Keith McMillen QuNexus & 12-Step Multifunktionale Controller im Test
von Joker Nies, Artikel aus dem Archiv
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Keith McMillen gehört zur Speerspitze der innovativen Kräfte im Business, und seine multifunktionalen Hardware-Controller zählen zu den vielseitigsten und beliebtesten Neuerscheinungen am Markt. Was die Modelle QuNexus und 12-Step so alles können, wollen wir im Folgenden untersuchen.
Ein Schlüsselelement aller Controller von Keith McMillen sind Gummi-Pads, die sowohl Velocity-Werte erzeugen können als auch in verschiedenen Ebenen druckempfindlich sind. Um dies möglichst effektiv und vielseitig nutzen zu können, lassen sich alle Parameter mit einer gerätespezifischen Software konfigurieren und im Controller speichern.
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Die beiden hier vorgestellten Controller sind für die USB-Verbindung zu einem Computer ausgelegt. Für den Fall, dass man MIDI-Geräte direkt ansteuern möchte, bietet Keith McMillen mit dem »MIDI-Expander« ein Interface zu MIDI-Ein- und Ausgängen an, das allerdings nur mit den hauseigenen Geräten funktioniert.
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QuNexus
Erste positive Überraschung ist, dass das QuNexus Klinkenausgänge für analoge Steuerspannungen besitzt und damit für den direkten Einsatz mit analogen Synthesizern gerüstet ist − neben einen Gate-Ausgang gibt es CV-Ausgänge und sogar zwei CV-Eingänge zum Anschluss für externe Controller, z. B. ein Fußpedal.
Die Gummi-Pads − 24 größere in 2-oktaviger Tastaturanordnung sowie acht kleinere für Preset-Anwahl, Pitchbend und Octav-Wahl − sind allesamt mit verschiedenfarbigen LEDs ausgestattet, die abhängig von der Funktion dauerhaft leuchtend einen bestimmten Status anzeigen oder nur bei Betätigung aufleuchten. Umso erstaunlicher ist, dass das QuNexus zu den ganz wenigen externen Controllern gehört, die ohne zusätzliche Stromversorgung an iOS-Geräten funktionieren.
Wie die Beschriftung der Pads andeutet, kann man direkt am Gerät Einfluss auf verschiedene Funktionen wie Pitchbend, Aftertouch oder Channel Pressure nehmen und sowohl den MIDI-Kanal wechseln als auch die Erzeugung von Noten- oder ControllerDaten aktivieren bzw. abschalten. Diese Eingriffe gelten aber nur so lange, wie kein anderes Preset angewählt wird, und gehen beim Ausschalten verloren.
Der QuNexus Editor
Alle permanenten Einstellungen werden mittels des QuNexus Editors vorgenommen und auf vier Presets im Gerät gespeichert. Der Blick auf die Software (für Mac oder PC) offenbart dann auch das wahre Pozential des QuNexus-Controllers.
Hier werden die Sensitivity von Pressure und Tilt sowie der On- und Off-Threshold für alle Pads gemeinsam eingestellt. Zusätzlich hat man die Möglichkeit, für jedes der 25 Keyboard-Pads die Sensitivity einzeln anzupassen, und kann so leichte Abweichungen in der Ansprache perfekt ausgleichen. Die Hardware-Einstellungen bieten außerdem getrennte Trim- und Offset-Einstellungen für die Steuerspannungen 1 V/Oktave, 1,2 V/Oktave und Volt/Hz sowie einen Editor für die zwei möglichen Custom-Velocity Kurven.
Alle weiteren Parameter werden über drei Funktionsebenen unabhängig voneinander konfiguriert:
Keyboard: Für die Parameter Note (Velocity), Pitchbend, Poly Aftertouch, Channel Pressure und drei MIDI-CCs lassen sich Gain, Offset, Curve, Min-/Max-Value und der Ausgang (USB, Expander) einzeln einstellen. Als Modulationsquellen stehen Pressure, Tilt und der Eingang für das Expression-Pedal zur Verfügung, wobei jeweils nur eine Zuordnung pro Quelle möglich ist.
Für USB- und Expander-Ausgang lassen sich getrennte MIDI-Kanäle einstellen. Die Polyfonie lässt bis zu 16 Stimmen zu, bevor das Voice-Stealing mit der gewählten Priorität greift. Eine Sonderfunktion− Channel Rotation − erzeugt die Noten bis zur maximalen Polyfonie auf unterschiedlichen MIDI-Kanälen, sodass sich sich pro Note unterschiedliche Pitchbend-, Poly-Aftertouch- und Channel-Pressure-Werte nutzen lassen.
