(Bild: Dieter Stork)
Kompakte 2-Wege-Monitore fürs Studio gibt es auf dem Pro-Audio-Markt in großer Zahl. Die Preisspanne für ernstzunehmende Modelle reicht dabei von 200 Euro pro Paar bis deutlich in den vierstelligen Bereich. Der im Segment der Studiomonitore seit Jahrzehnten renommierte amerikanische Hersteller JBL bringt nun aktuell mit der 700er-Baureihe zwei neue Monitore heraus: die 708P mit einem 8″- Tieftöner und die hier vorgestellte 705P mit 5″-Tieftöner. Als Hochtöner kommt bei beiden ein 1″-Kompressionstreiber mit großem Waveguide zum Einsatz.
»Und noch zwei 2-Wege-Nahfeldmonitore!«, mag man da vorschnell denken. So oder ähnlich war auch die erste Reaktion im Testlabor. Ein erster Blick auf die Winzlinge weckt dann aber schon aufgrund der edlen Ausführung und guten Verarbeitung ein verstärktes Interesse. Der Paarpreis von stattlichen 2.528 Euro (UvP) war dann noch ein weiteres Indiz, dass es sich hier nicht um den x-ten Billigmonitor handelte, sondern um ein echtes High-End-Produkt. Wer ein wenig die Historie von JBL kennt, der weiß um die dort vorhandenen Möglichkeiten der Lautsprecherentwicklung mit eigener Chassisfertigung, Crown als Endstufenhersteller im Konzern und BSS als Experten für DSP-Systeme. Schauen wir uns also an, ob die 705P hält, was der große Name und der Preis erwarten lassen.
Der verwendete Hochtontreiber vom Typ 2409H ist ein kleiner Kompressionstreiber, der für den Frequenzbereich ab 1.750 Hz aufwärts zuständig ist. Bei JBL begründet man die Wahl des Kompressionstreibers anstelle der sonst üblichen Kalotte mit den höheren Pegelreserven und der höheren Belastbarkeit. Beides zusammen sorgt für reichlich Headroom und vermeidet, dass bei hohen Pegeln ein Limiter eingreifen muss. Der Tieftöner vom Typ 725G verfügt über die von JBL patentierte Differential-Drive-Technology mit einem Doppelschwingspulenantrieb und innen liegendem Neodymmagneten. Eine große lineare Auslenkung und hohe Belastbarkeit sorgen auch hier für eine hohe Pegelfestigkeit. Die Frontseite der mit 151 x 268 x 274 mm (B x H x T) äußerst kompakten Gehäuse ist mit dem Waveguide des Hochtöners, dem Tieftöner und der strömungsgünstig geformten Bassreflexöffnung von oben nach unten komplett belegt. Als Anzeigeelement gibt es eine LED, die mit ihrer Farbe den jeweiligen Betriebszustand signalisiert. Das sind Normalbetrieb, User-EQ aktiv, Limiter-Einsatz und Störung.
Elektronik und DSP
Um die schon zitierte Pegelfestigkeit der Treiber in der 705P auch ausnutzen zu können, bedarf es entsprechend kräftiger Endstufen. Die Leistung der beiden Class-D-Endstufen in der 705P wird mit jeweils 250 W angegeben. Dieser beachtliche Wert dürfte vermutlich als Peak-Leistung für Signale mit höherem Crestfaktor zu verstehen sein. Angesteuert werden die beiden Endstufen von einem DSP-System, das neben den üblichen Controller-Funktionen auch noch eine ganze Reihe von User-Funktionen bereitstellt.
Bedient wird der DSP über einen Inkrementalgeber mit zwei zusätzlichen Tasten und einem kleinen vierzeiligen Display auf der Rückseite des Gehäuses. Hier können das Eingangssignal (analog, AES L, AES R oder AES L+R) ausgewählt, ein Pegeltrim definiert und die Delays als SpeakerDelay und als Frame-Delay eingestellt werden. Weitere Einstellungen betreffen den Netzwerkanschluss, wenn man die 705P über das Harman-eigene HiQnet ansprechen möchte. Die einstellbaren Filter in der 705P unterteilen sich in acht Bell-Filter, die mit »Room-EQ« betitelt sind, und weitere vier Bell-Filter sowie je ein Low- und High-Shelf, die mit User-EQ bezeichnet werden. Für die Einstellungen der Filter sind sechs Speicherplätze vorgesehen, weitere sechs sind als Factory-Presets bereits vordefiniert. Deren Verlauf findet sich in Abb. 1 unten. Mit den Room-EQ-Filtern lassen sich mithilfe eines Messsystems oder des JBL Monitor-Controllers Intonato 24 mögliche Raummoden oder Störungen durch Tisch- oder Pultoberflächen erfassen und kompensieren.
