Hohe Mittelklasse

Focal Shape 65 – Studiomonitore im Test

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Focal Shape 65
(Bild: Dieter Stork)

Der französische Hersteller Focal stellte zur ProLight&Sound 2017 die neue Shape-Serie mit drei Nahfeldmonitoren vor. Die Modelle Shape 40, 50 und 65 sind klassische 2-Wege-Monitore für Abhörentfernungen von 1 bis 2 Meter und liegen bei Focal in der gehobenen Mittelklasse zwischen den preiswerten Alphas und den Spitzenmodellen der SM-Serie. Die Typenbezeichnung entspricht der Größe des jeweiligen Tieftöners: Shape 65 = 6,5″-Tieftöner!

Am Hauptsitz von Focal in Saint-Etienne und in einem zweiten Werk in Bourbon-Lancy beschäftigt man heute 200 Mitarbeiter, die von den Membranen über die Treiber bis zu den Gehäusen alles selber fertigen. Dass man auch mit einer hohen Fertigungstiefe und einem nicht minder hohen Anspruch in Europa als Hersteller hochwertiger Audioprodukte gut leben kann, beweist die nun 39 Jahre währende Firmengeschichte, in der sich Focal neben dem Proaudio-Markt auch im High- End- und im Automotiv-Sektor einen exzel- lenten Ruf erarbeitet hat.  Eine Spezialität von Focal ist die Entwicklung von Membranmaterialien. Für die bekannten Inverskalotten verwendet man in

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den Spitzenmodellen Beryllium, in der Shape- Serie eine spezielle Aluminium/Magnesium- Kombination und für die Alpha-Modelle reines Aluminium. Die Mischung aus dem hoch festen Aluminium mit Magnesium erhöht die innere Dämpfung der Membran und reduziert so die sonst recht ausgeprägten Resonanzen von Metallmembranen. Hinzu kommt der spezielle »M-shape« der Membran, wenn man sie im Schnitt betrachtet. Für die Tieftöner setzt man bei Focal traditionell Sandwich-Materialien ein, mit dem Ziel, ebenfalls eine hohe Festigkeit in Kombination mit einer guten inneren Dämpfung und geringem Gewicht zu erzielen. Bei den Shape-Modellen besteht das Sandwich aus außenliegenden Glasfaserschichten mit einer Mittelschicht aus Flachsfasern.

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Bestückung und Elektronik

Alle Shape-Modelle sind mit einer 1″-Hoch- tonkalotte mit Inversmembran bestückt, deren zugehöriges Waveguide das Abstrahlverhalten am Übergang zum Tieftöner anpasst. Eingearbeitet in das Waveguide ist ein schmaler ringförmiger Spalt, in dem bei Bedarf ein kleines Schutzgitter eingesetzt werden kann. Grundsätzlich empfiehlt man, das Gitter vor dem Hochtöner ebenso wie vor dem Tieftöner im Betrieb zu entfernen. Es gibt aber immer wieder Situationen, wo der Schutz der Membranen Vorrang vor dem letzten Quäntchen Klangverbesserung haben muss, dann sind die Gitter sehr nützlich.

Der Tieftöner arbeitet nicht in einem üblichen Bassreflexgehäuse, sondern mit zwei Passivmembranen, die in den beiden Seitenflächen des Gehäuses eingesetzt sind. Das Prinzip der Passivmembran entspricht dem des Bassreflexresonators mit einer Masse und einer Luftfeder, die von der Rückseite der Tieftonmembran angeregt werden und auf ihrer Resonanzfrequenz phasengleich zur Vorderseite der Tieftonmembran mitschwingen und so entsprechend unterstützend wirken. Bei der Passivmembran wird die Masse des Masse- Feder-Systems von der Passivmembran gebil- det und bei einem »normalen« Bassreflexsystem von der Luftmasse im Tunnel.