Neben dem normalen Verhalten der Tastatur gibt es zusätzlich einen Toggle-Modus, der die angeschlagenen Noten bis zum erneuten Drücken der Tasten hält. Im Legato-Mode ist zudem die Polyfonie abgeschaltet, und das angesteuerte Instrument reagiert monofon.
Controller: Im Controller-Modus kann jedes einzelne Pad mit eigenen Controllern für Pressure und Tilt belegt werden. Da sich ja alle Pads wie Pitchbend-Wheels verhalten und in eine Mittelstellung zurückkehren, gibt es für jeden dieser Controller einen einstellbaren Return-Wert.
Zusätzlich kann jedes Pad auf einem beliebigen MIDI-Kanal senden, mit einer frei wählbaren Note-Number samt zugehörigem Velocity-Wert belegt werden und gleichzeitig, im Toggle-Modus, einen MIDI-Controller zwischen zwei Werten umschalten. Damit das nicht im Chaos endet − denn jedes Pad könnte ja bis zu vier Controller gleichzeitig steuern −, werden die Pads dem Controller- und/oder dem Keyboard-Layer zugeordnet. So kann die Tastatur beispielsweise in eine Keyboard- und eine Controller-Hälfte aufgeteilt werden. Auch hier lässt sich bestimmen, auf welchem Wege die MIDI-Daten den QuNexus verlassen: Richtung USB, Expander oder auf beiden Leitungen.
Control Voltages: Eines der Alleinstellungsmerkmale des QuNexus ist die Fähigkeit, Kontrollspannungen zur Steuerung von analogen Synthesizern aus MIDI-Signalen zu generieren. Gleichzeitig können entweder ein oder zwei Expression-Pedale genutzt werden, oder es lassen sich zwei externe Steuerspannungen in MIDI-Controller wandeln. Das ausführliche Manual beschreibt detailliert, wie man die dafür notwendigen Kabel-Adapter konfigurieren muss.
Als Quellen kommen Keyboard, Expander und USB in allen denkbaren Kombinationen in Frage. Neben einem Gate-Signal werden drei weitere Steuerspannungen empfangen, von denen eine zumeist zur Erzeugung von Notenwerten genutzt wird.
Das QuNexus unterstützt neben 1V/Oktave und der bei Korg Synthesizern üblichen Hz/Volt auch die von Buchla favorisierte 1,2V/ Oktave-Skalierung. Der Trigger-Modus versteht sich auf Gate-Legato und S-TRIGGER*.
Für jede der Kontrollspannungen ist ein individueller MIDI-Kanal möglich, die Skalierung bietet alle oben geschilderten Einstellungen wie Gain, Offset, etc.
Kleiner Controller mit viel Funktionalität. QuNexus bietet weit mehr Möglichkeiten, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Ein Alleinstellungsmerkmal ist die Ausstattung mit CV/Gate-Anschlüssen, über welche der Controller direkt an analogen Synthesizern und Modularsystemen eingesetzt werden kann.
Bild: Dieter Stork
Bild: Dieter Stork
Bild: Dieter Stork
12 Step
Das Foot-Controller-Board ist ebenfalls federleicht und dabei gut verarbeitet. Es kann die verschiedensten Funktionen ausführen, wie etwa die Steuerung von DAW-Funktionen oder auch als MIDI-Basspedal eingesetzt werden. Der umlaufenden Gummirand mit verstärkten Ecken schützt bei einen Sturz und gibt dem Controller dank des Überstands auf der Unterseite einen rutschfesten Stand. Durch die hochglänzende Unterseite schimmert das typische Gewebemuster von Carbonfiber-Matten, die dem lediglich 8 mm starken Controller-Gehäuse die notwendige Stabilität verleihen und das Gerät ganze 500 Gramm leicht machen − genau das Richtige für unterwegs.
Den einzelnen Pads der weiß hintergrundbeleuchteten Gummitastatur steht jeweils eine rote Status-LED zur Seite. Die Pads sind 15 mm breit und liegen nur 45 mm weit auseinander. Ein schlanker Fuß scheint hier erst mal klar im Vorteil, und die Wanderschuhe bleiben wohl besser im Schrank.
Erstaunlicherweise gelang die Bedienung selbst mit meinen Quadratlatschen (Schuhgröße 49) verblüffend gut, ohne dass Fehltritte zu verzeichnen waren. Praktischerweise sind die Pads der hinteren Reihe etwa 1 cm höher als die vorderen acht Taster.
