Im Test: RØDE Rødecaster Pro II – Production Studio
von Klaus Baetz,
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Podcasts sind aktuell nach wie vor eines der aufstrebenden Medienformate. Kaum ein größeres Unternehmen kommt inzwischen ohne eigenes Podcast-Format daher, und dabei entstehen immer wieder tolle neue und sehr kreative Formate. Røde erkannte 2018 die Zeichen der Zeit und entwickelte mit dem Rødecaster Pro eine All-In-One Podcast Recording Station, die sich großer Beliebtheit erfreut. Seit ein paar Monaten ist nun der Nachfolger erhältlich, den wir im Folgenden unter die Lupe nehmen.
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Direkt beim Ausklappen der quadratischen Verpackungsbox werden wir von der Nachricht »Welcome To Next-Level Audio« begrüßt. Auch die Rückseite der Verpackung stapelt mit »Revolution Preamps«, »Broadcast-quality Faders« und »Studio-grade effects« nicht tief. Im Lieferumfang finden sich neben dem eigentlichen Gerät nur noch ein Netzteil und ein »USB-C auf USB-C«-Kabel. Eine gedruckte Anleitung oder ein Quickstart Guide sind leider Mangelware, allerdings weist Røde im Kartondeckel auf einen QR-Code hin, der uns zum Userguide führen soll.
Der Rødecaster macht beim Herausnehmen direkt einen guten Eindruck. Das Gerät wirkt gut gebaut, ist mit knapp unter 2 kg nicht zu leicht und nicht zu schwer und findet mit den Maßen 305 × 270 × 60 mm auf jedem Arbeitstisch Platz. Auch die Oberfläche wirkt direkt sehr einladend und aufgeräumt. Hier finden sich zunächst sechs identische Channels mit jeweils einem Volume-Fader, einem Select-, einem Listen- und einem Mute-Button. Direkt darüber ist der 5,5 Zoll große Touchscreen nebst dickem Recordbutton platziert. Rechts davon befindet sich ein universeller Push-Encoder sowie vier Potis, um die Lautstärke der vier Kopfhörerwege direkt einstellen zu können. Last but not least finden wir noch acht Drumpad-artige Smart Pads, die für verschiedene Aufgaben genutzt werden können, sowie zwei Buttons zum Wechsel der Smart-Pad-Bänke.
Auf der Rückseite sind als Anschlussmöglichkeiten zunächst die vier Neutrik XLR/Klinke-Combobuchsen-Eingänge zu erwähnen, deren Revolution Preamps satte 76 dB Vorverstärkung liefern und dabei wirklich sehr rauscharm sind. Die A/D-Wandler machen aus dem Input dann eine »48 kHz/24 bit«-Aufnahme.
Neben den vier analogen Inputs befinden sich zwei Klinkenausgänge zum Anschluss eines Monitorpärchens sowie weitere vier Klinkenausgänge zum Verbinden der vier möglichen Kopfhörer. Weiterhin finden sich auf der Rückseite noch zwei USB-C-Anschlüsse, mit deren Hilfe der Rødecaster beispielsweise zum Audio-Interface (mit bis zu drei individuellen Streams) wird oder sich Handys/Tablets direkt in die Session integrieren lassen. Auch ein USB-Stick oder eine Festplatte/SSD zum Aufnehmen kann hier angeschlossen werden.
Abschließend gibt es noch einen Ethernet-Anschluss, einen microSD Kartenslot sowie die Stromversorgung nebst Powerknopf. Als »quasi unsichtbare« Anschlussmöglichkeiten sind übrigens auch noch sowohl eine WLAN-Verbindungsmöglichkeit als auch Bluetooth zu erwähnen. Das sieht auf den ersten Blick schon mal sehr gut und vollständig aus, aber wirklich spannend wird das Gerät vermutlich erst, nachdem man es eingeschaltet hat.
Ich schließe also die Stromversorgung an, bevor ich jedoch die Verbindung zum PC via USB-C herstelle, greife ich zum Handy, scanne brav den erwähnten QR-Code und lande auf der Rødecaster-Produktseite, wo das Gerät zunächst angepriesen wird. Ich scrolle weiter herunter und finde sowohl das Handbuch, welches allerdings in Form einer Website vorliegt, sowie die Røde Central Software und den ASIO-Treiber für meinen PC. Beides wird zügig heruntergeladen und installiert und dann folgt der große Moment: Power On.
Der helle Touchscreen weist mich darauf hin, die Aktualität der Firmware zu überprüfen. Das kann ich wahlweise via WLAN, LAN oder USB machen. Ich entscheide mich für die USB-Variante, starte Røde Central und der Rest läuft völlig automatisch und schmerzfrei. Sehr gut, so müssen Hardware-Updates funktionieren! Apropos Firmware Update: Mir sind bisher keinerlei weitere Möglichkeiten aufgefallen, die LAN- bzw. WLAN-Funktion sinnvoll zu nutzen. Ich vermute, hier werden in Zukunft noch Streamingmöglichkeiten via Update folgen.
Praxis
Für einen ersten Test habe ich zwei Mikros mit dem Rødecaster verbunden – ein Shure SM7B und ein Røde NT3. Der Rødecaster besitzt eine Reihe von Mikrofon-Presets, die die Einrichtung etwas erleichtern. Sie stellen beispielsweise grobe Vorverstärkungswerte ein oder aktivieren die Phantomspeisung. Für das SM7B ist ein solches Preset vorhanden, für das hauseigene NT3 nicht – dieses ist aber kein typisches Podcast-Mikro. Ich bin hier einfach auf das Preset »Condenser Mic« ausgewichen, welches wunderbar funktioniert.
