Genelec 8361A – 3-Wege-Studiomonitor mit voll-koaxialer Treiberanordnung im Test
von Anselm Goertz,
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So gar nicht bescheiden beschreibt man bei Genelec das neue Modell 8361A mit folgenden Worten: »The 8361A offers the most advanced acoustic performance of any studio monitor on the planet.« Ob das nicht doch etwas hoch gegriffen ist, sei einmal dahingestellt. Die 8361A ist auf jeden Fall der größte und auch der jüngste Monitor in der Genelec »The Ones«-Serie.
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Drei kleinere, ebenfalls koaxiale 3-Wege-Monitore und ein Subwoofer sind die weiteren Modelle dieser Baureihe. Alle gehören der SAM-Kategorie an, was bei Genelec für »Smart Active Monitore« steht. Ein Teil des SAM-Konzeptes ist der GLM (Genelec Loudspeaker Manager), mit dessen Hilfe man die Monitore einmessen, verwalten und zentral steuern kann. Bei der Entwicklung der SAMs wurde zudem ein besonderes Augenmerk auf kompakte Abmessungen und eine flexible Aufstellung gelegt, sodass der Monitor auch bei engen räumlichen Verhältnisse in Übertragungswagen oder kleinen Rundfunkstudios gut eingesetzt werden kann. Die Aufstellung sollte dabei sowohl aufrecht stehend wie auch quer liegend möglichst ohne Einschränkungen möglich sein. Eine Grundvoraussetzung dafür ist ein in beiden Ebenen über einen weiten Frequenzbereich gleichmäßiges Abstrahlverhalten. Realisiert wird das bei allen Modellen der »The Ones« Serie mit einem in dieser Serie neu eingeführten Aufbau in Form eines voll koaxialen 3-Wege Monitors.
Bestückung und Elektronik
Wortwörtlich im Mittelpunkt der 8361A steht der koaxiale Mittel-Hochtöner, der MDC(Minimum Diffraction Coaxial)-Driver, wie man ihn schon aus anderen Genelec Monitoren kennt, kombiniert mit dem »Maximised Directivity Control Waveguide « (MaxDCW) und der »Acoustically Concealed Woofers (ACW)«-Technologie. Alles zusammen bildet eine voll koaxiale 3-Wege-Anordnung mit einem großen Waveguide für den Mittel-Hochtöner.
Der Mitteltöner im MDC-Treiber ist so ausgeführt, dass er den Schall über eine flexible Schaumstoffschicht abstrahlt. Innen geht der Schaumstoff direkt auf die kleine Schallführung des Hochtöners über, und am Außenrand gibt es einen stetigen Übergang zum großen Waveguide in Form der Gehäusefront. Für den Hochtöner stellt sich damit der Mitteltöner als fast unsichtbarer Teil des Waveguides dar. Das sich daran anschließende Waveguide für den Mittel-Hochtöner erstreckt sich nahezu über die gesamte Frontfläche des Gehäuses und bietet so dank seiner Größe eine gute Voraussetzung für die angestrebte kontrollierte Abstrahlung über einen weiten Frequenzbereich. Oben und unten hinter dem Waveguide befinden sich zwei Spalte, durch die zwei Tieftöner den Schall abstrahlen.
Da der Platz für die Tieftöner auf der Front recht knapp bemessen ist, mussten bei Genelec spezielle Chassis für diese Aufgabe entwickelt werden. Die Membran des Treibers ist oval geformt hat in der 8361A Abmessungen von 10,4″ x 5,4″, sodass je ein Treiber oberhalb und unterhalb des Mittel-Hochtöners quer eingebaut werden kann. Die Schallabstrahlung der Tieftöner erfolgt über eine kleine Kammer mit einem Spalt nach außen am oberen und unteren Ende der Frontplatte. Eine Bassreflexöffnung für das Tieftonsystem befindet sich auf der Rückseite.
Weitere Specs der 8361A sind drei Endstufen mit 500 W und 2 x 150 W Peak-Leistung, ein DSP-System für alle Filter, Delays, Limiter und sonstige Signalbearbeitungen, Eingänge für analoge, symmetrische Signale und digitale Zuspielung im AES/EBU-Format sowie die Fernsteuerung und Einstellung über ein Genelec eigenes Netzwerk.
Einmessung und Bedienung
Die 8361A kann ebenso wie alle anderen SAM-Monitore von Genelec völlig unabhängig im »Standalone «-Modus oder vernetzt betrieben werden. Dabei gibt es drei Möglichkeiten: Der Monitor wird völlig ohne Netzwerk und PC betrieben (Stand-alone-Modus), der Monitor wird mithilfe des Netzwerkes eingestellt und dann in den Stand-alone-Modus geschaltet, oder der Monitor ist ständig mit dem Netzwerk und einem PC verbunden.