Die 705P können analog oder digital (AES3) angeschlossen werden. Der AES3-Eingang verfügt über eine Link-Buch – se, um das zweikanalige Signal zu einem zweiten Monitor durchzuschleifen. Es können Signale mit Abtastraten von 44,1 bis 192 kHz eingespeist werden, die dann über einen Samplerate-Converter an die interne Samplefrequenz von 192 kHz angepasst werden.
Messwerte
Die spannende Frage, wie sich die 705P mit ihrer High-Tech-Ausstattung nun tatsächlich darstellt, sollte zunächst im Messlabor beantwortet werden. Der erste Blick gilt dann in der Regel dem Frequenzgang (Abb. 1) und dem zugehörigen Phasengang (Abb. 2) auf Achse. Der abgedeckte Frequenzbereich von 42 Hz bis 22,6 kHz (−6 dB) mit einer Welligkeit zwischen 100 Hz und 10 kHz von nur ±1,8 dB spricht bereits für sich. Die Welligkeit wird aus dem ungeglätteten Frequenzgang bestimmt. Hier wurde lediglich der einzelne extrem schmale Notch bei 745 Hz außen vorgelassen. Die Nahfeldmessungen in Abb. 4 erklären auch direkt dessen Ursache. Deutlich ist bei der Messung am Port die Resonanzspitze bei 745 Hz zu erkennen, die genau mit der tiefsten möglichen Längsmode des Gehäuses zusammenpasst. Durch die Lage des Ports im Druckmaximum der Mode auf der Grenzfläche wird diese kräftig nach außen übertragen. Gleichzeitig wird die Membran an dieser Stelle maximal bedämpft, wodurch der Einbruch in der Nahfeldmessung der Membran entsteht. Im ansonsten makellosen Spektrogramm ist die Resonanz auch entsprechend zu erkennen. Der Phasengang zeigt die üblichen 3x 360° Phasendrehung durch das elektrische und akustische Hochpassfilter und das X-Over-Filter. Alle Filter sind 4.Ordnung.
Die Isobarenkurven aus Abb. 5 und 6 lassen oberhalb von 1 kHz ein Abstrahlverhalten von 118°x95° (HxV) erkennen. Die Isobaren verlaufen dank des großen Waveguides sehr schön gleichmäßig mit einer geringen Schwankungsbreite.
Was die kleine 705P zu leisten vermag, erkennt man in den beiden Maximalpegelmessungen aus Abb. 7 und 8. Mit Sinusbursts gemessen werden bei maximal 3 % Verzerrungen nahezu durchgängig 100 dB erreicht. Selbst am unteren Ende fallen die Kurven nur langsam ab. Schwachstellen gibt es im gesamten Verlauf keine. Lässt man noch etwas mehr Verzerrungen zu (blaue Kurve für maximal 10 % THD), dann werden noch mal 2 bis 3 dB mehr erreicht. Die für die Praxis etwas aussagekräftigere Multitonmessung mit einem typischen Musikspektrum und 12 dB Crestfaktor liefert bezogen auf 1 m Entfernung im Freifeld einen Spitzenpegel von maximal 112 dB und einen Mittlungspegel von 100 dBZ bzw. 96 dBA. Alle Werte sind unabhängig von der Größe des Monitors bereits sehr gut und in Relation zu dessen Größe herausragend. Wir halten somit fest: Es wurde von JBL nicht zu viel versprochen.
Aus dem Messlabor
unter reflexionsfreien Bedingungen stammen die folgenden Messungen zum Frequenzgang, zum Abstrahlverhalten und zu den Verzerrungswerten. Der Klasse-1-Messraum erlaubt Messentfernung bis zu 8 m und bietet Freifeldbedingungen ab 100 Hz aufwärts. Alle Messungen erfolgen mit einem B&K 1/4″-4939- Messmikrofon bei 96 kHz Abtastrate und 24 Bit Auflösung mit dem Monkey-Forest Audio-Messsystem. Messungen unterhalb von 100 Hz erfolgen als kombinierte Nahfeld-Fernfeldmessungen.
Hörtest
Der Hörtest wurde wie üblich im direkten Vergleich mit den Referenzmonitoren im Hörraum durchgeführt. Beide Systeme werden dazu eingemessen, um die Raumeinflüsse soweit wie möglich zu kompensieren. Die gemittelte Messung über je 30 Positionen für den linken und rechten Monitor der Referenz und der 705P offenbarten schon eine erste Überraschung. Die noch ungefilterten, gemittelten Kurven zeigten eine erstaunlich hohe Übereinstimmung, wie sie nur selten anzutreffen ist. Lediglich bei der Anregung der 26-Hz-Mode im Raum gab es einen größeren Unterschied, da der größere Referenzmonitor weiter herab reichte, was in diesem speziellen Fall keinen Vorteil mit sich bringt.
