Fruity Loops hatte ich Anfang der 2000er mal ausprobiert, weil kostenlos. Für jemanden wie mich, der handgemachte Musik produziert, war es damals allerdings der falsche Ansatz: Es gab keine Aufnahmefunktion, die Drums klangen alle elektronisch. Für meine Art des Songwritings und der Art zu produzieren waren andere DAWs einfach praktikabler. Außerdem schreckte mich ab, dass mein jüngerer Cousin damit rumhantierte, der von Musikmachen wirklich keine Ahnung hatte und die Software als Tool nutzte, um bei Wasserpfeife, Tabak mit Apfelgeschmack mit seinen »Homies« einfach mal Hip-Hop-Beats zu programmieren. Auf der Tonmeistertagung 2018 treffe ich den FL-Studio-Produktspezialisten Phil Carstens und quatsche mit ihm über die Anfänge, die neuesten Entwicklungen sowie über die Zukunft von FL Studio und gehe der Frage nach: Ist FL Studio nach wie vor eine Kinder-Hip-Hop-DAW?
Ende der 80er-Jahre entwickelte der heutige FL-Studio-Programmierer Goll Computer-Spiele. Danach ging es in Richtung Börsensoftware, ehe er dann 1997 das damalige Fruity Loops entwickelt hat. 1998 kam die Veröffentlichung: ein kleiner 4-Spur-Sampler mit einem Step-Sequenzer-Grid, was heute immer noch das Herzstück von FL Studio ist. Bis Version 3 war Fruity Loops kostenlos. 2003 hat Image Line sich dann dazu entschlossen, seine Software als kostenpflichtige Boxed-Version in den Handel zu bringen und weltweit zu vertreiben. Die erste Kaufversion war dann 2004 Fruity Loops 4, die damals schon im Onlineshop als Download verfügbar war. 2018 wurde FL Studio somit 20 Jahre alt, »eine Zeit, in der sich viel getan hat. Die DAW wird aber auch in Zukunft stetig und konstant weiterentwickelt«, sagt Phil, den viele vielleicht als »Fruity Phil« kennen, und ergänzt: »Früher war FL Studio eine reine MIDI-Schnittstelle: Samples reinladen und per MIDI triggern. Aufnahmefunktionen waren noch nicht integriert. Damals waren die Playlists Blöcke, die man gesetzt hat. Heute werden sie mit durchsichtigen Pattern-Containern dargestellt, in denen man auch die Noten-, MIDI-Inhalte und Automationen etc. sehen kann. In Version 5 konnte man dann auch Audiomaterial direkt in der Software aufnehmen. Ab dem Zeitpunkt wurde FL Studio zu einer kompletten Recording- und Sampling-Software.
Mittlerweile ist auch ein Performance-Mode integriert, um seine Patterns live abzurufen. Seit 2016 gibt es auch eine Mac-Version, die allerdings noch nicht komplett identisch ist mit der PC-Version. Hintergrund ist, dass wir mit einer 64-Bit-Struktur arbeiten und keine 32 Bit auf dem Mac unterstützen. Verschiedene Plug-ins und Effekte sind noch nicht verfügbar. Da legen wir aber bald nach. GUI-Elemente wie Mixer, Plug-ins und Co. wurden auch skalierbar. Der Umfang der integrierten Plug-ins, SotfwareInstrumente und Funktionen kann sich sehen lassen. Im Mai 2018, zum 20. Geburtstag von FL Studio, nutzte man die Gelegenheit, um von Version 13 auf 20 zu springen, und die Version gemäß dem Alter anzupassen.«
Phil, ich verbinde mit FL Studio immer noch ein bisschen Hip-Hop. Ist das nach wie vor eure Zielgruppe?