Ausschließlich über das Netzwerk zu bedienen sind die digitale Pegeleinstellung und das Delay sowie die Shelving- und Notch-Filter zur Raumanpassung. Am Lautsprecher selbst können noch die typischen Einstellungen zur Ortsanpassung abgerufen werden. Über die sieben DIP-Switches der Tone-Controls gibt es jeweils dreistufig in 2-dB-Schritten ein Bass-Roll-Off, ein Bass-Tilt- und ein Treble-Tilt- sowie ein Desktop-Filter.
Alle weiteren Einstellungen erfolgen über die GLM-Software. Neben Pegel, Delay- und den insgesamt 16 Filter-Einstellungen kann man hier auch ein Pinknoise-Testsignal einspielen, den Eingang und Kanal auswählen sowie die einzelnen Wege muten, was bei einer möglichen Fehlersuche und für Messungen praktisch ist. Ist der Monitor einmal eingestellt, kann diese Konfiguration in der Box gespeichert und die Box anschließend auch vom Netz genommen werden. Auch ohne Netzwerkanschluss kann dann immer noch per DIP-Switch zwischen dieser gespeicherten Einstellung und der einfachen Stand-alone-Konfiguration gewählt werden.
Die Hardware des GLM-Sets besteht aus dem GLM-Interface mit USB-Anschluss, dem Messmikrofon und der zugehörigen Software. Letztere beinhaltet auch die individuellen Korrekturdaten für den Frequenzgang des Messmikrofons. Dieses wird direkt am USB-Interface angeschlossen, genauso wie die Monitore, die über handelsübliche Netzwerkkabel mit RJ45-Steckern von Box zu Box einfach durchgelinkt werden. Die Software erkennt danach umgehend alle angeschlossenen Lautsprecher, und man kann mit der Zusammenstellung eines neuen SAM-System-Layouts beginnen.
Die eigentliche Einmessung geht anschließend problemlos von der Hand, soll aber hier nicht weiter erläutert werden, da der Vorgang schon mehrfach in Testberichten der Genelec-Monitore aus der SAM-Serie beschrieben wurde.
Messwerte
Beim Thema Messwerte ist die Erwartungshaltung bei Genelec hoch. Ein erster Blick auf den Frequenzgang aus Abb.01 zeigt dann auch schon, wo es lang geht. Für die Labormessungen wurden die 8361A in den Standalone-Modus ohne die zusätzlichen Filter des GLM geschaltet. Unter Freifeldbedingungen im Messraum ergibt sich so ein fast perfekter Frequenzgang mit einer minimalen Welligkeit von ±1,24 dB und Eckfrequenzen von 31 Hz und über 40 kHz. Lediglich bei 26,2 kHz schaut die Resonanzspitze der Hochtonmembran etwas hervor. Der zugehörige Phasenverlauf aus Abb.02 zeigt einen linearphasigen Verlauf oberhalb von 800 Hz. Die Trennung zwischen Mittel- und Hochtöner bei 2,8 kHz erfolgt somit vermutlich mit FIR-Filtern. 360° Phasendrehung gibt es dann noch durch den Übergang vom Tieftöner zum Mitteltöner bei 320 Hz und am unteren Ende des Übertragungsbereiches durch das akustische Hochpassverhalten der Tieftöner und durch zusätzliche elektrische Hochpassfilter.
Im Spektrogramm aus Abb.04 gibt sich die 8361A erwartungsgemäß vorbildlich. Resonanzen sind hier nicht zu finden. Mit den Diagrammen der horizontalen und vertikalen Directivity-Messungen aus Abb.05 und 06 kommt man zum eigentlichen Highlight der 8361A. Die Isobaren verlaufen über einen sehr weiten Frequenzbereich äußerst gleichmäßig. In der Horizontalen stellt sich der mittlere Öffnungswinkel von ca. 110° ab ca. 1 kHz aufwärts ein. In der Vertikalen gelingt das mit kleinen Abweichungen sogar schon ab 200 Hz aufwärts. In beiden Ebenen ist der Verlauf dank der koaxialen Anordnung zudem völlig frei von Einschnürungen oder Interferenzeffekten. Besser geht es kaum, vor allem wenn man dabei die kompakten Abmessungen des Monitors bedenkt. Die 8361A kann daher auch völlig problemlos quer liegend genutzt werden.