Mithilfe der acht Bell-Filter im Room-EQ wurde anschließend noch die in Abb. 9 gezeigte Filterung, bezogen auf den Raum, eingestellt. Gleiches geschah für die Referenz, die über einen externen Controller gefiltert wurde. Der Unterschied zwischen den beiden Monitoren stellte sich dann auch im Höreindruck als minimal dar. Kleinigkeiten waren manchmal anders, ohne dass man dabei hätte sagen können, was besser oder schlechter gewesen wäre. Die 705P konnten hier auf ganzer Linie überzeugen.
Der Hörtest wurde anschließend noch in einem deutlich größeren und akustisch nicht bearbeiteten Büroraum über einige Tage weitergeführt. Der gute Eindruck setzte sich dabei ungemindert fort. Die Basswiedergabe und Pegelfestigkeit, die das 705P-Pärchen hier an den Tag legte, waren in Anbetracht der Abmessungen der Monitore herausragend. Spontane Vorführungen bei fachkundigen Gästen führten regelmäßig zu ungläubigem Staunen. Die 705P waren im Büro auf großen 4-Wege-Monitoren aufgestellt, sodass der erste Blick meist hinter das Set ging, was da jetzt wirklich angeschlossen war. Klanglich sind die 705P damit in jeglicher Hinsicht eine große Nummer.
Fazit
»Kleiner Monitor ganz groß«, so könnte das Fazit lauten. Die extrem kompakten JBL 705P sind durchgängig mit aktuell bester Technik bestückt. Ein Differential-Drive-Basstreiber, ein Hochtontreiber modernster Bauart und zwei äußerst leistungsstarke Endstufen mit vorgeschaltetem DSP-System, das alles aus dieser Kombination herausholt und dem Anwender auch noch reichlich Möglichkeiten zur Ortsanpassung und sonstiger Filterung gibt. Die Bedienung geht über das Display auf der Rückseite mit Inkrementalgeber leicht und schnell von der Hand. Die Verarbeitung ist bestens und das Erscheinungsbild wertig.
Ganz groß raus kommt der 705P dann zuerst im Messlabor und anschließend im Hörtest. Die Messwerte sind durchgängig exzellent, der Höreindruck überzeugt auf ganzer Linie. In beiden Fällen kann der 705P, um ein aktuelles Modewort zu verwenden, begeistern. Der Straßenpreis hat sich aktuell bei 2.000 Euro eingependelt. Das mag für einen »kleinen« Nahfeldmonitor auf den ersten Blick teuer erscheinen, in Anbetracht dessen, was einem der 705P zu bieten hat, ist der Preis jedoch mehr als gerechtfertigt. Man wird den Kauf bestimmt nicht bereuen.
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Messwerte
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Klangqualität
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Einsatzmöglichkeiten
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Verarbeitung und Wertigkeit
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Preis/Leistungs-Verhältnis
PROFIL JBL 705P
Frequenzbereich: 42 Hz — 22,6 kHz (−6 dB)
Welligkeit: 3,6 dB (100 Hz — 10 kHz)
hor. Öffnungswinkel: 118 Grad (−6 dB Iso 1 kHz — 10 kHz)
hor. STABW (Standardabweichung): 17 Grad (−6 dB Iso 1 kHz — 10 kHz)
ver. Öffnungswinkel: 95 Grad (−6 dB Iso 1 kHz — 10 kHz)
ver. STABW: 25 Grad (−6 dB Iso 1 kHz — 10 kHz)
max. Nutzlautstärke: 102 dB (3% THD 100 Hz — 10 kHz)
Basstauglichkeit: 101 dB (10% THD 50 — 100 Hz)
Maximalpegel in 1 m (Freifeld) mit EIA-426B Signal bei Vollaussteuerung: 96 dBA Leq und 112 dB Peak
Paarabweichungen: 1,0 dB (Maxwert 100 Hz — 10 kHz)
Störpegel (A-bew.): 28 dBA (10 cm)
Maße/ Gewicht: 151 x 268 x 274 mm (B x H x T) / 5,68 kg
Hersteller/Vertrieb: JBL / audio pro Heilbronn
UvP/Straßenpreis pro Paar: 2.528,− Euro / ca. 2.000,− Euro
www.jblpro.com
ProfiL gab’s doch schon mal…
Und der Herstellername bestand ebenfalls aus 3 Großbuchstaben. Aber ich glaube, das war es dann schon mit den Gemeinsamkeiten 😉