Ganz wie bei den anderen Keith McMillen-Produkten ist auch der 12-Step weit mehr als ein simples Fußpedal-Keyboard oder ein Preset-Switch.
Pro Pad lassen sich bis zu fünf Noten gleichzeitig erzeugen, die man jeweils über das im Editor abgebildete Keyboard eingibt. So kann man komplette Song-Strukturen mit bis zu 13 verschiedenen Akkorden per Preset programmieren und in der Preset-Sammlung und auf einem der bis zu 128 Setlist-Speicherplätze ablegen.
Neben der reinen Keyboard-Funktion kann das 12-Step verschiedene weitere MIDI-Befehle senden. Zwei Stimmen lassen sich auf wählbaren MIDI-Kanälen erzeugen, die über eigene Einstellungen für Velocity, Pitch-Bend, Poly- und Channel-Aftertouch, Panorama, Volume und zwei wählbare Controller verfügen.
Als Modulationsquellen stehen jeweils positive und invertierte Werte von Velocity, Tilt, Presure, Key-Number und Pedal zur Verfügung. Praktisch ist dies z. B. beim X-Fade-Parameter, der zwischen den als Source A und Source B bezeichneten Stimmen überblendet.
Der Note-Mode bietet neben Legato und Toggle auch einen Hold-Modus, der die Töne oder Akkorde so lange hält, bis der Select-Taster alle Noten abschaltet. Der Key-Safety-Modus , quasi ein Mono-Mode, verhindert, dass sich zur erwünschten Note versehentlich weitere Töne zugesellen. Im Multi-Key-Modus dagegen spielt das 12-Step polyfon.
Praxis
Die Kombination von Keyboard-Tasten und Controllern in physischer Einheit ist auf je – den Fall eine neue Erfahrung. Wer schon einmal Poly-Pressure eingesetzt hat, dürfte zumindest mit dem Pressure-Parameter wenig Probleme haben. Tilt ist da schon etwas gewöhnungsbedürftiger, aber durchaus in den Griff zu bekommen. Typische Anwendungen, wie z. B. Vibrato auf Pressure zu mappen oder über Tilt einen Filterfrequenzbereich zu steuern, gehen nach kurzer Eingewöhnung recht gut von der Hand.
Dabei sollte man immer das Pitchbend-Rad-ähnliche Verhalten (Rückkehr auf einen definierten Mittelwert) der Gummi-Pads im Auge behalten. Hier hängt alles von passend programmierten Offsets und Wertebereichen ab, mit denen man sich präzise funktionierende Controller maßschneidern kann. Somit eignen sich die MIDI-Controller-Funktionen von QuNexus und 12-Step weniger zum Editieren von Sounds. Zum Spielen und Performen sind sie aber sehr vielseitig einzusetzen.
Der QuNexus funktionierte im CV-Einsatz tadellos sowohl im Hz/Volt- (Korg) und im Volt/Oktave-Modus mit positivem Trigger als auch mit dem Korg-typischen S-Trigger-Modus. Lediglich bei großen Intervallsprüngen ergaben sich leichte Tonhöhen-Glitches, wie bei einer sehr kurzen Glide-Time.
Man muss durchaus kein Fußakrobat sein, um vielseitigen Nutzen aus dem 12- Step-Pedalboard zu ziehen. Allerdings bedarf der Editor noch einer Anpassung an Mac OS 10.9 (Maverick). Plötzlich fand der Editor das Preset-File nicht mehr, obwohl dessen Speicherplatz sich nicht verändert hatte. Eine Möglichkeit, die Presets nachzuladen, gibt es bisher nicht.
Fazit
Keith McMillans multifunktionale TastaturController sind mächtige Werkzeuge in vergleichsweise kompaktem, hochwertig gefertigtem Gewand. Dank der vielfältigen Einsatz- und Konfigurations-Möglichkeiten dürften QuNexus und 12-Step viele Freunde finden.
+++ vielseitige Anwendungsmöglichkeiten
+++ Verarbeitung von analogen Steuerspannungen
+++ kompakt und leicht
QuNexus
Hersteller/Vertrieb
Keith McMillen / Sonic Sales
UvP
179,— Euro; 12 Step: 259,— Euro; MIDI-Expander: 52,— Euro
*S-TRIGGER (»short circuit trigger«): Trigger/Gate-Signal, das bei analogen Synthesizern verwendet wird. Diese 0-Voltoder auch Masse-Trigger genannte Variante wird unter anderem von Moog, Korg und Yamaha eingesetzt.