Bei den Verzerrungsmessungen wurden die beiden üblichen Methoden mit Sinusbursts und mit einem Multiton-Signal angewandt. Die Sinusburstmessung bestimmt, welcher Pegel in Abhängigkeit von der Frequenz bei einem definierten maximalen Verzerrungswert möglich ist. Gemessen wird jeweils bei einer Frequenz, bei der der Pegel so lange erhöht wird, bis der Verzerrungsgrenzwert erreicht ist. Die Pegelerhöhung erfolgt in 1-dB-Stufen. Die Frequenzschritte betragen 1/12 Oktave. Abb.03 zeigt das Ergebnis für die 8361A mit der roten Kurve, gemessen von 30 Hz bis 10 kHz für maximal 3 % Verzerrungen und mit der blauen Kurve von 30 Hz bis 500 Hz für maximal 10|% Verzerrungen. Anhand des Kurvenverlaufes lassen sich Schwächen in bestimmten Frequenzbereich gut erkennen. Im Arbeitsbereich der Tieftöner separieren sich die Kurven noch deutlich, da hier die durch die Auslenkung bedingten Verzerrungen der Treiber dominieren. Darüber hinaus wird das Verhalten durch die internen Limiter zum Schutz der Treiber bestimmt. Bei maximal 10 % Verzerrungen erreicht die Tieftöner im Mittel 111 dB. Der Mitteltöner erreicht in seinem Arbeitsbereich sogar 115 dB mit bis zu 120 dB in den Spitzen. Schwachstellen gibt es in den Kurven nicht.
Für die Praxis noch etwas aussagekräftiger ist die Multiton-Messung, bei der ein Testsignal verwendet wird, dessen Spektrum dem eines mittleren Musiksignals entspricht. Der Crestfaktor (Verhältnis Spitzenwert zu Effektivwert) des Testsignals kommt mit 12 dB ebenfalls einem nicht zu stark komprimierten Musiksignal recht nahe. Zusammengesetzt wird der Multiton aus 60 Sinussignalen mit zufälliger Phase und einem Frequenzabstand von 1/6 Oktave. Die Auswertung gestaltet sich mit einem FFT-Messsystem einfach, indem man alle nicht zum Anregungssignal gehörigen Anteile und somit die Verzerrungen in Relation zum Gesamtsignal setzt. Erfasst werden dabei sowohl harmonische Verzerrungen (THD) wie auch Intermodulationsverzerrungen (IMD). Beides zusammen bezeichnet man auch als Total Distortions (TD). Zu dieser Messung gibt es für die 8361A zwei Abbildung (Abb.07 und 08). Mit dem üblichen Vorgehen, bis der Wert der Verzerrungen –20 dB (10 %) erreicht hat, wurde ein Mittlungspegel von 110 dB und ein Spitzwert von 122 dB erreicht. Bei diesen Messungen war jedoch schon eine deutliche Limitierung des Mitteltöners zu erkennen (siehe orange Kurve in Abb.08). Reduziert man den Pegel um 6 dB auf einen Mittlungspegel von 104 dB und einen Spitzenwert von 116 dB, dann wird der Einsatz des Limiters vermieden, und der Wert für die Gesamtverzerrungen liegt bei sehr guten –30 dB (3 %).
Aus dem Messlabor …
… unter reflexionsfreien Bedingungen stammen die folgenden Messungen zum Frequenzgang, zum Abstrahlverhalten und zu den Verzerrungswerten. Der Klasse-1-Messraum erlaubt Messentfernung bis zu 8 m und bietet Freifeldbedingungen ab 100 Hz aufwärts. Alle Messungen erfolgen mit einem B&K 1/4″-4939-Messmikrofon bei 96 kHz Abtastrate und 24 Bit Auflösung mit dem Monkey-Forest Audio-Messsystem. Messungen unterhalb von 100 Hz erfolgen als kombinierte Nahfeld-Fernfeldmessungen.
01 Frequenzgang auf Achse gemessen in 4 m Entfernung. Die blaue Linie zeigt den Übertragungsbereich (–6 dB) von 31 Hz bis 40 kHz. In Grau der Schwankungsbereich ±1,24 dB.
02 Phasengang auf Achse; ab 800 Hz aufwärts arbeitet der Monitor weitgehend phasenlinear.
03 Maximalpegel bezogen auf 1 m Entfernung bei höchstens 3 % Verzerrungen (rote Kurve) und bei höchstens 10 % Verzerrung (blaue Kurve) für den Tieftonbereich bis 500 Hz.
04 Spektrogramm der 8361 ohne auffällige Resonanzen
05 Horizontales Abstrahlverhalten in der Isobarendarstellung; der Pegel ist beim Übergang von Gelb auf Hellgrün um 6 dB gegenüber der Mittelachse abgefallen.
