Focal Clear MG Professional – Studiokopfhörer im Test
von Dr. Andreas Hau,
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(Bild: Dr. Andreas Hau)
Kopfhörer sind heute sowohl Werkzeug als auch Prestigeobjekt. Mit dem Clear Mg Professional schickt der französische Hersteller Focal einen Hörer ins Rennen, der sowohl im technischen wie im visuellen Design das Premiumsegment erobern möchte.
Wie es sich in diesem Marktsegment gehört, kommt der Focal Clear Mg Professional in einer aufwendig gestalteten Kartonverpackung. Darin schlummert der Kopfhörer in einem Transportcase mit gewagtem Design irgendwo zwischen Space Age und Omas Handtasche – das aber prima zur Farbgestaltung des Kopfhörers passt. Die Ohrmuscheln und das Kopfband sind mattschwarz, die Polster sind mit einem Mikrofaserstoff in Bordeauxrot überzogen. Zum Lieferumfang gehören zwei Kabel: ein 1,3 m kurzes gerades Kabel mit 3,5-mm-Klinkenstecker und Adapter auf 6,3mm-Klinke sowie ein bis zu 5 Meter langes Spiralkabel (der nutzbare Aktionsradius beträgt eher 3 Meter). Auch Ersatz-Ohrpolster sind mit dabei.
En Detail: Mindestens so raffiniert wie die optische Gestaltung ist das technische Design des Clear Mg Professional. »Mg« steht für Magnesium, denn aus diesem Leichtmetall sind die Treibermembranen gefertigt. Magnesium hat eine noch geringere spezifische Dichte als das von Focal für Hochtonlautsprecher genutzte Beryllium oder das im Vorgängermodell Clear Professional als Hauptbestandteil verwendete Aluminium. Aufgrund ihrer geringeren Masseträgheit verspricht eine Membran aus Magnesium eine noch höhere Impulstreue. Zu den technischen Raffinessen gehört außerdem, dass die Membranen speziell geformt sind: Ein M-förmiger Querschnitt verleiht ihnen trotz der geringen Materialstärke eine hohe Festigkeit. Interessant ist, dass die Treiber nicht mittig in die Muscheln eingebaut sind, sondern nach vorne versetzt, sodass sie die Ohren schräg von vorne beschallen, ähnlich wie ein Lautsprecherpaar.
Der Clear Mg Professional ist ein offener Kopfhörer. Die Außenseite der Muscheln hat eine Wabenstruktur, die trotz der luftigen Konstruktion eine hohe Stabilität aufweist – man kann so viel von der Natur lernen! Eine ähnliche Wabenstruktur hat auch die Abdeckung der 40-mm-Treiber im Innern der Hörermuschel. Zudem folgen die wabenförmigen Abdeckungen dem M-förmigen Profil der Treibermembranen, was die akustischen Eigenschaften verbessern soll. Auf jeden Fall ist die Treiberabdeckung sehr offen und kommt ohne Stoff- oder Schaumeinlagen aus, die die Höhenwiedergabe beeinträchtigen könnten.
Obwohl Focal für die mechanische Konstruktion weitgehend auf Aluminium setzt, kommt der Clear Mg Professional auf ein recht hohes Gesamtgewicht von 450 g – was mir ohne einen Blick ins Datenblatt gar nicht aufgefallen wäre, denn er trägt sich sehr bequem. Die ohrumschließenden Polster bestehen aus Memory Foam, der den Anpressdruck gleichmäßig verteilt. Auch das Kopfband ist weich gepolstert. Der bordeauxrote Mikrofaserstoff, der die Polster bedeckt, ist perforiert und fühlt sich angenehm weich an.
Die Kabelführung ist beidseitig. Technisch gesehen, hat dies den Vorteil, dass die Masseleitung zu beiden Treibern gleich lang ist, was die Kanaltrennung verbessert. Die austauschbaren Kabel werden über 3,5-mm-Klinkenbuchsen eingesteckt; diese sind ohne Verriegelung – vermutlich, weil man erkannt hat, dass dies zu weniger Beschädigungen führt, wenn das Kabel irgendwo hängen bleibt. Beim Einstecken muss man jedoch auf die Kanalorientierung achten – wobei die L/R-Markierungen auf den Muscheln sehr »diskret« sind und im Halbdunkel untergehen.
Praxis
Der Focal Clear Mg Professional klingt sehr ausgewogen und feingliedrig. Die Impulswiedergabe ist tatsächlich ausgezeichnet; das Klangbild wirkt sehr offen und natürlich. Dabei ist die Höhenwiedergabe keineswegs überzogen oder scharf, sondern, ganz im Gegenteil, eher weich. Ein bisschen wie von einem Lautsprecher aus optimaler Hördistanz. Das mag daran liegen, dass die Treiber etwas weiter vom Ohr entfernt sind als üblich. Lautsprecher-ähnlich ist auch die Stereodarstellung, die zwar breit wirkt, aber nicht übertrieben. Die Lokalisation von Schallquellen ist messerscharf.