Mein persönlicher Fokus liegt im Hip-Hop-Bereich, da komme ich auch her. Das Netzwerk ist einfach riesen groß, und du kommst da an FL Studio eigentlich nicht vorbei. Selbst Timberland hat damals, als er seine Workstation Miko (Open Labs) gebaut hat, mit FL Studio gearbeitet, und die Liste unserer Artists aus den Bereichen IDM und Hip-Hop ist lang. Mit Avici ist natürlich einer der Erfolgreichsten von uns gegangen. Wir haben aber mittlerweile auch viele Metaller, die FL Studio nutzen. Man mag es nicht für möglich halten, aber FL Studio ist mittlerweile in allen Genres angesiedelt.
Wo siehst du die Vorteile von FL Studio?
Einer der Vorteile ist, dass FL Studio auch ein VST-Plugin ist und einfach als Plug-in in eine andere DAW geladen werden kann. Das macht uns da sehr flexibel und kompatibel. Funktionen wie beispielsweise einen Step-Sequencer bietet eben kaum eine DAW. Und wenn du diese Funktion gerne hättest, kannst du unsere Fruity-Version nehmen, sie einfach als VST einbinden und Patterns erstellen.
Weitere Vorteile sind die modularen Routing-Möglichkeiten und die Zuweisung von verschiedenen Funktionen an selbst erstellte Knöpfe. Man kann externe Controller-Hardware anschließen, egal von welchem Hersteller.
Wie gehst du mit dem Image der »Kinder-DAW« um?
In den 15 Jahren, in denen ich als Promoter für Image Line arbeite, kam immer wieder mal einer an und sagte: Ach, das ist eine Kinder-DAW! Es ist aber inzwischen wirklich eine erwachsene DAW. Wir haben bis zu 125 Kanäle im Mixer, und wenn du 125 Ein- und Ausgänge in deinem Interface hast, kannst du auch beispielsweise ein Orchester aufnehmen und wieder ausspielen.
Wie bereits erwähnt, kann auf der Bühne im PerformanceMode aufgelegt werden. Ich selbst nutze FL Studio als BackingSystem, von dem die ganzen Spuren, Click-Tracks usw. aus abgefeuert werden. Zusätzlich kann ich Synthesizer spielen, und das wirklich mit einer sehr geringen Latenz.
Wir bekommen natürlich mit, dass wir dieses Image teilweise noch haben, arbeiten aber mit Usern zusammen, die auch andere DAWs verwenden. Deren kreativer Output kommt dann aber wirklich oft aus FL Studio. Klar, Mixing und Mastering funktioniert in anderen DAWs besser.
Ist es vielleicht auch eine Kreativitäts-Erweiterung, wenn man mit mehreren DAWs arbeitet und seinen gewohnten Workflow verlässt?
Auf jeden Fall! Die meisten DAWs, die wir kennen, arbeiten Spur-basiert. Man hat ein Arrangement-Fenster, die Spuren sind untereinander aufgelistet, auf denen entweder ein Software-Instrument oder eine Audiospur läuft. Bei uns ist das anders: Wir haben eine Art Channel-Rack, wie früher auch in den Studios, wo ich meine Instrumente reinladen kann. Die muss ich dann natürlich auch mit dem Mixer »verkabeln«, sodass der Sound aus dem Master kommt. Da wir Pattern-basiert arbeiten, also mit kleinen durchsichtigen Containern, in denen beispielsweise die Melodien, Automationen und mehrere MIDI-Informationen enthalten sind, habe ich die Möglichkeit, meine Playlists frei zu gestalten. Ich kann also auf jede Spur ein Automations-Event, alle MIDI-Daten und Informationen schieben, und die Inhalte sind weiterhin sichtbar. So kann ich, wenn ich mit sehr genauen Timings arbeiten will, Audio-, MIDI- und Automations-Daten übereinanderlegen und die Automation wirklich ganz genau an das Audiomaterial anpassen und Fahrten programmieren. Diese erstellten Automationen kann ich dann auch einfach per Drag&Drop auf andere Instrumente kopieren. Bei anderen DAWs muss man sich hier an den Timelines orientieren. Natürlich ist das auch beim Drum-Editing bzw. dem Editing generell eine große Hilfe.