Standardmäßig sind für die Mikrofoneingänge direkt einige Prozessoren aktiviert, die zur Klangverbesserung beitragen sollen. Auch für diese gibt es direkt Presets zur Auswahl sowie drei Makro-Controls mit der Bezeichnung »Depth«, »Sparkle« und »Punch«. Selbstverständlich kann man hier aber auch problemlos selber eingreifen. Dazu wählt man via Touchscreen einfach den zu steuernden Parameter an und ändert ihn dann mit dem griffigen Encoder. Als bearbeitende Prozesse sind pro Kanal Hochpassfilter, De-Esser, Noisegate, Compressor, Equalizer, Exciter sowie Panning integriert. Sehr schön ist, dass die Module genügend manuelle Eingriffsmöglichkeiten bieten – selbst an eine Hysterese beim Gate wurde gedacht. Realtime Analyzer für die verschiedenen Effekte gehören ebenfalls dazu. Sämtliche Effekte gibt es übrigens auch für die digitalen Eingänge. Wenn ich also beispielsweise einen Anrufer auf meinem Smartphone via Bluetooth in den Rødecaster sende, kann ich auch dieses Signal bequem bearbeiten. Nicht unerwähnt soll auch der Summenkompressor bleiben, der an den Aphex Compellor angelehnt ist.
Für Routing und Mix hat Røde ein cleveres System angelegt. Der Rødecaster Pro II verfügt über insgesamt neun Kanäle, die frei mit den verfügbaren Eingangsquellen belegt werden können, allerdings ohne Doppelbelegungen. Mic Input 1 kann also problemlos auf Kanal 4 anliegen. Die ersten sechs Kanäle sind dabei sehr bequem über die sechs physikalischen Channels steuerbar – Channel 7 bis 9 steuert man via Touchscreen und Encoder. Hier sollten also die weniger wichtigen Audioquellen landen. Kanäle ohne Audioverbindung werden auch direkt im Mixer ausgeblendet, was die Übersichtlichkeit erhöht. So sind sehr bequeme und individuelle Setups möglich.
Rechts neben den Fadern befinden sich die acht Smart Pads inkl. Bank Switches, womit insgesamt 64 mögliche Slots bedient werden können. Ein Smart Pad kann eine von vier Rollen übernehmen. Erstens kann es Samples abfeuern, die sich im 4 GB großen internen Speicher ablegen oder via USB übertragen lassen. Außerdem kann das Gerät auch spontan samplen, ein kleiner Editor zum Schneiden und Faden ist ebenfalls vorhanden sowie eine Loopfunktion, die in der aktuellen Firmware 1.0.7 leider noch nicht wirklich sauber läuft. Zweitens kann das Pad einen Effekt wie Delay, Reverb, Megafon oder Roboterstimme ein- oder ausschalten. Dann gibt es drittens sogenannte Mixer Actions, womit beispielsweise ein Zensurpiepsen beim gleichzeitigen Muten der Inputs ausgelöst wird oder eine Ducking-Funktion für Mic1, die das Signal auf allen anderen Kanälen absenkt. Wem das noch nicht reicht, der kann mittels der vierten Möglichkeit MIDI Messages senden und damit komplexe Aktionen triggern. Die Farbe der Pad-Beleuchtung lässt sich frei wählen.
Bevor jemand »Was mache ich denn bei mehreren Podcast-Projekten? Muss ich dann jedes Mal alles umkonfigurieren? « fragt: glücklicherweise nein. Alle genannten Podcast-relevanten Settings werden in einer sogenannten »Show« gespeichert und können jederzeit geladen werden. Somit lässt sich das Gerät an jede Recording-Situation anpassen und auch jederzeit wieder passend recallen.
Bleibt noch der große Rec-Button, mit dem sich die Podcast-Aufnahme starten und auch zwischendurch pausieren lässt. Toll ist auch, dass via Touchscreen während der Aufnahme Marker gesetzt werden können. Hierfür würde ich mir allerdings noch eine Smart-Pad-Möglichkeit wünschen.
Aufnahmen können grundsätzlich als Summenoder Multitrack-Aufnahme inkl. Summe durchgeführt werden. Will man das Gerät stand-alone verwenden, lässt sich das eigene Werk entweder auf microSD-Karte oder auf ein USB-Speichermedium aufzeichnen. Am Rechner funktioniert der Rødecaster als Audio-Interface inkl. ASIO Treiber für Windows und kann somit ganz einfach in eine DAW integriert werden.
Nicht unerwähnt soll auch die Konfigurationssoftware Røde Central bleiben, mit der sich große Teile des Gerätes via Rechner steuern lassen und auch der Sampleaustausch bequem und schnell vonstattengeht.
Fazit
Røde hat hier ein sehr rundes Paket abgeliefert. Das Gerät wirkt sehr durchdacht, ist gut zu bedienen, solide gebaut und lässt sich flexibel an verschiedenste Situationen anpassen. Kleinere Softwareprobleme werden sich leicht per Update beheben lassen, und ich kann mir gut vorstellen, dass auch noch zusätzliche Funktionen nachgereicht werden. Wer also eine professionelle und leistungsstarke Möglichkeit sucht, Podcasts (vor allem mit mehreren Teilnehmern) zu produzieren, der sollte sich den Rødecaster Pro II dringend anschauen.