Die Passivmembran bietet an dieser Stelle einige Vorzüge, da man sie besser tief abstimmen kann, keine Strömungsgeräusche entstehen und es auch keine Tunnelresonanzen gibt. Dafür benötigt man jedoch einen fast kompletten Treiber mit Korb und Membran, dem nur die Antriebseinheit fehlt. Ein weiterer Vorzug speziell bei 2-Wege-Lautsprechern sind die weniger ausgeprägten Probleme mit nach außen dringenden Gehäuseresonanzen bzw. Gehäusemoden, die durch einen offenen Tunnel einen einfachen Weg nach außen finden, der bei Passivmembranen versperrt ist. Die zusätzlichen im Nahfeld gemessenen Kurven in Abb.1 zeigen das deutlich. Die Resonatoren arbeiten dort, worauf sie abgestimmt sind, und darüber hinaus passiert nichts mehr, wo sonst gerne noch die eine oder andere Gehäuseresonanz hervorsticht.

Beim Thema Elektronik setzt man bei Focal für die Shape-Modelle auf analoge Filtertechnik und klassische Class-AB-Endstufenschaltungen, die im Datenblatt mit 80 und 25 Watt angegeben werden. Die Trennfre- quenz zwischen Hoch- und Tieftöner liegt knapp unter 2,5 kHz. Auf der Rückseite gibt es drei Potis für EQ-Einstellungen mit je einem Low- und High-Shelf und einem Bell-Filter als Low-Mid-EQ bei 160 Hz. Über ein viertes Poti kann ein variables Hochpassfilter eingestellt werden, wenn die Kombination mit einem Subwoofer erfolgen soll. Wie sich die Filter auswirken, findet sich in Abb.2.

Das sonst übliche Poti für die Gain-Einstellung gibt es nicht. Die beiden Eingänge sind für die üblichen Empfindlichkeiten ausgelegt, sodass symmetrisch bei +4 dBu Voll- aussteuerung erreicht wird, beim unsymme- trischen Eingang mit Cinchbuchse liegt der Wert bei −10 dBV. Der Verzicht auf das Gain- Poti ist auch nicht als Nachteil zu sehen, da die Einstellung eines Potis immer mit Unge- nauigkeiten verbunden ist und man sich so schnell eine Ungleichheit der Kanäle einhandelt, wenn die Potis nicht am Anschlag stehen. Eine Auto-Standby-Funktion in den Shapes sorgt dafür, dass sich die Monitore nach 30 Minuten ohne Signal in den Standby-Modus mit einer Leistungsaufnahme von nur noch 0,5 Watt versetzen.

Äußerlich auffällig bei den Shapes sind die Gehäuse mit einer Frontplatte, die an der Oberkante über eine großzügige Rundung in die Deckelplatte des Gehäuses übergeht. Front und Deckel sind mit Echtholz furniert und ragen um einige Millimeter über die eigentliche Breite des Gehäuses hinaus. Zusammen mit den beiden seitlichen Passivmembranen sind die Shapes so einfach wiederzuerkennen. Gut durchdacht sind auch die mit Gewinden großzügig verstellbaren Füße, die so auch eine vertikale Ausrichtung der Lautsprecher ermöglichen.

Aus dem Messlabor unter reflexionsfreien Bedingungen stammen die folgenden Messungen zum Frequenzgang, zum Abstrahlverhalten und zu den Verzerrungswerten. Der Klasse-1-Messraum erlaubt Messentfernung bis zu 8 m und bietet Freifeldbedingungen ab 100 Hz aufwärts. Alle Messungen erfolgen mit einem B&K 1/4″-4939-Messmikrofon bei 96 kHz Abtastrate und 24 Bit Auflösung mit dem Monkey-Forest Audio-Messsystem. Messungen unterhalb von 100 Hz erfolgen als kombinierte Nahfeld-Fernfeldmessungen.

Hier erklären wir, wie die Messdaten zu verstehen sind.