Wo liegen wir da preislich?
Die Einstiegs-Version »Fruity« kostet 89 Euro, hat keine Aufnahmefunktion und nicht das komplette Paket an Instrumenten und Effekten, das staffelt sich dann je nach Version. Das Producer Bundle kostet 199 Euro, bietet die Recording-Funktion, einen Wave-Editoren, Sampling usw. Das Signature Bundle kostet 290 Euro und umfasst zusätzlich weitere Plugins wie beispielsweise den Pitcher NewTone, um monofone Audiospuren in der Tonhöhe zu korrigieren oder zu manipulieren. Natürlich sind in den verschiedenen Bundles auch Software-Instrumente, Synthesizer und Effekte mit drin, das Angebot ist dann je nach Stufe auch größer. Zusätzlich gibt es noch eine Auswahl an Libraries und Plug-ins, die man über einen Shop hinzukaufen kann. Das All-Plug-ins-Bundle kostet dann 899 Euro und umfasst das komplette Sortiment.
Was kann man den in der Zukunft von FL Studio erwarten?
Wir sind ja jetzt bei Version 20.05. Das heißt, wir haben ein Update rausgebracht, um den Akai Fire-Controller, der für FL Studio entwickelt wurde, zu integrieren. Es wird dann demnächst die Version 20.1 geben. Früher hatten wir im Channel-Rack einen Button, der praktisch das Looping des Patterns eingestellt hat. Dadurch konnte man sein Pattern laufen lassen und parallel dazu im Arrangement arbeiten oder einspielen. Dieses Looping bringen wir wieder zurück, wo man dann auch von Channel zu Channel unterschiedliche Step-Längen einstellen und polyrhythmisch arbeiten kann. Das wird dann auch vom Akai Fire unterstützt werden.
Wir wollen langfristig auch die Anzahl der möglichen Spuren von 125 auf mehr bringen. Plug-in-Delay-Compensation ist bei uns ein Thema, da sind wir allerdings auf die Angaben der Dritt-Anbieter angewiesen, weil man sie nicht bei jedem Plug-in auslesen kann.
Von der Kinderschokolade zu Lindt Excellence
Man muss wirklich gestehen, dass sich FL Studio von einer kostenlosen »Ich mach mal ein paar Beats«-DAW zu einem umfangreichen Produktions-Tool gemausert hat, das wenig bis keine Wünsche offenlässt. Und der Preis stimmt auch! Da ich Mac-User bin, musste ich, wie Phil bereits angesprochen hat, ein paar Defizite hinnehmen, allerdings hat mich der Umfang der Effekte, der Sounds und der Instrumente wirklich positiv gestimmt, und am Sound gab es wirklich nichts zu meckern. Natürlich klingt der Charakter von IDM und Hip-Hop irgendwie mit, aber das liegt nahe und ist wohl auch gewollt.
Auch wenn es einfach nicht meine Welt ist, ist FL Studio für Elektro-Produzenten und Beat-Maker eine ernstzunehmende Alternative zu Ableton Live! Jedem, der sich selbst ein Bild von FL Studio 20 machen möchte, kann ich empfehlen, die 30-Tage-Trial-Version herunterzuladen und damit zu experimentieren. Viel Spaß dabei!
Die Trial-Version von FL Studio hat keine zeitliche Begrenzung.
Aber ich finde FL Studio voll gut. Den Artikel finde auch gut, allerdings musste ich einfach mal sagen, das eine zeitliche Begrenzung bei der FL Studio Trial-Version nicht vorhanden ist.
Die Trial-Version von FL Studio hat keine zeitliche Begrenzung.
Aber ich finde FL Studio voll gut. Den Artikel finde auch gut, allerdings musste ich einfach mal sagen, das eine zeitliche Begrenzung bei der FL Studio Trial-Version nicht vorhanden ist.