06 Vertikales Abstrahlverhalten
07 Messung der Intermodulationsverzerrungen mit einem Multitonsignal mit EIA-426B Spektrum und 12 dB Crestfaktor für maximal 3 % Verzerrungsanteil. Auf 1 m im Freifeld bezogen wird dabei ein Pegel von 104 dB als Leq und von 116 dB als Lpk erreicht.
08 Messungen mit dem EIA-426B Multisinus-Signal bei Mittlungspegeln von 100/104 und 110 dB in 1 m Entfernung; bei 110 dB ist der Einsatz des Limiters für den Mitteltöner zu erkennen.
09 Gemittelte Frequenzgangmessung über je 30 Position für den linken und rechten Lautsprecher um den Hörplatz. Die blaue Kurve zeigt die gemittelte Messung, die grüne den daraus abgeleiteten EQ und die rote das Ergebnis mit EQ. Die Magenta-Kurve stellt die Zielfunktion dar.
Hörtest
Der Hörtest erfolgte nach dem bekannten Prozedere mit einer Einmessung und Filterung zur Kompensation der Unzulänglichkeiten des Hörraumes und der Position. Die Signalzuspielung erfolgte über einen HD2 DSP-Controller, der wiederum sein Signal via Dante Audionetzwerk direkt von einem PC zugespielt bekam. Die Signalkette bleibt so konsequent bis zum DA-Umsetzer im Ausgang des DSP digital. Abb.9 zeigt dazu die Messungen aus dem Hörraum. Die Aufstellung der Lautsprecher erfolgte mit ca. 75 cm Abstand zu den Seitenwänden und 2 m Abstand zur Rückwand des Raumes. Die Hörposition war ca. 3 m von der Lautsprecherebene entfernt.
Klanglich lieferte der 8361A das von Genelec gewohnte Bild einer präzisen und absolut neutralen Abbildung. »Kennt man einen, kennt man alle« könnte der Spruch dazu lauten. Für einen Hersteller von Studiomonitoren ist genau das als großes Lob zu verstehen. Es sollte möglichst immer reproduzier gleich klingen, egal ob man jetzt einen kleinen 2-Wege-Monitor als Nearfield nutzt oder eben den 8361A als Midfield in größeren Räumen. Die größeren Monitore sollten bei unverändertem Klangcharakter mehr Pegel und Tiefbass liefern können, sich ansonsten aber möglichst wenig von den anderen Modellen unterscheiden. Genau das beherrscht man bei Genelec bestens. Die 8361A empfiehlt sich dabei für etwas größere Abhörräume, für Filmregien oder auch ganz einfach dann, wenn es nur darum geht, bei passender Musik etwas lauter als normal hören zu wollen.
Fazit
Mit der 8361A erweitert der finnische Hersteller Genelec die »The One«-Baureihe nach oben hin um einen großen Midfield-Monitor. Die voll koaxiale 3-Wege-Bauweise kann mit dem riesigen Waveguide für den Mittel-Hochtöner ihre Vorzüge voll ausspielen. Das Abstrahlverhalten ist über einen sehr weiten Frequenzbereich nahezu perfekt und unabhängig von einer stehenden oder liegenden Aufstellung. Auch alle anderen Messwerte können in erwarteter Form überzeugen. Mithilfe der GLM-Software und des zugehörigen Messtechnik-Equipments kann der 8361A zudem schnell und einfach auf sein Umfeld angepasst werden. Der Preis für ein Pärchen 8361A ist mit 9.880 Euro inkl. MwSt. nicht unbedingt ein Fall für die Portokasse, aber trotzdem angemessen. Für das GLM-Kit, bestehend aus dem USB-Interface und dem Messmikrofon, kommen dann noch einmal 360 Euro hinzu, die ebenfalls gut investiert sind.,,
Hersteller: Genelec / Audio Pro Heilbronn
UvP/Straßenpreis pro Paar: 9.880,– Euro / ca. 9.880,– Euro
SEHR schade, dass man den Test nicht als PDF einzeln bestellen kann!
Ich könnte mir sogar ein papierloses Abo vorstellen. Leider wird das (noch?) nicht angeboten.
Die Schallwandler sind sehr interessant !
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Hallo Robert,
Den einzelnen Test kann man nicht als PDF downloaden, das ist korrekt. Ein papierloses Abo aber bieten wir schon seit Jahren an. 🙂
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Lieben Gruß aus der Redaktion
Oops!? DANKE! Warum auch immer ist es an mir vorbei gesaust:-)