 

Messwerte

Beim Thema Messwerte fällt die Beurteilung der Shape 65 leicht. Nach dem seit Jahrzehnten bewährten Prinzip, man nehme gute Treiber, eine solide Elektronik dazu und stimmt das Ganze auf einen linearen Frequenzgang auf Achse ab, kommt man auch bei Focal auf ein exzellentes Gesamtergebnis. Natürlich ist der Frequenzgang auf Achse nicht das allein seligmachende, wenn man nicht auch das räumliche Abstrahlverhalten und die nicht- linearen Verzerrungen im Auge behält. Mit einem passend dimensionierten Waveguide und den Treibern mit einem großzügig linea- ren Verhalten wurde für die Shape-Modelle jedoch beides beachtet.

Der Frequenzgang auf Achse aus Abb.1 zeigt einen Verlauf, wie er von einem ernst- haften Studiomonitor erwartet wird. Die Kurve ist sehr schön gleichmäßig und reicht von 42 Hz bis über 30 kHz, wenn man die −6-dB- Eckpunkte zugrunde legt. Die Welligkeit liegt bei 4,4 dB mit einem insgesamt leichten Pegelabfall im Arbeitsbereich des Hochtöners oberhalb von 2,5 kHz. Vorbildlich gibt sich die Shape 65 auch im Ausschwingverhalten. Das Spektrogramm aus Abb.5 lässt keine Resonanzen erkennen. Eine kleine Unregel- mäßigkeit gibt es im Phasengang in Abb.3. Im Bereich der Trennfrequenz um 2,5 kHz ist das Gefälle der Phase etwas zu steil, was auf eine nicht ganz exakte Laufzeitanpassung zwischen den beiden Wegen hindeutet, die hier jedoch keine relevante Bedeutung hat.

Sehr gut ist auch das Ergebnis der Maxi- malpegelmessung mit Sinusburst-Signalen aus Abb.4. Die Kurve hat keine Schwachstel- len und verläuft mit steigender Tendenz zwischen 100 und 110 dB. Oberhalb von 2 kHz erfolgt dann eine Pegelbegrenzung durch den Limiter für den Hochtöner auf ca. 98 dB. Der Limiter greift primär zum Schutz vor thermischer Überlastung des Hochtöners ein und lässt Signalspitzen ungehindert passieren.

Die zweite Messung mit einem Multisinussignal (Abb.8) und einem Crestfaktor von 4 (12 dB) ist daher für den praktischen Einsatz aussagekräftiger. Das Testsignal ähnelt einem realen Musiksignal sowohl in der spektralen Verteilung wie auch im Verhältnis der Spitzen zum Effektivwert im Signal. Ein weiterer Vorzug dieser Art der Messung ist die Erfassung nicht nur der harmonischen Verzerrungen (THD), sondern auch der Intermodulationsverzerrungen (IMD), sodass man hier von den Gesamtverzerrungen (TD) spricht. Bei dieser Messung erreicht die Shape 65 bei maximal 10 % Gesamtverzerrungen einen Mittlungspegel von 96 dBA bzw. 99 dBZ bezogen auf 1 m Entfernung im Freifeld und einen Spitzenpegel von 112 dB. Beide Werte sind für einen Nahfeldmonitor auch bei gehobenen Pegelansprüchen mehr als hinrei- chend.

Das Abstrahlverhalten der Shape 65 ist für einen Nahfeldmonitor breit ausgelegt. Die −6-dB-Isobaren zeigen einen mittleren Öffnungswinkel zwischen 1 und 10 kHz von 140° bei nur 15° Schwankungsbreite. Das erlaubt eine große Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz. Vertikal ist das Verhalten ähnlich, jedoch mit der unvermeidlichen Einschnürung im Bereich der Trennfrequenz um 2,5 kHz.