Wie bei offenen Kopfhörern üblich, ist die Dämpfung von Außengeräuschen gering, und natürlich dringt der Kopfhörerklang auch nach außen, denn die Treiber geben ihren Schall gleichermaßen nach vorne und nach hinten ab. Die Arbeitsweise als akustischer Dipol ist ein idealer Zustand für ein Treibersystem und trägt viel zur Natürlichkeit des Klangbilds bei. Zwar sind geschlossene Systeme in den letzten Jahren sehr viel besser geworden, aber ein offener Kopfhörer bietet immer noch die besten Voraussetzungen für transparenten Sound ohne störende Resonanzen. Die offene Bauweise und das sehr natürliche Klangbild tragen zum hohen Langzeit-Tragekomfort bei: Mit dem Clear Mg kann man wirklich stundenlang arbeiten, ohne dass man ihn absetzen möchte.
In dieser Preisklasse drängt sich ein Vergleich mit dem zuletzt getesteten Heddphone von HEDD Audio auf. Leider ist das Testgerät längst wieder beim Hersteller, sodass ich mich auf meine Erinnerung verlassen muss. Der Heddphone schien mir noch ein wenig linearer, vor allem in den Präsenzen, wo der Clear Mg Professional etwas zurückhaltender agiert. Insgesamt schaffen beide aber ein ähnlich natürliches Klangbild. Der Focal scheint mir sogar ein wenig detailverliebter; ich habe mit ihm Dinge entdeckt, die mir bislang nie aufgefallen waren – obwohl ich diese Aufnahmen in- und auswendig kenne und für jeden Kopfhörertest verwende. Fürs Mixing würde ich wohl den Heddphone bevorzugen, weil er das Gesamtbild nie aus dem Fokus verliert, während ich für Mastering eher zum Clear Mg greifen würde, weil er Fehler hörbar macht, die auf anderen Kopfhörern und erst recht auf Lautsprechersystemen untergehen. Zum Gegencheck des Präsenzbereichs und von überscharfen S-Lauten wäre aber ein zweiter Kopfhörer anzuraten, der die oberen Mitten stärker herausstellt; das könnte z. B. ein preisgünstiger AKG-Hörer sein. Die ungewöhnliche Natürlichkeit des Clear Mg lässt hier manches durchgehen, das auf Systemen für Normalsterbliche bereits nervt.
Mit seiner niedrigen Impedanz von 60 Ohm und seiner hohen Empfindlichkeit von 104 dB SPL re 1 mW kommt der Focal Clear Mg Professional an praktisch jedem Kopfhörerausgang auf satte Lautstärke. Beachten sollte man jedoch, dass optimale Klangergebnisse nur an sehr niederohmigen Kopfhörerausgängen gegeben sind. Das ist im Studiobereich leider nicht immer der Fall, insbesondere bei älterem Equipment. An relativ hochohmigen Ausgängen wie dem meines Drawmer MC2.1. Monitor-Controllers klingt der Clear Mg Professional etwas belegt, weniger impulsfreudig und leicht überbetont im Bass.
Fazit
Der Focal Clear Mg Professional ist ein Premium-Kopfhörer durch und durch. Sein Klangbild ist sehr ausgewogen, präzise, detailliert und weist eine hohe Impulstreue auf. Auch die Exaktheit der Stereodarstellung weiß zu begeistern. Der Tragekomfort ist trotz des leicht erhöhten Gewichts ausgezeichnet. Es ist ein Kopfhörer ohne Fehl und Tadel, der mir mit seinem detailreichen Klangbild vor allem für Mastering empfehlenswert scheint. Für optimale Klangergebnisse sollte man einen adäquaten Kopfhörerverstärker mit sehr niedriger Ausgangsimpedanz mit einplanen.
Ansonsten eignet sich der Clear Mg Professional natürlich auch hervorragend zum Musikgenuss und zum Neuentdecken altbekannter Aufnahmen – selten habe ich so viele bislang verborgene Details entdeckt wie mit dem Focal Clear Mg Professional. Chapeau!
Unsere Meinung:
+++ sehr ausgewogenes, detailliertes Klangbild
+++ hohe Impulstreue
+++ präzise Stereodarstellung
+++ hoher Langzeit-Tragekomfort
– optimaler Klang nur an Ausgängen mit sehr niedriger Impedanz
Beides gegeneinander gehört. Better Value mag der der 1990 sein. Der Focal spielt aber definitiv in einer anderen Liga. Und zwar in einer deutlich höheren. Das Beste ist des Guten Feind.
Ich empfehle Beyerdynamic DT 900 Pro X zum Vergleich,
außerdem liessen sich so schnell mal 1000,- € sparen. ?
Beides gegeneinander gehört. Better Value mag der der 1990 sein. Der Focal spielt aber definitiv in einer anderen Liga. Und zwar in einer deutlich höheren. Das Beste ist des Guten Feind.