somit Teil zahlreicher großartiger Produktionen. David Bowies Haus-und-Hof-Produzent Tony Visconti hat ihn ebenso gerne und auffällig verwendet wie Brian Eno, Larry Fast oder Kraftwerk.



Sound

Wie von einem Effektklassiker aus dem Hause Eventide nicht anders zu erwarten, macht der Instant Flanger ordentlich Sound. Subtile Färbungen sind weniger sein Ding − der Effekt klingt mit zunehmendem Feedback äußerst kraftvoll und intensiv, ohne jedoch unangenehm aufdringlich zu wirken. Dank positivem und negativem Flanging ist das Sound-Spektrum sehr variabel und reicht von näselnddünnen bis kräftig-voluminösen Effekten. Das Feedback kann gut dosiert werden und liefert ebenso fein singende Kammfilter-Sounds wie ausgeprägte Selbstoszillation.

Das Highlight ist sicher die flexible Modulationssektion, die überaus organisch wirkende Effekte ermöglicht. Mit einem Mix aus Hüllkurvenfolger, LFO-Modulation und »Bounce« reagiert das Gerät sehr interessant und dynamisch auf Pegel- und Frequenzänderungen im Programmsignal. Der Instant Flanger harmoniert mit unterschiedlichstem Klangmaterial, seien es Gitarren, flächige Sounds oder Drums. Einziger echter Wermutstropfen ist der immens hohe Störgeräuschpegel, den das Gerät liefert – ohne Noisegate ist es kaum einsetzbar.

In den 70er-Jahren hat sich der Eventide Instant Flanger als eine Art Standard etabliert und wurde in zahlreichen Studios rund um den Globus genutzt. Auch heute ist er noch immer in vielen Outboard-Racks zu finden und gilt als Klassiker. Entsprechend hoch (und bisweilen unrealistisch) sind die Gebrauchtmarktpreise. Die Service-Situation ist recht vielversprechend, denn es finden sich keine Bauteile (die Eimerketten-Chips eingeschlossen), die nicht mit etwas Aufwand beschafft werden könnten.

Für Pro-Tools-User bietet sich Eventides Anthology-Bundle an, welches auch den Instant Flanger beinhaltet. Eine native Plug-in Version ist leider nicht erhältlich. Unser Testgerät wurde uns freundlicherweise von Christian Kleine zur Verfügung gestellt.

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