Hörtest

Für den Hörtest wurden die Shape 65 in einer typischen Nahfeldaufstellung mit 1,5 bis 2 m Abstand zum Hörerplatz aufgebaut. Zum direkten Vergleich stand das im Hörraum fest angesiedelte Pärchen Neumann KH310 bereit. Im Vorfeld zum Hörtest erfolgte die übliche Einmessung um den Hörplatz sowie die Einstellung eines EQs zur Kompensation der Raummoden und der durch die Aufstellung bedingten Einflüsse.

Für die Shape 65 fiel spontan eine ausgeprägte Direktheit auf, wie man sie sonst in dieser Umgebung nicht kennt. Die Wieder- gabe war dabei sehr dynamisch und tonal ausgeglichen. Auch hoch verdichtete Aufnah- men wurden präzise wiedergegeben, wobei der Begriff »präzise« die Shape 65 insgesamt betrachtet auch am besten beschreibt. Erfreulicherweise ließ sich dann noch feststellen, dass diese positiven Eigenschaften auch bei gehobenen Pegeln unverändert erhalten blieben. Am Rande wäre dazu noch anzumerken, dass man beim Einsatz der Shape 65 als Nahfeldmonitor einen Subwoofer eigentlich nie vermisst. Im Vergleich zur KH310-Referenz waren die Shape 65 durchaus ebenbürtig, aber vom Grundsatz her auch etwas anders, was sich vielleicht am besten mit »analytisch sezierend, aber gleichzeitig auch etwas weni- ger souverän« beschreiben lässt.

Fazit

Mit der Shape-Baureihe bringt der französische Hersteller Focal drei neue Nahfeldmonitore auf den Markt, von denen mit der Shape 65 das größte Modell zum Test gestellt wurde. Die mit einem Straßenpreis von 1.400 Euro pro Paar im mittleren Preissegment angesiedelte Shape 65 bietet mit speziellen Membranen für den Hoch- und Tieftöner und einem seltenen Gehäusekonzept mit zwei seitlichen Passivmembranen eine Reihe von Besonder- heiten abseits des sonst üblichen Mainstream. Eher konservativ geht es bei der Elektronik zu, wo man auf bewährte analoge Schaltungstechnik und Class-AB-Endstufen setzt.

Alles zusammen führt zu einem überzeugenden Gesamtergebnis. Die Shape 65 liefert im Labor ein solides Ergebnis und kann beim Hörtest voll und ganz überzeugen. Zusammen mit Preis und Größe der Shape betrachtet, wird daraus eine uneingeschränkte Empfehlung

++
Messwerte
+++
Klangqualität
++
Einsatzmöglichkeiten
+++
Verarbeitung und Wertigkeit
+++
Preis/Leistungs-Verhältnis

Hersteller/Vertrieb: Focal-JMlab / Sound Service Rangsdorf
UvP/Straßenpreis pro Paar: UvP 1.664,− Euro / ca. 1.400,− Euro

www.focal.com

PROFIL FOCAL SHAPE 65

Frequenzbereich: 42 Hz − 31,5 kHz (−6 dB)
Welligkeit: 4,4 dB (100 Hz − 10 kHz)
hor. Öffnungswinkel: 141 Grad (−6 dB Iso 1 kHz − 10 kHz)
hor. STABW (Standardabweichung): 15 Grad (−6 dB Iso 1 kHz − 10 kHz)
ver. Öffnungswinkel: 117 Grad (−6 dB Iso 1 kHz − 10 kHz)
ver. STABW: 38 Grad (−6 dB Iso 1 kHz − 10 kHz)
max. Nutzlautstärke: 103 dB (3 % THD 100 Hz − 10 kHz)
Basstauglichkeit: 101 dB (10 % THD 50 − 100 Hz)
Maximalpegel in 1 m (Freifeld) mit EIA-426B
Signal bei Vollaussteuerung: 96 dBA Leq und 112 dB Peak
Paarabweichungen: 0,9 dB (Maxwert 100 Hz − 10 kHz)
Störpegel (A-bew.): 20 dBA (10 cm)
Maße/Gewicht: 218 x 355 x 285 mm (BxHxT) / 8,5 kg

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